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Motion Sound PRO-3X Test

Echte Leslie-Kabinette klingen fett, sind aber groß und schwer. Digitale Rotoreffekte hingegen sind klein und handlich, doch dem Sound fehlt es meist an Tiefe. Motion Sound versucht eine Brücke zwischen beiden Welten zu schlagen und bietet mit dem PRO-3X ein echtes Rotorkabinett als Add-On für Keyboard-Verstärker an, das man trotz seines rotierenden Horns unter den Arm klemmen kann.

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Als kompakte Lösung, die dennoch einen echtes, rotierendes Horn enthält, wendet sich das Gerät an Organisten, denen ein Original-Leslie-Kabinett zu sperrig und eine digitale Simulation zu leblos ist – keine schlechte Idee! Wir haben getestet, ob auch der Sound den hohen Ansprüchen genügen kann.

DETAILS
Das rotierende Horn des Leslie-Leichtgewichts ist mit einem für Motion Sound modifizierten Eminence-Speaker bestückt und wird von einer Transistorendstufe mit 45 W Leistung versorgt. Im Vorverstärker arbeitet eine spezielle V-FET Schaltung mit zwei Charakteristiken. Eine elektronische Schaltung simuliert den Effekt eines sich drehenden Bassrotors, dessen Trennfrequenz zum Horn bei 800 Hz liegt. Für die Abnahme des Horns ist das PRO3-X zusätzlich mit einem integrierten dynamischen Mikrofon ausgestattet. Ein Equalizer rundet die umfangreiche Ausstattung ab. Doch dazu später mehr.

Gehäuse
Zunächst überrascht beim Auspacken das sehr geringe Gewicht. Mit gerade mal 12,2 kg ist das PRO-3X der leichteste mechanische Rotor-Amp, den ich kenne, mit dem seitlich montierten Trageriemen lässt er sich zudem wirklich angenehm transportieren. Schwarzer Strukturlack schützt das Gehäuse vor Beschädigungen. Aus dem selben Grund sind die Rotoröffnungen mit schwarzgrauem Stoff bezogen. Und das ist auch gut so, denn die beiden glatten Holzleisten, die auf der Unterseite montiert sind, bieten dem Gerät bestimmt keinen sicheren Halt. Platziert man es auf einem Keyboardverstärker, rutscht es schon bei leichten Berührungen munter hin und her. Eine dezente „Do not touch!“-Warnung für die Kollegen wäre hier nicht ganz unangebracht.
Abgesehen von der Kaltgerätebuchse und dem Netzschalter tummeln sich alle Anschlüsse und Bedienelemente an der Vorderseite des Gerätes und sind zum Schutz ins Gehäuse eingelassen. Obwohl sich einige Reglerkappen abziehen lassen, macht die Verarbeitung dennoch einen qualitativ überzeugenden Eindruck.

Vorstufe
Nachdem das Orgelsignal an die Mono-Klinkenbuchse des Eingangs angeschlossen wurde, durchläuft es zunächst den Vorverstärker, dessen Gain-Poti den Grad der Verzerrung regelt. Interessant ist hierbei die so genannte V-FET-Schaltung, die den Sound eines Röhrenverstärkers simuliert. Sie bietet zwei unterschiedliche Klangcharakteristiken, die mit dem FET-Mode-Regler stufenlos überblendet und gemischt werden können. Mode A hat aufgrund vieler gerader Obertöne einen smootheren Sound, während Mode B einen härteren und raueren Charakter aufweist.
Equalizer
Der motivierte Autor hatte in seinen Skizzen für den Testbericht schon Platz für die üblichen drei EQ-Bänder Höhen, Mitten und Tiefen reserviert, stutzte aber bei näherer Betrachtung des Testobjektes: Es gibt nur einen Treble-Regler für die Bearbeitung der Frequenzen über 3 kHz und einen Mid-Regler für die breitbandige Beeinflussung der mittleren Frequenzen zwischen 300 Hz und 3 kHz. Wo zum Teufel ist der Regler für die Bässe geblieben? Doch warten wir noch kurz ab…

