MrSpeakers Aeon Flow Closed-Back Test

Die im Jahre 2012 in San Diego gegründete Firma MrSpeakers ist ein relativ neuer, aber sehr aufstrebender Name im Marktsegment hochwertiger Kopfhörer.

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Das bisherige Portfolio, bestehend aus magnetostatischen und elektrostatischen Kopfhörern, die für vierstellige Eurobeträge über den Verkaufstresen wandern, wird mit der neuen Produktlinie „Aeon Flow“ nach unten hin abgerundet.
Die Aeon Flow Modelle gibt es sowohl in offener als auch in geschlossener Bauweise. Unser Testobjekt ist die geschlossene Variante namens Aeon Flow Closed-Back.

Details

Bauweise

Der Aeon Flow Closed-Back ist ein planarmagnetischer Kopfhörer in geschlossener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln und einem vergleichsweise geringen Gewicht von 340 Gramm. Viele Vertreter dieser Treibertechnik, beispielsweise der ebenfalls geschlossene Audeze LCD-XC, fallen durch ein überdurchschnittlich hohes Gewicht und imposante Maße auf, doch wie der Aeon beweist, gibt es auch Ausnahmen. Entsprechend elegant wirkt die Gehäusekonstruktion des kalifornischen Magnetostaten. Ein Mechanismus zum Zusammenklappen des Kopfhörers ist nicht vorhanden. 

links: Die geschlossene Ohrmuschel des Aeon Flow Closed-Back; rechts: Die offene Variante
links: Die geschlossene Ohrmuschel des Aeon Flow Closed-Back; rechts: Die offene Variante

Aeon Closed-Back: Verarbeitung / Optik

Laut Hersteller wird der Kopfhörer in San Diego in Handarbeit gefertigt, was in gewisser Weise auch der Preiskategorie entspricht. Dementsprechend ist der Aeon Flow optisch und haptisch ein insgesamt hochwertiges Produkt. Bei kritischem Blick sind im Detail allerdings nicht alle sichtbaren Bauteile des Testmodells absolut präzise zusammengesetzt sind, wie beispielsweise das eingefügte Befestigungsstück zur Aufhängung der Ohrmuschel. Die erkennbaren Spaltmaße sind jedoch kein Drama und beeinträchtigen die Funktionalität in keiner Weise. Der Kopfhörer ist aber nicht ganz so makellos, wie es ein kritischer Nutzer von einem 900-Euro-Kopfhörer möglicherweise erwartet und wie man es in der Regel von anderen Premiumprodukten kennt. Zudem löst sich bereits die Gummiumhüllung des Steckers vom Kabel zur linken Ohrmuschel. Abgesehen von diesen konkret genannten Kritikpunkten handelt es sich beim Aeon aber dennoch um eine robust wirkende Konstruktion aus wertigen und gut verarbeiteten Bauteilen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Bügelkonstruktion wird von Metallbauteilen dominiert.

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der Aeon Flow wird mit einem beidseitig geführten Kabel ausgeliefert, das über vierpolige Steckverbinder problemlos von den Ohrmuscheln gelöst werden kann. Am gegenüberliegenden Ende befindet sich ein vergoldeter 3,5mm-Klinkenstecker samt Schraubadapter auf 6,35mm. Nicht ganz alltägliches Zubehör sind die insgesamt sechs Filz- bzw. Schaumstoffeinlagen, die sich unkompliziert im Inneren der Ohrmuscheln positionieren lassen und dem „Soundtuning“ dienen. Abgerundet wird der Lieferumfang durch eine stabile und relativ kompakte Transport- und Aufbewahrungsbox.

Fotostrecke: 6 Bilder Transportfreundliches Case des Aeon Flow

Technik und Kennzahlen

Der Aeon Flow ist mit magnetostatischen Schallwandlern ausgestattet. Diese Technik, die u.a. auch als orthodynamisch und planarmagnetisch bezeichnet wird, ist quasi eine Mischform aus dynamischen und elektrostatischen Treibern, die man in einigen hochpreisigen, aber auch preiswerten Modellen, wie dem Fostex T60RP findet. Tendenzielle Vorzüge gegenüber dynamischen Schallwandlern sind eine hohe Impulstreue sowie eine natürliche Frequenzwiedergabe aufgrund einer vergleichsweise dünnen und häufig auch überdurchschnittlich großen Membran, die ohne klassische Schwingspule auskommt. Modellspezifische Angaben des Herstellers (eine Auflistung befindet sich am Ende des Testberichts) sind rar, wobei die Angabe +/- 1,5dB (30 bis 5000 Hz) der „Matched Drivers“ definitiv eine gewisse Güte der Wiedergabe verspricht. Der Übertragungsbereich wird schlicht und einfach gar nicht angegeben, was aus meiner Sicht legitim ist, da dieser Teil der technischen Daten von Kopfhörernvollkommen überbewertet wird. Ohne Angabe der Linearitätsabweichungen, die man bei Kopfhörern äußerst selten vorfindet, gibt es so gut wie keinen verwertbaren Informationsgehalt für den Kaufinteressenten. 

