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Ludwig Club Date SE Drumset Test

Nicht selten kann man mitten in der Nacht verschwitzte, blasse Gestalten dabei beobachten, wie sie überdimensionale Hutschachteln in billige Absteigen wuchten. Fast immer handelt es sich dabei um nerdige Vintage-Trommler, die aus Gründen der künstlerischen Kredibilität mit ihrem sündhaft teuren Drum-Set aus den fünfziger Jahren durch Club & Lande touren und kein Auge schließen können, solange das Schätzchen unbeobachtet im Tourbus liegt.

Club_Date_Totale


Da ich selbst schon des Öfteren bei dieser unwürdigen Tätigkeit zu beobachten war, war ich natürlich gespannt wie ein Flltzebogen, als ich gelesen habe, dass mein liebster Trommelbauer um Abhilfe in Form einer Neuauflage der legendären Club Date Serie bemüht ist. Bei der Einführung dieses Modells Anfang der sechziger Jahre ging es primär darum, eine günstige Alternative zu den “Super Classic”-Sets anbieten zu können. Zur Verringerung der Herstellungskosten verbaute man die durchgehenden “Dual Tension”-Böckchen und musste nur noch halb so viele Löcher bohren. Diese Böckchen sind auch heute wieder das Markenzeichen, auch die Philosophie bleibt die gleiche: günstige Schlagzeuge in übersichtlichen Konfigurationen zu bauen. Bei der Vermarktung dieses Produktes zielt Ludwig dabei hauptsächlich auf eben jene blassen Gestalten, denen sowohl die Optik als auch der klassische Sound ihrer alten Schießbuden heilig ist und die es gleichzeitig als gehörige psychische Belastung empfinden, das gute Stück aus der sicheren Geborgenheit der eigenen vier Wände zu entlassen. Ob sich die langersehnte Kompromisslösung für dieses Problem in den beiden recht kleinen und leichten Kartons befindet, die der freundliche Paketbote soeben bei mir abgegeben hat, wird sich nun zeigen.

Details

Wie die Größe der Verpackung vermuten lässt, muss das Schlagzeug erst einmal zusammengebaut werden. Bis auf das 12″ Rack-Tom ist alles platzsparend ineinander verstaut. Beim Zusammenfügen der Teile kommt durchaus der Wunsch auf, stolzer Besitzer eines flinken Akkuschraubers zu sein. Es gilt, die ultralangen Spannschrauben mindestens 2,5 Zentimeter tief in die Gewinde der Böckchen zu drehen, was doch eine gewisse Geduld verlangt. Doch vorher empfiehlt es sich, einen prüfenden Blick in das Innenleben und vor allen Dingen auf die Gratung zu werfen. Die Kessel bestehen aus einem sechslagigen Kirsch-/Gummibaum-Hybrid mit einer Stärke von etwa sechs Millimetern. Die Kanten sind im 35°-Winkel voll abgerundet. Diverse kleine Unregelmäßigkeiten erzeugen ein echtes Vintage-Feeling, dürften sich aber nicht negativ auf den Klang auswirken.

