Behringer 676 Test: Wie gut ist der Channelstrip?

Praxis – dicker Ami-Sound aus China

Hat man das Zusammenspiel der verschiedenen Eingänge und der drei bzw. vier Gain-Stellglieder sowie das Prinzip der Gegenkopplung einmal durchdrungen, lässt sich der 676 durchaus im Handumdrehen beherrschen – und liefert dabei eine erstaunliche Bandbreite an Klangfarben im Preamp.

Die Kombination aus Röhrenschaltung und Übertragern sorgt zunächst für genau den richtigen Mix aus musikalischen Obertönen, harmonischer Sättigung sowie magnetischer Hysterese – mit hörbarer Wirkung.

Der Sound wirkt plastisch, er wird griffig und er bleibt dennoch gleichzeitig angenehm smooth. Hinzukommt der Smiley-EQ, der insbesondere in den Höhen angenehm brillant öffnet, ohne je zu scharf zu werden. Die verschiedenen Eckfrequenzen im Bassbereich sind indes etwas homöopathischer.

Behringer 676 schräge Ansicht
Behringer 676 Test – Vintage Sound für China Budget!

Bei Akustik-Recordings überzeugt mich der Behringer 676 jedenfalls auf Anhieb, insbesondere der 610 Preamp! Offen und weich, aber ohne eben dabei an Präzision zu verlieren, ist er die ideale Wahl für Vocals und Gitarren sowie auch 60s-Style Drumsound. Das hier ist für das Geld somit schon richtig gut! Wobei sich irgendwann natürlich auch mal die Frage nach einen Röhren-Service stellt …

Praktisch: Compressor/Limiter und der Preamp haben getrennte Eingänge!

Der integrierte 1176LN-Kompressor bringt weiterhin die nötige Durchsetzungskraft: Ob knackige Snare-Attacken oder sanft gebügelte Gesänge – das Regelverhalten bleibt musikalisch. Für noch mehr “automatisch-balanciertes” Regelverhalten empfiehlt sich die “Golden Combo”, aus 1176 und LA-2A.

Im Vergleich zu anderen 1176-Derivat würde ich sagen, dass beim Behringer die Sweetspots schwerer zu finden sind. “Überragend” ist der 1176 hier im 676 also nicht, sondern auf einem ähnlichen Niveau wie der Klark Teknik 76-KT, der im Grunde genommen ja auch ein echter Behringer ist. Fun Fact: Alle Behringer und Klark Teknik “2HE Vintage-Kisten” haben den selben dicke Power-Kippschalter sowie Logo und Retro-LED an der exakt gleichen Stelle.

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Klark Teknik 76-KT
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Rock- und Metallvocals bekommen hier jedenfalls ordentlich Biss, allerdings kann ein 610 auch schnell zu viel des Guten werden, insbesondere bei weiblich-gelesenen Vocals – ein Phänomen, dass auch der Neve 1073 teilt.

E-Bässe werden per DI indes besonders schön, potent, rund und manifestieren absolut solides Fundament. Übrigens: auch wenn der 610 keinen echten Low-Cut hat, wird allein der Übertrager wegen der Bass-Keller trotzdem praxisgereicht entrümpelt. Am besten gefällt mir der dicke Ami-Sound aber immer noch auf Akustik-Gitarren. Und das klingt dann in etwa so – alles in Mono, weil ist ja auch nur ein Mono-Preamp 🙂

Audio Samples
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SM58 Beta – 500 Ohm – UN-COMPRESSED SM58 Beta – 500 Ohm – COMPRESSED United FET47 – 500 Ohm – UN-COMPRESSED United FET47 – 500 Ohm – COMPRESSED United FET47 – 2k Ohm – COMPRESSED & EQ

Im „All-Buttons-In“-Modus geht es richtig zur Sache – hier wird der Sound aggressiv, was sich gut für parallele Kompression und sowie die gute alte “Wurst” à la Moses Schneider eignet. Ein dedizierter Dry/Wet-Regler fehlt allerdings, doch mithilfe des Joint/Split-Modus lässt sich ein Workaround schaffen, um beide Sektionen getrennt zu nutzen oder extern zu mischen.

Etwas ungünstig ist vielleicht noch die 1:1-Ratio zwischen Bypass den restlichen Ratios positioniert, da es so beim Umschalten oftmals sehr laut werden kann.

Leben am Limit

Keine Kritik, einfach ein Fakt: Die Bedienung – und das Finden von Sweetspots – ist nicht sonderlich Einsteiger-freundlich. Die Pegelverhältnisse zwischen Gain, Level und Output wollen gekonnt gesetzt sein, um die gewünschte Sättigung zu treffen, ohne hässlich zu übersteuern – einfach weil der Preamp zu wenig Headroom hat, wie auch das Original.

Der Ulli – gnadenlose Copycat, Retter des kleinen Musikers und seit neustem auch Freund der Umwelt!

Außerdem führt das Umschalten einiger Optionen hier teils zu recht unschönen Knacksern mit mikrofonischen Effekten, was ich vor allem darauf zurückführe, dass hier keine teuren Relais zur Umschaltung wie beim UA genutzt werden. Das ist zwar jetzt nicht wirklich geil, aber eben auch kein Beinbruch, zumal das Phänomen selbst bei deutlich teueren Channel Strips auftritt.

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