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Behringer 2600 Test

Es lässt sich sicherlich trefflich darüber streiten, ob der Legenden-Status manch alter analoger Synthesizer gerechtfertigt ist oder nicht. Nicht so beim ARP 2600. Hier sollten die Meinungen darüber eigentlich nicht auseinandergehen. Der 2600er ist ohne Zweifel ein Instrument, dass man zu den Synthesizer-Meilensteinen zählen kann – und nicht nur, weil damit die „Stimme“ von R2-D2 geformt wurde.

Behringer 2600 Test (Foto: Nikolai Kaessmann)
Behringer 2600 Test (Foto: Nikolai Kaessmann)


Lange Jahre musste man sich mit Software-Emulationen wie der von Arturia in der V-Collection zufriedengeben, denn auf dem Gebrauchtmarkt war in Form von Hardware kaum was zu holen. Dann kam der ARP 2600 FS von Korg auf den Markt, allerdings in einer streng limitierten Auflage und zu einem Preis von 3.990 Euro, der viele Musiker finanziell sicherlich überforderte. Insofern elektrisierte Behringer mit der Nachricht, dass man einen Klon zu einem günstigen Preis anbieten wolle. Und so kam im letzten Quartal 2020 der Behringer 2600 auf den Markt, zu einem Preis, der aufhören ließ: Knapp 600 Euro – der 2600 für Jedermann.

Details

Auspacken des Synthesizers

Hat man den typischen Behringer-Karton in der Hand, erinnert die Form schon eher an einen Mixer als an einen semi-modularen Synthesizer. Das resultiert wohl daraus, dass man sich bauartseitig für ein 19-Zoll-Chassis mit 8 HE entschieden hat. Auch ist die Behringer-Version mit knapp über 5 kg erstaunlich leicht. Will man den Synth nicht in ein Rack schrauben, so lässt er sich als Desktop-Variante mit seinem leicht abgeschrägten Chassis auf dem Studiotisch platzieren.

Die Fakten

Der Behringer 2600 ist ein semi-modularer Synthesizer mit drei VCOs, einem Noise Generator, einem LFO, einem 24 dB-Filter (umschaltbar zwischen zwei Versionen), einem ADSR-Hüllkurvengenerator, einem AR-Hüllkurvengenerator, einer digitalen Federhall-Emulation (echter Federhall beim Korg Arp 2600 FS), Stereo-Ausgängen, Portamento, einem Vorverstärker mit Envelope Follower für externe und interne Signale, einem Ring-Modulator, Sample&Hold, einem Voltage Processor und einer Vielzahl von Patchpunkten. Das ist schon mal eine Ansage und entspricht in etwa der Funktionalität des Originals.

Fotostrecke: 2 Bilder Das äußere Erscheinungsbild des Behringer 2600 orientiert sich …

Die Unterschiede zwischen originalem ARP 2600 und dem ARP 2600 FS von Korg

Während sich Korg entschied, den Look des alten Systems so genau wie möglich nachzuempfinden, ging Behringer diesmal einen komplett anderen Weg. Man verzichtete auf das Holzchassis mit Kunstlederüberzug auf das eigentlich zum ARP-System gehörende Keyboard 3620, beförderte den im Original im Keyboard befindlichen LFO nach oben, ließ den Arpeggiator weg (ebenfalls im 3620), packte alles in ein 19-Zoll-Chassis mit Metallwanne, ersetzte den Federhall durch einen Digital-Hall, verbaute keine internen Lautsprecher, versah die Fader mit LEDs (vgl. Behringer Odyssey) und ordnete dabei die einzelnen Sektionen ein wenig um. Letzteres wohl, weil ein 19 Zoll-System ein anderes Format impliziert als das alte ARP-Chassis. Und trotzdem gelang es, den Eindruck, einen ARP 2600 vor sich zu haben, aufrecht zu erhalten. Wer da irgendwo Einschränkungen sieht, der rufe sich nochmals den Preis von rund 600 Euro ins Gedächtnis.