Praxis

Verwendungszweck

Aufgrund seiner geschlossenen Bauart stehen dem MrSpeakers Aeon Flow Closed-Back grundsätzlich alle Anwendungsgebiete von Kopfhörern offen. Obwohl der Aeon Flow als HiFi-Kopfhörer deklariert wird, ist er aufgrund seiner tendenziell neutralen Wiedergabeeigenschaften nicht weniger für den Studioeinsatz (auf beiden Seiten der Glasscheibe) geeignet als so manch ein ausgewiesener Profikopfhörer. Sein primärer Anwendungszweck wird jedoch der stationäre sowie mobile Einsatz zum Musikkonsum sein. Mit einer geringen Impedanz von lediglich 14 Ohm kann in zufriedenstellender Lautstärke an mobilen Abspielgeräten betrieben werden, wobei er hier nicht ganz so souverän agiert, wie man es aufgrund der Impedanz erwarten sollte. Des Weiteren reagiert der Aeon klanglich sensibel auf unterschiedliche Zuspieler und profitiert spürbar von hochwertigen Kopfhörerverstärkern.

Tragekomfort

Licht und Schatten in diesem Bewertungskriterium: Der Aeon Flow Closed-Back ist einerseits bemerkenswert komfortabel. Die Verwendung eines flexiblen Kopfbandes anstatt eines starren Bügels, der in vielen Fällen trotz einer guten Polsterung kurz- bis mittelfristig Druckschmerzen erzeugt, ist aus meiner Sicht stets die optimale Lösung. Auch die Ohrmuscheln schmiegen sich meiner Kopfform auf angenehme Weise an und sorgen für einen bemerkenswerten Langzeitkomfort des MrSpeakers Kopfhörers. Problematisch ist andererseits die stufenlose Größenanpassung, die leider keine Möglichkeit einer Fixierung bietet! Was bei vielen AKG Kopfhörern in einer relativ ähnlichen Konstruktion vorbildlich funktioniert, versagt beim Aeon Flow, da die Ohrmuschel dann doch etwas zu schwer sind und während einer Hörsession die Tendenz aufweisen, allmählich nach unten wandern, was wiederholte Anpassungen erfordert. Vielleicht tritt das Problem bei anderen Anwendern/Kopfformen nicht in dieser Tragweite auf, ein Selbstversuch sollte jedem Kaufinteressenten Klarheit verschaffen. 

Fotostrecke: 4 Bilder Großzügige und effektive Polsterung der Ohrmuscheln

Klang

Der Aeon Flow Closed-Back von MrSpeakers wurde für diesen Test an den folgenden Kopfhörerausgängen bzw. Verstärkern betrieben:
Lake People G93
SPL Phonitor mini
Apple iPhone SE
UAD Apollo 8
SPL 2Control
Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW- Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix eigener und fremder Produktionen über den MrSpeakers Kopfhörer angehört und analysiert.

Frequenzgang

Die Wiedergabe des Aeon Flow Closed-Back wirkt vom ersten Ton an recht nüchtern und analytisch, was wahrscheinlich dem Geschmack vieler Klangpuristen entgegenkommt. Im Bassbereich spielt der Magnetostat präzise, aber quantitativ etwas schlank, wobei diese Eigenschaft spürbar vom verwendeten Kopfhörerverstärker beeinflusst wird. Am SPL Phonitor ist die Basswiedergabe etwas wärmer und runder als bei den anderen Zuspielern, die im Test verwendet wurden. Einen richtigen Bassdruck erzeugt der MrSpeakers Kopfhörer aber auch hier nicht, dafür präsentiert er dem Anwender eine einwandfreie Tonalität, die frei von Kompressionsartefakten ist, die man bei so manch einem „aufpumpenden“ Mitbewerber findet. Die Wiedergabe des mittleren Frequenzbereichs ist sehr natürlich und gut ausbalanciert, was Gesangsstimmen angemessen zur Geltung. Im Direktvergleich zu meinen persönlichen „Haupt-Kopfhörern“ AKG K812 (offen) und Adam Audio Studio Pro SP-5 (geschlossen) mangelt es vielleicht marginal an Wärme und Fleisch in den unteren Mitten, worauf man sich aber problemlos einhören kann. Beim allerersten Anspielen des Aeon Flow Closed-Back fiel mir eine etwas zurückhaltende Wiedergabe der oberen Höhen auf. Sollte diese nicht den Geschmack des Anwenders treffen, lässt sich im Handumdrehen Abhilfe schaffen. Über die bereits erwähnten Filz- und Schaumstoffeinlagen des Lieferumfangs lässt sich die Quantität dieses Frequenzbereichs gut dosieren. Tauscht man die vorinstallierten Pads gegen die schwarzen Pads (geringste Dämmwirkung) aus, was ca. 10 Sekunden dauert, erreicht man eine deutlich lebhaftere Höhenabbildung, sofern dies den eigenen Vorlieben entspricht. 

