Anzeige

Hughes & Kettner Statesman DUAL EL84 Test

Mit so klangvollen Namen wie AS 64, Access, Duotone, Puretone, TriAmp MKII oder Switchblade bevölkert Hughes & Kettner seit mehr als 20 Jahren die Top Ten der Amp-Charts. Unter dem Namen Statesman hat die saarländische Ampschmiede jetzt wieder eine neue Serie am Start, die gleich in vier verschiedenen Gewichtsklassen antritt. Mit Leistungen zwischen 20 und 60 Watt und einem neuartigen Schaltungskonzept peilt man auch diesmal wieder eine Spitzenposition an.

Combo_DualEL84_front Bild



 
Herzstück der Statesman-Serie ist ein neuartiger Preamp, dessen Schaltkreise sich beim Wechsel von Clean auf Drive komplett umstrukturieren. Mit dieser Schaltung sollen amerikanische und britische Sounds der 60er, 70er und 80er Jahre aus dem gleichen 12“-Speaker kommen. Das macht natürlich neugierig.
Wir wollten wissen, ob der kleinste Vertreter der Viererbande, der zweikanalige Vollröhren-Combo DUAL EL84, tatsächlich das Zeug dazu hat, die Regierung zu übernehmen.

Anzeige

Auf den ersten Blick präsentiert sich der Kleinste der vier „Staatsmänner“, der STM DUAL EL84, ganz konservativ im klassischen Look der Sechziger.
Das hinten offene Chassis mit den Abmessungen 560 mm (B) x 470 mm (H) x 250 mm (T) besteht aus robustem Birkenschichtholz.

Combo_DualEL84_right Bild

Zu einem seriösen Auftritt gehört selbstverständlich das passende Outfit: Dem tiefschwarzen Chassis wurde ein maßgeschneiderter Anzug aus braunem Tolex-Kunstleder verpasst, der farblich mit der crèmefarbenen Stoffbespannung  harmoniert. Sieben kultige Chickenhead-Potis runden das Gesamtbild ab. Die Gehäuse-Ecken werden mit “Protektoren” aus 3 mm starkem, schwarzem Kunststoff geschützt. Zumindest äußerlich hat sich unser Staatsmann auf jeden Fall schon mal mächtig in Schale geworfen. Der DUAL EL84 wird von einem kleinen 20-Watt-Röhrenherz angetrieben, dem man mit zwei 12AX7 für die Vorstufe und zwei EL84 für die Endstufe Röhren von Groove Tubes implantiert hat. Und mit einem speziell für den Amp entwickelten 12“ Eminence-Speaker soll er sowohl in kleinen Clubs wie in größeren Räumen ordentlich Propaganda machen.

Panel
Das Panel des Amps befindet sich – für den Zuschauer unsichtbar – auf der schwarz lackierten Oberseite. Gleich neben dem Klinken-Eingang hat der Volume-Regler für den Clean-Kanal seinen Platz. Mit dem dazwischen platzierten Twang-Schalter soll man laut Prospekt den Klangcharakter des Clean-Channels so modifizieren können, dass man zwar mit dem gleichen Amp, aber einem anderen Klangkörper arbeitet. Das heißt, auf Knopfdruck geht’s vom klassischen, glasklaren Brit-Pop-Ton zum holzig-schmatzenden, attackreichen, kalifornischen Sound. Wir werden sehen.

Click to enlarge
Click to enlarge

Der Drive-Channel hat mit Gain und Volume die obligatorischen zwei Regler anzubieten, wobei man mit dem Volume-Controller sein Solo gut nach vorne pegeln kann.Wenn es darum geht, einen klaren Ton in einen singenden mit viel Sustain zu verwandeln, tritt der Gain-Regler in Aktion: Sein Regelweg soll laut Hersteller mit einem „heiseren Crunch in den 60er Jahren“ beginnen und mit einem „typischen Rockbrett in den 70er Jahren“ enden. Mit Betätigen des Boost-Schalters soll der Drive-Channel eine neue Klangcharakteristik erhalten, und es soll möglich sein, mit fettem Overdrive und einer extra Portion Gain die typischen Sounds der 80er zu reproduzieren.

Das Umschalten von  CLEAN auf DRIVE kann auch manuell erfolgen.
Zwei beleuchtete Taster zur Kanalumschaltung wurden zwischen Clean (Bernstein) und Drive (Rot) platziert, aber ein optional angeschlossener Fußschalter übernimmt diesen Job genauso. Auch BOOST lässt sich mit dem im Lieferumfang enthaltenen Fußschalter zu- und abschalten. Mit einer passiv/interaktiv ausgelegten 3-Band Klangregelung (Treble, Mid, Bass) werden detaillierte Klanganpassungen vorgenommen. Die Klangregelung ist für beide Kanäle zuständig. Ob die beiden allerdings tatsächlich damit auskommen und kompromissbereit aufeinander zugehen, werden wir noch in Erfahrung bringen.

