Audeze LCD-X Test

Audeze wurde 2008 in den USA gegründet und ist damit eine recht junge Firma, die sich primär auf die Herstellung hochwertiger Kopfhörer mit magnetostatischen Treibern spezialisiert und ziemlich schnell einen guten Ruf in der audiophilen Zielgruppe erlangt hat.

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Der LCD-X ist aufgrund seines markanten Industriedesigns und seiner wuchtigen Größe einer der optisch auffälligsten Kopfhörer, die ich jemals begutachten durfte. Letzteres ist durch die verwendete Treiberart bedingt. In magnetostatischen Kopfhörern werden in der Regel sehr große Magnete verbaut, um die wiedergabeseitigen Vorzüge dieser Technik voll auszunutzen. Beim Testmodell handelt es sich um die etwas günstigere “Creator Edition” des LCD-X, welche sich bei gleichen technischen Werten lediglich durch einen puristischeren Lieferumfang vom normalen LCD-X unterscheidet. Was es im Detail über den offenen Audeze-Kopfhörer zu berichten gibt und wie er sich innerhalb der, von dynamischen Treibern dominierten Konkurrenz einordnet, erfahrt ihr in unserem Testbericht.

Details

Bauweise

Der Audeze LCD-X ist ein magnetostatischer Kopfhörer in offener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln, der gewaltige 655g (ohne Kabel) auf meine Küchenwaage bringt. Ein spezieller Faltmechanismus zu Transportzwecken ist nicht vorhanden, allerdings lassen sich bei Bedarf die Ohrmuscheln (inklusive Bügel) ganz simpel mit einem Kreuzschraubenzieher demontieren, wodurch sich der Kopfhörer durchaus platzsparend verpacken lässt.

Der LCD-X ist sehr „schrauberfreundlich“ – gut so!
Der LCD-X ist sehr „schrauberfreundlich“ – gut so!

Verarbeitung

Die Verarbeitung des handgearbeiteten Audeze LCD-X erinnert stark an Militärausrüstung – im positiven Sinne. Das Gehäuse wirkt stabil wie ein Land Rover und alle Anbauteile aus Metall und robustem Kunststoff sind verschraubt und somit im Bedarfsfall leicht zu ersetzen. Besonders beeindruckt mich die, nur durch beherzten Druck verstellbare Größenanpassung des Kopfbandes. Ohne Absicht verstellt sich hier nichts, eine Eigenschaft, die ich bei vielen Kopfhörern vermisse. Generell bietet der Hersteller für die Ohrpolster sowie die Polsterung des Kopfbügels wahlweise Echt- und Kunstleder (veganes Alcantara) an. Beide Varianten werden zum gleichen Preis verkauft und sind vermutlich auch in Bezug auf ihre Robustheit als gleichwertig zu betrachten. Das Sondermodell “Creator Edition” ist ausschließlich mit Polstern aus Rindsleder ausgestattet, welche bei unserem Testkopfhörer tadellos verarbeitet sind.

Fotostrecke: 2 Bilder Eine robuste Mechanik wie aus dem Metallbaukasten.

Mitgelieferte Kabel und Co.

Der LCD-X besitzt eine beidseitige Kabelführung, deren Kabelenden mit einer vierpoligen Mini-XLR-Verbindung versehen und dementsprechend problemlos auswechselbar sind. Die Kabellänge beträgt 2,5 m und endet in einem vergoldeten 6,35mm-Klinkenstecker. Zusätzlich befindet sich ein etwa 23 cm langes Adapterkabel auf 3,5 mm, welches man bei einigen hochpreisigen, audiophilen Kopfhörern vergeblich sucht, im Lieferumfang. Damit unterstreicht der niederohmige Audeze-Kopfhörer seine Flexibilität bezüglich jeglicher Signalquellen, auf die ich später noch eingehen werde. Die günstige Creator Edition des LCD-X verzichtet auf den praktischen und ebenfalls äußerst robusten Transportkoffer, welcher bei Bedarf optional erhältlich ist. Weiterhin können längere Stifte zur Größenverstellung des Kopfbügels geordert werden, falls dies aufgrund der Kopfgröße erforderlich sein sollte. Zum Anschluss an symmetrische Signalquellen sind außerdem entsprechende Kabel und Adapter von Audeze als Zubehör erhältlich.

