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Earthworks CMK4 CloseMic Kit Test

Der Blick in edle High-End-Studios lässt insbesondere Drummer oft vor Neid erblassen. Was sich an Mikrofonen an und um den Schlagzeugen tummelt, erreicht nicht selten den Wert eines neuen Mittelklassewagens.

Earthworks_CMK4_DM20_Test_5

Da hängen alte AKG-C12-Großmembraner über dem Set, der Raum darf gerne von nicht minder raren Bändchenmikros aufgezeichnet werden und selbst das Bassdrum-Resonanzfell „atmet“ seine Schwingungen am liebsten in ein Neumann U 47 fet. Nur bei den Closemics darf sich auch der blutige Amateur mit Stolz seiner bescheidenen Sammlung erfreuen. Dort hängen nämlich oft dynamische Modelle der 100-Euro-Klasse wie das Shure SM57 oder das Sennheiser MD 421. Glaubt man der Firma Earthworks, gibt es hier allerdings großes Potenzial für Verbesserungen. DM20 heißen die im Jahre 2017 vorgestellten, auf höchste Präzision und Klangtreue getrimmten Close Mics für Snaredrums und Toms. Das Viererset mit Koffer nennt sich CMK4.
Zur Philosophie von Earthworks gehört es, ein Audiosignal möglichst neutral und verzerrungsfrei zu übertragen. Dieser Ansatz zieht sich durch die gesamte Produktpalette und geht zurück auf den Gründer David Blackmer. Der 2002 verstorbene Ingenieur und Tontechniker war nämlich nicht nur Spezialist für Mikrofone, sondern auch der Entwickler der bekannten Tape-Rauschunterdrückung dbx sowie Inhaber der gleichnamigen Firma. Mit der Erweiterung von Dynamik und Übertragungsbereichen bei gleichzeitiger Minimierung von Verzerrungen beschäftigte sich der Audiopionier zeitlebens. Ob das Konzept maximaler Neutralität und Impulstreue den Klang von Toms und Snaredrums in ungehörte Sphären befördert, lest ihr im Folgenden.

Details

In puncto Verarbeitung geht es hochwertig zu

Im großen, roadtauglichen Kunststoffkoffer liefert Earthworks das CMK4-Set aus, trotz der Auslegung auf höchste Klangqualität im Studio sollen sich die Mikrofone nämlich auch als Arbeitstiere im Livebereich bewähren. Zweifel daran verflüchtigen sich spätestens bei der Begutachtung der vier DM20-Schallwandler, deren Verarbeitung fällt nämlich äußerst solide und edel aus. Sowohl die Mikrofonkapsel als auch das Speiseteil sitzen in Gehäusen aus gebürstetem, rostfreiem Stahl, verbunden sind beide Komponenten durch einen zwölf Zentimeter langen Schwanenhals. Dieser ist relativ schwergängig, dadurch sollen auch kräftige Sticktreffer nicht zu Positionsänderungen führen. Sehr stabil wirken auch die vier RM1-Spannreifenhalterungen. Ihr grundsätzliches Design ist von anderen Miniaturmikrofonen wie beispielsweise dem Shure PGA98D bekannt, allerdings verwendet Earthworks eine Metallkonstruktion, welche sich per Rändelschraube an die verwendeten Spannreifen oder RIMS-Systeme anpassen lässt. Dafür sorgen zwei unterschiedlich gesetzte Einkerbungen im Konterpart der Rändelschraube, die insgesamt drei Positionen zulassen. So sollen die DM20 an allen Spannreifen sicher befestigt werden können. 

Fotostrecke: 4 Bilder Reisetauglich: Die vier DM20 kommen im stabilen Hartschalenkoffer.

Für Close Mics besitzen die DM20 einen hohen Output

Technisch handelt es bei unseren Testobjekten um Miniatur-Kondensatormikrofone, die mit einer reduzierten Empfindlichkeit auf den Einsatz als Close Mics an Trommeln getrimmt wurden. Acht mV/Pa gibt das Datenblatt hier an, was absolut gesehen schon ein recht hoher Wert ist. Zum Vergleich: Ein dynamisches Shure SM57 besitzt 1,6 mV/Pa. Mit 150 dBSPL können die DM20 trotzdem gefahrlos an jeder noch so laut gespielten Snaredrum eingesetzt werden. Als besondere Eigenschaft hebt Earthworks die lineare, aber trotzdem „Larger than life“-Charakteristik der Nieren-Schallwandler hervor. Gleichzeitig sollen die Kapseln über eine besonders gute Richtwirkung verfügen und nur wenig rückwärtig einfallenden Schall übertragen. Als besondere Stärke wird auch eine besonders zügige Transientenwiedergabe angegeben, begünstigt einerseits durch das Fehlen eines Transformators, andererseits durch die Bauweise mit sehr kleiner und leichter Membran. Ein kondensatortypischer Frequenzbereich von 50 bis 20000 Hz sowie ein topfebener Frequenzgang ohne jegliche Betonungen oder Absenkungen soll die Fähigkeit unterstreichen, die Quelle tatsächlich so aufzuzeichnen, wie sie ist. Mit diesen Informationen und Eindrücken bin ich jetzt natürlich besonders gespannt, wie das CMK4-Set wohl klingt. 