Der DUAL EL84 wurde mit einer echten Accutronics-Hallspirale ausgestattet, deren Intensity-Regler sich neben dem obligatorischen Ein/Ausschalter befindet. Der Hall-Anteil (Pan) je Kanal ist über ein Reverb-Balance-Poti steuerbar. Dieses befindet sich auf der Rückseite des Chassis.

Click to enlarge
Click to enlarge

Mit einem zusätzlichen Fußschalter sind auch FX-Loop und Reverb per Fuß schaltbar. Darüber hinaus gibt es auf der Rückseite des Amps neben den beiden  Fußschalteranschlüssen für REVERB und BOOST einen Ausgang zum Anschluss eines externen Lautsprechers, wobei der interne 12“ Eminence-Speaker auch beim Anschluss einer zusätzlichen Box aktiv bleibt. Ein Effekt-Einschleifweg (Send und Return) soll für die optimale Einbindung externer Effektgeräte sorgen. Da keine Regelmöglichkeit vorgesehen ist, muss die Intensität der hier eingespeisten Effekte direkt am externen Gerät angepasst werden. Außerdem fällt auf, dass ein Stand-By-Schalter fehlt.

Anzeige

PRAXIS
Clean Channel – „Clean“ (Twang deaktiviert) produziert bei moderater Lautstärke einen sehr durchsetzungsfähigen, runden, warmen, klassischen Rocksound, der an einen VOX AC 30 erinnert. Gitarren mit obertonreichen Single Coils kommen hier tatsächlich sehr britisch rüber. Mit diesem Sound juckt es in den Fingern, mal wieder so legendäre Rock-Oldies wie „All Right Now“ oder „Natural Born Boogie“ anzustimmen (wie ging noch mal der Refrain?).

Audio Samples
0:00
Clean-Kanal Twang Clean

Im ersten Drittel des Regelwegs lässt der Amp ein klares Signal hören. Im weiteren Verlauf mischen sich bereits deutlich fein gezeichnete Crunchs unter den klaren Ton, wobei die vielen Schattierungen von der Ausgangsleistung der verwendeten Pickups abhängig sind. Humbucker crunchen deutlich mehr als Single-Coils. Die typischen Crunchs im Clean-Channel, die durch die Übersteuerung der kleinen Endstufe hervorgerufen werden, schmeicheln dem Ohr, wenn man alten Blues und alten Rock mag. Bei brüllender Lautstärke sind plötzlich die alten AC/DC-Riffs wieder da und es wird Zeit, die Ohrenschützer überzustülpen.

Mit dem Twang-Schalter wird der Sound im Clean-Channel insgesamt etwas mittiger. Die Tour durch die Staaten kann jetzt beginnen. Und tatsächlich, hängt man einen Kompressor zwischen Gitarre und Amp, kann man das kalifornische Lebensgefühl à la Larry Carlton wirklich gut nachempfinden. Im mittleren Westen dagegen gibt es Kommunikationsstörungen mit den Alteingesessenen. Glasklare Rhythmen sind dem kleinen, schnell crunchenden Röhrenherz nicht authentisch zu entlocken. Typische Riffs auf den tiefen Saiten drücken im Bassbereich nicht wirklich, obwohl die Testgitarre mit fenderähnlichen EMG Single-Coils bestückt ist. In Nashville wird der kleine DUAL EL 84 als Tourist zwar respektvoll behandelt, aber als Native-Speaker geht er nicht durch. Vielleicht geht’s mit einer Tele besser.

Drive-Kanal – Der Drive-Kanal kommt ziemlich rotzig daher, wenn der Gain-Regler bis 30% aufgedreht wird. Dann klingt es wie beim frühen Clapton bei „Sunshine Of your Love“ und bei höheren Gain-Einstellungen kommt einem „Whole Lotta Love“ in den Sinn.

Audio Samples
0:00
Drive-Kanal Gain 30% Drive-Kanal Gain 100% Drive-Kanal Gain 40% m. Boost

Die High-Gain-Sounds mit Booster sind recht schwierig zu bändigen und es kommt  vor, dass ein plötzlich wild gewordener Ton nicht mehr souverän unter Kontrolle gehalten werden kann und auszubrechen droht. Will man dies verhindern, dann bleibt nichts anderes, als sich dem Willen des Amps zu unterwerfen. Der Amp ist es, der bei allen Improvisationen das Sagen hat und viele Entscheidungen trifft. Ganz klar, dass das Spielgefühl unter dieser Situation leidet. Dies sind keine guten Aussichten und zeigt, dass dieses High-Gain-Signal für echten Metal substantiell nicht geeignet ist (Audio: Drive-Kanal m. Boost).

