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Marshall Class 5 Test

Da sich aber immer mehr Gitarristen den Sound einer in die Sättigung fahrenden Röhrenendstufe wünschen, ohne dabei hohe Lautstärken in Kauf nehmen zu müssen oder am Mastervolume zu schrauben, sind in der letzten Zeit etliche Hersteller dazu übergegangen, auch leistungsschwächere Amps zu bauen.

Mit dem fünf Watt starken Class 5, einem reinrassigen Class A Vollröhrenamp, der seine Leistung aus zwei ECC 83 Vorstufen und einer EL 84 Endstufenröhre bezieht, hat auch Marshall seit kurzem einen entsprechenden Pfeil im Köcher. Dabei erstaunt nicht nur der extrem entspannte Preis, sondern auch die Tatsache, dass der Kleine in Bletchley, UK, gebaut wird – dem Ort, an dem traditionell sämtliche (teureren) Marshalls hergestellt werden. Sachen gibt´s…Oder haben wir es hier mit einem neuen Trend zu tun? Back to the roots auf allen Ebenen.

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DETAILS

Optik/Gehäuse

Rein optisch betrachtet ist die Seelenverwandtschaft zu klassischen Marshall-Combos aus den 60ern nicht zu verleugnen. Das Gehäuse des Toploaders besteht aus Birkensperrholz, einem Material, das gerne für die Herstellung hochwertiger  Boxen und Gehäuse verwendet wird, bei einem Amp dieser Preisklasse aber eher seltener zu finden ist. Hier herrscht in der Regel das wesentlich preiswertere, aber auch schwerere MDF vor.  Das Amp-Chassis besteht aus leichtem und relativ dünnem, gebogenen Aluminium. Die nötige Stabilität erhält die Konstruktion dadurch, dass sie an der Vorder und Rückseite mit dem Holzgehäuse verschraubt wird.

Die sauber aufgezogene Bespannung besteht aus strukturiertem schwarzen Vinyl, das “Grill- close“, also die Bespannung vor dem Lautsprecher kommt im schwarz-weißen “Salt and Pepper“-Design. Als Lautsprecher dient ein neuentwickelter 10 Zoll Celestion G10F-15 Lautsprecher. Oberhalb des Speaker-Bereichs hat das obligatorische weiße Firmenlogo seinen Platz gefunden. Das im Hause Marshall üblicherweise weiße “Piping“ ist  beim Class 5 goldfarben. Weiterhin fällt auf, dass der Combo keine schützenden Kugelecken hat. Dafür hat er einen ergonomisch geformten Tragegriff, mit dem sich der ohnehin schon leichte Amp sehr gut transportieren lässt.

Für die Kühlung der Röhren sorgt eine großzügige Fräsung in der Amp-Oberseite, die mit einem goldenen Gitter verschlossen wurde. Daneben wartet, Toploader-typisch, das Bedienfeld. Dieses fällt, dem Konzept des Amps entsprechend, recht übersichtlich aus. Rechts lauert der Power Schalter, links daneben eine rote Kontrolllampe. Einen Standby- Schalter sucht man vergebens. Die Klangregelung besteht aus den Reglern für Bass, Middle und Treble. Fehlen uns noch Volume zur Kontrolle der Lautstärke und die obligatorische Klinkenbuchse zum Anschluss der Gitarre. Das war´s dann auch schon. Kein Master-Regler, kein Hall, kein Presence-Regler und auch kein weiterer Kanal.

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Dann werfe ich doch mal einen Blick auf die Rückseite. Hier geht´s ähnlich sparsam zu wie oben. Zu finden sind ein Stromkabel-Anschluss, ein Headphone-Out, ein Speaker-Out und ein Kippschalter, mit dem man zwischen dem Speaker-Out und dem Headphone-Out umschalten kann. Im Headphone-Modus wird der Lautsprecher stumm geschaltet und ein Power-Soak aktiviert, also ein Lastwiderstand, der dem Amp vorgaukelt, es wäre noch eine Box angeschlossen. Würde das nicht passieren, hätte man ein Problem, da sich die Endstufenröhre zeitnah verabschieden würde!  Denn wie heißt es doch so schön in der Röhrenamp-Bibel: Betreibe einen Röhrenverstärker niemals ohne Box oder Lastwiderstand.

