Bob Dylan, Neil Young und Shakira verkaufen die Rechte an ihrer Musik – Sind Verlagsrechte das neue Gold?

Haben die Investment-Bänker dieser Welt kürzlich den Handel mit Musikrechten für sich entdeckt? Bereits im Dezember des vergangenen Jahres machte die Nachricht die Runde, dass Bob Dylan die Rechte an seinem gesamten musikalischen Katalog für sage und schreibe 300 Millionen US-Dollar an Universal Music verkauft habe. Damit tütete der legendäre Sänger und Songschreiber einen der größten Deals in der Geschichte der gesamten Musik-Industrie ein. Im Januar geht es nun Schlag auf Schlag: vergangene Woche verscherbelte zunächst Neil Young die Hälfte seiner Songrechte an einen Investmentfonds. Diese Woche zieht Popstar Shakira nach und verkauft 145 Songrechte an denselben Fonds. Wie viel Geld für diese beiden Deals geflossen sind, ist noch unklar. Es dürfte allerdings nicht gerade wenig gewesen sein. Lösen Verlagsrechte bekannter Songs nun Rohstoffe wie Öl und Gold als begehrtes Gut für Investitionen ab?

FOTOS: Shutterstock / Christian Bertrand & Shelly Wall
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Hinter dem Investitions-Boom für Musikrechte steht vor allem ein Investmentfonds aus London. Und die Macher hinter dem Hipgnosis Songs Fund sind keine unbekannten Gesichter: Nile Rodgers, der vor allem als Mitglied der Band Chic berühmt wurde, aber auch Songs für Madonna, Lady Gaga, Daft Punk oder David Bowie produzierte, gründete die Firma 2018 gemeinsam mit seinem Manager Merck Mercuriadis, der neben Rodgers auch Klienten wie Beyonce, Iron Maiden, Elton John und Morrissey als Manager betreute oder betreut.
In einem Interview verriet Mercuriadis die Gründe hinter der neuen Geschäftsidee: Er und Rodgers, der sich seit Jahren für eine bessere Bezahlung von Songschreibern und Songschreiberinnen einsetzt, wollten das Ausbeutungssystem der Musikindustrie stürzen: Wie könne es sein, dass die Songschreiber als diejenigen Personen, die die wichtigste Komponente für den Erfolg eines Songs – nämlich die Musik selbst – liefern, immer noch die am schlechtesten bezahlten Personen innerhalb der Industrie sind?
“Das Ausbeuten von Songwritern muss aufhören.” 
Rodgers und Mercuriadis kauften verschiedenen Songwritern also für teilweise beachtliche Summen ihre Verlagsrechte an Songs wie Justin Biebers Hit “Baby” oder Rihanners Single “Umbrella” ab und legten diese als Investitions-Grundlage an. Der Musikmanager sieht dabei Verlagsrechte als extrem krisensichere Kapitalanlagen an, die den klassischen Investment-Rohstoffen wie Öl oder Gold in nichts nachstünden.
Und tatsächlich: Hipgnosis Börsengang wird zur Erfolgsgeschichte. Im Juli 2018 geht das Unternehmen an die Börse und verkauft Anteile für über 202 Millionen britische Pfund, viel mehr als die Besitzer erwartet hatten. Innerhalb der Investmentfonds wurde Hipgnosis so zu einem von nur zwei Unternehmen, die im Jahr 2018 eine sogenannte Überzeichnung oder Oversubscription vermelden konnten. Die Nachfrage an den Aktien war also weit höher, als das Angebot. Zu den ersten Songwritern und Produzenten, deren Rechte bei Hipgnosis landeten, gehört The-Dream. Dieser erhielt über 18 Millionen Pfund für seine Rechte an Songs wie “Single Ladies” von Beyonce. 
Die Aktie von Hipgnosis ist kaum zu stoppen!
Ende 2019 gehören Hipgnosis Rechte an über 6.000 Songs mit einem Wert von mehr als 1,6 Milliarden Pfund. Damit stieg die Firma in nur einem Jahr in das Premiumsegment des London Stock Exchange auf. Im vergangenen Jahr kamen noch die Verlagsrechte von Musikern wie dem blink182 Gitarristen Tom DeLonge, Mark Ronson, 50 Cent, Skrillex und Barry Manilow. Im Juli 2020 erreichte der Aktienkurs von Hipgnosis nach nur zwei Jahren erstmals die Schallmauer von einer Milliarde Pfund. Im gesamten Jahr konnte so ein Gewinn von über 65 Millionen Pfund erreicht werden!
Und obwohl das Jahr 2021 noch nicht einmal vier Wochen alt ist, konnte die Firma bereits den Produzenten-Katalog von Jimmy Iovine, Teile des Fleetwood Mac Katalogs sowie die bereits angesprochenen Rechte von Neil Young und Shakira einkaufen. Damit hält Hipgnosis bald die Rechte an über 60.000 Songs – und es werden tagtäglich mehr. 
Werden andere Firmen folgen? 
Es scheint, als sei der Plan von Merck Mercuriadis und Nile Rodgers mehr als nur aufgegangen. Den angestrebten systematischen Wandel innerhalb der Industrie haben die Beiden offensichtlich angestoßen. Selbst Fachmagazine aus der Wirtschaft scheinen sich mittlerweile für die Firma von Rodgers und Mercuriadis zu interessieren. Der britische Blog Masterinvestor beschreibt den Hipgnosis Fund als eine der interessantesten neuen Investment-Möglichkeiten. Es scheint also nur eine Frage der Zeit, bis Trittbrettfahrer auf den Zug aufspringen werden. 
Was ändert sich für die Musiker?
Bisher scheinen sämtliche Klienten von Hipgnosis sehr zufrieden mit dem neuen Geschäftsmodell. Selbst Neil Young, der als chronischer Nörgler der immer weiter durchkommerzialisierten Musikindustrie gilt und sogar einen Song gegen die Verwendung von Popmusik in der Werbung geschrieben hat, verliert nur gute Worte über Hipgnosis. Es gehe der Firma darum, nicht einfach blind mit den Rechten Geld zu verdienen, sondern diese im Sinne des Künstlers zu platzieren, um diesem damit auch gehör zu verschaffen.
Fraglich ist, ob von diesem Geschäftsmodell auch kleinere und vor allem Independent-Künstler profitieren können, da sich Hipgnosis aktuell eigentlich nur für die großen Hits interessiert. In jedem Fall stößt dieser neue Trend eine Diskussion um den Stellenwert von Songschreibern für die Musikindustrie an. Shakira stellte in diesem Sinne klar: “Songwriterin zu sein ist eine Leistung, die ich als gleichwertig und vielleicht sogar größer betrachte, als Sängerin und Künstlerin zu sein.” Der Verkauf der Rechte wird in jedem Fall mit gutem Geld bezahlt. Geld, dass gerade in der weiter anhaltenden Krise der gesamten Musikindustrie dringend gebraucht werden dürfte. 

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