Fotostrecke: 11 Bilder DM20 einzeln
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Praxis

Die Halterungen sind nicht optimal konzipiert

Zunächst befestige ich die vier DM20-Mikrofone des Earthworks CMK4 an den Trommeln. Dabei fällt mir wieder auf, warum ich kein großer Freund von Spannreifenhaltern bin. Obwohl die RM1 insgesamt durchaus zufriedenstellend funktionieren, stört die Idee der an verschiedene Spannreifen anpassbaren Konterstücke. So verbringe ich einige Zeit damit, die richtige Einkerbung zu finden, was bei eng stehenden Trommeln wie der Snaredrum eine fummelige und nervige Angelegenheit sein kann. Freunde farbiger Kesselhardware sollten zudem aufpassen, dass sie sich mit dem oberen, ungepolsterten Teil der Halterung nicht die schicke schwarze oder goldene Beschichtung beschädigen. Ansonsten funktioniert alles einwandfrei, woran die zuverlässig in ihren einmal gewählten Positionen verbleibenden Schwanenhälse einen großen Anteil haben. Als Schallquelle fungiert ein altes Yamaha-Recording-Schlagzeug in den Größen 10×8, 12×8, 18×16 und 24×14. Eine 14×5 Zoll große Tempest-Bell-Bronze-Snaredrum komplettiert das Kit. Bei der Fellbestückung kommt Standardware in Form weißer, einlagiger Schlagfelle vom Typ Ambassador zum Einsatz, bei den Resos geht es durchsichtig zu. Um einen Vergleich zu haben, nehme ich zunächst mit meinen eigenen Mikrofonen auf. Dabei handelt es sich um dynamische Modelle, nämlich ein Telefunken M80 an der Snaredrum, jeweils ein Electro-Voice N/D468 an den beiden kleinen Toms und ein N/D868 Bassdrum-Mikrofon am dicken 18er. Dies habe ich extra so gewählt um herauszufinden, wie das DM20 mit dem Bassdruck des großen Floortoms umgeht. Apropos Druck: In der Bedienungsanleitung weist Earthworks darauf hin, dass der Output der DM20 an manchen Preamps zu „heiß“ sein kann. Dies ist an meinem RME-UFX-Interface der Fall, für ausreichend Headroom sollte hier zu einem externen Pad gegriffen werden. Die für die Soundfiles verwendeten Sebatron-Röhren-Preamps verfügen ihrerseits über integrierte Pads sowie einen regelbaren Output, wodurch das Problem nicht auftritt. 

Fotostrecke: 5 Bilder Earthworks DM20 an einer Floortom

Klanglich geht es detailliert und räumlich zu

Sowohl mit meinen eigenen Vergleichsmikrofonen als auch dem CMK4-Set habe ich jeweils drei Grooves eingespielt. Die erste Beurteilung der Soundfiles zeigt schon deutlich, in welche Richtung es klanglich geht. Muss ich bei anderen dynamischen Testmikrofonen schonmal nachsehen, welches Modell ich gerade höre, ist die Identifikation bei den Earthworks einfach. Die Begriffe offen und realistisch treffen zu, gleichzeitig vermittelt die Tiefenstaffelung eine schöne Räumlichkeit. Im ersten Durchgang hört ihr die Snaredrum sowie die drei Toms in Kombination mit meinen AKG-C214-Overheads. Auffällig ist, wie detailliert die DM20 auch die Übersprechungen des Snare-Teppichs sowie die getretene Hi-Hat übertragen. 

