Vestax VCI-380 Test

In vielen elektronischen Genres wandelt sich die Performance des DJs mit Voranschreiten der Technik und entfernt sich immer mehr von dem Bild, was mir beim Gedanken an einen DJ über die Jahre im Kopf hängengeblieben ist. Was mit grobem Beatmatching und dem Ineinandermixen zweier Schallplatten begann, wurde in der letzten Zeit mehr und mehr durch Computer, Soft- und Hardware und ihren schier unbegrenzten Möglichkeiten geprägt. Dazu gehören Effekte und Loops auf bestimmten Passagen eines Tracks bis hin zum Re-Arrangement eines Stücks durch ausgefeilte Slicer- und Sampling-Funktionen. Um das Erlebnis so gefühlsecht wie möglich zu machen, kommen MIDI-Controller ins Spiel. Mit dem Triumphzug des Vestax VCI-100 kam ein bis heute anhaltender Hype um die kompakten Steuerkonsolen auf. Kaum ein namhafter Hersteller hat nicht mindestens eine Kommandozentrale im Sortiment – und so ist es auch beim zuvor erwähnten japanischen Wegbereiter. 

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Mein heutiger Testkandidat VCI-380 ist ein Zweikanal-DJ-Controller mit integrierter Soundkarte und analoger Zweikanal-Mischpult-Funktion, der speziell im Hinblick auf die Anforderungen kreativer Performances ausgelegt ist. Er tritt in die Fußstapfen des VCI-300 und hat Serato-Itch als Betriebssoftware im Schlepptau. Besondere Kennzeichen sind neben seinen vielen Live-Remix-Tools, wie Effektboards, Performance-Pads oder Pad-FX auch seine großen Jogwheels mit ihrer integrierten Nadel-Positions-Anzeige für Beat-Juggler und Scratcher. Professionelle Schnittstellen, darunter symmetrische Master-Ausgänge, zwei Mikrofoneingänge und Phono-Inputs lassen das neue Vestax-Schlachtschiff als kompakten Allrounder erscheinen, der sich zur Freude des Anwenders obendrein von selbst konfiguriert. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 951 Euro UVP – manch ein Vierkanal-Hybrid wie z.B. American Audios VMS4 kostet mit Virtual-DJ7 nur knapp die Hälfte – womit sich mein Kandidat wohl auch in dieser Disziplin an den Profi richtet. Kann Vestax auch diesmal wieder ein Zeichen setzen? 

DETAILS

Was die Fertigungsqualität angeht, kann ich die eingangs gestellte Frage beim visuellen Schnell-Check mit „Ja“ beantworten: Wie man es von Vestax erwartet, zeigt das teilweise metallene, teilweise aus Kunststoff hergestellte Party-Werkzeug eine hohe Fertigungsqualität. Fader, Knöpfe und Buttons bringen mir praxisdienliche Widerstände entgegen, alle Bedienelemente und Buchsen wurden für meine Begriffe fest verbaut. Das Layout zeigt ein für Controller typisches teilsymmetrisches Deck-Mixer-Deck-Layout. Dies ist nicht nur für Umsteiger leicht zu adaptieren, sondern es bietet in diesem Fall auch ausreichend Raum auf der Kommandobrücke, um vor ungewollten Fehlbedienungen weitgehend geschützt zu sein. Mit einem Gewicht von 3,5 Kg kann er sich noch in die Kategorie „Weggefährte für den urbanen Wander-DJ“ einreihen. Maße von 427 (B) x 60 (H) x 304 (T) Millimetern fordern ein passendes Gigbag oder Case zum Transport ein, denn in einen Rucksack, wie meinen NAMBA-Remix-Backpack, passt der Bursche nicht mehr hinein. 

Lieferumfang_Vestax_VCI-380_02

Eine horizontale Drehung um 180 Grad und ich blicke auf das Backpanel, an dessen linker Seite zwei Mikrofoneingänge als Klinke und XLR arrangiert sind. Was den Klang angeht, zeigen sie sich rauscharm und eignen sich grundsätzlich für gelegentliche Ansagen. Moderatoren könnte es jedoch an einer Talkover-Funktion fehlen, MCs und Konsorten an einem Equalizer und Mike-EFX. Zudem hätten mir zwei Kombi-Buchsen an dieser Stelle besser gefallen. Dann geht es auch schon weiter mit den wahlweise im Phono- oder Line-Modus operierenden Stereo-Chinch-Eingängen für Kanal A und B, denen eine regelbare Vorverstärkung zuteilwurde. Die Erdungsschraube schützt bekanntermaßen vor Brummgeräuschen beim Turntable. Für die Verkabelung mit der Beschallungsanlage sahen die Entwickler symmetrische XLR-Master-Ausgänge und einen separaten, rückseitig einstellbaren Cinch-Booth für eine Monitoranlage vor. Den Abschluss bilden USB- und Netzteilbuchse, Powerswitch und eine Diebstahlschutz-Ausfräsung für ein Kensington-Schloss. 

