Rane Sixty Eight Test

Gibt es den perfekten Clubmixer? Ich denke, diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn zu verschieden sind die individuellen Neigungen der DJs – nicht zuletzt geprägt durch ihre unterschiedlichen Musikstile und Software-Vorlieben. Was das Serato-Lager angeht, könnte der amerikanischen Hardwareschmiede RANE nun aber ein großer Wurf gelungen sein. Ihr digitaler 32 Bit /48 kHz DJ-Mixer Rane 68 bietet nicht nur zahlreiche Anschlüsse, Mikrofonwege und interne Effekte. Er trumpft zudem mit separaten Bedienelementen, die Zugriff auf viele Scratch-Live-Funktionen bieten und ermöglicht obendrein, zwei Notebooks simultan anzuschließen.

So können DJ-Teams auf vier Software-Decks battlen oder fließende Wechsel im Club vollziehen, ohne das einer von Ihnen ein kompatibles Interface im Gepäck haben und sich verkabeln muss. Gerockt wird mit Scratch Live ab 2.1 und Timecodes – je nach Geschmack mit vier Turntables, vier CD-Playern oder gemischt. Und natürlich kann man auch klassische Schallplatten einbringen. Zuvor ist allerdings eine Investition von satten 3965,00 Euro UVP (aktuell circa 2700 Euro Street) für das erlesene Stück zu tätigen. Dieser Preis spricht nicht gerade den ambitionierten DJ-Nachwuchs aus der Kellerbar an. Vielmehr wendet sich der Achtundsechziger an professionelle Anwender, Veranstalter und natürlich an die Inhaber der globalen Beschallungstempel. Zum Testzeitpunkt sind Dual-USB-Mixer noch eher eine Ausnahmeerscheinung. Die Konkurrenz schläft jedoch bekanntlich nicht so lang.

Details

Erster Eindruck
Die schlichte graue Verpackung fördert vier Timecode-Vinyls, vier Timecode-CDs, eine deutschsprachige Bedienungsanleitung, ein englisches Operators-Manual, zwei USB- und ein Kaltgerätekabel für das interne Netzteil an den Tag. Und natürlich den Testkandidaten selbst. Er bringt 5,2 Kilogramm auf die Waage, ist rund 36 cm tief, 30 cm breit und 9 cm hoch. Gängiges Clubmaß also. Die Komponenten sitzen in einem robusten, sauber gefertigten Metallgehäuse. Auf der Oberfläche tummelt sich eine Heerschar von Bedienelementen, die einen praxistauglichen Ersteindruck vermitteln. Insgesamt zähle ich 5 Fader, 40 Drehregler, 5 Endlos-Encoder mit Button-Funktion, 51 Tasten und vier DIP-Schalter.

Backpanel
Das hintere Anschlussfeld ist sehr umfangreich ausgestattet. Auf der Eingangseite stehen vier analoge Stereo-Cinchbuchsen für Line- und Phono-Quellen zur Verfügung. Sie können ferner S/PDIF-PCM-Audio mit maximal 96 kHz verarbeiten. Zwei große griffige Erdungsschrauben befestigen die Massekabel der Plattenspieler zuverlässig. Die Phono-Preamps klingen sauber und druckvoll. Daneben sind vier Stereo-Aux-Inputs platziert. Zwei Mikrofonports können XLR-Stecker und symmetrische oder unsymmetrische 6,3 mm Zoll-Klinken aufnehmen. MIC1 hat einen zusätzlichen Schalter für die Phantomspeisung im Gepäck, MIC2 einen Switch zur Line-Pegel-Anhebung.