Audio Samples
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Earthworks CMK4-Kit, einzeln Vergleichsmikros, einzeln

An der Snare fangen die DM20 alle Feinheiten ein

Im zweiten Durchgang habe ich eine Figur gespielt, welche die Snaredrum in den Vordergrund stellt. Obwohl das Telefunken-M80-Vergleichsmikro ein durchaus „kondensatormäßig“ klingender Schallwandler ist, präsentiert sich das DM20 nochmals deutlich offener. Achtet dabei auf die Übersprechungen der Hi-Hat, die wesentlich akzentuierter abgebildet wird. Das Soundfile klingt spitzer und nahezu pedantisch, während das M80 seine dynamische Bauweise nicht verhehlen kann. Der bekannte Fokus auf die Mitten und ein leichtes Näseln obenrum lassen es jedoch druckvoller klingen. Trotzdem gefällt mir das DM20 sehr gut. Geeignet dürfte es besonders für Freunde eines sehr offenen Snaresounds sein, die kein zweites Mikrofon für die untere Seite der Trommel verwenden möchten. Auch Besenarbeit klingt sehr gut und plastisch mit den DM20. Hier könnt ihr euch beide Mikros einmal im Kit sowie solo anhören. 

Audio Samples
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Earthworks DM20, Snare, im Kit Earthworks DM20, Snare, solo Telefunken M80, Snare, im Kit Telefunken M80, Snare, solo

An den Toms herrscht Perfektion statt Rock ‘n’ Roll

Der dritte Groove stellt die Toms in den Vordergrund. Sehr offen und plastisch tönen die mittelhoch gestimmten beiden kleinen Toms in zehn und zwölf Zoll aus meinen Monitoren. 

Audio Samples
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Earthworks DM20, Toms, im Kit Earthworks DM20, 10er Tom, solo Earthworks DM20, 12er Tom, solo Earthworks DM20, 18er Tom, solo Vergleichsmikros, Toms, im Kit Electro-Voice N/D468, 10er Tom, solo Electro-Voice N/D468, 12er Tom, solo Electro-Voice N/D868, 18er Tom, solo

Mit den DM20 überkommt mich das sagenumwobene Gefühl, eine aufgenommene Quelle tatsächlich so zu hören, wie sie im Raum klingt. Der Stockanschlag wirkt abgegrenzter als mit den N/D468-Vergleichsmikrofonen und statt deren typisches „Tauchspulenbäuchlein“ nachzuahmen, konzentrieren sich die Testkandidaten nach dem Attack darauf, die Modulation der Trommeln möglichst originalgetreu abzubilden. Noch klarer wird das beim 18er-Floortom, welchem das N/D868 einen fetten Schub bei etwa 80 Hertz andichtet. Im Vergleich klingt das DM20 dünn – fairerweise muss man auch hier anmerken, dass das Ergebnis eher der Realität entspricht. Rock ‘n’ Roll sind die DM20 damit nicht – wer es gutmütig und fett mag, ist mit den edlen Amis an der falschen Adresse. 

Fotostrecke: 4 Bilder Treffen sich vier DM20 …
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Fazit

Mit dem CMK4 CloseMic Kit richtet sich die amerikanische Firma Earthworks an Schlagzeuger und Tonleute, die das Instrument möglichst detailliert und klar abbilden möchten. Die vier DM20-Mikrofone legen einen klanglichen Realismus an den Tag, den man besonders mit den bekannten dynamischen Modellen nicht bekommt. Sowohl an der Snaredrum als auch an den Toms entfalten sich frische, plastische Sounds, die das jeweilige Instrument annähernd so darstellen, wie es auch im Original klingt. Dies gilt auch für die Übersprechungen, die zwar durchaus präsent, aber sauber und damit mixfreundlich abgebildet werden. Die Verarbeitung ist exzellent, einzig die umständliche Befestigung der Spannreifenhalterungen ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Besitzer von Preamps oder Interfaces ohne Pad-Funktion sollten zudem den relativ hohen Output der DM20 bedenken. Als Schnäppchen würde ich das CMK4-Set sicherlich nicht bezeichnen, in dieser Qualität und Kompromisslosigkeit sind die Mikrofone aktuell jedoch konkurrenzlos. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • akkurate, plastische Abbildung
  • geringe Off-Axis-Verfärbungen
  • Übersprechungen klingen sauber
  • sehr gute Verarbeitung
Contra
  • fummelige Spannreifenklemmen
  • recht kostspielig
Artikelbild
Earthworks CMK4 CloseMic Kit Test
Earthworks_CMK4_DM20_Test_21

Features und Spezifikationen

  • Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Earthworks
  • Bezeichnung: CMK4 CloseMic Kit
  • Wandlerprinzip: Kondensator-Instrumentenmikrofone
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 200 Ohm
  • Frequenzgang: 50–20000 Hz
  • Finish: Edelstahl, gebürstet
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 28,2 x 2,2 cm (L x B)
  • Gewicht: 250 Gramm
  • Zubehör: Hartschalenkoffer, 4 x RM1-Spannreifenhalterung, 4 x Windschutz, Anleitung
  • Herkunftsland: USA
  • Preis: € 1799,– (Straßenpreis am 4.5.2018)
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