Man denkt sofort an die Ikonen The Rolling Stones, das einflussreiche Rolling Stone Magazine oder an Bob Dylans epochalen Hit ‘Like a Rolling Stone’. Bevor Legenden wie Mick Jagger die Bühne betraten, war der “rollende Stein” bereits ein universelles Sprichwort über den Wert von Freiheit, Bewegung und die Natur des Freigeistes. Wir erklären, weshalb diese Phrase in der Musikwelt so bedeutend geworden ist und beleuchten, wie der ewige Wanderer zur Leitfigur der Rockmusik wurde.

Als das Rolling Stone-Magazin im Jahr 2004 seine Liste der 500 besten Songs aller Zeiten veröffentlichte, dominierte ein Motiv gleich die beiden Spitzenplätze: Auf Rang eins stand Bob Dylans Like a Rolling Stone, direkt gefolgt von ‘(I Can’t Get No) Satisfaction’ der Rolling Stones. Die Bedeutung des rollenden Steins hat sich dabei über die Zeit immer wieder verändert. Heute wird er als Symbol für Bewegung, Aufbruch, Veränderung und den Preis der Freiheit gesehen. Doch weshalb besitzt gerade dieser Ausdruck eine derart wichtige Bedeutung in der Musikkultur?
Erster Rolling Stone bereits vor tausend Jahren
Schon vor über tausend Jahren gab es den ersten schriftlich festgehaltenen Spruch zu Rolling Stones. Der Schriftsteller Egbert von Lüttich inkludierte in seinem Werk “Das vollbeladene Schiff” einige Reime und Sprichwörter, die bis heute Gebrauch finden. Ein paar Beispiele: “Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul”, “Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch” oder “Dauernd rollende Steine sammeln kein Moos“.
Für letzteres Sprichwort gibt es mehrere Bedeutungen. Eine Interpretation sagt aus, dass jemand ohne feste Bindung und Verwurzelung selten erfolgreich ist. Manche Leute interpretieren es jedoch so, dass Moos ein Symptom unerwünschten Stillstands ist. Ganz nacht dem Motto: “Wer rastet, der rostet”. Im Englischen hat sich die Bedeutung des Begriffs Anfang des 20. Jahrhunderts langsam aber sicher gefestigt.
Ursprünge in der Arbeiterbewegung
Der Gewerkschafter Joe Hill brachte dabei neuen Wind für “Rolling Stone”. Als schwedischer Immigrant in den USA setzte er sich für die Rechte von Arbeitern ein. Er organisierte Proteste und komponierte Songs für die Arbeiterbewegung der frühen 1900er. Er schuf sich mit seiner Arbeit allerdings auch zahlreiche Feinde. 1915 wurde er des Mordes beschuldigt, obwohl die Anklage auf schwachen Beinen stand. Es gab kein Motiv, keine Waffe und der Sohn des Opfers gab Hill keine Schuld.
Er wurde dennoch schuldig gesprochen und stand nun vor der Todesstrafe. In seinem Testament schrieb er dann: “My Kin don’t need to fuss and moan, moss does not cling to a rolling stone”. Er wurde zum Märtyrer und sein positives Gedicht sorgte dafür, dass “Rolling Stone” ihm und dem Lebensgefühl des freien Wandervogels zugeschrieben wurde.
In den 20er und 30er Jahren hörte man den Begriff immer öfter in der amerikanischen Volksmusik. Bei Country- und Bluessängern wurde der Begriff in Songs für reisende Musiker verwendet. 1948 begann Leon Payne den Song ‘Lost Highway’ mit der Zeile: “I’m a rolling stone, all alone and lost. All the life of saying I have paid the call.”
Ein Jahr später veröffentlichte Hank Williams eine Coverversion von ‘Lost Highway’. Der Song schlug im Vergleich zum Original ein. Das lag auch daran, da die Lyrics zu seinem Lebensstil wie das Faust aufs Auge passten. Williams war ein Alkoholiker, Wanderer und Womanizer. “Just a deck of cards and a jug of wine/And a woman’s lies make a life like mine.”
