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Blueridge BG-40 Test

Die Blueridge BG-40 im bonedo-Test  –  Die Instrumente der Firma Blueridge werden in China hergestellt und in Deutschland von der Pro Arte Fine Acoustics GmbH an den Einzelhandel vertrieben. Ihren Ursprung hat die Marke in San Francisco, wo unter dem Dach von Saga Music Instrumente in der Nachfolge amerikanischer und europäischer Gitarrenbauer entwickelt und vertrieben werden. Zu diesen traditionellen Gitarren gehören auch die mit dem Markennamen Blueridge, die u. a. eine Pre-War-Serie mit vielen Modellen aus der „goldenen Ära“ der Akustikgitarre einschließen. Es werden gleich mehrere unterschiedlich ausstaffierte Modelle (Dreadnoughts, Jumbos etc.) präsentiert, sodass sich innerhalb der Produktreihe gewaltige Preisunterschiede ergeben.

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Wir haben uns eine relativ preisgünstige Gitarre, die BG-40 geschnappt, denn wir wollten wissen, ob auch eine Gitarre im unteren/mittleren Preissegment klanglich einem so hohen Anspruch gerecht werden kann. Zugegeben, zunächst überwiegt eine gewisse Skepsis, denn der eine oder andere wird eigentlich davon ausgehen, das Vintage-Kopien glaubwürdig nur von Herstellern angeboten werden können, die bereits Gitarren produzierten, als die heutigen wertvollen Originale noch neu waren, also von Herstellern wie Gibson und Martin. Jedenfalls haben die Remakes tatsächlich sehr viel Ähnlichkeit mit den Originalen und es stellt sich unweigerlich die Frage, wo die Unterschiede liegen?

Details

Die BG-40 ist ein Remake der legendären Jumbo-35 (J-35) von Gibson, die 1936 das Licht der Welt erblickte, und die Ähnlichkeit ist in der Tat verblüffend. Gäbe es da nicht die verräterische Kopfplatte, auf der das Banner der Firma Blueridge prangt und die großen Snowflake-Inlays auf dem Griffbrett, die mehr an die Arrowheads & Diamonds der alten Advanced Jumbo (AJ) erinnern, das teure Schwestermodell der J-35.
Selbstverständlich wurden die Größenverhältnisse der alten J-35 im Maßstab 1:1 übernommen. Der Body unserer Rundschulter sollte mit einer max. Breite von 40,6 cm (29,0 cm) am Unterbug (Oberbug) bei einer Länge von 51,3 cm aufgrund des vergleichsweise großen Volumens (und ohne Cutaway) einen fulminanten Sound an die Luft setzen, denn auch die Zargen sind mit 12,5 cm am Knopf und 9,7 cm am Hals ähnlich dimensioniert. Diese Zuspitzung (Profilverjüngung) der Zargen soll im übrigen – heute wie damals – das Handling und die Bespielbarkeit der vergleichsweise großen Gitarre erleichtern. Die ausgewählte massive Sitkafichtendecke ist mit Sicherheit nicht von schlechten Eltern und steht der BG-40 gut, wobei die beiden Deckenplatten ein symmetrisches Erscheinungsbild ergeben. Die obere Deckenhälfte ist (absichtlich) geringfügig dunkler geraten. Eigentlich sollte die dünne Decke auch einen ansprechenden Sound freisetzen, konnte sich doch auch die alte J-35 mit einer Sitkafichtendecke Gehör verschaffen. Dazu später mehr.

Fotostrecke: 6 Bilder Die BG-40 ist ein Remake der legendären Jumbo-35 (J-35) von Gibson