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Phono-Preamps

XLR (Main), Booth (6,3 mm Klinke), Session (Cinch) oder vier koaxiale S/P DIFs bedienen PA, Monitorboxen, SD-Card-Recorder und was man sonst noch so braucht. Des weiteren spendiert der Hersteller Send/Returns zum Einbinden externer Effektgeräte. Und dann sind da natürlich noch die beiden USB-Buchsen Typ B für die Computerverbindung. Alles in allem kommt das Pult auf anschließbare 22 Quellen, die damit problemlos zu verwalten sind. Das Audiointerface arbeitet mit einer Abtastrate von 48 kHz und einer Auflösung von 32 Bit. Der Hauptausgang liefert einen authentischen, kraftvollen Sound und ist zudem sehr übersteuerungsfest. Prima. Leider ließ sich das Interface weder unter Windows noch unter Mac OS als externe Soundkarte mit einem Audio-Editor einsetzen, da noch keine ASIO und CORE-Audio Treiber zur Verfügung stehen. Laut Supportanfrage erscheinen diese noch in diesem Jahr mit dem nächsten Update. Zudem verweigerte die Konsole die MIDI-Funktion im Zusammenspiel mit Traktor.

Frontpanel
Am Frontpanel sind drei Drehregler angebracht. FlexFx-Mixlevel ist für den Anteil des FlexFX-Bus verantwortlich, unabhängig vom Dry-Wet-Verhältnis der einzelnen Effekttypen. Daneben sind zwei stufenlose Kontur-Potis platziert. Einer gibt die Crossfadercurve vor, der andere dirigiert die Line-Faderkurven. Für die vier Hauptkanäle hat dies zur Folge, dass alle stets die gleiche Blendcharakteristik aufweisen. Und was wäre ein Team-Mixer ohne einen zweiten Kopfhörerausgang? Wahrscheinlich nur die halbe Miete. Daher bietet der Testkandidat je eine Klinkenbuchse in 6,3 und 3,5 mm an. Der Sound auf dem Headphone ist transparent und laut genug für den Club, ohne nennenswert zu zerren.

Bedienoberfläche
Auch wenn es der Sixty-Eight faustdick hinter den Ohren hat, orientiert er sich in seinen Grundzügen doch am Standard-Layout für diesen Produkttypen. Daher sollten sich auch digitale Ein- und Umsteiger schnell zurechtfinden. Im unteren Zentrum ist ein Modul mit vier 45 mm Line-Fadern und einem kontaktlosen, magnetischen 40 mm Überblendregler verbaut, die sich auf gängigem Clubmixer-Level bewegen. Jeder Kanal kann einer Crossfader-Seite frei zugewiesen werden. Das gleichzeitige Abhören mehrerer Channels ist mit den separaten Cue-Buttons kein Problem.

Im oberen Drittel sind die 3-Band-Equalizer arrangiert. Die gummierten Potis haben eine rastende Mittenstellung, sind für meinen Geschmack jedoch etwas klein geraten und weisen an den Extremstellungen minimale Deadzones auf, was ihrer Funktion allerdings keinen Abbruch tut. Ich habe die Regler- und Fader-Bewegungen mit Abletons Mixtape aufgezeichnet. Dabei arbeiteten die Schieberegler mit einer Auflösung von rund 0.4 dB, die Channel-EQs mit circa 0.15 dB. Die Equalizer haben einen Cut/Boost von OFF bis +6 dB. Man spricht von Isolatoren, denn sie ermöglichen einzelne Frequenzbänder komplett „herauszudrehen“. Zudem verfügt jeder Bus über ein bipolares Hoch-/ Tiefpaßfilter mit angenehmer Klangcharakteristik. Ein obligatorischer Aufholverstärker, ein Drehregler zur Quellenauswahl und ein aus 8 LEDs bestehendes Channelmeter komplettieren den Kanalzug.

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Hochpassfilter Lowpassfilter

Auf der linken Seite sind zwei getrennt regelbare Mikrofonwege mit nachgelagertem Treble-/Bass EQ, sowie Gain- und Panoramaregler arrangiert. Mike1 verfügt zudem über Phantomspeisung. Sehr schön. Mit dem Einschaltknopf kann der DJ anliegende Signale ohne lästiges Knacksen einbringen oder trennen. Ferner besteht die Möglichkeit, Effekte auf die Stimme zu routen. Solide Arbeit!