Audio Samples
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Mikrofonsignal Vestax VCI-380

Wenn ich mir so die vier winzigen Regler zur Justierung der Touch-Sensor-Sensibilität, vor allem der Cross- und Linefader-Kurven auf der linken Seite des Frontpanels anschauen, muss ich leider sagen: Die sind mir zumindest fürs Crossfadertuning zu fummelig. Gegenüber sehe ich zwei Kopfhörerbuchsen in Form einer Standard- und einer Miniklinke, denen ein Lautstärkeregler und ein zweites Potenziometer für den Cue-Mix zur Seite stehen – beide in adäquater Größe, gummiert und griffig ausgefallen. Geblendet wird traditionell und stufenlos zwischen Preview gemäß Cue-Buttons und Master. Das Kopfhörersignal auf dem angeschlossenen Audio Technika ATH-Pro 700 MK2 (Test hier) möchte ich als druckvoll, laut und zerrfrei beschreiben und dem Kandidaten somit das Prädikat absolut clubtauglich verleihen. Wer möchte, kann den Kopfhörer-Output sogar noch in der Software um ein paar dB zu übersteuern, was jedoch – der Name ist Programm – zerren kann. Soweit, so gut! Bei einem Zweikanäler ist nicht unbedingt damit zu rechnen, dass er von zwei DJs gleichzeitig beackert wird. Dennoch möchte ich der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, dass beim Anschluss eines zweiten Kopfhörers ein leichter, jedoch nicht sonderlich gewichtiger Pegelabfall wahrzunehmen ist. 

Fotostrecke: 2 Bilder Zwei Kopfhörerausgänge in friedlicher Co-Existenz

Das Herzstück der Konsole bildet der Dual-Mode-Mixer. Vollausgestattet mit Trim und mittengerasteten Dreiband-Equalizern, die unter Itch mit wahlweise 6 dB oder 12 dB arbeiten, wobei die Nullstellung durch eine weiße Linie gut zu erkennen ist. Der maximale Cut/Boost im Mixermodus ist nicht dokumentiert. Dazwischen sitzen zwei Betriebsartschalter (PC- oder Mixer-Modus) und der Master-Regler für die Ausgangslautstärke. Etwas weiter südlich sind die Werkzeuge zur Navigation im digitalen Musikbestand und die Cue-Buttons zum Abhören des Signalpfades (Pre-Fader) auf dem Kopfhörer platziert. Ein zwölfstelliges Stereo-Display informiert über die Pegelverhältnisse von Decks und Master. Es wird eingefasst von zwei sanft gleitenden 45 -mm-Linefadern und dem zarten CFX2-kompatiblen (optional erhältlich, etwa 109 Euro) 45-mm-Crossfader. 

Fotostrecke: 2 Bilder Die Pegelmeter sind leider nicht sehr aussagekräftig, da nicht beschriftet
Audio Samples
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Hi CutBoost Mixermode Mid CutBoost Mixermode Low CutBoost Mixermode

Serato Itch
Serato Itch dürfte vielen Lesern sicherlich ein Begriff sein, denn wir haben schon seit der ersten Versionsnummer im Zusammenhang mit DJ-Controller-Tests regelmäßig über die neuseeländische Software berichtet. Aktuell ist sie bei Fassung 2.2 angelangt und bringt zunächst einmal die Basiswerkzeuge mit, die bei einer modernen DJ-Software zum Pflichtprogramm gehören. Also Abspiel-, Scratch-, Nudge- und Sync-Funktionen, unterschiedliche Wellenformbetrachtungen und einen Browser mit iTunes-Integration, virtuellen Plattenkisten, Filtern und Playlisten. Nach wie vor vermisse ich bei Serato jedoch ein Rating-System, das nun wirklich nicht sonderlich schwer zu implementieren sein sollte. Kreative Werkzeuge gehören mittlerweile ebenfalls zum guten Ton. Hier lässt sich das Bundle nicht lumpen und trumpft mit folgenden Features auf: 

  • Eine dedizierte Effektsektion pro Kanal
  • Pad-FX, die via Aftertouch dirigiert werden 
  • SP6 Sample-Player mit bis zu vier Bänken a sechs Samples. 
  • Fünf Performance-Modi (Hotcue, Auto Loop, Slicer, Roll, Sampler) 

Ein Arsenal, das sich gewaschen hat. Dem entsprechend präsentieren sich die Außenflanken zweigeteilt, mit den erwähnten Features im oberen Teil und zwei großen Jogwheels in der unteren Hälfte.