Der von Korg in limitierter Edition produzierte ARP 2600 FS zeigt sich dem Original mit weißer Schrift (1973 - 1977) sehr nah. (Foto: Korg)
Der von Korg in limitierter Edition produzierte ARP 2600 FS zeigt sich dem Original mit weißer Schrift (1973 – 1977) sehr nah. (Foto: Korg)

Die Benutzeroberfläche

Sämtliche Parameter werden per Schieberegler gesteuert. Dazu kommen ein paar Schiebeschalter, die zwischen bestimmten Funktionen wählen lassen. Wie beim Behringer Odyssey sind die Fader mit unterschiedlich farbigen LEDs beleuchtet, welche zusammenhängende Parameter besser kenntlich machen sollen. Auf der Rückseite befindet sich ein Dimmer, mit dem sich bei Bedarf auch alle LEDs ausschalten lassen. Dreht man die Lightshow voll auf, erinnert das Ganze an den Coca-Cola-Weihnachts-Truck. Dem einen wirds gefallen, dem anderen nicht. Letztere können das Licht ja nach Belieben löschen.

Das komplette Bedienfeld des Behringer 2600 auf der Vorderseite. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Behringer 2600 ist ein technisch gelungener Nachbau des legendären ARP 2600, der optisch in praktikablem 19″-Rack/Desktop-Format designt wurde. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Wie gesagt, die Anordnung der verschiedenen Funktionsbereiche wurde gegenüber dem Original leicht verändert, was aber nicht zu Lasten der Übersichtlichkeit geht. Trotz der Funktionsvielfalt hat man die grundsätzliche Bedienung wohl schnell im Griff. Bei der Semi-Modularität gilt es ein Prinzip zu beachten. Dazu schauen wir uns den Bereich von VCO 2 an. 

Die Eingänge am VCO2. Mit Orange sind die vorverdrahteten Verbindungen gekennzeichnet. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Eingänge am VCO2. Mit Orange sind die vorverdrahteten Verbindungen gekennzeichnet. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Unterhalb der Schieberegler sehen wir jeweils einen Eingang. Darunter können wir im orangefarbenen Kasten erkennen, welche Funktion vorverdrahtet damit verbunden ist: KYBCD CV, S/H out, ADSR, VCO1 und Noise Generator. Die ersten vier „Modulatoren“ wirken auf die Frequenz von VCO2, der letzte routet auf die Pulsbreitenmodulation. Die darüber liegenden Schieberegler regeln dabei jeweils die Intensität der Modulation. Diese Zuordnung wird aufgehoben, sobald wir die dazugehörige Buchse anders patchen. Legen wir eine Verbindung vom LFO zum VCO2 und nutzen dafür die ADSR-Buchse, ist die ADSR-Modulation außer Kraft und der LFO hat das Sagen.  Soll die Modulation per MOD Wheel eines angeschlossenen Keyboards geregelt werden, ist dies mittels eines kleinen Umwegs über den Ring Modulator (!) machbar. Dazu mehr im Praxisteil. Sind es in der VCO-Sektion Steuerspannungen, so liegen beim VCF auch Audiosignale der drei VCOs und vom Noise-Generator an. Insofern arbeitet der VCF-Eingangsbereich als Mixer, da hier die Lautstärke der Oszillatoren bestimmt wird. 

In der Filtersektion wird auch der Lautstärkeanteil der drei VCOs geregelt. (Foto: Nikolai Kaessmann)
In der Filtersektion wird auch der Lautstärkeanteil der drei VCOs geregelt. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Womit wird der Behringer 2600 angesteuert?

