Wenn Fender neue Gitarren vorstellt, dann ist in der Regel auf eines Verlass: Man muss keine Angst haben, dass die Damen und Herren jenseits des großen Teiches ihre Kreativität dazu nutzen, neue, exotische Formen ins Spiel zu bringen. Nein, hier wird auf Altbewährtes gesetzt, denn wenn die Konkurrenz seit Jahrzehnten die beiden Klassiker Strat und Tele nachbaut, dann muss man selbst das eigene, gut geölte Rad nicht neu erfinden, das seit Mitte der Vierziger Jahre unablässig läuft.
In dieses Bild passt auch die American Special Serie, die seit Anfang dieses Jahres auf dem Markt ist und in der sich die beiden Klassiker in drei verschiedenen Ausführungen präsentieren: Telecaster, Strat mit Humbucker am Steg und eine „normale“ Strat mit drei Single-Coil-Pickups. Jede Gitarre kommt in zwei unterschiedlichen Lackierungen, wobei sich für unseren bonedo-Test die letztgenannte Stratocaster in Candy Apple Red angemeldet hat.
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Details
Korpus Über die Strat Form muss man keine großen Worte mehr verlieren, sie ist schließlich mit ihrem Double-Cutaway und ihrer ergonomischen Form die Vorlage für unzählige Kopien. Auch unser Testmodell weicht hier nicht vom seit über fünf Jahrzehnten bestehenden Original ab. Die Special Strat kommt mit einem Erle Korpus in Knallrot, bei Fender etwas schöner formuliert „Candy Apple Red“. Die Lackierung ist sehr sorgfältig aufgetragen und verleiht dem Instrument zusammen mit dem dreischichtigen weißen Schlagbrett eine edle Anmutung. Neben der großen Kopfplatte im 70´s Look fällt natürlich sofort das Vintage Style Tremolo ins Auge, bei dem der Hebel in den Block eingeschraubt wird. Dieser hat einen eher geringen Abstand (40 mm) zu den Saiten, was mir persönlich aber sehr gut gefällt, denn so lässt sich der Tremolo-Arm beim Spielen gut in die Hand einklemmen. Auch die Schraub-Konstruktion hat keine negativen Aspekte vorzuweisen. Der Hebel sitzt stabil, hat kein Spiel, wenn er fest angezogen ist, und lässt sich trotzdem noch leicht aus der Spiel-Ebene drehen. Da habe ich schon ganz andere wackelige Kandidaten in den Fingern gehabt. Die sechs Saitenreiter können mit zwei kleinen Inbus-Schrauben in der Höhe verstellt werden und erlauben zudem eine gute Handauflage. Zur Einstellung der Oktavreinheit wird eine ausreichend lange Schraube mit Kreuzschlitz-Kopf verwendet. Ab Werk war das Tremolo-System leider nicht besonders gut justiert, der Block stand sehr weit nach oben.
Die Tonabnehmer- und Regler-Bestückung besteht aus den klassischen drei Single Coils, die über einen Fünf-Wege-Schalter kombiniert werden und einem Volume- und zwei Tonreglern. Leider hat man die Potiknöpfe nicht gleichmäßig aufgesetzt – da bin ich etwas pedantisch, denn bei der Strat orientiere ich mich mit dem Volumenregler immer an der Pickup-Schraube des Steg-Pickups. Bei voll aufgedrehtem Regler muss das Ding auf 10 stehen und die beiden Tonregler sollten genauso aufgesetzt sein. Bei der Special Strat sind alle Knöpfe unterschiedlich aufgesetzt – das verwirrt. Ich gebe zu, es sind natürlich absolut winzige Kleinigkeiten, die ich hier bemängele, aber wenn man so etwas über Jahrzehnte gewohnt ist, wird man etwas pingelig.
Pickups Die eingebauten Tonabnehmer hören auf den klangvollen Namen Texas Special und fallen vor allem durch eine, zumindest für Single Coils, hohe Ausgangsleistung auf. Sie sind mit je zwei Kreuzschlitzschrauben in der Höhe verstellbar und haben unterschiedlich hohe Pole-Pieces. Bei allen drei Pickups sind die von der D- und G-Saite höher als der Rest. Mit einem 5-Wege-Schalter sind die üblichen Strat Pickup-Kombinationen möglich: Hals, Hals & Mitte, Mitte, Mitte & Steg, Steg. Der Volumenregler ist für die Lautstärke von allen Pickups zuständig, aber bei den Tonreglern gibt es eine kleine Veränderung zu den gängigen Strats. Der obere Regler ist für den Hals-Pickup und der untere für den Steg-Tonabnehmer zuständig. Bei den meisten Strats regelt dieser den Klang des mittleren Pickups.