Fotostrecke: 4 Bilder Bass innen

Sowohl die geriffelten Böckchen als auch die einen Millimeter starken, sehr leichten Spannreifen orientieren sich recht exakt am Original. Bei Letzteren sind durchaus auch ein paar Unregelmäßigkeit im Bereich der Ausbuchtungen für die Schrauben zu erkennen, was man aber als kosmetischen Mangel bezeichnen kann. Die Verchromung ist durchweg ordentlich und die zeitlose “Silver Sparkling”-Folie ist sehr gut verklebt. Ebenfalls als klassisch zu bezeichnen wäre der Umstand, dass die Böckchen ohne Unterlage direkt am Kessel anliegen. Auch die an der Oberseite der Bassdrum angebrachte, 16 Zentimeter breite “Rail Consolette” – eine gebogene Haltestange für die Hängetom oder anderen Firlefanz – fügt sich nahtlos in den feinen Retro Look ein. Durch die zentrale Position lässt sich das Set sowohl für Rechtshänder als auch für Linkshänder gleichermaßen komfortabel aufbauen. Über das seitliche Verschieben auf der Consolette, die zusätzlich gegebene Möglichkeit der Neigung, das seitlich zu verstellende Gelenk unten und das Kugelgelenk oben kann sehr schnell die passende Position für die Hängetom gefunden werden. Nicht nur das erwähnte Kugelgelenk zeugt von der Gegenwärtigkeit dieses Instrumentes und macht deutlich, dass hier keineswegs versucht wurde, eine exakte Kopie des 60er-Jahre Club Dates zu erstellen. Bewährtes neueren Datums, wie zum Beispiel das Free-Suspension Rim-System am Rack-Tom sowie der Verzicht auf die Flügelschrauben an der Bassdrum erhöhen die Funktionalität. Vollständig uneinsichtige Retrofetischisten werden den Rim selbstredend entfernen, das Tom auf einen Retro-Snare Ständer mounten und sich sehr darüber freuen, dass kein verwaistes Tomholder-Böckchen mehr im Wege ist und klappert. Eben jenes Tomböckchen am Rim und die Böckchen für die Beine des Standtoms und der Bassdrum haben die klassische Ludwig-Form und tragen den 60er-Schriftzug, während die daran befindlichen, robusten Flügelschrauben den Schriftzug aus den 70ern eingestanzt bekommen haben. Das wirkt aus der Nähe betrachtet ein wenig unentschlossen, aber hat wahrscheinlich keine Bedeutung.

Fotostrecke: 5 Bilder Bass Front

Sämtliche Beine sind mit Gummifüßen versehen, wobei die Füße der Bassdrum selbstverständlich auf einem Gewinde sitzen und so weit nach oben geschraubt werden können, dass die darunter befindlichen Metallspitzen herausragen und einen bombenfesten Stand garantieren – Standard. Alle Hardwareteile bis auf die Spannböckchen sind mit Kunststoffunterlagen versehen. Die Spannreifen der 20″ x 14″ Basstrommel sind aus einen Zentimeter starkem Holz gefertigt und an der Oberseite mit einem Streifen Silver Sparkle Folie beklebt. Jeweils acht mit Krallen versehene Spannschrauben (Länge: 18 Zentimeter) verbinden Reifen und Böckchen. Nachzutragen wäre noch, dass das 14″ x 14″ Standtom ebenfalls über jeweils acht Spannschrauben verfügt und das 12″ x 8″ Tom mit sechs Schrauben pro Seite in Stimmung gebracht werden kann. Bei den mitgelieferten Fellen handelt es sich um Produkte der Firma Evans, die allesamt mit dem Ludwig-Logo bedruckt sind und vermutlich – wie das gesamte Schlagzeug – aus fernöstlicher Produktion stammen. Die Schlagfelle der Toms sind aufgeraut und die Resonanzfelle klar (vermutlich G1), während die Bassdrum mit einem geschlossenen, aufgerauten Resonanzfell und einem klaren Schlagfell (jeweils mit Dämpfungsring innen) ausgeliefert wird (vermutlich EQ3). Abschließend noch ein Blick auf das neue Badge dieser Special Edition. Form und Größe würden sich bestimmt auch sehr gut auf dem Tank eines Motorrades machen und sind so gar nicht typisch für die Firma Ludwig. Dennoch sieht dieses flügelartige Badge in Gold und Braun irgendwie schick aus und enthält bei genauerer Betrachtung tatsächlich den guten, alten Keystone. Da wird einem doch gleich ganz warm um’s Herz und jetzt will ich endlich wissen, wie dieses feine Schlagzeug denn nun klingt.

Fotostrecke: 4 Bilder Wer entdeckt den Keystone
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