Für die Ansteuerung verwendet man ein MIDI-Keyboard, ein Controller-Keyboard mit CV/Gate-Ausstattung (z. B. von Arturia), einen MIDI- bzw. analogen Sequenzer oder nutzt interne Trigger z. B. vom S&H als Auslöser. Alternativ löst man die Hüllkurve mit der kleinen roten Taste „Manual“ aus. Über ein MIDI-Keyboard lässt sich der Behringer 2600 bis zu zweistimmig spielen. Dazu patcht man Upper Voice mit KYBD CV eines der Oszillatoren und geht im Voice Mode auf Duo. Hat man ein Steuerteil mit mehreren CV-Outs, klappt das obendrein mit einem Sequenzer o. ä. – und selbst dreistimmig -, aber immer nur über ein Filter und einen VCA (Stichwort „paraphon“). Hierzu noch ein Hinweis: Nutzt man das Gate-Signal z. B. aus dem Arturia Keystep, verwendet man die Buchse „S&H In“. Darüber werden die ADSR- und AR-Engine gleichzeitig ausgelöst. Will man beide Hüllkurven separat steuern, wählt man die Gate-Eingänge jeweils in den beiden Hüllkurvenbereichen.

Die Oszillatoren

Drei analoge VCOs stehen zur Verfügung, die sich allesamt in den LF-Modus schalten lassen. VCO 1 vermag einen Sägezahn und eine Pulswelle mit einstellbarer Pulsbreite zu erzeugen, wobei letztere nicht modulierbar ist. VCO 2 hat neben Puls und Sägezahn noch Dreieck und Sinus im Angebot, wobei sich hier die Pulswelle sowohl einstellen als auch modulieren lässt. Gleiches gilt für VCO 3. Dies ist gegenüber dem Arp 2600 FS von Korg eine Erweiterung, da dort bei VCO 3 wie VCO 1 nur zwei Schwingungen zur Verfügung stehen. Für alle drei Oszillatoren gilt, dass in der Basis jeweils eine Schwingung mit dem Filter verbunden ist, alles andere muss man patchen. Einen Fußlagenschalter sucht man vergebens. Die Tonhöhe jedes VCOs wird in einer weiten Spanne von 10 Hz – 10 kHz mit einem Schieberegler festgelegt. 

Die Tune-Regler der VCOs. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Tune-Regler der VCOs. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die Feinabstimmung besorgt ein zweiter Schieberegler. Einen VCO mal schnell eine Oktave tiefer zu stimmen, ist eben nicht ganz so einfach. Ein Stimmgerät sollte man stets griffbereit haben. Dafür sind die Oszillatoren außerordentlich stimmstabil. VCO 2 und VCO 3 lassen sich individuell zu VCO 1 „hard syncen“ und natürlich sind selbst Frequenzmodulationen und S&H-Modulationen für jeden Oszillator separat möglich. 

Die Filter

Wie im Original wurde ein 24 dB-Filter mit Cutoff und Resonance mit Eigenschwingung verbaut. Dieses lässt sich wie die VCOs über zwei Schieberegler (grob und fein) „stimmen“, was gleichbedeutend mit der Cutoff Frequency ist. Der ARP 2600 nutzte im Laufe der Zeit zwei verschiedene Filtervarianten: Der 4012 hatte mit rund 16 kHz eine höhere Range im Cutoff, der 4072 machte schon so bei 11 kHz Schluss. Der Grund für die Umstellung waren Copyright-Probleme mit dem Moog-Ladder-Filter. Beim vorliegenden Synth löste man das elegant, denn es lässt sich zwischen beiden Filter-Versionen umschalten. Diese Umschaltung wird stets von einem deutlich hörbaren Knacks „begleitet“, was beim ARP 2600 FS von Korg nicht passiert. Da man mitten im Spiel wohl eher selten zwischen den Filtervarianten wechselt, fällt das nicht so sehr ins Gewicht und ein wirklicher Unterschied zwischen den beiden Varianten ist kaum wahrnehmbar. Am ehesten noch, wenn man die Resonance erhöht. Neben den Audioeingängen stehen drei Modulationseingänge bereit, die ohne Patchkabel der Tastatur (Keyboard Track), der ADSR-Hüllkurve und dem VCO 1 für eine Filtermodulation vorbehalten sind – natürlich alles überschreibbar.