Rechts oben findet man Regler für die Haupt- und Monitorlautstärke. Main ist für die XLR-Buchsen verantwortlich, Booth steuert die Klinkenausgänge an und Session-Out regelt die Lautstärke an den RCAs! Ein aus acht LED-Segmenten bestehendes Stereo-Meter (-18/+6 dB) zeigt den Pegel auf dem Masterbus. Allerdings liegt der Abgriff für die Anzeige prefader, also vor dem Masterpoti, was bedeutet, dass Änderungen am selbigen keine Änderungen auf dem Meter bewirken. Was nicht unbedingt ganz einleuchtend ist, schließlich handelt es sich bei diesem DJ-Mixer mit eindeutig professionellen Ansprüchen auch um ein Beschallungspult und da ist es schon sehr wichtig, dass der DJ genau beurteilen kann, was am Ende das Pult verläßt. Soviel zu den quasi „Standards“. Summa summarum kann ich dem Rane-Mixer einen druckvollen und transparenten Sound bescheinigen, der hinsichtlich der Klangqualität sicherlich im oberen Tabellenviertel der Clubmixer-Charts spielt.

Praxis

Handling
Die Bedienung der elementaren Mixerbestandteile erschließt sich sofort. Jedes Teil ist eindeutig beschriftet, was einen schnellen Zugang verschafft und Verwechselungen während des Betriebes vorbeugt. Innerhalb weniger Trainingsrunden sind auch die Bedienung der Effekt- und Serato-Steuerungen verinnerlicht. Schön, dass man sich bei RANE zu einer individuellen Beleuchtung der einzelnen funktionalen Baugruppen entschließen konnte. Die Cues leuchten gelb, die Effektbuttons blau und die Serato-Kontrollen hauptsächlich grün. Sie sorgen für eine gewisse Grundbeleuchtung. In sehr dunklen Umgebungen sind die Beschriftungen allerdings etwas schwieriger abzulesen.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Farbcodierung der einzelnen Funktionsgruppen

Interne Effektsektionen
Nicht nur Akteure, die Schallplatten oder CDs einsetzen, könnten an den sechs eingebauten Effekten Echo, Filter, Flanger, Phaser, Reverb und Robot (Tonhöhe) gefallen finden. Sie werden über Direktzugriffstasten eingeschaltet. Neben dem Dry/ Wet-Regler steht ein Push-Encoder mit dem Kontrollparameter Time zur Verfügung, der niedergedrückt einen Reset des aktuellen Vertreters auslöst. Mit sechs Klassikern und einem Parameter-Encoder kann man vielleicht nicht gerade Innovationspreise gewinnen, dafür sind die FX in ihrer Handhabung umso anwenderfreundlicher. Sie können anhand eines festgelegten Timings in einem Rahmen von 63-32000 ms (1/8 bis 32 Beats) zum Takt synchronisieren oder mit dem Time-Regler manuell in ihren Modulationszyklen verändert werden. Der Übergang zwischen den einzelnen FX-Typen geschieht nahtlos, die letzten Einstellungen bleiben nach einem Wechsel erhalten. Klanglich spielen die Effekte auf dancefloortauglichem Clubmixer-Level. Unliebsame Extremsounds sind nur in Ausnahmefällen zu erwarten, daher sollte man beim Einpegeln sorgsam vorgehen. Zudem klingen subtile Überlagerungen oftmals besser, als ein voll aufgerissenes „nasses“ Signal. Toll, dass die Effekte auf dem Kopfhörer vorgehört werden können, bevor sie auf den Tanzflur prasseln.

