Harley Benton Custom Line CLD-41S Test

Die Harley Benton Custom Line CLD-41S im bonedo-Test  –  Die legendäre Dreadnought ist zweifellos der Leuchtturm unter den Akustikgitarren. Seit Generationen zieht sie Musiker aus aller Welt in ihren Bann, wobei man sich das Original von Martin (inzwischen) nur noch mit einem wirklich prall gefüllten Geldbeutel leisten kann. Es gibt deshalb heute kaum noch einen Akustikgitarrenhersteller, der nicht eine preisgünstige Dreadnought im Line-Up führt. Doch die Unterschiede in Bezug auf Sound und Verarbeitung sind vergleichsweise groß und nur selten zeigen vor allem weniger teuere Kopien die typischen Eigenschaften des Originals. Auf der Suche nach einer preisgünstigen Dreadnought, die auch das anspruchsvolle Ohr zufriedenstellt, wurden wir „hellhörig“, als uns die CLD-41S von Harley Benton in die Hände fiel.

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So viel vorab: Die CLD-41S hat uns mit ihrem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis mehr als überrascht. Es lohnt sich deshalb, diesen Testbericht weiterzulesen. Wie sie im Vergleich mit dem Original abschneidet, werden wir aber noch nicht verraten. Das Original, die Martin D-41, kam im Jahr 1979 in den Handel. Zur Information: Eine Chiffre wie z.B. D-41 bezeichnet bei Martin einerseits die Form (D = Dreadnought) und andererseits die Ausstattung (Style 41) einer Gitarre. Salopp gesprochen kann sich bei Martin jeder „Typ“ mit einem ausgewählten Outfit „stylen“, und Style 41 gehört schon zur gehobenen Abendgarderobe. Auch unsere Kandidatin aus der chinesischen Manufaktur Saein deutet mit der Bezeichnung 41S an, dass sie sich im Glanz der echten D-41 von Martin sonnen möchte, denn das „S“ in der Chiffre steht für eine massive Deckenkonstruktion, englisch „solid“.

Details

Rein äußerlich betrachtet kann man die CLD-41S schnell mit ihrem prominenten Vorbild verwechseln, denn auch Details wurden nahezu originalgetreu übertragen. Lediglich die Ganzkörperlackierung (Natur Satin) unterscheidet sie signifikant vom glänzend polierten Original. Unsere Kandidatin hat sich für ihren Gala-Auftritt mächtig in Schale geworfen. Zum Outfit von Style 41 gehören bunt-schillernde Abalone-Einlagen am Deckenrand und auf dem Griffbrett, goldfarbene Mechaniken und ein eingebundenes Griffbrett. Darüber hinaus begleiten edle Hölzer, nämlich Palisander (Body), Sitkafichte (Decke) und Mahagoni (Hals) die Performance unserer anspruchsvollen Diva. Das Original von Martin protzt allerdings auch noch mit teurem Ebenholz, das hier aus Kostengründen durch Palisander (Griffbrett und Saitenhalter) ersetzt wurde. Die Dimensionen stimmen jedenfalls, denn der üppige Body präsentiert sich in der typischen Form und den standardgerechten Abmessungen (s.u.) einer waschechten Martin Dreadnought im Maßstab 1:1. 

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Zunächst soll aber die Attraktivität der 41S, die sich optisch wohltuend von der „grauen Masse“ abhebt, gewürdigt werden. Die massive zweiteilige Decke bietet nämlich gleich mehrere Hotspots. So schmückt sich die CLD-41S mit einem funkelnden Herringbone-Streifen aus Abalone, der rundum den Deckenrand verziert, während eine dekorative Holzeinlage mit mehreren konzentrischen Kreisen das Schallloch an der Innenseite umrundet. Der Außenring, ebenfalls Abalone, korrespondiert wiederum mit der Randeinlage. Das dichte Holz der Sitkafichte sorgt für stabile Verhältnisse und hat sich in der Vergangenheit bewährt. Praktisch alle (amerikanischen) Gitarren, die im Zeitraum von 1940 und 1990 gebaut wurden, kamen mit einer Sitkafichtendecke in den Handel. Dieses Holz ist immer noch problemlos erhältlich, da es riesige Waldbestände gibt. Es dunkelt unter Lichteinfluss nach und kann schon nach ein paar Monaten einen honiggelben Farbton annehmen. Die Basis unserer Testkandidatin stammt übrigens aus Alaska und macht einen guten Eindruck. Welche Güteklasse der Hersteller hier verarbeitet hat, konnte aber nicht in Erfahrung gebracht werden. Jedenfalls vermitteln die feinen Maserungen ein harmonisches und symmetrisches Erscheinungsbild. Die „Nahtstelle“ in der Mitte wurde gekonnt kaschiert und eine hauchdünne Versiegelung (Natur Satin) lässt der Decke genügend Raum zum Atmen. Ein aufgeklebter (fast) authentischer „Teardrop“ aus Tortoise schützt die schöne Decke vor unkontrollierten Attacken mit dem Plektrum.