Die Hüllkurven

Wir zählen eine ADSR-Hüllkurve und eine AR-Hüllkurve, die sehr variabel den einzelnen Sektionen zuzuordnen sind. Hervorzuheben ist, dass beide Hüllkurven separat skalierbar sind. Die Range geht von 0,5 über 1 bis 2. Damit lässt sich der Einstellbereich von AD und R vorwählen und damit sehr nuanciert bestimmen. Für perkussive Klänge wählt man natürlich die 0,5-Variante, die sehr kurze Hüllkurven-Zeiten erzeugt. Ein sehr nützliches Feature, das der ARP 2600 FS von Korg nicht vorzuweisen hat. Übrigens könnte man die LAG-Funktion aus dem Voltage Processor als dritte, einfache AR-Hüllkurve versenden, wobei A und R den gleichen Wert haben.

Die ADSR-Hüllkurvensektion. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die ADSR-Hüllkurvensektion. (Foto: Nikolai Kaessmann)

LFO

Beim Behringer 2600 wurde die LFO-Einheit, die beim Original im Keyboard 3620 platziert war, in den eigentlichen Synthesizerbereich verlegt. Für Vibrati stehen ein Sägezahn, ein Rechteck und eine verzögerte Sinusschwingung bereit. Selbst ein externes Vibratosignal ist möglich – ganz wichtig, wie wir später noch sehen werden. Regelbar per Schieberegler sind Geschwindigkeit, Intensität und Delay. Bei letzter Funktion setzt das Vibrato erst nach einer einstellbaren Zeit ein. Leider lässt sich das Vibrato über MIDI nicht per MOD Wheel steuern, wohl aber per CV.

Weitere Module

Der Behringer 2600 ist mit weiteren Modulen bestückt, die alle „vorverdrahtet“ sind, aber beliebig geroutet werden können. So z. B. ein Ring Modulator, ein Vorverstärker mit Envelope Follower, ein CV-Prozessor, Portamento und eine Sample&Hold-Unit. Was man damit macht, beleuchten wir im Praxisteil näher. Auf eine analoge Hallspirale wurde verzichtet, stattdessen wurde dieser Effekt digital emuliert (im Vergleich dazu verfügen die Sondermodelle Blue Marvin und Grey Meanie über die archaische „echte“ Hallspirale). Regelbar ist nur die Intensität für beide Ausgänge separat. Der analoge Signalweg wird beim „normalen“ 2600er nicht verlassen, der Digitaleffekt wird dazu gemischt.

Alle drei erhältlichen Behringer-Varianten des ARP 2600-Nachbaus: 2600 [unten], 600 Gray Meanie [oben links] und 2600 Blue Marvin [oben rechts]. (Foto. Thomann)
Alle drei erhältlichen Behringer-Varianten des ARP 2600-Nachbaus: 2600 [unten], 600 Gray Meanie [oben links] und 2600 Blue Marvin [oben rechts]. (Foto. Thomann)

Die Anschlüsse zur Außenwelt

Auf der Rückseite, leicht nach innen versetzt liegen die MIDI-Anschlüsse, MIDI-USB sowie Anschlüsse für Fußpedale: Portamento Switch und Intervall-Latch beim Duo-Modus. Die beiden Audio-Outs, die als 6,3 mm Klinke ausgelegt sind, liegen auf der Frontseite. Damit lässt sich ein Signal im Panorama von links nach rechts bewegen. Beide Kanäle verfügen zusätzlich über einen Eingang (Miniklinke), den man mit internen als auch externen Signale beschicken kann, z. B. von einem Drumcomputer und Euroracksystemen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Rückseite des Behringer 2600. (Foto: Nikolai Kaessmann)
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Praxis