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Echo Filter Flanger Phaser Reverb Robot

Zum Beatcounter: Das automatische Auslesen eines anliegenden Signals ist nicht möglich. Das ist sehr schade. Vielmehr ist Fingerspitzen- und Taktgefühl gefragt, sozusagen eine latenzbefreite Ohr-zu-Hand-Koordination, was wiederum eventuell auftretende Timing-Probleme bei zeitkritischen Effekttypen entschuldigt. Um einen Klangverbieger im Takt abzufeuern, muss der DJ folglich mindestens zweimal auf den TAP-Button drücken. Die ermittelte Geschwindigkeit wird auf Ganzzahlen gerundet. Betätigt er TAP und dreht dazu den Time-Encoder, kann er das Tempo schrittweise um einen Beat per Minute erhöhen. So lassen sich asynchrone Verläufe erzielen. Wer möchte, kann zusätzlich externe Gerätschaften oder SSL-FX einspeisen, was zur Software überleitet.

Installation
Auf der Installations-CD befinden sich die Setup-Dateien für Scratch Live 2.01. Ein beigefügtes Informationsblatt fordert auf, die aktuelle Version 2.11 aus dem Internet zu laden und aufzuspielen. Dem komme ich gern nach. Für den Dual-DJ-Betrieb kommen Windows-Laptop und Macbook zum Einsatz. Die Installation verläuft -bis auf einige Vista-typische Warnhinweise- ohne Komplikationen.
An den beiden Mischpultflanken sind die Steuerelemente für Scratch-Live arrangiert. Je ein identischer Block mit Push-Encoder und Back-Button pro Seite dient zur Navigation in den virtuellen Ordnern und den Playlisten, lädt Songs in die Decks und macht so den Griff zu Maus oder Tastatur überflüssig. Der Zugriff auf die Tabs FILES, BROWSE, HISTORY und PREPARE ist selbst zu mappen. Darunter ist die Loopsektion für manuelle und automatische Schleifen und Rolls untergebracht. Hier können bis zu neun Audiozyklen direkt von der Hardware gespeichert werden. Der Encoder dient als Loopcutter. Das läuft wie geschmiert.

Separate Cuepunkt-Abteilungen verwalten bis zu 5 Markierungen pro Deck. Zu meinem Bedauern erweisen sich die robusten Schaltflächen als echt harte Nuss. Um sie auszulösen, muss der DJ schon ordentlich zur Sache gehen, mal eben zart antippen ist nicht. Im Grunde nicht verkehrt, doch nach wenigen Runden intensiven Cuejugglen spürt man seine Fingerkuppen stärker als gewohnt. Vielleicht wären hier Softbuttons a´la V7 die bessere Alternative gewesen.

Fotostrecke: 2 Bilder Cue-Buttons des 68ers

Besonders zu erwähnen sind auch die fünf User-Groups. In Kombination mit den Cuepoint Tasten 1 bis 5 aktiviert LAYER je eine von fünf Befehlspaletten die zur Steuerung weiterer Software-Features dienen können. Zum Beispiel kann der DJ den Sampleplayer auf Gruppe zwei legen, Effekte die Dritte usw.
Spinning 4 One
Spielt nur ein DJ am 68er, hat er alleinigen Zugriff auf vier Serato Decks. Im Stackview entspricht A den äußeren und B den inneren Playern. Arbeitet der DJ mit nur zwei Steuerschallplatten in der klassischen Vertikal-Ansicht, passt er die Zuweisung  an. Die MIDI-Blöcke kontrollieren maximal zwei Kreativabteilungen simultan. Die Fernsteuerung der Software geht flott von der Hand. Im Test läuft Scratch Live Version 2.1 bei 5 ms Latenz und vier aktiven Decks über mehrere Stunden flüssig und ohne Soundaussetzer.
Scratch Live Dinner 4 Two
Auch in diesem Szenario steht jedem DJ grundsätzlich die volle Player-Palette zur Verfügung. Mitstreiter klinken sich auch im laufenden Betrieb gefahrlos mit ihrem Notebook ein. Hotplugging ohne Kompromisse, die Rechner kommunizieren während des Betriebes miteinander. Wenn einer der Akteure ein Deck belädt, steht der entsprechende Ausgabekanal für seinen Gegenüber nicht mehr abspielbereit zur Verfügung. Erst wenn das Deck entladen wurde, kann der Partner diesen USB-Eingang des 68ers wieder nutzen, indem er ihn manuell zuweist. Der Vorteil daran ist, dass es auch während einer gemeinsamen Performance möglich ist mit mehr als zwei Playern zu arbeiten und diese wieder freizugeben, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Umgeschaltet wird auch hier mit dem Layer-Button, wobei zuvor per Tastenauswahl festzulegen ist, ob sich die Handlung auf den Rechner am USB-Port A oder B bezieht. Gut gelöst.

