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Der Ibanez ATK 310 Bass Test

Es war eine spanische Gitarrenmarke, die das japanischen Unternehmen seit 1929 im Vertrieb hatte und später selbst produzierte, und die ihm schließlich seinen Namen gab. Mit dem Siegeszug der Solidbody-Gitarren und -Bässe von Firmen wie Fender und Gibson in den 60er und 70er Jahren ergriff Ibanez die Gelegenheit und eroberte sich mit Kopien der erfolgreichen Vorbilder einen erklecklichen Teil des Marktes. Allerdings wurde diese Marketingstrategie von einer Flut von Plagiatsklagen der Urheberfirmen begleitet, sodass man sich schließlich auf die Kreation eigener Modelle besann. Mitte der Siebziger begann Ibanez einen eigenständigen Weg mit der legendären Iceman, der ersten selbst entwickelten Gitarre. Was folgte, waren attraktive und tadellos verarbeitete Instrumente, mit denen die Firma endgültig das Image des unkreativen Kopierers ablegte.

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 So zum Beispiel mit dem schon damals Edelbass-verdächtigen Ibanez Musician mit seinem mehrfach laminierten, durchgehenden Hals, einem der ersten Bässe mit aktiver Klangregelung, oder mit der Roadster-Serie, die beeindruckende Qualität zum vergleichsweise bescheidenen Kurs bot. Mein allererster eigener Bass überhaupt war übrigens eine Ibanez Rickenbacker-Kopie, die sich bis heute sehen und hören lassen kann. Schon bei den damaligen Nachbauten bis zu den aktuellen Instrumenten nahm die Qualität einen vorderen Platz auf der Prioritätenliste der Traditionsfirma aus dem Land der Morgensonne ein.

Unser Testobjekt, der ATK 310, wird in Indonesien gefertigt und ist mit seinem empfohlenen Verkaufspreis von 558,- Euro im unteren Mittelpreis-Bereich angesiedelt – laut Ibanez ein Bass, der gerne den Rock ‘n’ Roll mit Punk-Attitüde bedient. Wenn ich bedenke, dass ich 1977 für einen gebrauchten Ibanez Bass 650,- DM bezahlte, der neu 900,- DM kostete, frage ich mich, wie die Preise 30 Jahre später überhaupt noch funktionieren. Denn auch wenn man zugutehält, dass die gestiegenen Stückzahlen, die rationalisierte und perfektionierte industrielle Fertigung und die globalisierte Beschaffung des Basismaterials den Preis drücken, muss man sich vor Augen halten, was an Schritten notwendig ist, bevor man ein fertiges Instrument in Händen halten kann. Irgendwo auf der Welt wird ein Baum gefällt, wird aufwendig und über weite Strecken zum Zielort transportiert, getrocknet – früher auf natürliche Weise über mehrere Jahre, heute nahezu ausschließlich in computergesteuerten Trockenkammern- und schließlich bearbeitet. Hälse, Griffbretter, Hardware und Elektronik werden hergestellt und montiert, das neue Instrument wird lackiert und mit frischen Saiten bestückt zum Bestimmungsort versandt. Dort wartet der Zoll, schließlich gelangt es über Vertrieb und Musikladen zum Musiker. Bis dorthin haben jede Menge Arbeiter, Händler und Institutionen ihren Anteil am Weg und natürlich am Wert des Instrumentes und am Ende der Kette hält schließlich der glückliche Musiker einen nagelneuen Bass für kaum mehr als 500 Euro in der Hand. Für ihn natürlich ein Grund zur Freude, aber ich glaube, das Ganze sollte uns schon einen Gedanken wert sein. Zumal die Preisschraube sich nicht ewig nach unten bewegen kann und mittlerweile zumindest bei Instrumenten wie dem ATK sicherlich eine Grenze erreicht sein dürfte.

Was also hat der ATK 310 auf der Pfanne; bietet er wirklich die gewohnte Ibanez-Qualität, oder muss man angesichts des günstigen Preises Abstriche machen? Wir wollten wissen, ob sich seine Anschaffung rechnet oder ob vielleicht doch ein guter „Gebrauchter“ die bessere Wahl ist.

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DETAILS

Er ist kein Fliegengewicht. Aus dem mitgelieferten Gigbag befreit, bringt der ATK 310 immerhin runde vier Kilo auf die Waage. Sein mintgrün lackierter Body erinnert etwas an die zarten Farben der Häuserpromenade des Oceandrive in Miami Beach. Mintgrün waren in den 50ern auch gerne die riesigen Cadillac Cabrios und irgendwie wirkt die Farbe nostalgisch und charmant. Der Korpus scheint in seiner leicht verzogenen Form am unteren Ende wie ein spiegelverkehrter Jazzbass; eine durchaus gelungene Ästhetik.