Jogwheels
Die Jogwheels messen erstaunliche 135 Millimeter im Durchmesser und können im Beatskip- oder Scratch-Modus operieren. Neu bei diesem Modell ist die integrierte LED im Teller, die ihre Laufrichtung und Position mit dem Itch-Deck synchronisiert. Sie lassen sich im Pausenmodus zur Slowmo- oder Turbo-Navigation im Musikstück und sogar für das Browsen in der der Bibliothek einsetzen. Mittlerweile Standard bei Vestaxs Top-Line: Die Dials können mittels einer Nabenkonstruktion unabhängig voneinander hinsichtlich ihres haptischen Widerstand justiert werden. Ganz feststellen lassen sie sich beim VCI-380 nicht, doch die Option, die Schräubchen in basslastigen Umgebungen etwas anzuziehen, ist keine schlechte. Obendrein können die Teller so an die eigenen Scratch- und Nudge-Vorlieben angepasst werden. Auch die Empfindlichkeit des Touch-Sensors ist variabel. Weiterhin wird der Auslöser durch ein rotes Lämpchen optisch unterstützt. 
Darunter liegt die jeweilige Transportsektion – ein Dreigestirn aus Play, Cue und Sync in unterschiedlicher Farbgebung, welche zwar ausreichend hell sind, jedoch nicht vom Anwender angepasst werden können. Ich hätte gern ein flexibles Grundleuchten für alle milchig trüben Buttons gesehen, gerne auch softwareseitig in ihrem Dim- und On-Status regulierbar. 

Fotostrecke: 3 Bilder Verstellbare Teller mit…

Pitching
Die Pitchfader sitzen an den oberen Außenflanken. So war es beim Einhunderter, beim Dreihunderter, beim Vierhunderter und beim Spin – so ist es auch diesmal. Standardmäßig sind acht Prozent Pitch eingestellt. Die Bandbreite kann über RANGE auf 16 oder 50 umgeschaltet werden. Mit dem 60-Millimeter-Fader lassen sich sehr feine Angleichungen vornehmen. Er arbeitet beim 123-BPM-Track und +/-8 mit einer Auflösung von rund 0,03 Prozent oder 0,05 BPM. Das sollte ausreichen. Wobei anzumerken ist, dass manuelle Pitch-Vorgänge am DJ-Controller ja seltener anzutreffen sind, da diese ja meist eine Software mit Autosync im Schlepptau haben. Aber was tun, wenn der Beatcounter sich mal eben um ein paar BPM verschätz hat und das Grid aussieht, als wäre es einer Meisterschaft im Kugelstoßen entsprungen? – Richtig, den Tap-Button bemühen. Doch den gibt es hier nicht – obwohl es eben dieser ist, der einem zeitweilig gut aus der Patsche helfen kann. Tja, gut, dass der altgediegene Tempofader bei Herstellern wie Vestax noch zur Grundausstattung gehört, oder? 
Eigentlich ist es in diesem Kontext etwas schade, dass mein Proband keine Pitchbend-Tasten verabreicht bekommen hat. Gerade, wenn man das Jogwheel, während zwei Tracks im Mix laufen, zweckentfremdet. Bei all dem Herumgeschubse ist es ferner wichtig, dass die Zuhörer keine unliebsamen Tonhöhenschwankungen wahrnehmen, wenn Titel im Tempo aufeinander abgestimmt werden (Sync oder Pitch – eine Frage der Philosophie?). So kommt auf Wunsch der Keylock ins Spiel. Itch unterscheidet im Übrigen zwischen relativem Pitch (Differenz zum Master bei eingeschalteter Sync-Funktion) und absolutem Pitch.