Impulsverhalten und räumliche Abbildung

Der Aeon klingt derart frisch und luftig, dass man nicht wirklich das Gefühl hat, über einen Kopfhörer geschlossener Bauart zu hören. Transienten habe eine ultraschnelle Ansprache und schwingen ebenso knackig aus, auch bei tieffrequenten Impulsen: Mn sieht fast die Lautstärkenhüllkurve vor dem inneren Auge. Auch die Darstellung der Stereobühne gefällt mir ausgesprochen gut und schreit im Gegensatz zu vielen geschlossenen Mitbewerbern nicht danach, einen Verstärker mit Crossfeed zur Optimierung des natürlichen Raumempfindens zu verwenden. Perfekt austariert ist das Verhältnis der (präzisen) Phantommitte zum Seitensignal, was eine angemessene Präsenz von Gesangsstimmen und Melodieinstrumenten gewährleistet.

Geschlossener Magnetostat aus der Sonne Kaliforniens
Geschlossener Magnetostat aus der Sonne Kaliforniens

Sonstiges

Zeitgleich zu diesem Test liegt mir auch der MrSpeakers Aeon Flow in seiner offenen Variante vor. Hier ist positiv anzumerken, dass der Direktvergleich beider Modelle eine starke Familienähnlichkeit und nachvollziehbare Klangphilosophie offenbart, die ich beim direkten Vergleich meines heißgeliebten AKG K812 mit seinem geschlossenen Pendant K872 leider vermisst habe. Der Testbericht zum Aeon Flow Open-Back folgt in Kürze.

Fazit

Der MrSpeakers Aeon Flow Closed-Back ist ein vielseitig einsetzbarer Kopfhörer, dessen präziser und analytischer Wiedergabecharakter vermutlich eher den Geschmack von Klangpuristen als Beat-affinen Musikliebhabern trifft. Insofern ist der kalifornische Magnetostat eine interessante Option zu mehrheitlich klangfärbenden Konkurrenz im Marktsegment der HiFi-Kopfhörer. Allerdings gibt es im Bereich magnetostatischer Kopfhörer auch günstigere und gut klingende Alternativen anderer Hersteller (z.B. Blue, HiFiMAN, Fostex) wodurch der selbstbewusst bepreiste Aeon Flow sich starker Konkurrenz stellen muss. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • insgesamt geschmackvolle und natürliche Frequenzabstimmung
  • effektives „Tuning“ durch leicht wechselbare Ear Pads
  • realistisch anmutende Stereobühne mit präsenter Phantommitte
  • praktikable Dämmeigenschaften
  • vielseitig einsetzbar
  • abnehmbare Kabel
  • angenehmer Tragekomfort
Contra
  • unausgereifte Funktionalität bei der Größenanpassung
  • kleinere Makel in der Verarbeitung
Artikelbild
MrSpeakers Aeon Flow Closed-Back Test
Für 899,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • magnetostatischer Kopfhörer
  • geschlossen
  • 62 x 34mm Planar Magnetic Treiber
  • matched Drivers (+-1,5 dB zwischen 30 und 5000Hz)
  • ohrumschließend
  • stoffummanteltes, abnehmbares Kabel (1,8m) mit beidseitiger Führung
  • 3,5mm-Klinkenstecker und 6,35 mm Klinkenadapter (vergoldet)
  • Transportbox
  • Gewicht 340g (ohne Kabel)
  • Impedanz 13 Ohm
  • Empfindlichkeit 92dB/mW
  • Preis: 899,– (Straßenpreis am 21. Juni 2019)
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