Unsere BG-40 wird mit einem aufgeleimten klassisch geformten Saitenhalter aus indischem Palisander präsentiert, während der originale noch aus Riopalisander bestand und zusätzlich mit zwei Nägeln befestigt war. Er ist zudem wie beim Original trapezförmig angespitzt und wird an der Diskantseite allmählich schmaler, damit auch Saiten mit unterschiedlichen Stärken den gleichen millimetergenauen Abstand zur Bundkrone behalten können. Die einteilige längenkompensierte Stegeinlage aus Knochen ist mit einer „Nase“ für die B-Saite ausgestattet. Die Saiten selbst werden nach wie vor mit Ball-Ends und weißen Pins arretiert. Die Sunburst Lackierung vermittelt eine vollkommene Illusion im Vintage-Style. Zwei Lackschichten, ein durchscheinendes transparentes Honiggelb im Zentrum und ein deckendes Braun-Schwarz am Rand sind kunstvoll übereinandergelegt und abschließend mit einem hochglänzenden Klarlack versiegelt und poliert.
Am Deckenrand korrespondiert ein schlichter schwarz-weißer Herringbone-Streifen mit zwei konzentrischen Ringen aus Holz, die das runde Schallloch umgeben. Die alte J-35 kam noch mit einem großen Schallloch (4“) in den Handel. Das Schallloch wurde hier etwas verkleinert (10 cm), um den Anteil der tiefen Frequenzen anzuheben. Das Tortoise-Pickguard ist „anders“ geformt als das geschützte Muster der alten J-35, aber durchaus ansprechend. Diese kleinen Unterschiede können aber das insgesamt authentische Erscheinungsbild nicht wirklich trüben.
Die beiden Zargen und der gewölbte Boden bestehen – wie damals – aus Mahagoni und sind spielbildlich angeordnet. Unsere BG-40 bringt mit dem leichten Korpus aus Mahagoni und ohne Elektronik „nur“ 1850 Gramm auf die Waage. Die Kanten am Deckenrand und am Bodenrand werden rundherum mit einer Einfassung aus schneeweißem Binding geschützt. Auch die alte J-35 glänzte schon mit einer solchen Einfassung. Der gesamte Body wurde mit hochglänzendem Klarlack mit “Agetoner” gefinisht.
Ein Blick durch das Schallloch unserer Kandidatin zeigt, das sich der Hersteller an die Regeln der hohen Gitarrenbaukunst gehalten hat. Im Inneren einer alten J-35 von Gibson sieht es – soweit das Auge reicht – nicht anders aus. Das Herzstück bildet ein massiver Halsblock aus Mahagoni, mit dem sich dann Zargen, Boden und Decke stabil verbinden. Auch der flache Halsfuß ist mit dem Halsblock stabil verzapft (Schwalbenschwanz), die hauchdünne Decke mit einem X-Bracing unterbaut. Die beiden gekreuzten Leisten („not scalloped“) geben der Decke die nötige Festigkeit, die sich sonst unter der Zugkraft der Stahlsaiten im Stegbereich aufwölben und gleichzeitig auch die Saitenlage verändern würde. Darüber hinaus soll die Struktur der unterbauten Leisten auch den Sound beeinflussen. Vier kräftige Querbalken stabilisieren die beiden Bodenhälften aus Mahagoni und ein breiter aufgeleimter Bodenstreifen entlang der Nahtstelle verhindert, dass sich die beiden Hälften voneinander ablösen. Die Reifchen, die am Bodenrand einen Ring aus keilförmig gesägtem Holz bilden, sind sauber und gleichmäßig eingesetzt.
Das Griffbrett aus Palisander (Mensur = 650 mm) ist passgenau auf dem besonders schmalen Hals aus Mahagoni (wie damals) verleimt. Die Breite des Griffbretts am Sattel beträgt 4,4 cm und 5,3 cm am 12. Bund. Das Griffbrett der alten J-35 war schon ähnlich geformt, die Norm wurde schon in den 30er Jahren gesetzt. Ein sanftes Shaping erleichtert bei unserem Remake wie beim Original das Spiel mit Barrégriffen und auch das fehlende Griffbrett-Binding ist genau so authentisch wie die lediglich 19 Bünde. Am Neck Joint sollten die Bünde übrigens noch einmal abgerichtet werden, da es dort einige „Dead Notes“ gibt.

Fotostrecke: 6 Bilder Das Schallloch der BG-40

Während die alte J-35 mit einfachen Punkteinlagen im 3., 5., 7., 9., 12. und 15. Bund glänzte, bietet unsere Testkandidatin sieben schöne Snowflake-Inlays aus Perlmutt und ergänzende weiße Dots auf der Griffbrettkante als Orientierungshilfe beim Lagenwechsel. Selbstverständlich ruhen die Saiten tief und sicher in den Kerben am Sattel. Der „Neck Joint“ befindet sich am 14. Bund. Ab dort gehen Halsfuß und Griffbrett dann getrennte Wege.
Die BG-40 hat einen besonders schlanken, runden Hals mit einem Umfang von 11,3 cm am Sattel und 13 cm im 10. Bund, die Verleimstellen von Hals, Halsfuß und Kopfpatte sind deutlich zu sehen. Der Halsumfang der alten J-35 mit einem ausgeprägten V-Shaping war wohl nicht ganz so klein, aber Gibson produzierte in den 30er Jahren schon relativ schmale Hälse, die mit einem eingelegten Truss Rod verstärkt wurden. Selbstverständlich hält ein solcher auch den Hals der BG-40 in Form, der durch die Spannkraft der Stahlsaiten ziemlich beansprucht wird. Bei Bedarf dient er der Justage der Halskrümmung. Das eine Ende des Stahlstabs sitzt fest im Halsansatz, das andere, justierbare, schließt mit einer Mutter an der Kopfplatte ab. Dort ist eine kleine Vertiefung eingefräst, in der die Stellschraube unter einer schwarzen Abdeckung ruht. Handlungsbedarf entsteht, wenn z.B. dickere oder dünnere Saiten aufgezogen werden, ab Werk ist der Hals der BG-40 aber richtig eingestellt.
Die BG-40 hat einen authentischen flachen Halsfuß und kann damit auch die Herzen der Solisten erobern, die so problemlos auch den 17. Bund auf dem Griffbrett erreichen, ohne dass dieses Konstruktionsmerkmal irgendwelche Stabilitätsprobleme verursachen würde. Und nicht zuletzt bleibt noch zu erwähnen, dass Hals, Kopf und Halsfuß wie der Body hochglänzend klar lackiert sind.
Auf der Oberseite der reichlich mit Einlagen verzierten geschlossenen Kopfplatte ist ein schwarzes Furnier aufgelegt. Ganz oben prangt das „Banner“ mit dem Logo der Firma Blueridge, das sehr stark an das historische Design von Gibson in den Jahren 1942 bis 1946 erinnert – ein echter Hingucker aus bunt schimmerndem Abalone.
Im Zentrum der Kopfplatte befinden sich außerdem mehrere „Snowflakes“ aus Abalone. An jeder Seite der Kopfplatte befinden sich drei offene Mechaniken, die wie beim Vorbild jeweils mit zwei kleinen Schrauben befestigt sind. Mit offenen Mechaniken wurden Stahlsaitengitarren mit geschlossener Kopfplatte ausgerüstet, die vor 1950 hergestellt wurden. Offene Mechaniken sind nicht schlechter als geschlossene, sollten aber gelegentlich vom Schmutz befreit und regelmäßig mit Schmierfett eingeölt werden. Griffige Stimmflügel aus Perloid dürfen natürlich nicht fehlen.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Hals/Korpus-Übergang
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