Fotostrecke: 4 Bilder Das beidseitig geführte Kabel ist problemlos auswechselbar.

Technik und Kennzahlen

Das Herzstück des Audeze LCD-X sind seine magnetostatischen Wandler, die ähnlich wie Elektrostaten eine sehr dünne Membran besitzen, welche das Fundament für die erstklassigen Wiedergabeeigenschaften bilden, für die diese Art des Antriebs bekannt ist. Da die Wiedergabequalität in ihrer kompromisslosen Form aber nur durch den Einsatz vergleichsweise großer und schwerer Magneten erkauft wird, besitzt diese aufwendige Wandlertechnik immer noch einen Exotenstatus und ist meist in den oberen Preisregionen zu finden, wie es auch hier der Fall ist. Der Wandler des LCD-X misst stattliche 106 mm und übertrifft damit den Querschnitt der direkten Konkurrenz mit elektrodynamischen Wandlern um etwa das Doppelte!
Auffällig ist die mit einer Impedanz von 20 Ohm vergleichsweise niederohmige Ausführung. So war man bei der Konstruktion des LCD-X darauf bedacht, dass der Kopfhörer an sämtlichen Zuspielern, was auch mobile Abspielgeräte miteinschließt, ein souveränes Bild abliefert und die Verwendung nicht ausschließlich an hochwertige Kopfhörerverstärker gebunden ist, was bei audiophilen Kopfhörermodellen in der Vergangenheit oftmals die Regel war. Diese Aussage soll die Bedeutung hochauflösender, minimal verzerrender Verstärker aber in keinem Fall schmälern, sondern stellt schlicht fest, dass hochohmige Kopfhörer am Ausgang mobiler Abspielgeräte teilweise unbrauchbar sind und das ist beim Audeze LCD-X definitiv nicht der Fall.
Der Frequenzgang des Audeze-Kopfhörers ist mit 5 Hz bis 20 kHz angegeben, unter dem Hinweis, dass bis 50 kHz “nutzbare Schallpegelanteile” vorliegen. Ich wage das mal so zu interpretieren, dass zwischen 5 und 20000 Hz eine gewisse Linearität vorliegt und andere Hersteller wahrscheinlich einen Übertragungsbereich von 5 bis 50000 Hz angegeben hätten. Falls ich mit dieser Einschätzung daneben liege, ist dies nach meiner Ansicht relativ egal, da derartige Angaben (nahezu alle zeitgenössischen Kopfhörer decken den menschlichen Hörbereich ab) selten irgendeine Aussagekraft über den tatsächlichen Wiedergabecharakter besitzen, über den ich an späterer Stelle ausführlich berichten werde. Weitere technische Angaben befinden sich in den Features am Ende dieses Testberichts.

Hinter der luftdurchlässigen Abdeckung befindet sich der magnetostatische Wandler.
Hinter der luftdurchlässigen Abdeckung befindet sich der magnetostatische Wandler.

Praxis

Verwendungszweck

Als Studiokopfhörer offener Bauart wird der Audeze LCD-X vom Hersteller zur Verwendung in Mix und Mastering beworben. Hierzu möchte ich vorwegnehmen, dass mir im Testverlauf keine Gegenargumente in den Sinn gekommen sind. Seine Wiedergabeeigenschaften dürften auch bei anspruchsvollen Musikkonsumenten Anklang finden, lediglich das bauartbedingte Fehlen einer akustischen Dämmung zur Außenwelt schließt die Verwendung in einer lauten Umgebung oder einer Monitoring-Situation während einer Aufnahme aus. Der Betrieb an mobilen Abspielgeräten erfolgt in souveräner Lautstärke und ohne nennenswerte Klangfärbungen.