Aktuell (03.10.2010) ist Rane 68 der einzige Clubmixer, der es Scratch-Live DJ-Teams ermöglicht, ohne Interface im Gepäck mit zwei Laptops simultan aufzulegen. Allerdings sollten sie sich vor einem Kaufentscheid die Frage stellen, ob sie gerade in unsren Breitengraden nicht auch mit zwei SL1/2 Systemen und MIDI-Controller am Clubmixer ähnlich gut arbeiten können. Wollen sie jedoch ihre 4-Deck-Session aufzeichnen, die Live geschraubten Automationen im Nachhinein editieren und zudem auch Videoclips mit dem Video-SL-Plugin von der Hardware steuern, ist der 68er die erste Wahl… aber dazu später mehr.

Legen die Protagonisten abwechselnd auf, kommt man mit dem Arbeitsraum gut zurecht. Zeitgenossen, die simultan auf allen Kanälen rocken und dazu ein Loop und Effektgewitter abfeuern lassen, könnte es schon eher ein wenig eng im Zentrum werden. Was ich zudem ein wenig Schade finde, ist die Tatsache, dass die Kopfhörerausgänge leider nicht getrennt regelbar sind. Da hätte man ruhig zwei unabhängige Wege anpeilen können. Vielleicht hilft ja auch ein Headphone mit eigener Lautstärkeregelung weiter. Im Teambetrieb erweisen sich die separaten Kreativabteilungen an den beiden Außenrändern des Mischpultes als durchaus effizient, auch wenn man im Battle-Mix zeitweise auf eine Einheit verzichten muss. Soll zusätzlich noch Seratos Soft-FX-Palette bedient werden, ist ein weiterer MIDI-Controller trotz User-Groups nicht die schlechteste Alternative. Beim Clubgig haben sich in den letzten Jahren die Faderfox-Modelle und aktuell auch der Kontrol-X1 von Native-Instruments sehr bewährt. Im Studio zeigte sich auch der Vestax VCM-600 als geeigneter Kandidat, denn er kann genug Bedienelemente vorweisen, um die FX-Racks und den Sampleplayer SP6 adäquat zu steuern. Er ist nur leider etwas schwer zu transportieren – und manchmal ist in der Kanzel auch kein Platz für eine ausgewachsene Lösung.

Fotostrecke: 3 Bilder Sehr beliebt auch dank Serato-Overlays

Betrachtet man die unverbindliche Preisempfehlung von 3965 Euro, ist es dennoch etwas schade, dass die Konstruktionsabteilung keine separaten MIDI-Sektionen für den Sampleplayer SP6 und das DJ-FX-Plugin spendiert hat. Das mehr geht zeigt ein XONE4D, obwohl ein Vergleich aufgrund der Größe und des mangelnden zweiten USB-Ports schon etwas hinkt. Ich persönlich hätte gern 10 cm mehr Breite und ein paar Regler obendrauf gesehen.