Fotostrecke: 4 Bilder Schöne Einlagen am Schallloch

Der aufgeleimte Saitenhalter mit einem sanft geschwungen Unterbauch (Bottom-Belly), entspricht nur formal dem einer D-41 von Martin, denn der unserer Kandidatin besteht aus Palisander (statt Ebenholz), wobei das offenporige Material einen ziemlich rustikalen Eindruck hinterlässt. Es besteht aber kein Grund, an der Funktionalität der Konstruktion zu zweifeln. Die einteilige und längenkompensierte Stegeinlage aus echtem Knochen mit einer „Nase“ für die B-Saite ruht wackelfrei in der Fräsung und überträgt die Schwingungen sauber auf die Decke, die dadurch auch spürbar resonieren kann und mächtig „Hub“ entwickelt. Ein Leisetreter ist die CLD-41S nämlich nicht. Die Saiten werden, wie üblich, mit den Ball-Ends und weißen Pins am Saitenhalter arretiert. Dramatische Unterschiede entdeckt man aber sonst nicht. Das Original brüstet sich allerdings mit sechs kleinen Abalone-Pearl Dots, die im Falle des Falles aber den Kohl auch nicht fett machen würden. Jedenfalls gibt es noch einen zusätzlichen Stegpin im Lieferumfang, der als Ersatz dient.
Mit einem Ring aus schneeweißem Binding werden die Decken- und Bodenhälften mit dem Resonanzkörper verbunden. Dieser bringt mit einer Zargentiefe von minimal 10,0 cm am Hals und maximal 12,6 cm am Knopf ein ziemlich großes Luftvolumen ein und müsste ordentlich Dampf machen. Die ausgeprägte Profilverjüngung (2,7 cm), die man bei seitlicher Betrachtung deutlich erkennt, soll das Handling dieser großen Gitarre erleichtern. Dazu später mehr. Auch der schöne Rücken der Diva kann entzücken. Zwei symmetrische Bodenplatten aus indischem Palisander – matt versiegelt – vermitteln ein harmonisches Erscheinungsbild. Die beiden Bodenplatten werden wie beim Original mit einem dekorativen Zierspan mit Fischgrätmuster (im Style 41) optisch getrennt. Zargen und Boden sind perfekt seidenmatt lackiert. 

Fotostrecke: 5 Bilder Blick auf den Gurtknopf

Das Schallloch mit einem Durchmesser von 10 cm (Normalmaß) gibt Gelegenheit, der CLD-41S unter die Haube zu schauen. Man darf vorwegnehmen, dass auch im Innenbereich einer Dreadnought von Martin alles genau so ausschaut. Die dünne Fichtendecke ist mit einem Standard „X“ Scalloped unterbaut. Kennzeichnend für das „X“ Scalloped sind zwei nach innen ausgehöhlte Hauptstreben, die sich an der Nahtstelle am Schallloch überschneiden und an den Ausläufern am Deckenrand abgeflacht sind. Der Kreuzpunkt der beiden Leisten lässt sich gute 3-4 Zentimeter hinter dem Schallloch ertasten. Die beiden Leisten sollen einerseits leicht genug sein, um der hauchdünnen Decke ein Höchstmaß an Elastizität und damit ein gesteigertes Schwingungsmoment zu belassen und andererseits stark genug, um die dünne Decke, die durch die Stahlsaiten größten Spannungen ausgesetzt ist, auch an ihrem schwächsten Punkt im Schalllochbereich zu verstärken. Das „X“ Bracing schützt sie außerdem vor Verformungen (durch den Saitenzug), weil die Ausläufer direkt die Stegenden tangieren, wo die Spannung am größten ist. Dieses Konzept geht voll auf.
Vier schmale Querbalken am Boden und ein aufgeleimter Bodenmittelstreifen sorgen dafür, dass sich die beiden Bodenhälften nicht voneinander ablösen. Ein leichter Halsblock aus Mahagoni hält die Zargen, den Halsfuß, den Boden und die Decke stabil zusammen. Sämtliche Reifchen, die rundum am Rand den Boden mit den Zargen verbinden, sind absolut sauber und gleichmäßig eingesetzt. Man kann im Inneren, so weit das Auge reicht, jedenfalls keine Mängel entdecken. 
Das eingebundene Griffbrett besteht aus offenporigem Palisander und ist passgenau ohne Ecken und Kanten auf einem massiven Mahagonihals aufgeleimt. Das Griffbrett unserer Kandidatin sollte auch ohne Lackierung „alt“ werden. Griffbretter aus Palisander zeigen auch nach Jahren keine Abnutzungserscheinungen, sind aber nicht so dicht und verwindungssteif wie solche aus Ebenholz. Ein sanftes Shaping erleichtert jedenfalls das Spiel mit Barrégriffe und die standardgerechten 20 schmalen Bünde sorgen für eine sichere Navigation auf dem Griffbrett. Sie sind zwar sauber abgerichtet, aber nicht ordentlich poliert und fühlen sich (beim Vibrato) bisweilen kratzig an. 

