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Korg MicroPiano Test

Bei Korg hat man offensichtlich Humor. Seit einiger Zeit hat man es sich dort zur Aufgabe gemacht, sämtliche Tasteninstrumente zu schrumpfen. Beginnend beim microKorg, über die microStation und den microSampler gibt’s jetzt das microPIANO: einen Flügel im Taschenformat.



Während ansonsten bei Digital-Pianos die Emulation von Sound und Tastengewichtung immer komplexer und originalgetreuer wird, geht Korg den entgegengesetzten Weg, verzichtet auf Super-duper-Hammermechanik und setzt auf Portabilität und Originalität. Unweigerlich denkt man an das Kinderklavier von Schroeder von den Peanuts. Und man denkt an die Eltern von Millionen kleiner chinesischer Mädchen als potentielle Kunden. Doch ist das microPIANO tatsächlich reines Spielzeug oder ein ernstzunehmendes Tasteninstrument?

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Es sieht aus wie ein Puppen-Klavier. Ein Flügel in Miniaturformat, wobei die Tiefe des Korpus’ maßstabswidrig verkürzt wurde. Das Instrument ist aus schwarzem Plastik und steht auf drei angenehm hohen Füßen. Der Clou des Pianos ist der aufklappbare Holzdeckel, der wahlweise in glänzend schwarz oder rot lieferbar ist. Die Tastatur besteht aus 61 Minitasten. Zwischen ihnen und dem Gehäuse befindet sich ein elegantes, rotes Filzband, um den Schein vom Flügel perfekt zu machen. Das Bedienfeld befindet sich am rechten Ende oberhalb der Tastatur und besteht aus übersichtlichen drei Tastern und einem Lautstärkeregler.
Letzterer ist recht klein geraten und für ausgewachsene Hände nicht ganz leicht zu greifen. Die Taster hören auf die Namen „On/Off“, „Song“ und „Sound“. Unterhalb des Flügeldeckels liegen auf der linken und der rechten Seite die beiden 1 Watt-Boxen und mittig das Batteriefach für 6 AA-Batterien. Auf der Rückseite befinden sich Anschlüsse für Kopfhörer und Sustain-Pedal. Die Möglichkeiten der Interaktion mit der Außenwelt sind also stark begrenzt – einen MIDI- oder USB-Anschluss etwa sucht man vergeblich.
Ausstattung
Mit einem Satz ist im Prinzip alles gesagt: Das Korg microPIANO hat 61 Tasten und 61 Sounds. Punkt. Kein Metronom, keine Recording-Funktion, keinen Arpeggiator. Dementsprechend umfasst die Bedienungsanleitung angenehme zwei Seiten. Das Einzige, was das microPIANO neben den Presetklängen bietet, sind 25 kurze Phrasen. Bei gehaltener Sound-Taste werden diese über die schwarzen Tasten der Klaviatur abgerufen. Es handelt sich um klangspezifische Arpeggien, kurze Begleitfiguren oder Note-repeat-Effekte. [Soundbeispiel: Phrasen] Spielkram. Weiterhin sind 40 Demosongs (überwiegend Chopin) und eine Transponierfunktion (bis zu einer Oktave) mit an Bord.
 Die zwei Boxen haben zwar jeweils nur ein Watt, was für Zimmerlautstärke jedoch ausreicht. Natürlich kann man bei ihrer Größe keinen abgerundeten Basssound erwarten. Doch die Auswahl der Klänge zollt diesem Rechung – auf Bassemulationen etwa wurde komplett verzichtet.
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Für die Praxis ist natürlich das Spielgefühl der Tastatur von großer Bedeutung. Zwar hat man sich bereits seit dem microKorg an die Minitasten gewöhnt, allerdings gibt es einen großen Unterschied zwischen der Spielbarkeit von Synthiesounds und Klaviersounds. Einzelne Basslinien, Synthie-Melodien oder langsame Pads mit den kleinen Tasten zu realisieren ist sicherlich kein Problem. Doch beim Klavierspiel wird es da schon schwieriger. Die Tastentrefferquote bei minimal komplexeren Stücken ist bereits verringert, doch schwierig wird es vor allem bei der Kontrolle der Dynamik. Denn nicht nur die Ausmaße der Tasten, sondern auch ihr Anschlagsweg und Druckpunkt sind ja minimiert. Echtes Klavierspiel, so wie es das Design und die Aufmachung des Instrumentes suggerieren will, ist damit richtig schwer. Aus diesem Grund muss auch vor der Verwendung des microPIANO als Anfängerinstrument gewarnt werden. Zwar ist die Anordnung der Tasten identisch mit denen eines echten Flügels, die Haptik derselben jedoch ganz und gar nicht.