Tragekomfort

Der Audeze LCD-X ist aufgrund seiner speziellen Wandler deutlich schwerer als die elektrodynamische Konkurrenz, was den Tragekomfort schmälert. Auch der Anpressdruck der Ohrmuscheln ist für einen offenen Kopfhörer ziemlich kräftig, was wahrscheinlich notwendig ist, um den sicheren Sitz des imposanten Magnetostaten zu gewährleisten. Auf der Habenseite stehen die extrem zuverlässige Größenverstellung sowie die großzügig gepolsterten Ohrpolster. Die Polsterung des Kopfbügels hätte man für meinen Geschmack aber auch gerne etwas großflächiger (wie etwa beim großen Bruder LCD-MX4) gestalten können, damit sich das Gewicht besser verteilt und im Langzeitbetrieb weniger auf die Schädeldecke drückt. In dieser Bewertungskategorie muss der LCD-X ein paar Federn lassen, allerdings möchte hier auch nichts dramatisieren, mich würde es vom Kauf dieses Modells nicht abhalten, aber im Kollegenkreis fällt mir der ein oder andere Kandidat ein, für den der Audeze Kopfhörer aus diesem Grund nicht in die engere Wahl käme. Am besten selbst ausprobieren! Dass ein Magnetostat nicht zwangsläufig überdurchschnittlich schwer sein muss, beweist der neue und etwas kompaktere HIFIMAN Sundara, welcher die klanglichen Vorteile dieser Wandlertechnik bei einem moderaten Gewicht von 372 g bereitstellt.

Fotostrecke: 3 Bilder Die dicken Ohrpolster des Audeze LCD-X.

Klang

Testbedingungen
Über die Notwendigkeit des “Einspielens” von Kopfhörern findet man unterschiedliche Aussagen und selten konkrete Informationen. Einige Hersteller geben beispielsweise an, dass ihre Wandler bereits eingespielt sind, andere bitten Testpersonen wie mich, den Kopfhörer vor der Beurteilung einzuspielen. Dritte sind der Meinung, dass eine eventuell empfundene Klangverbesserungen nach der “Einspielphase” ein nicht messbarer, psychologischer Gewöhnungseffekt ist. Nichtsdestotrotz habe ich den Audeze LCD-X vor diesem Test mehrere Tage an meinen alltäglichen DAW-Tätigkeiten teilhaben lassen und auch zwischendurch musikalisch beschallt.
Der Test erfolgte an den folgenden Kopfhörerausgängen/Verstärkern:

