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AMT RY-1 Reverberry Test

Bisher haben wir ja überwiegend Pedale aus dem Hause AMT getestet, die einen gewissen Zerrauftrag zu erfüllen hatten. Eigentlich auch kein Wunder, denn sieht man sich die Produktpalette des sibirischen Herstellers mal etwas genauer an, stellt man fest, dass in diesem Bereich die meisten Tretminen zu finden sind. Diesmal wollen wir uns aber einer anderen Baustelle widmen, dem Thema Raumeffekte.

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Und auch in dieser Kategorie wird man bei AMT fündig. Das Pedal der Wahl hört auf den dem klangvollen Namen Reverberry und arbeitet ausnahmsweise nicht mit einer analogen Schaltung sondern komplett digital, soll aber auch angenehm warme Analog-Sounds parat haben. Wir werden sehen und hören… Alle weiteren Einzelheiten dazu erfahrt ihr hier.

DETAILS

Gehäuse/Optik
Unser Früchtchen versteckt sich in einem „normalen“ lila-gefinishten AMT Stahlblech-Gehäuse im Standard-Format (58 x 110 x 63 mm),  auf dem drei Regler, eine kleine LED und ein kleiner Druckschalter Platz genommen haben. Weiter unten im Süden parkt der Standard-Fußschalter, versehen mit dem schriftlichen Hinweis „True Bypass, die digitale Schaltung wird also im ausgeschalteten Modus umgangen und das Eingangssignal direkt zum Ausgang weitergeleitet. Vor allem für wahre Klangpuristen ist das bei einem Gerät mit digitaler Schaltung ein wichtiges Feature, aber auch bei dem Gütesiegel „True Bypass“ gibt es Qualitätsunterschiede. Daher werden wir das Ganze im Praxisteil noch mal genauestens durchleuchtet.
Der Reverberry kann wahlweise mit Batterie oder Netzteil betrieben werden und ist stromsparend konzipiert worden. Bei 9V frisst das kleine Teil lediglich 36mA Strom, bei 12V sogar nur 30mA. Das ist wirklich beachtlich. Wir bekommen es hier also mit einem digitalen Hall-Pedal zu tun, das man auch ohne Netzteil mehr als einen Gig lang spielen kann. Allerdings ist das Batteriefach im Inneren des Gehäuses nicht unbedingt leicht zugänglich. Erst nach dem Abschrauben der Bodenplatte (ist mit zwei Kreuzschlitzschrauben gesichert) kann der Batteriewechsel vorgenommen werden. Das ist ein bisschen fummelig und sollte deshalb natürlich nicht unbedingt auf einer schlecht beleuchteten Bühne während des Gigs passieren – sonst ist wahrscheinlich wieder mal Schlagzeugsolo angesagt. Den Drummer wird es zumindest freuen…
Die Anschlüsse sind Pedal-typisch an den Seiten angebracht. Rechts findet man den Eingang, links den Ausgang, das Pedal ist in Mono ausgelegt. Die Buchse für das optionale Netzteil liegt auf der rechten Seite neben der Input-Buchse. Genau wie bei den anderen AMT-Pedalen gibt es in Sachen Stabilität und Verarbeitungsqualität nichts auszusetzen. Unser Testmodell besteht aus robusten Bauteilen, die mit Sicherheit über lange Zeit den Strapazen kalter Proberäume und heißer Bühnen (und allem was so dazwischen passiert) trotzen dürften.

Bedienung
Der digitale Hall wird mit drei Parametern justiert. „Time“ regelt die Nachhallzeit und  „Mix“ das Mischungsverhältnis zwischen Direkt- und Effektsignal. Und dann wäre da noch der Level-Regler, mit dem die Gesamtlautstärke bestimmt wird, eine Art Master-Volume des Pedals. Auf diese Weise kann der Hall zum Beispiel auch noch als Boost für Solos genutzt werden: Etwas mehr Raum, damit die Gitarre größer klingt und dann noch die entsprechende Lautstärkeanhebung on Top – keine schlechte Idee. Hängt das Pedal im Einschleifweg eines Amps lässt sich damit außerdem der Pegel optimal angleichen.
Mit dem kleinen weißen Druckschalter (Type) kann man zwischen zwei Grundsounds „Deep“ und „Light“ wählen. Wie das Ganze klingt, werden wir uns im nachfolgenden Praxisteil anhören.

