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Kush Audio Clariphonic MS Test

Kush Audio hat sich mittlerweile als allseits geschätzter Player am Markt etabliert – so sehr, dass das Signature-Produkt des Herstellers nun in einer aktualisierten, nochmals verfeinerten Version erhältlich ist.

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Eigenständiges Konzept: Der Clariphonic setzt sich deutlich von seinen Mitbewerbern ab.


Als Brainchild des New Yorker Engineers Gregory “UBK” Scott hat Kush Audio von Anfang an Dinge anders gemacht als die Konkurrenz. In unserer Branche, die in vielen Bereichen viel technisches Fachwissen erfordert, ist es manchmal nicht einfach, die Brücke zwischen Theorie und Praxis zu schlagen, zu abstrakt erweisen sich technische Parameter, und zwar sowohl für Anfänger wie bisweilen auch die alten Hasen. Den aktuellen Trend, Klangparameter nicht mit den dahinterstehenden technischen Werten, sondern vielmehr mit lautmalerischen Begriffen zu betiteln, hat Kush Audio jedenfalls in einer Vorreiterrolle mitbegründet. Woher Scott seine Inspiration bezogen hat, darüber darf fröhlich spekuliert werden. “Kush” ist ein amerikanischer Slangbegriff für gewisse Ernteprodukte einer uralten Kulturpflanze mit fünffingrigen Blättern. In braun gehaltene Frontplatten sowie – speziell auf den Clariphonic bezogen – der Claim “Highend just got higher!” lassen nur noch die ganz hartnäckigen Verweigerer daran zweifeln, worauf hier augenzwinkernd Bezug genommen wird.
Wenn wir jedoch einmal ganz nüchtern bei den Fakten bleiben, so ist der Clariphonic auch in seiner aktuellen Iteration ein so eigenständiger wie interessanter Klangprozessor, der allemal einen näheren Blick Wert ist.

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Details

Auf der Frontplatte des 1-HE-Gehäuses versprüht das Gerät den Art-déco-Charme Gotham Citys und damit geht Kush hier mit den visuellen Referenzen nochmals ein halbes Jahrhundert weiter zurück als die meisten EQs, die Vintage-Reminiszenzen zitieren. Im Kern bietet der Clariphonic nämlich eine moderne Aufbereitung von Sweetening-EQ-Kurven, die gemeinhin mit den besten der besten Vintage-EQs in Verbindung gebracht werden. Angeber-Fun-Fact für den nächsten Branchenumtrunk: Zwar ist der Pultec EQ ein Kind der 50er-Jahre, aber die zugrundeliegenden Filterschaltungen wurden tatsächlich Anfang des 20. Jahrhunderts bei Western Electric für die Verbesserung der Audioübertragung über Telefonleitungen entwickelt. Und insofern passt die Art-déco-Optik viel besser, als man auf den ersten Blick denken sollte …

Klangmalerische EQ-Bänder

Nun ist der Clariphonic aber kein Pultec-Klon, sondern er verpackt diese und andere Klangresultate in ein Interface, das seinen eigenen Gesetzen folgt. Als “Parallel EQ” ausgeführt verfügt das Stereogerät über eine interne Routingmatrix, welche die EQ-Bearbeitung dem Direktsignal hinzumischt, mit dem Ziel, möglichst saubere, elegante Resultate zu ermöglichen. Pro Kanal stehen zwei Bänder zur Verfügung, die jeweils unterschiedliche Frequenzen bedienen und näherer Erläuterung bedürfen, da die Bänder eben nicht “technisch”, sondern “klangmalerisch” gelabelt wurden.

Fotostrecke: 4 Bilder Kush Audio Clariphonic MS: Stereo-EQ für Spezialanwendungen.