Nach kurzer Einarbeitungszeit wird man mit dem Behringer 2600 gut zurechtkommen. Alles ist übersichtlich, die Beschriftung ist gut lesbar und auch die in Orange gekennzeichnete vor-verdrahtete Verkabelung ist gut erkennbar und hilfreich. Die im Vergleich zum Original etwas unterschiedliche Anordnung der Module wird nur die stören, die bereits einen ARP oder den ARP 2600 FS von Korg verwenden, aber das dürften nicht viele sein. Ob die Beleuchtung stört oder hilft, das mag jeder für sich entscheiden. Wer sie nicht benötigt, der dimmt sie oder schaltet sie gänzlich aus. Der Dimmer, die Anschlüsse (außer Audio Out) und die DIP-Schaler für die Bestimmung des MIDI-Kanals sind auf der Rückseite angebracht, was sicherlich Vorteile hat, schraubt man die Unit in ein 19-Zoll-Gehäuse. Die Bedienung – fast ausschließlich über Schieberegler – kennen wir bereits vom Arp Odyssey oder dem Behringer Odyssey. Das gibt auf jeden Fall einen guten optischen Überblick über die aktuellen Einstellungen in allen Bereichen. Die Qualität der Fader ist in Ordnung. Was mir weniger gefällt, ist die spärliche Bedienungsanleitung. Da greift man besser auf Tutorials auf YouTube zurück.

Leuchtende Fader beim Behringer 2600. Die Beleuchtung lässt sich dimmen, oder gänzlich ausschalten. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Leuchtende Fader beim Behringer 2600. Die Beleuchtung lässt sich dimmen, oder gänzlich ausschalten. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Ausstattung und Möglichkeiten

Der Behringer 2600 gehört nicht zu den analogen Synthesizern einfacher Bauart. Nicht nur die drei Oszillatoren, sondern die Vielzahl der „Module“ machen aus dem 2600 einen äußerst flexiblen Synthesizer mit enormen Klang- und Modulationsmöglichkeiten. Ob Hard Sync, FM, Filtermodulation, Ringmodulation – vieles ist möglich. Und dank des semi-modularen Aufbaus kommt man recht schnell zu einem Klangergebnis, ohne sich im ersten Schritt über Patchkabel Gedanken machen zu müssen. Apropos Patchkabel: Die gehören nicht zum Lieferumfang und sollten direkt mit auf die Bestellliste gesetzt werden (mindestens 10 Stück). Übrigens lohnt es sich, im Netz nach Patches zu suchen, das Angebot ist dort bereits ziemlich reichhaltig und man erhält gute Anregungen.

Tipps & Tricks für die Verwendung des Behringer 2600

Die nachfolgenden Erläuterungen beschreiben eine Auswahl von Sektionen und die damit verbundenen Möglichkeiten, ohne zu tief ins Detail zu gehen.

Envelope Follower mit Vorverstärker

Eigentlich für die Verarbeitung externer Signale gedacht, lässt sich z. B. der Vorverstärker selbst intern gut verwenden. Schalten wir diesen zwischen „VCF Out“ und „VCA In“, lässt sich mit zunehmender Gain-Einstellung ein wirklich schönes „Zerren“ erzeugen, was den Klang insgesamt aggressiver werden lässt. Aber auch, um die berühmte R2-D2 Stimme zu erzeugen, ist der Envelope Follower geeignet. Schließt man hier ein Mikrofon an (leider Miniklinke) und spricht in Selbiges, kommt man der Stimme des kleinen Roboters schon ziemlich nah. Wir haben uns im Fall des Klangbeispiels mit der Aufnahmefunktion eines iPods beholfen und den Miniklinken-Audioausgang des iPod mit dem Eingang des Vorverstärkers verbunden – hat gekappt. Das Patching von R2-D2 ist jedoch noch ein wenig aufwendiger, wie man im Video Behringer 2600 (no talking) sehen kann.