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PRAXIS
Bevor wir mit dem Check des Effektsounds beginnen, werde ich mir zunächst einmal die True Bypass-Funktion etwas genauer anschauen und testen, ob und (wenn ja) wie sich das Signal durch das Dazwischenschalten des Effektgerätes verändert. Denn „True Bypass“ ist  schnell auf ein Gerät geschrieben, doch je nachdem wie hochwertig die verbauten Kabel und Schalter sind, kann der Sound mitunter dennoch mehr oder weniger stark beeinflusst werden. Daher habe ich den Reverberry mal vor meinen recht empfindlichen Plexi geschaltet und einen Mid-Gain-Sound eingestellt. In dieser Kombination merkt man sehr schnell (meist am Gainverlust), ob das Pedal im ausgeschalteten Zustand – trotz True Bypass – etwas vom Signal wegsaugt.
Ihr hört zwei Beispiele, einmal die Gitarre direkt mit dem Verstärker verbunden (Direct), dann mit dazwischen geschaltetem Pedal, dessen Effekt allerdings noch nicht eingeschaltet ist (Bypass).

Audio Samples
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Direct SG Bypass SG

In dieser Disziplin kann man schon mal ein „Sehr gut“ vergeben, denn der True Bypass lässt das Signal wirklich vollkommen unbeeinflusst, Pegel und Klangfarbe sind in beiden Schaltszenarien absolut identisch. Auch der penible Klangfreund kann an dieser Stelle also ruhigen Gewissens weiterlesen, denn der Reverberry erfüllt den Anspruch an Klangtreue im ausgeschalteten Zustand mit Bravour.
Aber darum geht es ja im Grunde genommen nur am Rande, denn eigentlich wollen wir ja wissen, wie der gelieferte Hall-Effekt klingt. Einen Augenblick müsst ihr euch aber noch gedulden, denn ich möchte in diesem Atemzug gleich noch die Boost-Funktion austesten und zwar entgegen aller Schaltungsvorschläge für Effektgeräte, direkt vor dem verzerrt eingestellten Amp. Ich habe es selbst in Workshops und meinem Buch geschrieben – Hall nie vor den Verzerrer oder verzerrten Amp. Aber manchmal muss man auch mal für einen kurzen Moment mit seinen Regeln brechen, denn es geht ja primär um die Boost-Funktion. Schauen wir jetzt also mal, inwieweit unser Reverberry den Marshall ärgern und noch mehr Gain aus ihm herauskitzeln kann.
Für den Test habe ich Mix und Time komplett abgedreht. Ihr hört zu Beginn den Bypass-Sound, dann wird das Pedal eingeschaltet und der Amp mit einem stärkeren Signal angefahren.

Audio Samples
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Boost SG
GitarreLevelTimeMixType
SG1477Light

In dieser Konstellation kann man den unterschiedlichen Klang von Bypass und digitalem Effekt sehr gut hören – der Effektsound hat erheblich mehr Höhen. Aber wie bereits erwähnt, ist das natürlich keine optimale Verschaltungsweise für einen Reverb-Effekt, deshalb werden wir das Ganze zu einem späteren Zeitpunkt natürlich noch mal etwas objektiver überprüfen.
Was das Pedal in dieser Konfiguration auf jeden Fall gut macht, ist den Amp etwas anzufeuern und mehr Gain und Pegel herauszukitzeln. In dieser Einstellung ist ein leichter Hall-Effekt zu hören. Das liegt daran, dass auch bei komplett abgedrehtem Mix-Regler immer noch ein kleiner Anteil des Effekts zu hören ist. Ich persönlich finde das eine sehr gute Voreinstellung. Somit hat man den minimalen Hall bei eingeschaltetem Pedal, wer keinen Hall möchte, kann den Effekt ja ausschalten. Dadurch wird der Regelweg des Mix-Reglers optimiert und der Effektanteil kann noch feinfühliger eingestellt werden.
Jetzt aber zurück zum Thema Boost: Je nach Amp und seiner jeweiligen Einstellung, kann man den Reverberry tatsächlich vor die Vorstufe schnallen und mit dem Hall einen speziellen Solo-Boost-Sound erzeugen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Verstärker nicht zu verzerrt eingestellt ist. Gerade für etwas erdigere Sounds kann diese Kombination sehr gut funktionieren. Sozusagen als Beweis, habe ich das in meinem nächsten Beispiel mal praktiziert, Marshall leicht angezerrt und zuerst den Rhythmussound ohne Hall, dann den Reverb mit erhöhtem Level eingeschaltet und ein kurzes Sololick gespielt. Anschließend geht es wieder zurück zum Rhythmus.