Endlich auch Absenkungen von Frequenzen möglich

Das Focus-Band bedient dabei die tieferen Frequenzen, wobei damit nicht der Bass gemeint ist: Der Clariphonic ist ein reines Werkzeug zum Shaping der hohen Frequenzen, Bässe oder Tiefmitten werden hier nicht bedient. Dieses Band bietet die Optionen “Lift” und “Open”, wobei es sich bei beiden um sehr weite Bell-Kurven handelt. Lift greift unten ab etwa 800 Hz und läuft oben ab etwa 14 kHz wieder aus, Open ist mit einer unteren Ansatzfrequenz von 3 kHz höher abgestimmt. Ein Rasterpoti mit 41 Stufen erlaubt eine Amplitude von satten ±16 dB. Richtig gelesen: plus und minus! Das Vorgängermodell erlaubte nur Boosts und war deswegen deutlich weniger flexibel, dies war damals mein größter Kritikpunkt an dem Gerät. Harsche Hochmitten können mit der Focus-Engine nun also auch reduziert werden.

Für klare und seidige Höhen ist ausreichend gesorgt

Daneben bietet der Clariphonic noch das zweite Band, die Clarity-Engine, mit insgesamt vier Ansatzfrequenzen, die “von unten nach oben” Presence, Sheen, Shimmer und Silk genannt werden. Es handelt sich hierbei um vier Shelving-Kurven mit den Ansatzfrequenzen 4, 8, 18 und 34 kHz. Letztere sind nicht nur für Fledermäuse und Hunde gedacht, da die breiten Filter auch weit unterhalb der Ansatzfrequenzen schon greifen und dann eben für einen unglaublich weichen, leichten Boost des Airbandes sorgen. Auch hier justiert ein Rasterpoti den Pegel, und zwar je nach Filterband in einem Bereich von ±14 bis ±16 dB, was höchstwahrscheinlich deutlich mehr sein sollte, als man jemals brauchen wird.
Kush zitiert ehrwürdige Legenden-EQs wie Sontec oder Massenburg als Vorbild für diese Baugruppe.

Dank M/S-Matrix nun auch Mid-Side-Bearbeitung möglich

Das Gerät bietet zudem noch eine interne M/S-Matrix, die den Einsatz der Filterkurven auch auf Mitten- und Seitensignal erlaubt. Hinten finden sich zudem nicht nur die Netz- und Audioanschlüsse, sondern auch zusätzliche Insertpunkte, mit denen auch externe Prozessoren in die M/S-Codierung eingebunden werden können. Leider sind diese im Gegensatz zu den Hauptein- und -ausgängen aber nur als (immerhin ebenfalls symmetrische) TRS-Buchsen verfügbar. Beleuchtete Kippschalter für Netz, Bypass und M/S-Betrieb liegen in der Mitte der Frontplatte. Somit ist die Übersicht über den Betriebsstatus jederzeit gewährleistet. Die Verarbeitung ist insgesamt makellos und das Innenleben so sauber wie übersichtlich. Audio-I/Os sind elektronisch symmetriert, die Routingfunktionen/der Bypass relaisgestützt, die M/S-Matrix basiert auf THAT-Chips und die EQ-Schaltungen auf IC-basierten RC-Filtern. “Vintage”-Bauteile wie Röhren oder Übertrager bietet der Clariphonic also nicht, er setzt sein Konzept mit modernen Mitteln um.

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Praxis

Aufgrund der “un-technischen” Bezeichnungen – eventuell auch der Sprachbarriere, die für Nicht-Native-Speaker je nach Training nicht einfach zu nehmen sein dürfte – ist beim Kush Audio Clariphonic MS der Blick ins Manual zwingend erforderlich. Dieses ist mit über zwanzig Seiten ungewöhnlich umfangreich und detailliert gestaltet, trotzdem ausgesprochen zugänglich formuliert und nimmt einen gut an die Hand. Dickes Kompliment dafür!