Schön zu sehen, die abgwinkelte Pad-Sektion
Schön zu sehen, die abgwinkelte Pad-Sektion

PRAXIS

Eines gleich vorweg: Der VCI-380 unterstützt keine Intel Celeron, ATOM and AMD Prozessoren. Stattdessen nennt der Hersteller als Mindestvoraussetzungen Windows7 mit CoreDuo 1,8 GHz und 2 GB RAM auf der PC-Plattform oder Mac OS X 1.6, CoreDuo 1,66 GHz und 1 GB RAM. Mit einem Netbook loszuziehen, sollte also schwierig werden. Wir testen heute auf einem MacBook Core2Duo Late2009 mit 2,26 GHz Taktung und 4 GB Arbeitsspeicher. Die Installation der 23 MB großen Programmdatei samt Audiotreiber, sowie die nachfolgende Plug´n´Play-Inbetriebnahme gehen reibungslos vonstatten. Software aufspielen, Gerät anstöpseln und loslegen, um es an drei Schritten festzumachen. Das ist gerade für den unerfahrenen digitalen Einsteiger sehr anwenderfreundlich – nur für die Analyse der Musikbibliothek müssen Newbies einen gewissen Zeitraum einplanen. Pro CPU-Kern wird im Übrigen ein Track (simultan) berechnet. Wer indes schon länger mit SSL oder Itch der zweiten Generation arbeitet, braucht nicht zwingend die ganze Library re-analysieren zu lassen, denn er kann bereits ausgewertete Stücke wie gewohnt nutzen. Sollte indes noch eine Einser-Fassung im Einsatz sein, heißt es die ganze Rutsche auf BPM und Peaks untersuchen zu lassen, damit Itch seine Beatgrids anlegen kann. 
Virtuelle und physische Decks
Das Audio-Interface arbeitet mit maximal 24 Bit und 48 kHz Samplingfrequenz. In der Software lässt sich ein Headroom von -24 dB bis 18 dB einstellen, bevor der Limiter zu arbeiten beginnt. Die analoge Mischpult-Funktion ist sicher nicht das ausschlaggebendste Kriterium, wenn man sich einen Controller kauft, aber es kann durchaus einen zusätzlichen Kaufanreiz darstellen, da es unter Umständen ein weiteres Pult obsolet macht. In diesem Fall kann der VCI ohne PC arbeiten. Es heißt lediglich die gewünschten Zuspieler (Phono oder Line – am Backpanel einzustellen) anzuschließen und die Stellschalter neben dem Master auf Mixer zu schalten, wobei ohne Audioaussetzer zwischen einer Schallplatte und einem Itch-Deck gewechselt werden kann. 
Was aus der Kiste rauskommt, ist ein ziemlich übersteuerungsfester, definierter und druckvoller Sound, der mir keinen Anlass zur Kritik bietet. Die Ausgangsleistung am XLR-Ausgang ist weitaus höher, als es beim ehrwürdigen VCI-300-Klinken-Ausgang der Fall war. Um einen Pegel wie beim 380er zu erreichen, musste ich beim 300er Master und Gain voll aufreißen. Die Audiobeispiele dazu sind zunächst mit sämtlichen Reglern in Mittenstellung aufgezeichnet. Wem der Ausgangspegel dennoch nicht reicht, der kann mit den  Headroom-Einstellungen noch etwas `rausholen.

Die Familienbande beim feierlichen Anlass – ganz in schwarz, versteht sich.
Die Familienbande beim feierlichen Anlass – ganz in schwarz, versteht sich.
Audio Samples
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VCI380 Playout XLR VCI300 MK1 Playout Klinke Direktvergleich Phono-Input VCI380 Internal Recording VCI380

Die beiden aus 12 Elementen bestehenden Pegelmeterketten zwischen den Flachbahnreglern leuchten neunmal grün, einmal orange und zweimal rot. Sie lassen leider keinerlei Rückschlüsse zu, wie viel dB tatsächlich ausgegeben werden. Grundsätzlich zeigen sie die Summenlautstärke unabhängig von der Stellung des Master-Volume-Knopfes Post-Fader an. Schalte ich nun einen Cue-Kanal ein, wird der entsprechende Pfad (links, rechts) Post-Gain, Post-EQ, Pre-Fader zur LED-Kette durchgereicht. Vorsicht ist geboten, wenn ihr die Overdrive-Funktion nutzt, denn dann wird beim Cueing ein höherer Pegel angezeigt, als der tatsächliche Ausgabepegel. Also Obacht!
Die Vorverstärkerstufen können durch separate Regler aufeinander abgestimmt werden, damit es beim Wechsel nicht zu Pegelsprüngen kommt. Das Publikum dankt. Im Falle eines externen Zuspielers ist die Wellenform im Itch-Deck grau, was für Muting steht. Positiv hervorheben möchte ich an dieser Stelle auch, dass der Regler „Depth“ im Mixer-Modus als HI-Pass-Filter fungiert. Yeah.