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix vertrauter Eigen- und Fremdproduktionen über den LCD-X angehört und analysiert.
Der erste Eindruck
Beim Testen hochwertiger und ambitionierter Kopfhörer nutze ich gerne meinen AKG K812, mit dem ich seit einigen Jahren arbeite, als Referenzmodell. Der Audeze LCD-X ist einer der wenigen Kopfhörer, bei denen ich bereits nach einem ersten Direktvergleich das Gefühl hatte, weitgehend ebenbürtige Wiedergabeeigenschaften vorzufinden. Dennoch gibt es im Detail Unterschiede, die in den folgenden Klangkategorien aufgeschlüsselt werden.
Frequenzgang
Die Abstimmung und Auffächerung der Frequenzbereiche des LCD-X kann man als gelungen bezeichnen. Die Bässe sind vom Subbereich bis in den Oberbass druckvoll und trotzdem stets ehrlich, wobei die gefühlte Wiedergabe des AKG-Kopfhörers im direkten Vergleich unterhalb von etwa 60 Hz um Nuancen kräftiger erscheint. Beide Kopfhörer ähneln sich in der Gewichtung und Natürlichkeit hoher Frequenzen, die frei von ermüdenden Überzeichnungen und unnötiger Schärfe in der Qualität hochwertiger Studiomonitore wiedergegeben werden, wobei der K812 ganz oben noch etwas brillanter spielt. Unterschiede gibt es in der Darstellung der Mitten. Hier klingt der Audeze-Kopfhörer etwas dominanter als das Referenzmodell von AKG, ohne dass er dabei “mittig” klingt. Beim Abhören einiger Produktionen kann dies durchaus vorteilhaft wirken und Musikkonsumenten vielleicht eher zum LCD-X tendieren lassen als zum nuanciert analytischeren K812, der im Vergleich etwas “sachlicher” klingt.
Impulsverhalten
Die Impulstreue und Dynamikwiedergabe des Audeze LCD-X befindet sich auf Referenzniveau und präsentiert Transienten in bester Studioqualität, ohne dabei angestrengt oder gar anstrengend zu wirken, was bei manchen Kopfhörern mit einer helleren Abstimmung schon einmal der Fall sein kann. Seine hochauflösende Wiedergabe des Anklangs von einzelnen Tönen begünstigt zudem eine äußerst realistische und trotzdem gut greifbare Abbildung von Instrumenten, die sich “etwas weiter hinten” im Mix befinden.
Räumliche Abbildung
Magnetostatischen Kopfhörern wird nachgesagt, dass diese Kategorie zu ihren Stärken zählt und der Audeze LCD-X stellt dies unter Beweis, indem er entsprechende Aufnahmen plastisch und um Klassen natürlicher abbildet, als es beispielsweise der etwa gleich teure Fostex TH900mk2 zu leisten vermag. Die Tiefenstaffelung ist absolut bemerkenswert, allerdings rückt er im Vergleich zum AKG K812 (trotz geringfügig breiterer Stereobühne) die einzelnen Bestandteile eines Mixes in der Tiefe etwas näher zusammen. Die AKG-Referenz seziert und lokalisiert einzelne Instrumente noch etwas kompromissloser und präsentiert Hallräume etwas eindeutiger als der Audeze-Kopfhörer, wodurch sich mittelmäßige, künstliche Hallräume leichter zu erkennen geben. Hierdurch klingt der LCD-X also nicht zwingend “schlechter” oder unnatürlicher, sondern eine Prise weniger analytisch. Obwohl er hier Überdurchschnittliches leistet, muss sich der Audeze LCD-X in dieser Teilkategorie knapp hinter dem “luftigeren” AKG K812 einreihen.

Nicht für Leute geeignet, die schon weich in der Birne sind …
Nicht für Leute geeignet, die schon weich in der Birne sind …

Fazit

Die Achillesferse des von Hand gefertigten Audeze LCD-X ist sein eingeschränkter Tragekomfort, der seine Ursache in dem hohen Gewicht seiner magnetostatischen Wandler hat. Wer diesbezüglich unsensibel ist, findet in dem LCD-X einen Ausnahmekopfhörer mit exzellenten Wiedergabeeigenschaften, der zweifelsfrei gewinnbringend in professionellen Mix- und Masteringstudios eingesetzt werden kann und klanglich im Vergleichsfeld seiner Mitbewerber positiv heraussticht.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • überragende Wiedergabeeigenschaften an sämtlichen Abspielgeräten
  • gelungene Frequenzabbildung
  • präzise Wiedergabe von Transienten
  • überdurchschnittliche Raumabbildung
  • austauschbare Kabel
  • sehr solide Verarbeitung
Contra
  • Einschränkungen des Tragekomforts durch hohes Gewicht
  • keine Transportbox (Creator Edition)
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Audeze LCD-X Test
Für 1.449,00€ bei
Audeze_LCD_X_B01_Test
Technische Spezifikationen
  • Professioneller Referenz-Studiokopfhörer
  • offen
  • magnetostatisch
  • ohrumschließend
  • Polster aus Rindsleder
  • abnehmbares Kabel (2,5 m)
  • beidseitige Kabelführung
  • 6,35mm-Klinkenstecker
  • 3,5mm-Adapterkabel
  • 106mm-Membran
  • Wirkungsgrad: 103 dB/1 mW
  • Gewicht: 655 g (ohne Kabel)
  • Impedanz: 20 Ohm
  • Übertragungsbereich: 5–20000 Hz (nutzbare Schallpegelanteile bis 50 kHz)
  • Klirrfaktor:
  • maximale Belastbarkeit: 15 W (200 ms)
  • optimale Verstärkerleistung: 1 bis 4 W
Preis: EUR 1449,- (Straßenpreis am 9.3.2018)
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