Der Clariphonic fügt dumpfen Sounds wieder Klarheit hinzu

Es dürfte bereits deutlich geworden sein, was die Domäne des Clariphonic ist: das Aufhellen, Aufklaren von zu warm geratenen Quellen. Nun ist anno 2017 oft das Gegenteil erforderlich, aber auch heute soll es noch dumpfe Mikrofonaufnahmen oder etwa aufgrund von Abhörproblemen zu basslastig geratene Mischungen geben. Es hilft außerdem, die Audiobearbeitung ganz unesoterisch als Yin-Yang-Konzept zu begreifen: Sind die Mitten zu dick, so kann man diese entweder direkt absenken oder aber man hebt die hohen Frequenzen an, um eine Balance herzustellen. Letzteres geht mit dem Clariphonic und zwar ohne den Phasengang des Signals im delikaten Wärme- und Füllebereich anzutasten. Überhaupt: Oftmals reicht schon eine minimale Anhebung für maximalen Effekt und da diese dem Direktsignal auch nur hinzugemischt wird, lassen sich sehr elegante, “un-prozessiert” klingende Ergebnisse erzielen. Man kann es mit dem Kush-EQ sehr leicht übertreiben, weil die meisten Bänder einfach so weich klingen, das auch viel zu viele Höhen noch smooth und seidig rüberkommen. Hier gilt es also gut abzuwägen. Auch das Handbuch weist fairerweise darauf hin, dass manchmal schlicht der halbe Pegelhub den man unwillkürlich einstellt schon mehr als ausreicht. Also: Hinhören! Mehr denn je …

Fotostrecke: 4 Bilder Art-déco-Look: Auch das optische Design bricht mit Mainstream-Konventionen.

Seidige und offene Höhen mit einem airy Glanz

Einige Anwendungsmöglichkeiten für den Clariphonic MS habe ich bereits genannt. Bändchen- oder andere dynamische Mikros lassen sich nach oben hin öffnen und auch Vintage-Condenser mit aus heutiger Sicht defensivem Höhenbild (etwa Neumann Gefell CMV 563 oder Neumann U67) bekommen einen airy Glanz, der mit jedem Sony C800 mithalten kann. Dies funktioniert gerade bei Vocals hervorragend, wobei hier auch unterschiedliche Aufgaben super bedient werden. Die Leadstimme kann in den Präsenzen vorne in der Mitte des Mixes festgenagelt werden, während (nicht zuletzt auch dank der M/S-Matrix) die Background-Chöre außen seidigsten Hauch bekommen können. Aufpassen muss man vor allem mit der Focus-Engine und dem Presence-Band der Clarity-Engine, denn werden die Hochmitten zu stark geboostet, dann bringt der Clariphonic etwaig bereits vorhandene Härten oberehrlich nach vorne.

Audio Samples
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Vocals: Original Vocals: Focus Lift (Full Boost) Vocals: Clarity Sheen

Offenheit auch in der Drumgruppe

Sehr schön lassen sich die unterschiedlichen Charaktere der insgesamt sechs Filterkurven an einer Drumgruppe zeigen. Hier ist das Zusammenspiel zwischen harschen Hi-Hats und seidigen Raumanteilen besonders delikat und damit auch die genaue Bearbeitung umso wichtiger. Oft sitzen Wohl und Wehe sehr nah beieinander, aber zum Glück bietet der Clariphonic zahlreiche Optionen zum Feintuning, und dabei beherrscht er eben beides: Signale wuchtig nach vorne zu bekommen, und dazu die ganz leisen Zwischentöne im delikaten Airband. Auch bei den Drums kommt der M/S-Modus wieder ins Spiel: Gerade bei Gitarrenmusik kämpfen viele Signale in ähnlichen Bereichen um die Aufmerksamkeit und alle geben in dichten Passagen voll Stoff. Vocals, Gitarren, Snare und so weiter wollen sortiert werden. Eine Höhenanhebung im Seitensignal bringt Offenheit in die Drums, ohne dass die Vocals in der Stereomitte zu sehr überlagert werden.