Voltage Processor

Beim Arbeiten mit dem Behringer 2600 kann ich nur empfehlen, sich mit den Möglichkeiten des Voltage Processors auseinanderzusetzen. Bei einem analogen Synth wird mit Spannungen (CV) gearbeitet: Die Tastatur bestimmt per CV die Tonhöhe, ein LFO gibt eine Steuerspannung aus und selbst das Signal eines VCOs basiert auf einer Spannung. Mit einem Voltage Processor lässt sich Spannung „manipulieren“, wozu diese Einheit vier Eingänge bietet, zwei davon mit Schiebereglern in der Intensität regelbar, zwei nicht. Zusätzlich gibt es einen Ausgang und einen Reverse-Ausgang. Im einfachsten Fall können wir den Voltage Processor als Mixer verwenden, um z. B. Sägezahn und Rechteck eines Oszillators zu mischen. Dazu steht noch ein 4-fach-Multiple zur Verfügung.

Der Voltage Processor bearbeitet Steuerspannungen. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Voltage Processor bearbeitet Steuerspannungen. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Interessant ist es auch, den Ausgang des ADSR-Generators auf Eingang 2 zu geben und die Hüllkurve via Reverse-Ausgang zu invertieren und dann den VCF damit zu modulieren. Auch können wir hier aus einem aufsteigenden Sägezahn eine absteigende Variante zu zaubern. Oder man versuche mal folgende abgedrehte Idee: Der Eingang 4 ist in der Grundbelegung mit der Keyboard-Spannung (CV) verbunden, selbst wenn der 2600 via MIDI angesteuert wird. Legen wir jetzt den Reversausgang auf den Input KYBD CV eines Oszillators und schieben den Regler ganz nach rechts, haben wir die Tastatur quasi umgedreht. Spielt man einen Lauf nach oben, geht dieser tatsächlich in die entgegengesetzte Richtung nach unten. Da sollte man mal ein Solo versuchen oder dreht ein via MIDI in die DAW eingespieltes Solo auf diese Weise einmal um. Was dabei herauskommt, kann man gar nicht selbst „komponieren“. Und noch ärger, man spielt einen VCO reverse und den Zweiten normal – einfach mal ausprobieren. Dazu haben wir ein Klangbeispiel angefertigt. Fazit: Der Voltage Processor mutet sehr „technisch“ an, bietet jedoch musikalisch einiges.

Ring-Modulator – Wegbereiter für das MOD Wheel?

Im Normalfall addiert/subtrahiert der Ringmodulator die Frequenzen zweier Eingangssignale und erzeugt damit glockenartige Sounds, aber es geht auch anders. Hierzu verbinden wir ein Arturia Keystep Controller-Keyboard, dass über Gate, CV und MOD Out verfügt, mit dem 2600 – oder über MIDI. Nun würden wir gerne mit dem „MOD Wheel“ (im Falle des Arturia ein MOD-Band) das Vibrato des Behringer 2600 steuern. Das geht auf direktem Weg nicht, womit der Ring Modulator ins Spiel kommt. Eingang 1 wird durch das Vibrato belegt, Eingang 2 durch die Steuerspannung „MOD“ aus dem Arturia. Jetzt verbinden wir den Ausgang des Ring Modulators mit dem Eingang „Ext. Vib In“ im Synthesizer. Ergebnis: Die MOD-Wheel-Funktion des Arturia steuert wie gewohnt die Intensität des Vibratos.

Ein Blick auf den Envelope Follower mit Vorverstärker, den Ring Modulator und den Noise-Generator. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Ein Blick auf den Envelope Follower mit Vorverstärker, den Ring Modulator und den Noise-Generator. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Sample & Hold

Sample & Hold ist eine klassische Synthesizerschaltung, bei welcher Samples aus einer einfachen oder komplexen Schwingung (z. B. Rauschen) genommen und als Steuerspannungen z. B. auf den VCO wirken können. Verwendet man als Eingangssignal einen aufsteigenden Sägezahn, dann wird – auf die Tonhöhe des VCO geroutet – ein Lauf nach oben erzeugt, bei anderen Schwingungen entsprechend deren Gestalt. Dabei kann der S&H auch die Hüllkurven auslösen (Gate) und ohne externe Tastatur spielen. Die Geschwindigkeit ist dabei variabel. Nimmt man das Rauschen, so entsteht eher eine zufällige bis chaotische Tonfolge. Das Sample&Hold-Modul ist maßgeblich bei R2-D2 mit im Spiel.