Audio Samples
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HP-Filter VCI380

Beatmatching In der Standarddisziplin „Virtuelle-Tracks-Ineinander-Braten“ erweisen sich das schnell zu adaptierende Layout als vorteilhaft, die Equalizer als musikalisch, das Gehör in Kombination mit der manuellen Pitch-Funktion und gezieltem Jogwheel-Schubsen als unkompliziertes Werkzeug zum gepflegten Beatmatching. Freunden der automatischen Synchronisation sei gesagt, dass sich die Knopfdruck-Variante ebenfalls recht zuverlässig schlägt, solange nicht verschachtelte Rhythmen oder live-eingespieltes Material am Start sind – was sich bei der visuellen Inspektion an der Position der Beatmarker im Vorfeld erkennen ließe. Falls die nachstehenden Kreativ-Funktionen eingesetzt werden sollen, macht es Sinn, ein wenig Zeit zu investieren und die Raster der betreffenden Titel in einer ruhigen Stunde selbst anzulegen.  
Zur Performance ist zu sagen, dass die Hardware/Software-Kombi auf dem MacBook bei 2 ms eintaktete, woraufhin ich die Einladung angenommen habe, auch mit diesen Einstellungen zu arbeiten. Während der Mixsession kam es zu keinen Performance-Einbrüchen.  Auch hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, an irgendeiner Stelle besonders vorsichtig operieren zu müssen, um nicht ungewollt eine benachbarte Taste zu betätigen oder einen angrenzenden Regler in Mitleidenschaft zu ziehen. Im Scratch-Test zeigten die Teller auch mit feuchten Fingern genug Grip. Langsame und schnelle Bewegungen werden von der Software akkurat interpretiert. Selbst bei festeren Attacken, respektive sehr hohem Andruck auf die Scheibe, konnte ich kein Schleifen auf der Oberfläche ausmachen. Das hab ich auch schon anderes erlebt. Hartgesottene Scratcher werden jedoch vielleicht einen Reverse-Modus oder Hamster-Switch für den Crossfader vermissen. Zwar gibt es in der Software eine Umkehrfunktion, die jedoch reiner MIDI-Natur ist und daher im Analog-Mixer-Modus nicht funktioniert. Schade. Nun zu den Effekten…
Effektboards und Pad-FX
Itch protzt in quantitativer Hinsicht zwar nicht gerade mit Effekten, kann jedoch auf ein gutes Dutzend für den Dancefloor tauglich parametrisierter Effekttypen zurückgreifen. Dem persönlichen Zugriff unterliegen der Dry/Wet-Anteil und je nach Auswahl Parameter, wie Zeit oder Resonanz. Dazu gesellt sich der PAD-FX-Modus, der optional einen weiteren Effekt über die Anschlagstärke der Taste zumischt. Das Timing regelt der Push-Encoder über dem Pitchfader, der auch für die Auswahl des „Klangverwursters“ aus dem Standardrepertoire zuständig ist. 

Fotostrecke: 2 Bilder Effekte für den DJ…
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DJFX Delay Echo Reverb DJFX Flanger Tremolo Repeater DJFX HPF LPF Phaser DJFX Reverser Breaker-Crusher Pad FX Filter auf Slicer Pad FX Flanger auf Roll

Controllergetümmel
Sicherlich bin ich nicht der einzige VCI-300 Besitzer, der einen VFX1 sein Eigen nennt. Eine Sache möchte ich daher an dieser Stelle anmerken, und zwar die aktuelle Inkompatibilität zwischen dem VCI-380 und dem Vestax-FX-Board. Nachdem ich den VFX1 zusätzlich zum VCI-380 angeschlossen hatte, um mehr und direktere FX-Controls zu bekommen, verschwinden leider die PAD-FX von der Bildfläche. Zwar kann ich nun beide FX-Units auf dasselbe Deck routen, die Effekte vorhören, bevor sie auf den Dancefloor prasseln und ich habe mehr (!) Parameter zur Kontrolle (beim Flanger z.B. LFO-Amount und Delay), doch die PAD-FX bleiben unsichtbar. Viel schlimmer noch: Stöpsel ich den VFX ab, ist das gesamte FX-Plugin abgetreten! Dies lässt sich nur durch ein Entfernen des VCI-380 (!) und ein erneutes Anschließen an den USB-Port lösen, was natürlich die Audioausgabe unterbricht. Die Effekte lassen sich mit dem VFX1 auf das Mikrofonsignal abfeuern, sogar vorhören, jedoch nicht ausgeben. Hmmm, dabei steht doch auf meiner VFX-1 Verpackung: FX-Controller for Serato Itch. Okay, Vestax trifft hier vielleicht nicht die Schuld, denn sie sind nicht für die Funktionsweise von Itch verantwortlich. Und nochmal okay, dies ist ein VCI-380-Test, kein Itch-Review. Aber liebe Seratos – das kann es nicht sein! Wieso nicht ein Effekt mehr, wie beim XONE:DX?