Audio Samples
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Drums: Original Drums: Focus Lift Drums: Focus Open Drums: Clarity Presence Drums: Clarity Sheen Drums: Clarity Shimmer Drums: Clarity Silk

Gute bis sehr gute Ergebnisse in der Summe

Auch für die Summenbearbeitung eignet sich der Clariphonic sehr gut. Im Prinzip trifft alles bereits Gesagte auch hier zu – mit der Ergänzung, dass der Kush-EQ auch auf delikaten, komplexen Summen eine gute Figur macht und obenrum für Seidigkeit sorgt, ohne dass übermäßige Artefakte ins Spiel kommen. Klar, übertreiben kann man es überall und immer, aber wohldosiert bringt der Clariphonic stets gute bis sehr gute Ergebnisse, abermals hier auch im M/S-Modus. Auch gegen – im weiteren Sinne – konventionellere Konkurrenten wie den Dangerous Music BAX EQ und den Electrodyne 2511 kann sich der Clariphonic gut behaupten: Alle genannten Geräte sind eigenständig, sorgen für sich genommen für tolle Resultate und nehmen sich gegenseitig auch nicht die Butter vom Brot. Mehr noch: Sie können sich auch gut ergänzen. Zumal der Clariphonic ohnehin als Teamplayer gesehen werden muss, denn er ist und bleibt ein Spezial-EQ mit klar umrissenem Aufgabenfeld, und kann prinzipbedingt nicht alles abdecken.

Audio Samples
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Piano: Original Piano: Clarity Sheen Piano: Focus Open Piano: Focus Open (M/S)
Fotostrecke: 4 Bilder Inserts: Via TRS-Buchsen können auch externe Prozessoren in die M/S-Matrix eingebunden werden.
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Fazit

Gegenüber der ebenfalls sehr guten Vorgängerversion bringt der Kush Audio Clariphonic MS nochmals mehr Vorzüge ins Spiel, das eigenständige Konzept kann nun als vollkommen ausgereift gelten. Konkurrenz hat das Gerät in dieser Form kaum, zu speziell ist der Grundgedanke des EQs. Klar kann man auch mit anderen Geräten vergleichbare Resultate erzielen, aber dieses Feature-Set ist und bleibt einzigartig. In Relation zu Klangresultaten, konzeptioneller Stärke und Fertigungsqualität geht der Kaufpreis sehr in Ordnung. Die volle Punktzahl verfehlt der Clariphonic nur deswegen ganz knapp, weil er doch ein sehr spezielles Gerät ist und prinzipbedingt weniger vielseitig als einige Mitbewerber. Das schmälert aber nicht seine Qualitäten – das was er macht, macht er top!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • eigenständiges Konzept
  • Klangeigenschaften
  • M/S-Matrix
  • Fertigungsqualität
Contra
  • aufgrund seines speziellen Zuschnitts kein Allround-EQ
Artikelbild
Kush Audio Clariphonic MS Test
Beleuchtung: LEDs geben über die Schaltfunktionen des Clariphonic Auskunft.
Beleuchtung: LEDs geben über die Schaltfunktionen des Clariphonic Auskunft.
Features und Spezifikationen
  • Stereo-EQ mit M/S-Modus
  • Zwei Bänder pro Kanal
  • Insgesamt sechs Filtereckfrequenzen
  • Hardwire-Bypass
  • Parallel-Architektur
  • Inputs: XLR/TRS Kombibuchse
  • Outputs: XLR
  • M/S-Inserts: 6,3 mm Klinke symmetrisch
  • Preis: 2290,– Euro (Straßenpreis am 04.10.2017)
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Art-déco-Look: Auch das optische Design bricht mit Mainstream-Konventionen.

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Profilbild von RakArt

RakArt sagt:

#1 - 29.09.2017 um 20:49 Uhr

0

Der Kush Clariphonic (ohne MS) kostet 1799,-€
Der hier getestete Nachfolger "Clariphonic MS" liegt preislich bei ca. 2400.–€
Der Link zur Firma Thomann ist darum leider nicht korrekt.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 30.09.2017 um 05:33 Uhr

    0

    Hallo RakArt,danke für den Hinweis. Das verlinkte Produkt ist tatsächlich die Version ohne die Matritze.Der Preis allerdings für den "M/S" stimmt aktuell aber dennoch, hier zum Beispiel http://shop.es-proaudio.de/... gibt es den von uns getesteten Clariphonic M/S für 1790 Euro.Beste Grüße
    Nick

    +2
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