Die Sample & Hold Sektion des Behringer 2600. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Sample & Hold Sektion des Behringer 2600. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Anschluss eines Sequencers

Da der 2600 über keinen eigenen Sequenzer verfügt, bietet es sich an, diesen mit entsprechendem Equipment z. B. aus dem Eurorack-Universum zu verbinden. Über MIDI klappt das problemlos. Will oder muss man die CV- und Gate-Anschlüsse verwenden, muss ein bisschen getrickst werden. CV ist kein Problem, der 2600 arbeitet mit der V/Oct-Charakteristik. Auf Gate-Signale z. B. vom Behringer Sequential Controller 960 reagiert der 2600 überhaupt nicht. Warum nicht? Der Behringer 2600 erwartet beim Gate- oder Trig -Input eine Signalstärke von 10 V. Der 960 produziert aber nur 3V, manche andere Eurorack-Systeme 5V. Folge: Der z. B. per Gate aktivierte Hüllkurvengenerator hat einen „viel zu niedrigen Blutdruck“ und kommt nicht in die Gänge. Geht das etwa nicht? Ist selbst der Behringer-eigene 960 nicht kompatibel, was ein dicker Minuspunkt wäre? Doch es geht, wir müssen nur einen kleinen Umweg patchen und das schlappe Gate-Signal über den Preamp des Envelope Followers auf Trab bringen. Wenn man im Eurorack Module wie den Behringer CP3A-M hat, geht das auch damit. Man hätte das Problem möglicherweise mit einem Umschalter zwischen 3, 5 und 10 V beim Gate-Eingang des Behringer 2600 lösen können. Auf Nachfrage erklärt das Haus Behringer, dass man stets die Specs des Originals weitestgehend nachempfinden wolle. Ein Argument, dass nicht zu 100 % sticht, denn man hat ja u. a. selbst MIDI und eine digitale Hall-Emulation eingebaut. Nun, es funktioniert ja mit einem kleinen Umweg.

MIDI und USB

Ausgestattet ist der Behringer 2600 mit MID und USB, jedoch außer Note On/Off und variablem Empfangskanal (über DIP-Schaltung) ist da nicht viel machbar (das gilt übrigens gleichermaßen für den ARP 2600 FS von Korg). Zumindest die Steuerung des Vibratos per MOD Wheel wäre schön gewesen. Und ja, man kann die Behringer Synthribe Software via USB nutzen, die im Falle des 2600 nicht sehr viel hergibt (auch nicht das Umschalten des MIDI-Kanals) – außer bei der Kalibrierung, was der Beibehaltung des ursprünglichen Konzepts des Synthesizers geschuldet ist.

Die Kalibrierung

Schaut man sich den 2600 etwas genauer an, fallen die vielen Gummikappen auf der Bedieneinheit auf. An diesen Stellen lassen sich die verschiedenen Parameter kalibrieren. Dazu nimmt man die Gummikappe ab und erreicht die Einstellmöglichkeit per Schraubendreher. Hier aufpassen und nicht mit den Gummikappen rumspielen, denn die sind schneller weg, als man schauen kann … und am Anfang würde ich insgesamt die Finger davonlassen.

Wie klingt der Behringer 2600?