Den nächsten “Rolling Stone”-Hit veröffentlichte Muddy Waters mit seiner Version des Blues-Klassikers ‘Catfish Blues’. Er nannte seinen Titel ‘Rollin Stone’, da er den Lifestyle des reisenden Musikers in sich trug. Waters fühlte sich als unabhängiger Freigeist, der seinem Herzen durch die Welt folgte. Spätestens mit dem Release der LP wurde “Rolling Stone” mit einer Person ohne Heimatverbundenheit, ein Herumtreiber bzw. Wandervogel verbunden.
Die Band “Rolling Stones” wurden von Muddy Waters inspiriert
An diesem Punkt des Artikels ist es wohl eindeutig. Die legendären Rolling Stones haben ihren Namen nicht aus der Luft gegriffen. Stattdessen ist der Hintergrund ziemlich simpel. Laut Keith Richards passierte folgendes: Die Band wollte eine eine Show in England spielen und brauchte Publicity. Bei einem Gespräch mit dem lokalen Magazin “Jazz News” fragte ein Journalist nach, wie die Band heiße. Dann sah sich das Gründungsmitglied Brian Jones um und bemerkte eine LP von Muddy Waters auf dem Boden liegen. Der Titel: “Rollin’ Stone”. Der Rest ist Rockgeschichte.
Eine weitere Musikgröße, Bob Dylan, bediente sich ebenfalls an der Phrase. Dylan galt als Fan von Hank Williams und Muddy Waters. In der Bob Dylan-Konzertdokumentation “Don’t Look Back” sieht man den Musiker beim Singen von ‘Lost Highway’. Im selben Jahr (1965) veröffentlichte er einen seiner größten Hits: Like a Rolling Stone. Spätestens mit Dylans Song galt das Leben eines “Rolling Stones” als Inspiration und Ziel eines jeden Freigeists.
Rolling Stone-Magazin als Teil der kulturellen Bewegung
Dieses Lebensgefühl des unabhängigen Wandervogels griff 1967 dann auch ein Musik- und Kulturmagazin auf, das für Jahrzehnte die Popkultur prägen sollte: Das Rolling Stone Magazine. Gründer Jann Wenner erzählte in der ersten Ausgabe, die am 9. November 1967 veröffentlicht wurde, woher der Magazinname stammt. Er wurde von Künstlern wie Waters, Dylan, den Rolling Stones und nicht zuletzt vom Sprichwort selbst inspiriert. Dazu sah er in der Phrase einen Beitrag zur kulturellen Bewegung der Rockmusik. Wenner wollte mit dem Magazin Teil des Aufbruchs in eine liberale und offene Gesellschaft sein.
Das Sprichwort tauchte bei Musikgrößen immer und immer wieder auf. Sei es bei Jimi Hendrix mit ‘Highway Chile’ oder den Beatles bei ‘Dig It’. Bei dem Klassiker ‘Papa Was A Rollin’ Stone’ aus 1972 von The Temptations wurden die negativen Aspekte des Wandervogels thematisiert – wenn der eigene Vater lieber die Welt bereist, anstatt Verantwortung zu Hause zu übernehmen. Selbst in neueren Veröffentlichtung wird das Thema immer wieder aufgegriffen. In Songs wie ‘Rolling Stone’ von Surfaces oder ‘Same in the End’ von Sublime werden die Konsequenzen eines Lebensstils thematisiert, der von ständiger Bewegung und Rastlosigkeit geprägt ist.
Rolling Stone bleibt immer in Bewegung
Wie man sieht, hat sich die Bedeutung des “rollendes Steines” über die Jahre, oder besser gesagt Jahrhunderte, oft verändert. Vom Wanderer der nie Wurzeln fassen kann und sich daher kein erfolgreiches Leben aufbaut bis hin zum freien Wandervogel, der sich vor keiner neuen Erfahrung scheut. Die kulturelle Relevanz hat sich nach und nach manifestiert. Rolling Stone ist zu einer universellen Idee des Wandels, der Freiheit und der Bewegung geworden. Genauso wie der Begriff selbst, der sich immer an die kulturellen Einflüsse der aktuellen Zeit angepasst hat.