Zurück zum Thema. Die Rückwand des Class 5 ist mit sieben Holzschrauben fest verschraubt. Der Amp atmet durch eine schmale Bassreflex-Öffnung im unteren Gehäusebereich. Für einen satten Bodenkontakt sorgen vier Standard-Gummifüße

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PRAXIS

Eines vorweg: trotz seiner überschaubaren Leistung von fünf (Röhren-)Watt ist der Marshall Class 5 im Stande, eine ordentliche Lautstärke zu entwickeln!  Da er kein  Mastervolume hat, muss man den Kleinen schon ziemlich weit aufdrehen, um ihm eine amtliche Verzerrung zu entlocken. Will man den Amp zu Crunch- oder sogar Lead-Sounds überreden, empfiehlt es sich also einen entsprechend „nachbarschaftsfreien“ Ort aufzusuchen – beispielsweise den Proberaum, den Club um die Ecke oder eben ein Studio. Für Reihenhaus- oder Mietwohnungs-Rocker ist der Amp also nicht wirklich geeignet – es sei denn, man spielt clean oder arbeitet mit einem vorgeschalteten Verzerrer. Und mit Boostern und Overdrive-Pedalen versteht sich der Class 5 übrigens bestens.

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Die Klangregelung ist typisch Marshall und eignet sich dazu grob in´s Geschehen einzugreifen. Sie arbeitet interaktiv wird also z.B. der Middle-Regler aufgedreht, hebt er auch gleichzeitig die Bässe und Höhen etwas mit an. Im Grunde generiert der Amp seinen Sound aber durch die Interaktion zwischen Vor-, Endstufe und Speaker  – den Spieler und seine Gitarre nicht zu vergessen.

Für die folgenden Aufnahmen habe ich ein AKG C414 verwendet. Die Klangregelung des Amps stand, wie sollte es auch anders sein, in der Mittel-Position.

Als erstes stöpsle ich meine Telecaster in den Amp, aktiviere den Steg-Pickup und höre mal, was er clean so drauf hat.

Audio Samples
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Tele Bridge Clean

Das hat schon was. So richtig clean ist er allerdings nur bei relativ geringen Lautstärken. Sobald der Volumen-Regler auf neun Uhr steht, bekommt der Sound eine dreckigere Note, die ich aber sehr charmant finde.

Ich schalte auf den Hals-Pickup.

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Tele Neck Clean

Das klingt absolut Marshall-typisch, auch hier die etwas schmutzigere Variante eines Clean-Sounds. Der Ton ist dabei aber nicht kratzig und durch den kleinen 10“-Speaker ziemlich impulsfreudig, jedoch bauartbedingt gerade in den unteren Mitten auch etwas gedrungen.

Für den Check der Crunch-Sounds verwende ich eine Tele und eine Les Paul – jeweils mit aktiviertem Steg- und Hals-Pickup.

Audio Samples
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Tele Bridge Crunch Tele Neck Crunch Les Paul Bridge Crunch Les Paul Neck Crunch

Am besten gefallen hat mir der Class 5 mit der Tele. Grundsätzlich kommt er mit den etwas schlankeren Gitarrensounds besser klar, da durch das kleinere Volumen des Gehäuses nicht so viel Bass transportiert werden kann.
Die Tele springt mich fast an, ohne dabei aber aggressiv zu klingen. Traditionelle Crunch-Sounds sind so sehr gut zu realisieren.
Die Riffs mit der Les Paul gefallen mir nicht ganz so gut. Bei zu viel Bass stößt das kleine Gehäuse schnell an seine Grenzen. Spaßeshalber habe ich aber mal  eine 4×12“ Marshall-Box drangehängt und siehe da, das größere Volumen macht sich sofort bemerkbar.

Der Amp wird bis zur 12 Uhr-Stellung  des Volumenreglers kontinuierlich lauter. Darüber hinaus macht sich nach und nach die Endstufe bemerkbar und komprimiert den Sound, ohne dabei wirklich lauter zu werden. Das Ergebnis ist eine wunderbar dynamische Endstufen-Sättigung.  In Verbindung mit der Les Paul entstehen so organische Retro Lead-Sounds, an denen gerade Blueser ihre helle Freude haben dürften. Die Höhen treten in den Hintergrund, Mitten sind satt vorhanden und machen das Solo angenehm durchsetzungsfähig.