Der analoge Grundsound ist einfach nur gigantisch. Fette Bässe, tolle Leads und höchst experimentelle, abgedrehte Variationen sind möglich. Im Bass ist ein ziemliches Pfund vorhanden. Hat man alle VCOs aktiviert und leicht gegeneinander verstimmt, entsteht dieser breite fette Klang, den man sich wünscht. Auf der anderen Seite gehts auch aggressiv und hart. Der Behringer 2600 ist da sehr vielseitig. Und selbst im zweistimmigen Bereich lassen sich – obwohl paraphon – schöne Pad-artige Sounds entlocken. Egal, welche ARP-2600-Klon-Variante man wählt, man erhält einen höchst intuitiven wie anregenden Synthesizer, der zum Experimentieren förmlich einlädt.

Audiobeispiele zu Behringer 2600

Audio Samples
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Stimme des R2-D2 Roboters Calling Mr. Moog Lead-Synthesizer S&H mehrstimmiges Chaos Human League Sound Bassdrum mit Filter und Hall Behringer 2600 zweistimmig Keyboard reverse über Voltage Processor, zweistimmig Hard Sync Bass-Arpeggio
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Fazit

Behringer hat es wirklich geschafft, einen Nachbau des klassischen ARP 2600 zu einem unglaublich günstigen Preis anzubieten. Um in diese Preisregion zu kommen, hat man gar nicht erst versucht, das Original optisch komplett nachzubauen. Diese Aufgabe ist jedoch sehr geschickt gelöst worden, ohne Kompromisse zulasten der Möglichkeiten und der Klangqualität des Synthesizers einzugehen. Und den Designern ist es gelungen, den Look der alten Legende irgendwie aufrecht zu erhalten. Nicht nur die Klangqualität ist ausgezeichnet, auch die Möglichkeiten zeigen sich als Eldorado für Klangtüftler. Dabei ist die GUI nicht so kompliziert, dass man sich darin verlieren könnte. So zeigt sich die Zielgruppe des Behringer 2600 nicht nur im Bereich der Modular-Nerds, denn dieser Synth ist eigentlich ein „Muss“ für alle Liebhaber von Synthesizern und klanglich eine echte Bereicherung. Zu einem Preis von knapp unter 600 Euro findet derjenige, der einen echten Klassiker sucht, derzeit keine Alternative.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Preis/Leistung
  • Klangqualität
  • Ausstattung und Möglichkeiten
Contra
  • Keine
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Behringer 2600 Test
Für 399,00€ bei
Der Behringer 2600 ist ein technisch gelungener Nachbau des legendären ARP 2600, der optisch in praktikablem 19"-Rack/Desktop-Format designt wurde. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Behringer 2600 ist ein technisch gelungener Nachbau des legendären ARP 2600, der optisch in praktikablem 19″-Rack/Desktop-Format designt wurde. (Foto: Nikolai Kaessmann)
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Behringer 2600 Test (Foto: Nikolai Kaessmann)

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Profilbild von Ginodagostino

Ginodagostino sagt:

#1 - 09.05.2021 um 21:50 Uhr

0

Das Teil ist einfach nur der Hammer... Top!!!
Welcher Liebhaber Analoger (monophoner) Synthese oder Soundchaot den verpasst ist selbst Schuld

Profilbild von Thomas Koerber

Thomas Koerber sagt:

#2 - 20.06.2021 um 17:40 Uhr

1

Was ich immer komisch finde, sind die Soundbeispiele. Sobald ein analoger Synth getestet wird, kommen die 1000-Fach gehörten, langweiligen Töne hervor. Gerade hier beim ARP ist es schade, nicht wirklich das herausragende, was ihn ausmacht, zu hören.Die beste Vorstellung des 2600 habe ich auf YT gefunden. Tim Shoebridge macht hier einen unglaublich guten Job. Egal welchen Synth er vorstellt, werden einem immer neue Klangwelten offeriert.Es macht wohl schon einen Unterschied, ob jemand einfach am Filter und der Resonanz dreht, oder ob er die Fähigkeit besitzt, in die Tiefen des Gerätes einzutauchen.
Ich kann es wirklich empfehlen, sich den Kanal von Tim Shoebridge anzusehen.

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