Hals Der Ahorn-Hals kommt ohne aufgeleimtes Griffbrett und ist auch nur sehr schwach lackiert. Es gibt Gitarren, die fühlen sich irgendwie gut an und man möchte sofort losspielen. Und genau zu dieser Kategorie gehört dieses Instrument. Der dünne Lackauftrag und eine extrem glatte Polierung bieten ein optimales Spielgefühl. Hierfür ist aber auch das relativ schlanke Halsprofil mit verantwortlich, vom Hersteller Modern C-Shape genannt. Der Hals ist recht dünn und ohne starke Griffbrettwölbung. Auf dem Griffbrett selbst befinden sich 22 präzise polierte Jumbo-Frets, die sauberes Intonieren und Bendings ermöglichen. Auch die höheren Lagen sind noch gut bespielbar, die Halsdicke nimmt zwar ab dem 14. Bund zu, aber der 22. Bund kann auf allen Saiten noch ohne große Probleme erreicht werden. Der Hals ist durch vier Schrauben mit dem Korpus verbunden, auch hier gibt es nichts zu bemängeln, alles sitzt perfekt, kein Millimeter Luft – beste Vorraussetzung für gutes Sustain. Die Saiten laufen geradlinig über den cremefarbenen Sattel zu den Stimm-Mechaniken. Leider sind die Sattelkerben nicht besonders gut gefeilt, bei der G-Saite gibt es größere Probleme, denn sie klemmt in der Kerbe, was beim Stimmen und Einsatz des Tremolos etwas nervig ist. Weitere Einzelheiten findet ihr im Praxisteil.
Bei diesen Kleinigkeiten wird schon klar, wohin der Hase läuft. Prinzipiell haben wir es mit einem echt guten Instrument zu tun, die Hardware ist sehr gut, die maschinelle Fertigung von Hals und Korpus ebenfalls, aber beim Service wurde leider gespart. Tremolo Block schlecht eingestellt, Potiknöpfe lieblos aufgesteckt und der Sattel schlecht gefeilt. Schade eigentlich, aber offensichtlich muss irgendwo gespart werden, um beim Preiskrieg noch mithalten zu können.
Die Gitarre kommt ab Werk mit einem Gigbag und dem nötigen Zubehör, Inbus-Schlüssel, Tremolohebel und Kabel. Sogar ein Poliertuch ist mit an Bord. Zum Praxistest habe ich das Instrument erst einmal an den clean eingestellten Amp (Fender Twin) angeschlossen und die Klangregelung neutral (alles mittig auf 5) eingestellt. So bekommen wir vorab einen Höreindruck über den Grundsound und Klangcharakter der Gitarre. Ihr hört alle Pickup-Kombinationen im Vergleich. Zuerst der Hals-Tonabnehmer.
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Neck
Dieser Pickup hat einen recht gut ausgeprägten Bass-Bereich und in der Kombination mit dem mittleren Tonabnehmer bekommen wir einen perligen Zwischenpositions-Ton mit dem entsprechenden Bassfundament des Hals-Pickups.
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Neck+Middle
Der mittlere Tonabnehmer klingt schon wesentlich heller, der Sound ist aber frequenzmäßig noch sehr ausgewogen.
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Middle
Die Kombination von Mitte und Steg gibt den typischen crispen Sound wieder, den man von Knopfler, Clapton & Co kennt.
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Middle+Bridge
Am Steg wird der Klang dann entsprechend brillanter, der Bassbereich nimmt ab und es kommt eine ordentliche Portion Höhen dazu, die aber das berühmte Klingeln in den Ohren noch nicht erzeugt. Das ist auch gut so.
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Bridge
Die Gitarre hat mit den fünf Kombinationen, vom warmen Halspickup bis zum leicht bissigen Steg-Tonabnehmer, ein gutes Spektrum an Sounds parat. Die Kombination von Hals & Mitte kann z.B. hervorragend für West Coast Funk eingesetzt werden, wofür ich am Amp die Mitten und Bässe etwas zurückgedreht habe. Die Gitarre klingt schlank und höhenbetont, hat aber immer noch eine gewisse Wärme.
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West Coast
Mit dem warmen Sound des Hals-Pickups lassen sich natürlich gute Jazz-Begleitungs-Sounds erzeugen, aber er kann auch anders. Die Strat ist jetzt an einen leicht angezerrten Marshall Plexi angeschlossen. Hier gibt es einen etwas präsenteren Ton mit dem Hals-Pickup. Vor allem die gute Übertragung der einzelnen Klangnuancen fällt hier positiv auf. Wenn man am Hals anschlägt, erhält man einen weichen Ton, am Steg wird es brillanter.