„SIM“-Salabim
Hinter der Bezeichnung „SIM“ verbirgt sich die elektronische Simulation des Bassrotors eines originalen Leslie-Kabinetts. Sie verwirbelt alle Frequenzen unter 800 Hz, wie es auch beim Vintage-Vorbild der Fall ist. Mit den beiden Reglern Low und High lässt sich der Sound dieses Frequenzbereiches noch einmal individuell anpassen. Low nimmt dabei Einfluss auf die tiefen Frequenzen unter 300 Hz (Aah, da ist ja das dritte EQ-Band!) und simuliert das Klangverhalten eines nahe platzierten Mikrofons. High arbeitet über 300 Hz und soll dem Sound mehr Räumlichkeit verleihen. Das Signal der Bass-Rotor-Simulation hat seinen eigenen Ausgang. Über die unsymmetrische SIM-Klinkenbuchse kann der Bassbereich an einen zusätzlichen Verstärker oder Subwoofer weitergeleitet werden. Ein gutes Feature, wie ich finde, denn so kann man das PRO-3X zu einem vollwertigen stand-alone Rotor-Kabinett erweitern.
Einen kleinen Tipp hierzu hätte ich noch: Man sollte darauf achten, dass der externe Verstärker auch Frequenzen bis 800 Hz hinauf überträgt. Bei Verwendung eines reinen Subwoofers entsteht sonst ein Loch im Frequenzspektrum zwischen jenen 800 Hz bis zur Einsatzfrequenz des Subwoofers, die meist zwischen 100 und 150 Hz liegt. Motion Sound zielt wahrscheinlich auf die Verwendung der hauseigenen Keyboardamps der KP-Serie als Ergänzung zum PRO-3X ab. Aber auch der Subwoofer SW-15käme dafür in Frage. Sein Frequenzgang endet bei 300 Hz, wodurch das oben genannte Loch in den mittleren Frequenzen zwar entsteht, aber nicht ganz so ausgeprägt zum Tragen kommt wie bei den meisten anderen Subwoofern. Der Sound wird dadurch etwas dünner und aggressiver. Dafür produziert der SW-15 sattere, druckvollere Bässe als ein reiner Keyboardverstärker. Für bassspielende Organisten könnte dies eine transportable Alternativlösung zum klobigen Leslie-Schrank darstellen.

MIX
Am MIX-Ausgang, der ebenfalls als unsymmetrische Klinkenbuchse ausgelegt ist, vereinen sich das Signal der Bass-Simulation und das Mikrofonsignal des Hornrotors. Zusammen treten sie von hier aus ihren gemeinsamen Weg ins FOH-Pult an, wo sie nur einen Kanal benötigen. Nur einen? Ja, denn bei nur einem eingebauten Mikro würde ein Stereosignal keinen Sinn ergeben. Dennoch erweist sich der MIX-Output in Verbindung mit dem zugehörigen MIX-Poti als äußerst flexibel. Mit diesem Regler kontrolliert man die Balance zwischen Horn- und Bass-Rotor. In jeweiliger Maximalstellung wird der andere Bereich sogar komplett ausgeblendet. Benutzt der experimentierfreudige Tastenmann den SIM- und den MIX-Ausgang gleichzeitig (also doch zwei Kanäle am Pult), kann er dem Tontechniker zwei sauber getrennte Signale vom Horn und vom Bass geben und ihm so die Kontrolle über die Balance überlassen. Spielt er das PRO-3X stand-alone in Verbindung mit einem Keyboard-Amp, kann er den MIX-Out an einen weiteren Verstärkerkanal anschließen und so entweder das Horn-Signal oder den Bass-Rotor noch einmal – also doppelt – verstärken. Könnt ihr mir noch folgen?
Ein Regler bleibt noch übrig: Das Volume-Poti regelt die Gesamtlautstärke des PRO-3X und beeinflusst alle Ausgänge.