Was zuerst ins Auge fällt, ist der einzelne Tonabnehmer, heutzutage eigentlich eine Seltenheit. Mit seiner opulenten Breite deckt er einen großen Saitenbereich ab und bei näherem Hinsehen entpuppt sich der Pickup als dreiteilig, also mit drei Spulen ausgestattet. Mittels eines kleinen Dreifach-Wahlschalters lassen sich die Spulen unterschiedlich abrufen. Dabei dient die mittlere als Dummy-Spule zum Noise-Cancelling, die beiden äußeren Spulen sind mit Magnetkern bestückt und haben traditionelle Tonabnehmerfunktion. Die möglichen Schaltvarianten des Tonabnehmers sind dabei:

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Vier Potis für Volume, aktive Bässe, Mitten und Höhen stellen die Regeleinheit des ATK dar. Der Korpus besteht aus Esche, der asymmetrisch fünffach verschraubte Hals aus dreiteiligem Ahorn. Das aufgeleimte Palisandergriffbrett beherbergt 22 Jumbo-Bünde und mündet in einem schwarzen Kunststoffsattel vor der angewinkelten Kopfplatte. Deren vordere Seite ist klar lackiert, die Rückseite bleibt genau wie der Hals unlackiert. Die vier offenen Mechaniken mit mittelgroßen Stimmachsen sind zwar in 2/2-Manier, aber asymmetrisch zueinander angeordnet, wobei die Mechanik für die D-Saite am weitesten oben liegt. Am Halsende befindet sich im Korpus eine Aussparung für die Halsstellschraube, die mittels einer Lochscheibe mit jedem spitzen Gegenstand wie Schraubenzieher, Metallstab, Stricknadel oder Ähnlichem verstellt werden kann. Das lästige Suchen nach einem passenden Inbusschlüssel entfällt.

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Die Brücke ist eine „through body & bridge“ Kombi-Konstruktion – sehr einfach, aber dennoch effektiv – bei der die Saiten wahlweise durch den Korpus oder durch die Bridgeaufhängung eingefädelt werden. Die Reiter sind Standardausführungen mit runden Böckchen und einer einzelnen Saitenführungskerbe, wie sie beispielsweise bei vielen Fenderbässen verwendet werden. Eine üppige Chrom-Zierplatte übernimmt gleichzeitig den Dienst als Saitenführung, Aufliegeplattform, Arretierung der Reiter und Umrahmung des Tonabnehmers. Zudem passt sie hervorragend zum mintgrünen Body und dem weißen Schlagbrett, das sich designtechnisch elegant im Bereich zwischen Halsende und unterem Cutaway ansiedelt.Auf der Korpusrückseite befindet sich neben der üblichen Abdeckplatte für die Elektronikausfräsung auch ein separates 9V-Batteriefach.

Alles in allem ein preiswerter Bass, der jedoch optisch absolut keinen billigen Eindruck macht.

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PRAXIS

Der Hals des ATK ist kräftig, aber nicht klobig, und bietet ein griffiges Spielgefühl. Dem kommen auch die 22 Jumbobünde entgegen. Am Körper hängt der Bass ausgewogen ohne nennenswerte Kopflastigkeit, was auch der kleinen Kopfplatte zu verdanken ist. Allerdings ist der Eschekorpus nicht ganz so leicht, wie man aufgrund der Katalogbeschreibung „light ash“ annehmen könnte. Die Saitenspannung ist hoch, speziell bei der hier gewählten Variante, bei der die Saiten durch den Korpus gezogen werden. Das wiederum begünstigt normalerweise einen klaren, definierten Ton mit guter Grundtonansprache. Und in der Tat: Der ATK bietet tatsächlich einen sehr definierten, mittigen Ton, den man mit der effektiven Dreiband-Klangregelung und dem Triplecoil-Pickup nach Belieben verstärken oder entschärfen kann.

Schon ohne massiv in die Klangregelung einzugreifen, lassen sich mittels Dreifach-Minischalter durch die Wahl der Tonabnehmerkombination entscheidende Klangveränderungen erzeugen, die vor allem bei Slap- und Plektrumtechnik zum Zuge kommen. Drei Schaltvarianten können aktiviert werden: In der Mittelstellung des Schalters (Bright) ist die zum Hals gerichtete Spule als Single-Coil aktiviert. Damit dies nicht zu störenden Surr- oder Brummgeräuschen führt, tritt gleichzeitig die Dummy-Spule auf den Plan, die die Störfrequenzen blockiert, aber keinen Einfluss auf den Klang nimmt. Wird der Minischalter in Richtung Hals gekippt, aktiviert er die Schaltung „Traditional“. Wie bei der „Bright“-Schaltung sind vordere Spule und Dummy aktiviert, jedoch ist diesmal noch ein High-Cut-Filter hinzugeschaltet, der die Höhen abdämpft. Legt man den Minischalter in die hintere Position, kommt die Schaltung „Attack“ zum Zuge, bei der beide Tonabnehmerspulen als Humbucker geschaltet sind und daher die mittlere Dummyspule ohne Funktion bleibt. In dieser Stellung klingt der ATK mit Abstand am schärfsten und aggressivsten.

