Im beinahe schon jährlichen Turnus aktualisiert Arturia ihre Kollektion aus Emulationen beliebter Retro-Instrumente. Derzeit bringt die französische Softwareschmiede ihre User mit Version 8 der Arturia V-Collection auf den neuesten Stand. Das Paket besteht aus 28 Softwareprodukten und soll rund 500 Euro kosten. Das mag so manchen Interessenten zwar leicht schockieren, doch so viel kann jetzt schon gesagt werden: Der Preis ist es definitiv wert. In diesem Test beleuchten wir das klangliche Potenzial der Neuzugänge. Als weiterführende Lektüre empfehlen sich die Bonedo-Testberichte der beiden letzten Veröffentlichungen: Arturia V-Collection 6 und Arturia V-Collection 7.
Welche Neuheiten gibt es? Nun, da sind fünf Klangerzeuger, ein Vocoder, das Browser-System „Analog Lab V“ sowie die Synth-Bibliothek „PatchWorks“, die einen optimierten Soundzugriff auf alle Instrumente der V Collection 8 ermöglichen sollen. Anstelle von vielen Worten wollen wir euch an dieser Stelle an jeweils acht Soundbeispielen zu jedem der sechs neuen Plugins die klanglichen Qualitäten demonstrieren. In der Summe sind das 48 Presets, die wir ausgewählt und angespielt haben.
Die neuen Komponenten auf einen Blick
Juno-6 V
Ein virtuelles Abbild des Roland Juno-60, ein analoger Synth mit einem DCO. Alle wichtigen Emulationen dieses Synth-Klassikers werden im Bonedo-Vergleich akustisch vorgestellt.
Emulator II V
Ein Lo-Fi-Sampler, der zwischen 1984 und 1988 von E-mu Systems angeboten wurde und bei Profis zu den beliebtesten Samplern der 80er-Jahre gehörte.
Vocoder V
Ein spezieller 16-Band-Vocoder von Moog aus dem Jahr 1978, der als Software mit einem zusätzlichen Synthesizer ausgestattet ist. Übrigens gibt es die originale Hardware seit Ende 2020 als Neuauflage – Kostenpunkt: rund 6.000 Euro.
OB-Xa V
Emulation des Oberheim OB-Xa, ein Flaggschiff unter den polyphonen Analogsynthesizern der frühen 80er-Jahre. Bei Bonedo gibt es bereits einen Einzeltest sowie ein Feature, das alle wichtigen OB-X(a) Emulationen miteinander vergleicht.
Jup-8 V4
Neuauflage des virtuellen Roland Jupiter-8. Auch dieses Softwareinstrument haben wir bereits im Bonedo-Feature vorgestellt und euch die Vorzüge präsentiert.
Stage-73 V2
Emuliert mehrere Modelle des klassischen Fender Rhodes inklusive verschiedener Amps und Effekte, ein elektromechanisches E-Piano aus den 70er-Jahren.
Über die Installation samt Autorisierung der Kollektion muss man eigentlich kaum Worte verlieren. Mithilfe der Software „Arturia Software Center“ lassen sich alle Plugins und Stand-alone-Versionen auch einzeln herunterladen und einfach installieren. Und schon sind wir mitten in der Praxis. Hier fällt positiv auf, dass sämtliche Funktionen und Parameter aller Plugins ziemlich gut auf dem Bildschirm zu erkennen sind und dass sie sich darüber hinaus angenehm bedienen lassen. Dank des vorbildlichen Browser-Systems können einzelne Presets schnell gesucht und zielsicher aufgefunden werden. Das Plugin „Analog Lab V“ sorgt indessen für einen guten Überblick. Wer sich den gesamten Spaß gönnen möchte, benötigt allerdings einen aktuellen und leistungsfähigen Rechner.
Roland und Oberheim: Wie klingen Arturias Emulationen der analogen Synthesizer?