Leider nicht mehr so richtig kompatibel
Leider nicht mehr so richtig kompatibel

Pad-Sektion
Anders als beim Novation Twitch oder dem Kontrol S4 liegen die Pad-Matrizen nicht am Fuße des Controllers, sondern leicht angewinkelt über den Handrädern. In diesen Sektionen kann der DJ je einen von fünf verschiedenen Performance-Modi dirigieren, die mittels der übergeordneten horizontalen Tastenansammlung aufzurufen sind, namentlich Hot Cue, Slicer, Auto Loop, Roll und Sampler. Aus Gründen, die mir nicht näher bekannt sind, ist die Farbgebung der Pads, trotz Multicolor-LED-Beleuchtung nicht immer deckungsgleich zum Modus Operandi gemäß Auswahl. Dennoch unterstützen sie das intuitive Arbeiten mit den verschiedenen Betriebsarten. In den meisten Fällen stellt der Parameter Ribbon-Controller die Taktungen der einzelnen Pads ein und ist auch zum Versetzen der virtuellen Nadel gedacht. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück. 

Fotostrecke: 2 Bilder Mit den Performance-Pads kommt richtige Spielfreude auf.

Beginnen möchte ich mit dem ersten Modus Hotcue (orange). Hier dient die Matrix dem Anlegen von acht Schnellstartmarkierungen. Der Ribbon wird nicht genutzt. Belegte Plätze leuchten gelb auf, unbelegte leuchten nicht. Traditionell machen Itch und Scratch-Live bei den Hotcues nicht von einer Quantisierung oder einer taktgenauen Ausrichtung am Beatgrid Gebrauch, daher sind ein gutes Gehör und eine gute Portion Fingerspitzengefühl erforderlich, möchte der DJ beim Cuejuggling im Takt bleiben. Beim bloßen Anfahren von Scratch-Markierungen sehe ich hier keine besonderen Probleme. Ferner ist zu erwähnen, dass diese Art der Cuepoint-Auslegung natürlich Sinn macht, möchte man bestimmte Stellen wie Vocal-Parts exakt präparieren. Ich finde dennoch, Serato könnte ruhig eine optional zuschaltbare teilmaschinisierte Koordination implementieren. Der Slicer als Workaround wäre mir, was die Positionen der Marker angeht, (noch) nicht flexibel genug. 

Hotcue Performance Modus
Hotcue Performance Modus

Looping
Im Auto Loop-Modus (grün) legen die ebenfalls grünen Pads taktsynchrone, nahtlose Schleifen an. Die Range reicht von 1/32 nach 4/1 bis hin zu ¼ nach 32 und wird per Ribbon gesteuert, der als Loop-Cutter (Normal) oder als Einstellwerkzeug (Shift) herhält. Im Roll (auch alles grün) hat der Sensor die gleiche Funktion. Die Decks hingegen spielen nach dem Loslassen einer Taste nicht an der aktuellen Position weiter, sondern dort, wo sie sich ohne Interaktion des DJs befunden hätten. Den Unterschied verdeutlichen die nachfolgenden Hörproben. 

Auto Loop Performance Modus
Auto Loop Performance Modus
Audio Samples
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Serato Auto-Loop Serato Loop Roll

Der Sampleplayer
SP6 nennt sechs Slots sein Eigen, welche auf die ersten sechs Pads verteilt sind, die wiederum zum Triggern des Audiomaterials dienen. Die Buttons sieben und acht springen zur vorherigen oder nächsten von vier Bänken (A, B, C, D), was die Wiedergabe zu meinem Bedauern stoppt. „Latching“ wäre die bessere Alternative. Der Hardwarezugriff liegt also maximal bei 24 Dateien, von denen je eine Bank simultan und synchronisiert laufen kann, wobei sich nicht jedes Sample syncen lässt und die Synchronisation für meine Begriffe besser gestaltet sein könnte – also mit freier Quantisierung, Offset usw.. Tempo, Pitching, Abspielmodus, Sync, Keylock, Länge und Konsorten sind selbstverständlich veränderbar, allerdings nicht von der Hardware aus, was aufgrund der Komplexität durchaus vertretbar ist – aber in Anbetracht eines Traktor-Kontrol-F1 überdenkenswert erscheint und mit einer MIDI-Learn-Funktion seitens ITCH noch besser dastünde. Hier mal eines der kostenlos zum Download (knapp 600MB) bereitgestellten Loopmaster-Samplepacks im SP6-Lauschangriff.