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SLOW/FAST/STOP
Das Besondere an einem Rotorkabinett ist, dass man zwischen den beiden Drehgeschwindigkeiten SLOW und FAST umschalten kann. Das erzeugt diesen unverkennbar breiten, wirbelnden Sound. Als dritte Alternative gibt es den STOP-Mode, wobei beide Rotoren still stehen. Mit dem PRO3X wird zu diesem Zweck erfreulicherweise ein stabiler Doppelfußschalter samt Kabel geliefert, der an die Pedal-Buchse angeschlossen wird. Zusätzlich gibt es auf der Frontseite eine kleine gelbe LED, die durch langsames oder schnelles Blinken die aktuelle Rotationsgeschwindigkeit sichtbar macht.
Eine Besonderheit der Motion Sound-Kabinette ist, dass die Drehgeschwindigkeiten sowie die Anlaufzeit der Rotoren mittels Potis, die auf die Platine im Inneren des Gehäuses gelötet sind, dem eigenen Geschmack entsprechend justiert werden können. So auch beim PRO-3X. Ich persönlich finde das ein sehr schönes Feature. Der einzige Nachteil ist, dass man dafür das komplette Gehäuse aufschrauben muss. Als Vorbild für die Werkseinstellung diente übrigens ein Leslie Modell 147.
Das PRO-3X wartet trotz seiner Einfachheit mit vielen sinnvollen Features zur Klangbearbeitung auf. Darüber hat man bei Motion Sound offenkundig gut nachgedacht. Doch wie wirkt sich das alles nun auf die Praxis aus?

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PRAXIS
Da das PRO-3X „nur“ das mechanische Oberteil eines echten Leslie-Kabinetts ist, erzeugt es lediglich einen hörbaren Frequenzbereich ab 800Hz. Somit ist ein zusätzlicher Keyboardverstärker oder eine Anlage notwendig, um das gesamte Frequenzspektrum hörbar zu machen. Die Qualität dieser externen Verstärkung wirkt sich natürlich auch auf den Gesamtsound der Kombination mit dem PRO-3X aus. Die mit 45 W gering anmutende Leistung der Endstufe reicht für Proberaum und Kneipenbühnen aus. Für größere Events kann man das PRO-3X dank des internen Mikros problemlos und schnell ans FOH-Mischpult anschließen.
Freunde der härteren Musikgangart werden am PRO-3X ihre Freude haben, denn der Grundsound ist sehr rockig und rotzig. Der eingebaute Speaker klingt sehr klar und produziert viele Höhen, wodurch ein recht scharfer Sound entsteht. Aufgrund der wenigen tiefen Mitten fehlt es mir jedoch etwas an Wärme. Die Geschwindigkeiten und Anlaufzeit des Rotors sind gut aufeinander abgestimmt und die gewählte Kombination aus Speaker und Rotor erzeugt einen gut klingenden Leslie-Effekt. Im Vergleich zu meinem 122er Leslie klingt der Rotoreffekt des Motion Sound Kabinetts schärfer und direkter, jedoch mit etwas weniger Tiefe.

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Slow – Fast

Der FET-Preamp zeigt sich sehr zerrfreudig. Wer ein richtiges Brett fahren möchte, ist hier genau richtig. Die Zerrsounds sind sehr druckvoll und heavy, ohne jedoch kratzig zu klingen.

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Verzerrung

Andersherum erfordert es allerdings leider viel Fingerspitzengefühl, um einen cleanen Sound aus dem Rotor zu kitzeln. Der Unterschied zwischen den beiden Klangcharakteristiken der FET-Schaltung ist meines Erachtens marginal, wobei Mode A etwas mehr Bauch und Wärme erzeugt. Im nächsten Beispiel wandert die Stellung des FET-Mode-Reglers von Mode A über die Mischung AB nach Mode B.

Audio Samples
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FET-Mode

Die beiden EQ-Bänder sind gut gewählt und erweisen sich in der Praxis als äußerst nützlich. Die Höhen betonen das Perkussionsregister der angeschlossenen Orgel und fügen dem Signal eine gehörige Portion Brillanz und Präsenz hinzu. Für mehr Keyclick und Durchsetzungsfähigkeit gegenüber der Gitarrenfraktion dreht man einfach das Mittenband hinein.