Mixtapes
Szenario: Eine aussagekräftige Mix-CD soll produziert werden. Offline-Lösungen a´la Mixmeister oder Letsmix kommen nicht in Betracht, denn die Session soll Live geschraubt und aufgezeichnet werden. Alles läuft rund doch dann geschieht ein Patzer und der Mix ist hin. Eventuell kann ein Audio-Editor den Fehler ausbügeln, in schweren Fällen jedoch ist der Mix neu aufzunehmen. Schade um manche spontane Eingebung. Serato und Ableton wollen nun mit dem kostenlosen Plug-in the Bridge einen Ausweg aus dieser Misere anbieten. RANE Hardware und eine Vollversion von Ableton Live werden vorausgesetzt. Unter Verwendung eines Rane SL1 und SL3 Interfaces werden lediglich Spuren mit Tracknamen und der Position des Songs angezeigt. Das ist beim MP4 identisch. Frequenzschrauben oder Übergänge sind Post-Mix mit Ableton-Werkzeugen manuell anzulegen. Das ist erst einmal logisch, denn zum Aufzeichnen von Reglerbewegungen müssen Regler vorhanden sein, was bei einem Interface nicht der Fall ist. Die Bridge-seitige Unterstützung von Mixern, die nicht von Rane sind, ist ein anderes Thema, aber nicht für diesen Artikel. Wer einen Rane 57 Mixer sein eigen nennt, kann zusätzlich EQ- , Cross- und Line-Fader-Bewegungen, Gain, Pan und Aux für die Decks A und B recorden. Mit dem Testkandidaten lassen sich des weiteren auch die Player C, D und Aux aufzeichnen. Das macht schon deutlich mehr Sinn. Ableton Live muss dabei nicht im Hintergrund laufen, es reicht Scratch-Live zu starten und vor Beginn der Mixsession im Recording-tab den File-Typ „.als“ als Speicherformat  auszuwählen. Ein Knopfdruck auf den Record-Taster startet die Aufnahme, ein weiterer Tastenhieb beendet selbige und schreibt dann ein Ableton Live-Arrangement mit den Automationsparametern. Ein Doppelklick auf die entsprechende Datei und der Mix steht in Live zur Verfügung. Fast wie von Geisterhand. Die Kurvenpunkte können nun beliebig neu arrangiert werden. Als Alternative zum Curvepoint-Editing kann der DJ natürlich auch Lives Soft-EQs im Overdub-Modus per Hand schrauben. Hierfür bieten sich zahlreiche Helferlein unterschiedlicher Preiskategorien an. Zum Beispiel AKAI APC40 (389), AKAI LPD8 (55 Euro) oder VESTAX VCM-600 (699 Euro).

MIDI und CO
Bis auf wenige Ausnahmen sendet die komplette Bedienoberfläche des Mixers MIDI-Kommandos. So etwa die Effektabteilung, Master, Preview, Pan und Konsorten und die Mikrofonwege. Sie bieten sich für Nicht-Moderatoren durchaus an, um Seratos Effekte mit dem Mixer fernzusteuern. Leider wirkt sich die Shift-Funktion nur auf die Seitenabteilungen aus, sodass eine SSL-FX-Map in der Mikrofonsektion eigentlich nur bei nicht moderationsbedürftigen Einsätzen anzuraten ist. Auch kann man die Steuerbefehle der einzelnen Baugruppen nicht deaktivieren, wie etwa beim Behringer DDM4000. Abhilfe schaffen jedoch unterschiedliche Config-Files, die nach Einsatzszenario geladen werden. Wir haben eine Konfigurationsdatei für den Browser, Sampleplayer und die Super-Knob-FX in unterschiedlichen User-Groups angefertigt. Das PDF und das Mapping findet ihr in dieser Rar-Datei. Rane 68 wurde in erster Linie für Scratch Live-User gebaut. Eine Verwendung des Mixers zum Dirigieren alternativer DJ-Software ist zum momentanen Zeitpunkt daher leider noch nicht möglich. Dies soll sich aber laut Supportanfrage bei RANE bis zum Ende des Jahres ändern.