Fotostrecke: 2 Bilder Sampler
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Samplepack lawler

Slicer
Letztlich wäre da noch der Slicer-Modus, der erstmalig beim Novation Twitch gesichtet wurde und auf zwei Arten zu einer außergewöhnlichen Performance beitragen kann. Standard: Im Moment des Auslösens wird ein Track-Ausschnitt (hier Domain) in acht Teil-Abschnitte (Slices) nach vorn unterteilt und kann über die Tasten neu zusammengespielt werden. Ein weißes Lauflicht an der Hardware zeigt die originäre Position (grüner Marker in der Software) innerhalb der Domain an. Das Ganze ist im Grunde wie ein mehrfach unterteilter Loop zu betrachten, der entsprechend seiner voreingestellten Länge auf das Beatgrid gelegt wird. 
Die Domain kann von zwei bis 64 Viertelnoten reichen und wird nach Aktivierung des Slicer-Modus in acht identische Abschnitte gleichen Abstands zerlegt. Eine Domain der Länge zwei arbeitet also mit Viertelnoten und im 4/4-Takt landet jeder Einsprungpunkt exakt an einem Beat. Betätigt der DJ nun Tasten auf der Matrix, werden die Slices abgespielt, doch die Markierung der ursprünglichen Wiedergabeposition läuft im Hintergrund weiter, bis keine der Taste mehr gedrückt wird. Dann springt der Titel zur Originalposition (grüne Markierung) innerhalb der Domain. Sollte der Positionsmarker das Ende der Domain erreichen, ohne dass eine Aktion erfolgt ist, wird der Endpunkt des Auszuges als neuer Anfangspunkt deklariert. Sie wird somit um ihre voreingestellte Länge verschoben und die Slices on-the-fly neu gesetzt. Dies alles geschieht beatsynchron und ohne Audiofehler. Die Quantisierung des einzelnen Patterns und somit die Wiedergabelänge und Verzögerung beim Einstarten eines Samples kann in vier Schritten von 1/8 bis 1 Beat frei eingestellt werden. 
Der zweite Modus wird durch erneutes Drücken auf den Slice-Button aufgerufen, wobei die Matrix nun eine grüne LED-Beleuchtung einnimmt. Hier spielt der Track nicht automatisch weiter, sondern die Domain wird geloopt. Im Mix mit einem zweiten Song besteht hier die Gefahr, dass bei sehr kleinen Quantisierungen -abhängig vom Timing des Anwenders- ein Verzögerungseffekt oder Off-Beats auftreten. Was mir beim Slicer grundsätzlich fehlt, ist die Möglichkeit, die Domain über das Jogwheel fein aufgelöst zu verschieben oder die Start- und Endpunkte anzupassen. 
An dieser Stelle möchte ich kurz festhalten, dass die Kreativabteilungen des Bundles viel Spaß machen und besondere Sternstunden mit dem Session-Rekorder für die Ewigkeit festgehalten  werden können. Ob das nur intern geht und auch mit externen Zuspielern und dem Mikrofonweg, wollt ihr wissen? – Jupp, das geht! Die Aufnahmequalität ist zudem auf dem Mac als gut einzustufen und frei von Störungen oder Rauschen. Ob VCI-380-User allerdings jemals in den Genuss von TheBridge (Test hier) kommen werden ist ungewiss. Auf der Internetseite heißt es dazu, momentan gebe es kein Release-Date.

Fotostrecke: 2 Bilder Slicer Performance Modus
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Slicing Beat Slicing Vox