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Die Simulation des Bass-Rotors finde ich ebenfalls sehr gelungen. Die tiefen Frequenzen wabern und blubbern angenehm warm und verleihen dem Sound genug Tiefe, ohne künstlich zu klingen. Physikalisch gesehen ist der Rotationseffekt eine Kombination aus Lautstärke- und Tonhöhenmodulation. Mit den Reglern Low und High kann man diese beiden Bestandteile des Effektes noch feintunen. Während Low dabei die Intensität der Lautstärkemodulation kontrolliert, beeinflusst High den Anteil der Tonhöhenmodulation. In Maximalstellung beider Regler fängt der Sound schon beträchtlich an zu wummern. Dennoch ist kein störendes „Eiern“ wahrnehmbar, was für die Qualität des Effektes spricht. Dreht man beide Regler auf Null, schaltet man dadurch die Simulation aus und es liegt lediglich das trockene Signal an den Ausgängen an. In den Audiobeispielen ist jeweils nur das Signal vom SIM-Out zu hören, wobei das entsprechende Poti von der Null- über die Mittel- zur Maximalstellung gedreht wird. Der jeweils andere Regler steht auf Null.

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SIM-Out Low-Poti SIM-Out High-Poti

Das eingebaute Mikrofon mit seinem dynamischen Wandlerprinzip vermag die Brillanz des Rotors nicht vollständig einzufangen. Im Vergleich zum reinen Klang des Lautsprechers klingt sein Signal dumpfer und matter, gleichzeitig betont es auch etwas die unteren Mitten. Auch mit den Ergebnissen eines guten externen dynamischen Mikros wie dem Sennheiser MD 421 kann es nicht mithalten. In den nächsten Beispielen ist der Unterschied zwischen dem über den MIX-Out ausgegebenen Signal des internen Mikrofons und der Kombination aus MD 421 und dem Signal des SIM-Ausgangs zu hören.

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Beispiel 1 – internes Mikro Beispiel 1 – MD 421 Beispiel 2 – internes Mikro Beispiel 2 – MD 421

Dennoch reicht die Qualität des Mikrofons für Live-Anwendungen vollkommen aus. Im hektischen Bühnenalltag wird man recht schnell den Luxus des internen Mikros und der damit einhergehenden Einfachheit und Zeitersparnis beim Aufbau zu schätzen lernen.
Noch ein kurzes Wort zur Bedienungsanleitung: Obwohl sie leider nur in englischer Sprache vorliegt, ist sie sehr deutlich und informativ verfasst. Außerdem enthält sie zahlreiche nützliche Praxistipps.

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FAZIT
Wenn es einen Preis für das kleinste mechanische Rotorkabinett der Welt gäbe, wäre Motion Sound mit dem PRO-3X einer der heißesten Anwärter. Aufgrund seiner Abmessungen und seines geringen Gewichts ist es äußerst transportfreundlich und bietet darüber hinaus einen echten Rotoreffekt. Der Sound aus dem rotierenden Horn verhält sich gegenüber einer rein digitalen Effektsimulation lebendiger und der V-FET-Preamp sorgt für den nötigen Biss und Schmutz. Die sehr gute Simulation des Bass-Rotors bietet in Verbindung mit einem guten Keyboard- bzw. Bass-Verstärker eine brauchbare Alternative zu einem echten Leslie-Kabinett. Die vielen praxisnahen Features ermöglichen es, das PRO-3X den eigenen Soundvorstellungen anzupassen. Allerdings ist der schnell zerrende Grundsound durch scharfe Höhen und schwache tiefe Mitten geprägt, was Orgelpuristen und Liebhaber cleaner und jazziger Orgelsounds etwas enttäuschen wird. Bandkeyboarder jedoch, die einen Hammond-Klon ihr Eigen nennen, sollten sich das PRO-3X einmal anhören, denn es wertet jeden Orgelsound noch einmal auf.

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