Loops und Rolls werden von Ableton Live direkt in der Audiodatei aufgezeichnet. Genauso auch Effekt-Tweaks. Die einzelnen FX-Attribute stehen leider nicht zur Nachbearbeitung zur Verfügung. Dafür wäre wahrscheinlich ein Serato-FX-Plugin für Ableton von Nöten. Wer mag, kann seine Mixsession im Nachhinein natürlich alternativ mit Ableton-FX würzen.

Video SL
Video SL ist ein Plugin für Scratch-Live zum Abspielen von Bewegtbild-Dateien. Unterstützte Formate sind mov, mp4, m4a, avi, flv, mpg, mpeg, dv & qtz. Als Codecs werden H.264, DV, MPEG4 und Motion Jpeg A /B, jedoch weder MPEG1 noch MPEG2 unterstützt. Serato empfiehlt MP4 mit dem H.264 Codec für die Videospur bei einer Bildwiederholfrequenz von 15-25 Frames pro Sekunde und den AAC Codec für die Audiospur. Die Ausgabe erfolgt am besten über einen zweite Grafikkarte, am Mac zum Beispiel über den DVI-Ausgang. Im Plugins-Tab wird die Software geladen und steht dann auch per Fernsteuerung am 68er zur Verfügung. Die Kanal-Fader zwei und drei sind standardmäßig mit den Reglern für die Transparenz verknüpft, der Überblendregler mit dem Crossfader. Nun müssen lediglich ein paar Videos in die Bibliothek importiert und in das gewünschte Deck gezogen werden. Scratch Live legt zur besseren Übersicht einen virtuellen Ordner mit der Bezeichnung „all Videos“ an. Die Dateien können anschließend genau wie Audiotracks gemixt und gescratcht werden, zudem wartet eine Vielzahl an Video-, Text, Bild und Crossfadereffekten auf ihren Einsatz am Tanzflur. Natürlich möchte der VJ während der Performance Footage austauschen oder an den einzelnen Attributen schrauben. Daher installiert das Plugin automatisch eine User-Group, die durch gleichzeitiges Betätigen von SHIFT und CUE5 aufgerufen wird. Dann übernehmen die beiden äußeren MIDI-Blöcke die Kontrolle über erweiterte VideoSL-Features, wie Effektauswahl, Parameter, Transition oder Autofade. Im Testlauf lief VideoSL vollkommen stabil.

Neuer Gesprächstoff für den DJ-Stammtisch?
Noch immer werden Debatten geführt werden, ob es besser ist analog oder digital zu spielen oder ob automatische Synchronisation Fluch oder Segen ist. Und auch über The Bridge wird das DJ-Lager geteilter Meinung sein (wieso musste eigentlich das Traktor Recording-Feature mit Reglerautomationen und Overdub-Funktion weichen?). Serato/Ableton legen mit The Bridge Mixtape den Grundstein für das perfekte live mitgeschnittene DJ-Set. Sie sollten aber noch weitere Audio-relevante Softwarefeatures editierbar machen. Vielleicht ist hier ein Stein ins Rollen gekommen, der uns in Zukunft auch Automations-Plug-ins der Mitbewerber beschert. Dual-USB könnte dank RANE ein neuer Trend bei Clubmixern werden, ich fänd´s klasse. Nebenbei bemerkt wird auch Numark X7 laut  Produktspezifikation ein Dual-Interface besitzen. Von Seiten des Supports hält man sich allerdings noch bedeckt, was Aussagen zu einer möglichen Zertifizierung mit einem der führenden Softwareprodukte angeht.