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Les Paul Neck Lead

Allerdings klingt das auch nur bis zu einem gewissen Grad, denn je mehr ich den Volumenregler des Amps aufdrehe, desto mehr knickt die Endstufe ein. Das wiederum bewirkt ein „wegsuppen“ des Gitarrensounds. Dieses Phänomen nennt man im Englischen übrigens “to sag“.  Der Headphone-Out ist nichts für Freunde schöner Klänge. Es scheint, als wäre gar keine Frequenzkorrektur vorgenommen worden. Sägend und mit viel zu viel Höhen kratzt der Ton im Kopfhörer.

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FAZIT

Mit dem Class 5 hat Marshall einen tollen kleinen Amp im Programm der mehr kann, als nur Übungsamp zu sein. Abgenommen lassen sich gute Crunch- und dynamische Lead-Sounds realisieren, die durch den 10“-Speaker eine besondere, eigene Note bekommen. Gerade Blueser werden ihre helle Freude mit dem Amp haben, da der Volumenregler der Gitarre den gelieferten Verzerrungsgrad bestimmt. Die Möglichkeit, andere Speaker anzuschließen, erweitert das Einsatzgebiet erheblich und macht den Class 5 zu einer interessanten Alternative zu den üblichen (teureren) Verdächtigen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Optik
  • Verarbeitung
  • Ansprache/Dynamik
  • Gewicht
  • Preis
Contra
  • Kopfhörer-Sound
Artikelbild
Marshall Class 5 Test
Für 298,00€ bei
Technische Daten Marshall Class 5
  • Hersteller: Marshall
  • Modell: Class 5
  • Typ: Röhrencombo
  • Kanäle: 1
  • Ausgangsleistung: 5 Watt
  • Röhrenbestückung: 2x ECC83 und 1x EL85
  • Lautsprecher: 1x 10“ Celestion G 10F-15, 16 Ohm
  • Besondere Merkmale: Headphone Out mit Powersoak
  • Bedienfeld: Volume, Treble, Middle, Bass
  • Rückseite:
  • Abmessungen: 495 x 415 x 230 mm ( B x H x T)
  • Gewicht: 12 kg
  • Preis: 450.-Euro UVP
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Kommentieren
Profilbild von Thomas Hilz

Thomas Hilz sagt:

#1 - 20.10.2012 um 23:38 Uhr

0

Ach so,der Class 5 hat also eine EL85 als Endstufenröhre`Wirklich intressant....

Profilbild von Anemic

Anemic sagt:

#2 - 14.02.2013 um 19:54 Uhr

0

Ich finde Ihren Kommentar bzgl. des Schreibfehlers mit der Röhre einfach lächerlich. Wahrscheinlich ist es auch lächerlich, dass ich darauf reagiere. Aber sowas kann man auch nett schreiben, und nicht in einer so herablassenden, großkotzigen Art wie Sie es tun... schönen Tag noch.

Profilbild von MMD

MMD sagt:

#3 - 15.02.2013 um 02:42 Uhr

0

Bester Kommentar seit langen!

Profilbild von drjaykay

drjaykay sagt:

#4 - 28.03.2013 um 15:46 Uhr

0

Hab' gerade genau das Gleiche wie Anemic gedacht...

Profilbild von the boss

the boss sagt:

#5 - 10.05.2014 um 14:47 Uhr

0

Herr Hilz,
an ihrer Stelle würde ich, wenn ich solch einen Kommentar schreiben würde, äußerst darauf achten, dass sich bei mir keine Fehler einschleichen! Worauf ich hinaus möchte ist ihr " ' ", welches vor ihrem "Wirklich intressant..." steht, sowie auf das Wort "intressant", welches im deutschen Vokabular nicht vorhanden ist.Zum Test:Ich finde den Test sehr gelungen. Das Einzige was mir etwas fehlt ist, dass ein völlig cleaner Sound so gut wie nicht möglich ist, sondern der kleine Marshall immer einen leichten Crunch hat. Für einen guten cleanen Sound ist der Vox AC4 C1 Bl zu empfehlen, welcher ähnliche technische Daten hat.

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