Presetsounds

Die Presetsounds sind für ein Digital-Piano überraschend umfangreich ausgefallen. Immerhin 61 Sounds sind mit von der Partie. Ab Werk hat man bereits eine sinnvolle Vorauswahl getroffen. So wurde etwa auf jegliche Synthiesounds verzichtet. Ebenso findet man keine Bass- oder Gitarrensamples, stattdessen vor allem Tasteninstrumente.

Um die im Umfang zu kurz geratene Klaviatur auszugleichen, gibt es den ersten Flügel gleich in dreifacher Ausführung: in normaler Lage und mit nach oben oder unten oktavierter Tastatur. Eine Oktav-Transpose Funktion für alle Sounds wäre natürlich noch besser gewesen.

Weiterhin gibt es einen zweiten Pianosound, der etwas brillanter ausfällt und laut Bezeichnung für Jazz anzuwenden ist. Hier muss man allerdings ohne Oktavierungs-Funktion auskommen. Beide Klänge halten mit aufwendig gesampelten Klavieremulationen nicht mit. Es gibt keine Dampersounds, und die Dynamikrange spielt sich etwa zwischen mezzopiano und mezzoforte ab. Der nicht editierbare Hall ist ebenfalls ziemlich reichlich bemessen. Dennoch: Dass überhaupt solch ein durchweg passabler Sound aus diesem kleinen Ding rauskommt, überrascht bereits. Und dass die Wahl eines Konzertpianisten für den Vortrag einer Beethoven-Sonate auf das microPIANO fällt, ist eh recht unwahrscheinlich.

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Grand Piano Jazz Piano
Zu den anderen Sounds: Es gibt weiterhin zwei Orchester/Klavier-Kombinationen und vier gute E-Piano-Sounds.
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Morning Orch Piano Tremolo E-Piano
Mehrere Orgeln und Flötenklänge sind ebenfalls an Bord.
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Orgeln
Besonders gelungen sind für meinen Geschmack die Bellsounds, die in Form von Vibraphon, Steel-Drum, Music Box und Toy Piano zahlreich vorhanden sind. Besonders das Toy Piano klingt toll und außergewöhnlich (Merken!)
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Bell Pianos
Abgerundet wird das Angebot durch einige Streicher- und Harfensounds sowie die Kombination aus beiden. Insgesamt entspricht die Klangpalette dem kindlichen Äußeren des Instrumentes. Statt bösen Synthesizern und dunklen Posaunen gibt es eher hohe Geigen und märchenhafte Glöckchen.
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FAZIT

Nein, zum ernsthaften Musizieren kann man das microPIANO wohl nicht benutzen. Doch das macht das Instrument nicht überflüssig. Einsatzgebiete des Bonsai-Flügels könnten etwa sein: Auftritt bei Tante Käthes Geburtstagskaffee, Jammen mit Freunden im Auto, Schreibtischdeko, Zweitkeyboard in der Band von niedlichen, skandinavischen Elektro-Pop-Sängerinnen, 3qm Wohnung in Tokio. Weniger geeignet ist er für: Beethoven-Sonaten, Köln-Concert, Recording-Sessions, dicke Finger und als Anfängerkeyboard.
Die guten Glockensounds und natürlich das bestechende Äußere machen das microPIANO zu etwas wirklich Besonderem. Hätte es einen MIDI/USB-Anschluss, wäre sein Einsatzbereich sicherlich noch um ein Vielfaches größer. Denn dann wäre es ein echter Hingucker-Controller zum Ansteuern von Sounds aus dem Laptop. So bleibt das microPIANO Ansichtssache: Für die Einen ist es ein Stagepiano mit schlechter Tastatur und mittelmäßigem Klaviersound. Für die Anderen ein erstklassiges Spielzeug mit überraschend gutem Klang und großem Hinguck-Faktor.

Pro

Contra

Technische Daten

61 ungewichtete Tasten
  • 60-fach polyphon
  • 61 Preset-Sounds
  • 25 musikalische Phrasen
  • 40 Demo-Songs
  • Batteriebetrieb
  • interne Boxen mit 2 x 1W
  • Anschlüsse: Line/Kopfhörer-Out (Miniklinke), Sustain-Pedal
  • Maße: 782 x 291 x139 (B x T x H in mm)
  • Gewicht: 5,2 kg
  • Preis: UVP 356 Euro, Straße 300 Euro
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