Ein Neueinsteiger bei Arturia ist der JUN-6 V. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich hierbei um einen virtuellen Roland Juno-60. Allerdings gibt es konzeptionelle Verbesserungen: Eine zweite Hüllkurve, ein zweiter LFO sowie die Modulationsmöglichkeiten und internen Effekte machen die Emulation zu einem flexibleren Soundlieferanten als das Original. In der gut sortierten Bibliothek finden sich mehrere moderne Sounds. Nur, wer den Vintage-Charakter des Roland Juno-60 bzw. einen simplen warmen Sound mit auffallendem Chorus benötigt, sollte den preiswerten TAL-U-NO-LX vorziehen. Wie gut sich der smarte Juno von Arturia klanglich schlägt, demonstrieren die ersten Hörbeispiele.
1/2 Neu in der V-Collection ist eine Emulation des Roland Juno-60, ein analoger Synthesizer der frühen 80er-Jahre.
2/2 Arturia hat den Juno-60 virtuell aufgebohrt und an entscheidenden Stellen durch eine zweite Hüllkurve, einen zweiten LFO sowie um Modulationen und Effekte erweitert.
Ein zweiter Kandidat von Roland wurde erneut verbessert: Der Arturia Jup-8 V4 rekonstruiert zwar den Roland Jupiter-8, bietet aber noch weitere Features wie den zweifachen 32-Step-Sequencer, eine Modulationsmatrix und die internen Effekte. Eine seiner Stärken liegt bei modularen Phrasen, die sich intuitiv und mit viel Freude erzeugen lassen. Auf diese Weise ist im Sounddesign eine deutlich höhere Flexibilität als bei Rolands Flaggschiff gegeben. Lassen wir einige Beispiele aus der großen mitgelieferten Library für sich sprechen.
1/2 Der Roland Jupiter-8 ist das Flaggschiff und kann auch in der neuen Fassung von Arturia überzeugen.
2/2 Noch modularer als sein Vorbild ist der Arturia JUP-8 V4 dank Sequencer und Modulationsmixer in der Advanced-Sektion.
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Bass „Planet Bass“Electric Piano „Mellow Roads“Pad „Warm and Dark“Sequence „Guilty“Sound Effect „Klingons“Strings „Mid Strings“Lead „Saw De2uned“
Nicht weniger modular und modern ist die Emulation der Ikone von Oberheim, die Arturia als „OB-Xa V“ bezeichnet. Wie beim emulierten Jupiter-8 ist der Grundsound tendenziell eher kühl als warm und kraftvoll, der OB-Xa V bietet aber tolle Möglichkeiten, den Oberheim-Sound für aktuelle elektronische Musik fit zu machen. Wer sich mit ihm beschäftigt, wird völlig andere Sounds entwickeln als mit dem geschichtsträchtigen Vorbild. Einige der folgenden Hörbeispiele zeugen von dieser Aktualität.
1/2 Der Arturia OB-Xa V ist nicht für den berühmten Jump-Sound, sondern für viele andere Synthesizerklänge zu empfehlen.
2/2 Anders als beim Original beherrscht der virtuelle Oberheim-Kandidat die rhythmische Modulation samt Effekten bestens.
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Bass „Analogue Saws Arp“Brass and Winds „Jump“Keys „Innoncent Keys“Pad „A to Z Motion“Sculptor „Octant“Arp „Bed Time Stories“Strings „Deep Strings“Lead „Brighten Up“
Ein überraschender Trendsetter: Retro Sampling mit Arturias Emulator II V.
Derzeit zeichnet sich ein Trend zur Wiederentdeckung der ersten digitalen Sampler ab – trotz des aufwendigen Handlings werden sie mehr und mehr im Studio verwendet. Das liegt daran, dass es sich dabei nun einmal um den typischen angesagten Lo-Fi-Sound der 8- und 12-bit Sampler handelt, auf den viele Produzenten schwören. Beim Arturia Emulator II V verbinden sich diese Klänge mit aktuellen Effekten und Parametern. Heraus kommt eine beachtliche Library, die seinerzeit in puncto Umfang und Qualität lediglich mit einem riesigen Aufwand hätte realisiert werden können. Die Samples gewinnen insbesondere dank einer dreiteiligen Effektsektion, die beim Sounddesign kreativ ausgeschöpft worden ist, an aktuellem Charme. Natürlich sind auch einige Klassiker, die man von so manchen 80er-Hits kennt, ohne großen kosmetischen Aufwand vertreten.