Audio Samples
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Solo Boost Reverb LP
GitarreLevelTimeMixType
Les Paul14109Light

Wie man hören konnte, arbeitet der Schalter absolut einwandfrei. Beim Umschalten knackst es nicht und es kommt auch zu keinen Signalaussetzern, wenn die digitale Ebene aktiviert wird. Sehr gut!
Jetzt aber zurück zu den unverzerrten Sounds. Der clean eingestellte Sovtek MIG-50 ist am Start und wir werden uns nun den Hallsounds widmen, die sich mit den Schaltern und Reglern des Reverberry einstellen lassen. Der Wirkungsbereich des Level-Reglers ist ja praktisch schon erforscht, bei einer Einstellung von 10 Uhr haben wir in etwa den gleichen Pegel wie bei ausgeschaltetem Effekt. Bei allen Einstellungen über diesem Wert wird der Effektsound entsprechend angehoben. Auch das finde ich eine gute Sache, denn somit hat man ca. zwei Drittel des Regelwegs zum feinen Einstellen der Boost-Funktion zur Verfügung.
Beim Mix-Regler ist 12 Uhr die goldene Mitte, das heißt hier sind Direkt- und Effektsignal gleich laut. Dreht man den Regler weiter auf, wird das Hallsignal immer lauter, und bei Rechtsanschlag ist das Originalsignal nicht mehr zu hören. Das macht besonders dann Sinn, wenn man den Reverberry in den parallelen Einschleifweg eines Verstärkers geschaltet hat. Wir hören uns aber zuerst einmal die unterschiedlichen Time-Einstellungen bei mittlerem Effektsignal (Mix auf 12 Uhr) an.
Hier sind fünf Einstellungen, 7, 9, 12, 15 und 17 Uhr. Der Mode-Schalter steht immer noch auf Light, also dezenter Hallsound ist angesagt.

Audio Samples
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Light Time 7 ST Light Time 9 ST Light Time 12 ST Light Time 15 ST Light Time 17 ST
GitarreLevelTimeMixType
Strat107-9-12-15-1712Light

Wie ihr hören könnt, lässt sich mithilfe des Time-Reglers eine sehr große Bandbreite an Hallsounds realisieren. Los geht es mit einem kurzen Reverb bei 7 Uhr, der ca. eine Sekunde nachklingt. Das Ende der Fahnenstange ist dann bei Vollanschlag des Time-Reglers mit einem Nachhall von über vier Sekunden erreicht. Der Reverb klingt sauber aus. Was mir aber nicht ganz so gut gefällt, ist das relativ starke Rauschen bei eingeschaltetem Effekt. Für digitale Klangerzeugung ist das meines Erachtens etwas zu viel des Guten.
Drückt man den Type-Schalter geht es noch mehr in die Vollen, der Hall wird größer und länger. Hier sind die gleichen fünf Regler-Einstellungen, nun im Deep Reverb-Modus.

Audio Samples
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Deep Time 7 ST Deep Time 9 ST Deep Time 12 ST Deep Time 15 ST Deep Time 17 ST
GitarreLevelTimeMixType
Strat107-9-12-15-1712Deep

Hier ist alles andere als Understatement angesagt. Wer also sehr extreme und große Hallsounds erzeugen möchte, der kommt in dieem Modus voll auf seine Kosten. Generell klingt der Hall eher warm und auch bei hohem Effektanteil macht sich die digitale Klangerzeugung nicht durch einen nervigen und unnatürlichen Höhenbereich bemerkbar. Die Rede des Herstellers vom Analog-Feeling ist also durchaus berechtigt. Wer allerdings Federhall-Sounds erwartet, wird hier eher nicht fündig. Dennoch gibt es eine ganze Reihe von Reverb-Sounds, die sich bestens mit unserem Lieblingsinstrument verstehen.
Einen warmen Jazz-Ton mit der entsprechenden Fülle und Größe erhält man beispielsweise mit dem Deep-Modus und folgender Einstellung:

Audio Samples
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Jazz ES
GitarreLevelTimeMixType
ES-335109,510Deep

Der typische Brot- und Butter-Sound beim Reverb, die Simulation eines kleinen Raumes, die die Gitarre etwas dreidimensionaler klingen lässt, ist mit einer sehr niedrigen Einstellung von Time und Mix realisierbar.

Audio Samples
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Room TE
GitarreLevelTimeMixType
Tele1088Light

Aber auch die richtig extremen Einstellungen sind zu gebrauchen. Denn trotz lautem Effektsignal und sehr langer Nachhallzeit ist der Klang niemals verschwommen. Das Originalsignal hat noch genug Präsenz, und der Hall steht gerade beim langen Ausklingen angenehm im Hintergrund.

Audio Samples
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Max. Reverb ST
GitarreLevelTimeMixType
Strat111712Deep

Zum Abschluss noch mal ein Sound aus dem Einschleifweg des Amps. Mit dem Level-Regler kann man den Ausgangspegel des Effekts sehr gut an den Amp angleichen, und auch in dieser Verschaltung macht der Reverberry eine ganz gute Figur. Ich habe am Verstärker den parallelen Effektloop verwendet und den Effektanteil über den Verstärker geregelt. Der Mix-Regler ist daher voll aufgedreht, da ich nur das Effektsignal im FX Loop des Verstärkers haben möchte, um die beiden Signale zur besseren Klangausbeute so voneinander zu trennen. Hier kommt der Stadion-Rock-Sound mit verzerrten Powerchords und einer guten Packung Hall.

Audio Samples
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Rock Reverb LP
GitarreLevelTimeMixType
Les Paul121217Deep
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FAZIT
Der AMT Reverberry ist ein sehr vielseitig einsetzbarer Hall-Effekt. Zum einen kann man die Standard Sounds abrufen, zum Beispiel einen kurzen Hall-Effekt, um der Gitarre mehr Räumlichkeit zu geben. Auf der anderen Seite punktet er aber mit hohen Nachhall-Reserven und einem sehr groß klingenden Hall. Dadurch sind natürlich sehr spezielle Sounds mit riesigen Hallfahnen und einer Nachhallzeit von fast fünf Sekunden möglich. Das Ganze lässt sich mit drei Reglern und einem Schalter, mit dem man zwischen zwei Grundsounds wechseln kann, sehr simpel bedienen. Die Klangqualität des Reverbs entspricht dem mittleren Standard, leider rauscht das Pedal trotz digitaler Klangerzeugung. Ansonsten ist der Reverberry mit guten Bauteilen bestückt, der Schalter arbeitet absolut knackfrei und erzeugt beim Einschalten keine Aussetzer. Und auch der True Bypass trägt seinen Namen zurecht. Was mir gut gefallen hat, ist die Möglichkeit, den Effektlevel etwas anzuheben und somit eine Boost-Funktion zum Beispiel für Solo-Sounds zu realisieren, wenn der Reverb aktiviert wird. Wer einen flexiblen Reverb mit langer Nachhallzeit sucht, sollte den Reverberry ruhig mal antesten.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • True Bypass
  • Signal Boost
  • Langer Hall
  • Verarbeitung, Bauteile
  • Geringer Stromverbrauch
Contra
  • Rauschen
Artikelbild
AMT RY-1 Reverberry Test
Für 135,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: AMT
  • Modell: RY-1 Reverberry
  • Typ: Reverb Bodenpedal (Digital)
  • Regler: Level, Time, Mix
  • Anschlüsse: Input, Output, 9-12V DC
  • Stromverbrauch: 36 mA (9V), 30 mA (12V)
  • Spannung: 9V (Batterie), 9-12 V (Netzteil)
  • Maße: 58 x 110 x 63 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 300 Gramm
  • Preis: 119,- Euro
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