Trotz allen Lobes für unseren Testkandidaten aus dem Hause Vestax, der gut klingt, viele Itch-Funktionen dirigiert, dabei intuitiv bedienbar und vor allem beherrschbar bleibt und bei aller Anwenderfreundlichkeit, die ein selbstkonfigurierendes System mit sich bringt: Dass Itch nach wie vor keine MIDI-Learn Funktion mitbringt, stößt mir sauer auf. Das ist besonders ärgerlich, wenn man ein älteres Gerät wie einen VCI-300 umkonfigurieren will, oder einfach einen weiteren Controller wie den AKAI LPD8 für den SP6 einbinden möchte, um mehr Parameter als das bloße Abfeuern der Samples per Hardware zu dirigieren. Eigene Workflow-/Mapping-Ideen umzusetzen, ist daher unmöglich. Daraus folgte im Übrigen bisher, dass Zusatzfeatures teilweise nur über Hardware-Dongles zu erkaufen waren (siehe VFX1, NSFX). Leider macht es der andere große Hersteller aktuell mit seinem F1-Remix-Controller (Test hier) und den entsprechenden Decks nicht anders. Ich hoffe, das macht nicht Schule. Vielleicht doch lieber ein kostenpflichtiges Upgrade?
Serato-Video
Itch und somit auch mein Testkandidat unterstützen mit Version 2.2.0 Serato Video – ein Plug-in mit dem sich Bewegtbild-Dateien wie Musikvideos oder Footage ineinander mixen und mit Effekten versehen lassen. Ein ausführliches Review wird in den nächsten Tagen folgen. An dieser Stelle schon einmal ein kleiner Ausblick: Der Schnelltest zeigt, dass mit dem VCI-380 die Transparenzfader und der FX-Crossfader des Plugins gesteuert werden können. Zudem ist es möglich, Video-Scratches und -Loops mit den Performance-Pads zu generieren oder auch Beat- oder Frequenz-abhängige Visual-FX abzufeuern. Allerdings kostet der Spaß auch satte 213 Euro UVP. Promo-Content gibt’s auf der Herstellerwebsite. Weitere Infos folgen im Serato Video Test.

Video für den DJ
Video für den DJ

FAZIT

Der VCI-380 tritt als Itch-Controller in die Fußstapfen des VCI-300 und übertrumpft diesen in jeder Hinsicht. Er bietet dem Käufer nicht nur einen MIDI-Controller mit integrierter Soundkarte und großen Jogwheels mit Positions-LED, sondern auch einen autonomen zweikanaligen Audio-Mixer für Phono und Line-Zuspieler. Die Audioeigenschaften sind gut, die Verarbeitung und das Raumangebot auch, die Latenzen gering. Das Set ist kompakt ausgefallen und bietet viele kreative Funktionen und Zugriffsmöglichkeiten, für die früher ganze Wagenladungen an Equipment nötig waren. Weitere besondere Merkmale sind die spannenden Performance-Modi für die Pad-Matrix – allen voran Slicer, Sampler, Looper und Hotcues, Dazu gesellen sich PAD-FX mit Aftertouch Funktion sowie je eine FX-Sektion pro Kanal. Ein Arsenal, mit dem der DJ seine Tracks so richtig durch die Mangel drehen kann. Und nicht zu vergessen serviert der Hersteller auch noch zwei Mikrofoneingänge und professionelle symmetrische Masterausgänge, die das System zu einer runden und stimmigen Sache machen. Was mir fehlt sind EQs, Effekte und ein Talkover für die Mikrofonkanäle, eine Skalierung an den Channel-Metern und ein Rating-System in der DJ-Software. Doch das ist schon fast jammern auf hohem Niveau.
Der VCI-380 klingt gut, ist intuitiv zu bedienen und macht richtig Spaß. Was sonst sollte ich sagen, als dass er ein würdiger Thronfolger ist?

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Strukturierteres Layout
  • Große, einstellbare Jogwheels mit Positions-LED
  • Spannende Performance Modi
  • Pad-FX mit Aftertouch
  • Analoge Mischpultfunktion
  • Mikrofon/Line- und Phono-Input
  • Dedizierte Hochpassfilter im Mixer-Modus
  • Robuste und hochwertige Verarbeitung
  • Gute Soundqualität
  • Serato Itch im Lieferumfang
Contra
  • Channel-Meter ohne Skalierung
  • Kurzes Netzteilkabel
  • Curve-Regler auf dem Frontpanel etwas klein
  • Keine Mikrofon-EQs und Talkover-Funktion
  • Vergleichsweise hoher Preis
Artikelbild
Vestax VCI-380 Test
Für 680,00€ bei
Last_Vestax_VCI-380_16

Herstellerlink Vestax 

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Profilbild von jelco

jelco sagt:

#1 - 23.07.2012 um 17:58 Uhr

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wie oft stellt man denn den crossfader ein, damit man einen größeren regler braucht ?

Profilbild von Peter

Peter sagt:

#2 - 25.07.2012 um 12:01 Uhr

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Hallo jelco,
wer öfters am Curve-Regler dreht, weil er seine Scratches und Cuts während der Session in unterschiedlichen Lautstärken einspielt, ohne die Lines/Gain verstellen zu wollen (und somit auch die Gesamtlautstärke bei Kurvenspitze), kann ein Lied davon singen.

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