Der Arturia Emulator II macht mehr Spaß als anfänglich vermutet. Eigentlich muss man kein großer Fan von Digital Vintage sein, um einen Großteil der Presets, vor allem die sphärischen Flächensounds, ins Herz zu schließen. Die Ergebnisse lassen sich hören und ergeben eine schöne Abwechslung zu den Sounds, die man von heutigen Sample-Synthesizern kennt. Ein akustischer Querschnitt zeigt, dass sich der Emulator II V mit seinen Presets quer durch die Soundrubriken erstreckt und dass die weitreichende Klang- und Effektbearbeitung längst nicht zum alten Eisen gehört.
Vocoder V: Ein klassischer Vocoder, aufbereitet für die DAW-Produktion
Trotz der vielen tollen Software-Vocoder, die wie etwa der Zynaptiq Orange Vocoder echten Kultstatus erlangt haben, sind die Erwartungen bei einem Prachtstück wie dem Moog gleich doppelt so groß. Und das zurecht, denn Arturia begeistert uns hier mit einem praktischen Konzept, das den mächtigen Stimmentransformator mit einem Sampler und einem Synthesizer kombiniert. Man muss also nicht erst selbst ins Mikro sprechen oder singen, um das ganz persönliche Spektakel in die DAW bekommen. Auch die Suche nach Loops oder Samples entfällt. Der Arturia Vocoder V ist mit seiner erstaunlich umfangreichen und vielseitigen Library für die Musikproduktion direkt einsetzbar. Neben den typischen Roboterstimmen à la Kraftwerk und anderen Vocals finden sich hier effektvolle Percussion/Drumloops und vor allem tolle sphärische Effektsounds und Pads. Es macht richtig viel Spaß, die Presets zu durchforsten und sich dabei inspirieren zu lassen. Man bekommt wieder Lust, bei einem der nächsten Projekte Vocoder-Sounds einzusetzen. Praktischerweise sind die Phrasen meist temposynchron und per Tastatur direkt in verschiedenen Tonarten spielbar. Die besondere klangliche Note runden Tape Echo, Reverb, Flanger und andere Effekte der dreiteiligen FX-Sektion ab.
Wer es individueller mag, kann immer noch seine eigene Stimmen und Samples einspeisen und dank 16 Bändern sowie weiteren Klangparametern seinen eigenen Klang erschaffen. Daumen hoch für diesen Praktiker, der sowohl konzeptionell als auch klanglich überzeugt. Ein paar Kostproben aus der mitgelieferten Bibliothek haben wir auch noch zusammengestellt.
1/2 Als Software erstaunlich preiswert und produktiv: Der Moog Vocoder gehört zu den Höhepunkten der Arturia V-Collection 8.
2/2 Man muss den Vocoder V nicht mit dem eigenen Livegesang speisen, sondern kann den dazugehörigen Sample-Player mit beliebigen Audio-Files füttern, die sich bequem über die Tastatur anspielen lassen.
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Pad „Burielle“Sequence „Minimal Glitch“Bass „Band Sweep“Drums „Dance Menace“Lead „An Old Favorite“Vocal „Burnt Ship“Vocal „Tell me“Sound Effect „Glitch Bots“
Arturia Stage-73 V2: Das Fender Rhodes im Fokus der beliebten Vintage E-Pianos
Das Fender Rhodes wurde vielfach per Sampling und Physical Modeling nachgebildet. Mit dem Arturia Stage-73 V2 bekommt man zwei Basismodelle („Stage“ und „Suitcase“), die sich klanglich zunächst nur marginal unterscheiden. Beim Suitcase-Modell findet sich auf der Oberfläche natürlich ein Stereo-Tremolo-Effekt. Für Modifikationen des jeweiligen Grundsounds bietet das Softwareinstrument in den „Advanced Settings“ viele physikalische Parameter wie den Abstand des Tonabnehmers sowie Stärke und Geräuschanteil des Hammers. Sieben verschiedene Modelle (Classic A+B, High Tines, Main, Mark V A+B und Modern) stehen zur Auswahl, das Hohner Clavinet und Pianet bleiben außen vor. Sehr üppig fällt die Effektabteilung aus, in der sich ein Fender Amp und vor allem etliche Tretminen finden. Wer sich mit der History der Fender Rhodes-Modelle nicht auskennt, tappt hier ein wenig im Dunkeln. Das ist aber nicht weiter tragisch, denn gut spielen und sinnvoll einsetzen lassen sich die E-Pianos der Arturia-Kollektion eigentlich immer.