Fotostrecke: 7 Bilder Hals-Korpus-Übergang

Bundmarkierer, insgesamt neun schöne Hexagon-Inlays aus Abalone, sind reichlich vorhanden, sogar im ersten Bund. Das Material, das eine große Auswahl an Färbungen anbietet, darunter blau, grün, purpur und violett, entspricht akribisch der Maßgabe von Style 41. Zusätzliche kleine Punkteinlagen auf der schneeweißen Griffbretteinbindung bilden eine sinnvolle optische Ergänzung. Die Saiten laufen über einen sorgfältig gefeilten und ausgerichteten echten Knochensattel, der mit einer Breite von 4,3 cm dem Standardmaß entspricht. Auch der härteste Anschlag kann die Saiten dort nicht aus der „Fassung“, das heißt, aus den Kerben bringen.
Hals und Halsfuß bestehen aus separaten Komponenten und sind ebenfalls seidenmatt lackiert. Sauber gemacht! Die Verleimstelle kann man nur noch erahnen.  Der dünne Hals mit einem ausgeprägten C-Shaping wird mit einem obligatorischen Stahlstab stabilisiert. Dieser Halsstellstab sorgt aber auch für eine präzise Justierbarkeit der Halskrümmung, wenn es z.B. nach dem Saitenwechsel (andere Saitenstärke) schnarren sollte. Den Zugang zur Stellschraube verschafft man sich bei der Dreadnought über das Schallloch, ohne dass die Saiten entfernt werden müssen. Der Schlüssel ist im Lieferumfang enthalten. Allerdings kommt die Gitarre optimal eingestellt aus der Werkstatt.
Ein spitzer Halsfuß ist bei unserer Kandidatin stabil mit dem Halsblock verzapft (Schwalbenschwanz) und verleimt. Beide Komponenten sind dann in der Regel untrennbar miteinander verbunden. Der Neck Joint der CLD-41S befindet sich, wie bei einer Steel-String üblich, am 14. Bund. An der Unterseite der Kopfplatte bildet ein Kragen (Dart) den Übergang zum Hals. Ursprünglich wurde der Dart bei Martin zur Stärkung der strukturellen Schwachstelle am Übergang vom Hals zur abgewinkelten Kopfplatte konzipiert, dort, wo das Holz besonderen Spannungen ausgesetzt ist. Obwohl inzwischen der eingelegte Stahlstab den Siegeszug (auch bei Martin) angetreten hat, konnte der Dart bei der Dreadnought überleben. Jedenfalls beeinträchtigt er an dieser Stelle nicht die Greifhand. 
Die geschlossene Kopfplatte wurde leicht angewinkelt am Hals angesetzt, um die Saitenspannung und den Anteil der Obertöne zu erhöhen. Ihre Rekonstruktion ist gelungen und Verwechslungen wären vorprogrammiert, wäre da nicht das verräterische Harley Benton Logo, das an der Oberseite prangt. Darüber hinaus unterscheidet die seidenmatte Lackierung die CLD-41S vom Original. Die Oberseite ist mit einem Furnier aus Mahagoni veredelt und sogar mit Binding eingerahmt. Sehr edel wirken außerdem die goldfarbenen geschlossenen Mechaniken mit griffigen Stimmflügeln, die an den beiden Seiten der Kopfplatte verschraubt sind. Da sie zuverlässig, präzise und fein arbeiten, werden die Schaller-Mechaniken der Martin D-41 nicht vermisst. Dem Betrachter bietet sich jedenfalls ein gepflegter Anblick.

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