Im folgenden Beispiel hört man zwei Bässe, jeweils mit Slap und Pick gespielt. Innerhalb der zwölf Takte ändert sich alle vier Takte die Tonabnehmerschaltung. In den Takten 1-4 geht es “traditional”zur Sache, in den Takten 5-8 gibt es “bright” auf die Ohren und in den Takten 9-12 heißt es “Attack (e)”.

Audio Samples
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Drei Settings im Vergleich

Die ausschließlich aktive Klangregelung ist sehr effektiv. In Mittelposition haben alle drei Klangpotis eine Mittelraste, ab der man jeweils die Frequenzen anheben oder absenken kann. Nimmt man etwas Höhen zurück und hebt die Mitten leicht an, bekommt der ATK in der Pickup-Position „Traditional“ ein angenehm warmes Knurren in den Tiefbässen, wie man in der Begleitung des nächsten Beispiels hören kann, das in der ersten Hälfte mit den Fingern gespielt und im weiteren Verlauf mit Daumen gesplappt wurde. Die Melodielinie verzichtet komplett auf die Höhen, das entsprechende Poti ist also zugedreht.

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Traditional

Der Pickupmodus Bright verleiht dem ATK beim Fingerspiel eine schöne Definition und einen sehr artikulierten Attack. Im folgenden Beispiel hört man die deutliche Artikulation in der tiefen Ostinatobegleitung, während man in den darüberliegenden melodischeren Begleitungen in den oberen Lagen mehr Höhenanteile wahrnimmt, ohne dass diese zu scharf wirken.

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Bright

An Aggressivität und Bissigkeit kaum zu überbieten, zeigt der ATK in der Stellung „Attack“ seinen größten Wiedererkennungswert. Der Sound kann geradezu gitarrenartig klar und präzise modifiziert werden. Im Beispiel ist die Begleitung mit den Fingern gespielt und wirkt bereits aggressiv, aber die mit dem Plektrum gespielte Melodie kann sprichwörtlich Schädel spalten. Interessant, wie gegen Ende des Beispiels in den tiefen Lagen ein „James Bond“ Charakter erscheint, den ich sehr interessant finde.

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Attack

Das Volumenpoti liegt relativ weit in Richtung Korpusmitte und bei aggressivem, ausladendem Plektrumspiel ist die Gefahr relativ groß, dass man es ungewollt mit der rechten Hand verstellt. Dafür liegt es wiederum sehr günstig, will man Schwellereffekte mit ihm machen. Ein Gewöhnungsfaktor, schätze ich.

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FAZIT
Der Ibanez ATK 310 bietet ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis. Der Tonabnehmer zeigt sich durch seine Schaltungsmöglichkeiten äußerst variabel und in Verbindung mit der aktiven Dreiband-Klangregelung sehr flexibel. Dank der Dummyspule lässt sich aggressiver Singlecoil-Sound ohne größere Störgeräusche genießen. Seine Klangeigenschaften machen ihn vor allem in rockigen Gefilden zu einem idealen Bühnen- und Studiopartner, aber er kann weitaus mehr. Sein größter Vorteil liegt in seiner Schlichtheit. Beim ATK 310 handelt es sich um ein Instrument für jeden, der Plug & Play Lösungen favorisiert, sich ungern in Klangtüfteleien verliert und einfach loslegen und Spaß haben will.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis
  • „through body & bridge“ Kombi-Bridge
  • Pickup mit drei Schaltungsvarianten und Noise-Cancelling Dummyspule
  • aktive 3-Band-Klangregelung, guter EQ
  • separates 9V-Batteriefach
  • Gigbag & Gurt inklusive
Contra
  • kein Passivbetrieb möglich
Artikelbild
Der Ibanez ATK 310 Bass Test
Für 498,00€ bei
  • Korpus: Esche (Light Ash)
  • Finish: Mint Green (MGR)
  • Hals: Ahorn, dreiteilig
  • Mensur: 864 mm
  • Griffbrett: Palisander
  • Inlays: Black Dot
  • Bünde: 22 Jumbo-Bünde
  • Hardware: Chrom
  • Mechaniken: offen, mittelgroß, verchromt
  • Pickup: ATK Triple-Coil
  • Brücke: ATK4, Saiten wahlweise durch Korpus oder Brückenaufhängung aufziehbar
  • Klangregelung: Aktiver Dreiband-EQ
  • Saiten: Elixir
  • inklusive Gurt und Gigbag
  • Preis: 558,00 Euro UVP
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