Es gibt hier mehr als ausreichend viele Presets inklusive Effekt-Settings, die von fähigen Menschen erstellt wurden. Praktisch alle beliebten Vintage-Rhodes-Sounds sind anspielbereit. Die meisten E-Pianos von Arturia erreichen zwar nicht die Präsenz der Entsprechungen von Spectrasonics Keyscape, integrieren sich aber sehr gut ins Arrangement, vor allem wenn Akkorde und Begleitphrasen für einen Song gefragt sind. Es finden sich auch Ansätze zum kreativen E-Piano-Design, die aber nicht voll und ganz überzeugen. Insgesamt betrachtet ist es zwar eine umfangreiche, aber eher spezielle Kollektion für den klassischen Fender-Sound. Hippe Kreationen für Lo-Fi-Chill-Hop, Trap und ähnliche Musikstile fehlen ebenso wie ausgefallenere E-Piano-Modelle. In der nächsten Version könnte Arturia solche Sounds gerne hinzufügen.Bei den Hörbeispielen starten wir mit einer Default-Einstellung und demonstrieren anschließend acht verschiedene Presets des Arturia Stage-73 V2 anhand der gleichen live eingespielten Aufnahme.
1/3 Das klassische Fender Rhodes steht im Fokus des Arturia Stage-73 V2 und ist mit vielen gelungenen Presets anspielbereit.
2/3 Für das Modeling bietet das Arturia Stage-73 V2 einige physikalische Parameter in der Advanced-Sektion.
3/3 Erst mit der umfangreichen Effeksektion das Arturia Stage-73 V2 klingen die beliebten Rhodes-Klassiker authentisch.
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Electric Piano „1972 Med Amped EP“Electric Piano „Dark Funk Keys“Electric Piano „LA Studio Pop“Electric Piano „Lookin for Stevie“Electric Piano „Marvin“Electric Piano „Old Baggage“Electric Piano „Sweet Phased“Electric Piano „Toy Piano“Arturia_VCollection8_06_Stage73V2_09_Toy_Piano_EPiano.wav
Die V-Collection 8 liefert vor allem für 80s-Retro-Fans einige Spitzenprodukte. Mehr noch als die Umsetzung von klanglichen Details begeistern die jeweils neuen Ansätze, die über eine simple Rekonstruktion deutlich hinausgehen. Nicht wenige der Emulationen von Arturia bieten gegenüber ihren Originalen so einige Erweiterungen und passen dank neuer Effekte und rhythmischer Modulationen noch besser in die heutige Musiklandschaft. Die zahlreichen Presets lassen zwar manchmal noch etwas Luft nach oben, verhelfen aber zum schnellen Einstieg.
Natürlich mag der Gesamtpreis für Anwender, die das Bundle nicht von der Steuer absetzen können, eher happig sein. Die Kalkulation zeigt sich aber sehr kundenfreundlich: Wer nur drei Instrumente der V-Collection haben möchte, fährt mit der gesamten Ausstattung finanziell günstiger und gönnt sich insgesamt 28 einzelne Produkte, die sich fast alle wiederholt und sinnvoll in die Produktion einbringen lassen. Man sollte aber unbedingt über einen aktuellen Rechner verfügen. Erst so machen die leistungshungrigen Instrumente beim Arrangieren Spaß.
Alles in allem ein „très bien“ nach Frankreich für dieses in vielen Belangen überzeugende Gesamtpaket. Vor allem der „Vocoder V“ und der „Emulator II V“ bereichern das bisherige Angebot an inspirierenden Sounds und Phrases. Wir sind schon gespannt, welche hochwertigen Zugaben uns die nächste Version bescheren mag, denn eigentlich ist das momentane Aufgebot kaum noch zu toppen.
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