Rane 68 und Scratch Live, das hat schon was von einem Dream-Team. Das Rane Mischpult ist logisch aufgebaut, gut verarbeitet und kann in klanglicher Hinsicht, nicht zuletzt dank 32-bit /48 kHz Digitaltechnik, fundierter Phono-Preamps und solidem Kanalfilter auch ohne SSL sehr überzeugen. Zahlreiche Anschlussmöglichkeiten erschließen Heimstudio oder professionelle Club-Umgebung. Zwei Mikrofonwege, einer davon mit Phantomspeisung, erfreuen Moderatoren und MCs. Curve-Controls für Line- und Crossfader kommen Hip-Hop-DJs und technoiden Tellerschubsern zugute. Sechs solide, frei zuweisbare und zudem synchronisierbare Effekte bringen Leben in die Bude. Wem das nicht reicht, der speist externe Klangverbieger oder Soft-FX ein. Der Knüller ist allerdings der nahtlose Scratch-Live Dual-DJ-Betrieb über zwei eigenständige USB-Ports. Sie ermöglichen den Plug & Play-Support zweier Rechnersysteme mit Vollzugriff während des laufenden Betriebes. Das eröffnet den Akteuren die Möglichkeit, simultan oder nacheinander auf vier Decks aufzulegen. Toll. Jede Mixerflanke präsentiert zu diesem Zweck eine Double-Layer-Kreativ-Abteilung um Loops, Rolls, Cues und File-Browsing vom Achtundsechziger aus zu steuern. Fünf User Groups schaffen zusätzlich individuellen Gestaltungsspielraum. Die Tasten empfinde ich aber als etwas zu rustikal umgesetzt.
Fast die gesamte Bedienoberfläche sendet MIDI-Befehle, sodass ein Mapping geeigneter Steuerelemente für weitere SSL-Features möglich ist. Allerdings nicht für andere Softwares. Bei einer UVP von 3965 hätte dem Testkandidaten zudem eine explizite Abteilung für den Software-Sampler SP6 oder Seratos DJ-Effekten gut zu Gesicht gestanden. Die Mixersektion kann mich nicht hundertprozentig überzeugen, denn das Zentrum ist etwas zu eng für zwei Leute, zudem sind die Regler und Encoder für meinen Geschmack etwas klein geraten. Davon abgesehen macht der Mischer sehr viel Spaß, denn das Gesamtkonzept und der Workflow sind sehr stimmig. Unterm Strich ist der Rane 68 gerade für Tag-Teams und Clubbetreiber interessant. Seine gute Soundqualität, Funktionsvielfalt und eine quasi nahtlose SSL-Verzahnung sprechen für ihn und er macht Schluss mit Verkabelungsstress vor oder nach einer Performance. Wer über eine  Ableton Live-Lizenz verfügt, kann seine Sternstunden zudem per Bridge-Plug-in aufzeichnen und später nachbearbeiten. Mit einem Straßenpreis von 2699 Euro geht Rane nicht nur bei Serato-abstinenten Anwendern an die viel zitierte Schmerzgrenze und für manchen DJ sicherlich noch einen Schritt weiter. Exklusivität hat ja bekanntlich immer ihren Preis. Und exklusiv, das ist er schon, der Rane 68.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • 2 USB-Ports Typ B
  • Dual-Notebook-Betrieb möglich
  • Plug-and-play-Support mit Scratch Live
  • Hohe Audioqualität
  • Sehr saubere Phonopreamps
  • Vier Serato Decks
  • Hoher Spaßfaktor
  • Bipolares Hoch-/ Tiefpassfilter
  • Integrierte Effektsektion
  • FX-Monitoring
  • Unterschiedlich beleuchtete Funktionsgruppen
  • Video SL fähig
Contra
  • Etwas kleine Encoder, Potis und harte Buttons
  • Keine nativen FX oder Sample-Mappings
  • (noch) fehlende Generic-MIDI, ASIO und Core-Treiber
  • Kein Auto-BPM-Counter
  • Hoher Preis
Artikelbild
Rane Sixty Eight Test
Für 2.399,00€ bei

Herstellerlink: Rane

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