Die gemeinsame Klangregelung für beide Kanäle geht dagegen voll in Ordnung. Beide Signale ließen sich kompromissbereit miteinander kombinieren. Noch mehr: Der Staatsmann gab beim Umschalten in jeder Situation ein Soundbild ab, das demselben authentischen Klangkörper entstammte.
Allerdings sind MID und TREBLE voneinander abhängig, denn eine Höhenanhebung bewirkt eine Mittenabsenkung und umgekehrt. Die große Federhallspirale (Accutronics) gibt dem Sound mehr Raum und Tiefe. Eine Besonderheit ist der Reverb-Panner, mit dem der Hallanteil für beide Kanäle eingestellt werden kann. Ein Effekt-Einschleifweg sorgt für die optimale Einbindung externer Effektgeräte. Röhrenwechsel und Bias-Abgleich sind ohne Demontage des Gehäuses möglich.

Zum Abschluss jetzt noch einmal zwei Audios, die den Sound des Statesman im Band-Zusammenhang zeigen.

Audio Samples
0:00
Rock me all night long Dreamin’ of July

Sound-Infos “Rock me…”:
Gitarre 1: Ibanez Pro Line (gedoppelt) mit EMG-Tonabnehmer (Neck Single-Coil),  kein Kompressor, Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 30% = crunch (ohne Boost bzw. Twang; Master:  5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen), Studiohall, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker. Gitarre 2 (Solo Guitar): Epiphone (beide Pickups, Mittelposition), kein Kompressor, Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 30% = crunch (ohne Boost bzw. Twang; Master:  5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen), Studiohall, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker.

Sound-Infos “Dreamin of July”:
Gitarre:  Ibanez Pro Line mit EMG-Tonabnehmer (Neck Single-Coil) mit einem MXR Kompressor schon bei der Aufnahme leicht komprimiert
Amp: Hughes & Kettner Statesman: Drive Channel: ca 40% (ohne Boost bzw. Twang; Master:  5% (bei Zimmerlautstärke aufgenommen),
Studiohall´, Mikrofon: Neumann TLM 103 / 10 cm vor dem Speaker

Anzeige

FAZIT
Wenn man in gepflegter Club-Atomsphäre richtig Dampf ablassen möchte und britische Rock- und Pop-Sounds aus den 60er und 70er Jahren mag, dann sollte man ruhig dem rotzig frechen DUAL EL84 seine Stimme geben. Dort ist der Staatsmann im attraktiven und gediegenen Outfit zuhause, und sein Auftreten ist alles andere als bieder. Er wartet mit einer ganzen Palette dynamischer Crunch-Sounds auf, die er auf ganz unterschiedliche Weise generiert.
Der kosmopolitische Staatsmann spricht mehrere Sprachen fließend und routiniert, wozu auf jeden Fall Rock´n´Roll, Rhythm & Blues, Classic-Rock und Blues-Rock sowie Heavy-Rock gehören. In diesen Regionen bewegt er sich souverän und druckvoll und überzeugt auf ganzer Linie.
In der Welt des High-Gains fehlen ihm allerdings mehr oder weniger die Worte. Mit den Wählerstimmen aus dem Metal-Lager wird er daher kaum rechnen können. Auch glasklare, klingelnde Funk-Rhythmen mit satten Bässen bringt er nicht hundertprozentig rüber. Sein kleiner 20-Watt-Motor fängt sehr schnell an zu crunchen, wenn man mit hoher Drehzahl fährt. Country-Musiker greifen deshalb eher zu einem „einheimischen“ Amp, der die entsprechenden Klischees bedient. Aber dieser charismatische Staatsmann wird bei seiner Stammwählerschaft sicherlich eine satte Mehrheit einfahren, zumal er zusätzlich zu seinen respektablen Fähigkeiten auch noch ein gesundes Preis-/Leistungsverhältnis bietet. Aber auch der smarteste Abgeordnete kann nicht allen Gruppen Versprechungen machen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Design & Outfit
  • Verarbeitung
  • Vielfältige Crunch Sounds
  • Preis
  • Echter Röhrensound
  • Viel Druck
Contra
  • High-Gain Sounds und ultraklare Sounds
Artikelbild
Hughes & Kettner Statesman DUAL EL84 Test
Für 499,00€ bei
Hughes & Kettner Statesman Dual EL84
  • Modell: Statesman DUAL EL84
  • Kanäle: 2 Kanäle (Clean & Overdrive), 4 Soundmodes: „TWANG“ im Clean-Kanal, „BOOST“ im Drive-Kanal
  • Leistung: 20 Watt
  • Endstufe: 2x EL84
  • Preamp: 2x 12AX7
  • Effekte: Accutronics Federhall
  • Effekt-Weg: Seriell
  • Fußschalter/Stageboard: 4 fußschaltbare Funktionen: Channel select – Boost on/off – Reverb on/off – FX-Loop on/off
  • Special Features: Twang- und Boost- Mode, Reverb-Balance-Regler
  • Equalizer: 3-Band-EQ für beide Kanäle
  • Speaker: 1×12″ Rockdriver Cream by Eminence®
  • Speaker-Anschlüsse: 1x 8-16 Ohm, parallel
  • Maße: 560 x 470 x 250 mm
  • Gewicht: 19,5 kg
  • Preis: 979,- €UVP
Hot or Not
?
Combo_DualEL84_right Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?
  • Some Bluesy Sounds with the Quilter Elevate!