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Neck Blues
Jetzt noch etwas mehr Gain und mit der Kombination von Mitte- und Steg-Pickup erhalten wir einen sehr guten Crunchy Country Rock Sound. Hierbei fällt die sehr schnelle Ansprache des Instruments auf. Der Ton ist wirklich direkt da und die Pickups übertragen selbstverständlich auch jeden Lautstärkeunterschied im Anschlag. Hier wird nichts platt gemacht, die typischen spielerischen Feinheiten und der persönliche Ausdruck des Gitarristen wird 1:1 an den Amp weitergeleitet.
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Country Rock
Mit dem Steg-Pickup lassen sich bei höherem Verzerrungsgrad sehr präsente Riffs auf den tiefen Saite erzeugen. Der Ton spricht sofort an, die Saiten knallen und die Bässe kommen sehr knackig brillant. Der Klang hat dadurch selbstverständlich ein gutes Durchsetzungsvermögen in der Band.
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Bridge Riff
Wie bereits am Anfang erwähnt, gibt es einige minimale Veränderungen im Vergleich zu den „Original“-Strats. Hals- und Steg-Pickup (anstatt Mitte-Pickup) können getrennt mit je einem Ton-Poti im Klang geregelt werden. Das ist eine gelungene Veränderung, denn jetzt kann man, besonders mit heruntergeregeltem Klangpoti mit dem Steg-Pickup einen muffigen Zerrsound erzeugen. Ihr hört als nächstes ein kleines Lick, zuerst mit dem Hals-Pickup (Tone 1 dann Tone 10) und dann das Ganze mit dem Steg-Tonabnehmer. Der Regler arbeitet ab 2 kHz und senkt die darüber liegenden Frequenzen nicht extrem ab, sondern lässt noch Höhen durch. Hier ist das Ergebnis.
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Tone BridgeTone Neck
Jetzt wird die maximale Zerrstufe erzeugt, der Gain-Regler am Amp ist am Anschlag und auch hier bemerkt man die hohe Ausgangsleistung im Vergleich zu anderen Single-Coil-Tonabnehmern. Einer mit aktiven EMG-Pickups bestückten Strat steht die American Special beim Pegel in nichts nach. Sie klingt etwas aggressiver als die „normalen“ Strats, aber für Metal oder Hi-Gain Leadsounds erweisen sich die Pickups doch als etwas zu schwach. Allerdings ist das nicht unbedingt ein Problem, denn man muss ja nicht alles können. Das, was man von einer Strat erwartet, erfüllt sie bestens. Außerdem überzeugt das Instrument mit einem guten Sustain, wie man beim ausklingenden Akkord hören kann.
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Max Gain
Vom Tremolo sollte man nicht allzu viel erwarten, denn es ist nicht sehr verstimmungsfrei. Am meisten fällt die G-Saite aus dem Rahmen, die klemmt im Sattel und der Ton wird nach einem Down-Vibrato extrem hoch. Aber auch die anderen Saiten bleiben nicht hundertprozentig in Stimmung. Für leichte Vibratoeffekte ist das System noch in Ordnung, für Akrobatik à la Jeff Beck sollte man einen Fachmann aufsuchen, der das Ganze mal richtig einstellt. Auch die Federn sind nicht unbedingt von bester Qualität.
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Tuning
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Die Fender American Special Strat ist ein gutes Instrument – mit kleinen Abzügen in der B-Note. Hardware und Verarbeitung sind ausgezeichnet, der Hals-Korpus-Übergang ist perfekt, dadurch hat die Gitarre ein gutes Sustain, die Mechaniken funktionieren zur vollen Zufriedenheit und auch die Lackierung zeigt sich von ihrer besten Seite. Der Hals lädt sofort zum Spielen ein, das Instrument liegt gut in der Hand und lässt sich auch entsprechend entspannt bearbeiten. Kritikpunkte bieten Details in der Montage und Endikontrolle. Zumindest bei unserem Testinstrument musste der Sattel nachgefeilt und das Tremolo justiert werden, weil die Stimmstabilität doch arg litt. Aber ob man in einem solchen Fall selbst Hand anlegt oder einen Fachmann aufsucht, es lohnt sich auf jeden Fall. Mit der Fender American Special Strat erhält man ein Instrument, das durch seine leistungsstarken Pickups, seinen vielfältigen Sound und die gute Bespielbarkeit in vielen musikalischen Bereichen seinen Einsatz findet. Das Preis-Leistungsverhältnis ist in Ordnung.
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