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Interview mit Anika Nilles – The Next Nevell

Im Hause Nilles geht’s geschäftig zu wie immer: Nicht nur Drumclinics, internationale Festival-Performances, die Leitung der Schlagzeugabteilung an der Popakademie, Tourneen oder Drum-Recording stehen auf dem Plan, Mitte September erscheint mit „False Truth“ auch das neue Album von Nilles’ Band Nevell. Sie ist eine Selfmade-Woman, die die Geschicke der Band (und ihres ganzen beruflichen Lebens) selber fest in den Händen hält: vom Komponieren, Arrangieren, Proben, Booking, allgemeiner Orga und dem Reisen bis hin zu den Konzerten selber. Das ist reichlich Arbeit, aber ohne diese breite Vielfalt wäre sie einfach nicht glücklich.

Warum, welche Rolle Nevell in ihrem künstlerischen Schaffen spielt und warum das Booking von Bandgigs trotz der internationalen Zusammenarbeit mit der Gitarristenlegende Jeff Beck oder Millionen von Clicks auf Social-Media nicht zwangsläufig ein Selbstläufer ist, das erzählt uns Anika Nilles am besten selber. 

Anika Nilles ist das Gesicht ihrer Band Nevell, aber eine feste, „richtige“ Besetzung ist ihr wichtig. (Foto: Alex Kluft)
Anika Nilles ist das Gesicht ihrer Band Nevell, aber eine feste, „richtige“ Besetzung ist ihr wichtig. (Foto: Alex Kluft)

Wie bist du an die Kompositionen für das neue Album herangegangen? 

Es gibt Ideen, die vom Schlagzeug kommen, und solche, die harmonisch oder mit einer Melodie starten. Über die Jahre haben sich die Dinge bei mir gefestigt. Beim ersten Nevell-Album kamen die Ideen noch eher vom Schlagzeug als Basis, aber mittlerweile starten 70 Prozent der Songs beim Komponieren mit Harmonien und Melodien.

An welchem Instrument komponierst du? 

Meist am Keyboard. Manchmal sind’s Harmonien oder Melodien, manchmal ist es aber auch nur die grobe Idee von einem Feeling. Dann suche ich nach einer Harmonie, die diesem Feeling entspricht. Zu alledem mache ich meist nur ganz grobe Schlagzeugprogrammierungen, bevor ich mich überhaupt ans Schlagzeug setze und etwas spiele. Das Schlagzeug kommt oft erst ziemlich spät dazu, zumindest wenn ich beim Komponieren nicht von ihm ausgehe. 

Wie entstehen denn die doch ziemlich ausgefuchsten Schlagzeugparts? 

Vieles beginnt beim Auschecken von speziellen Sachen am Drumset. Diese Ideen entwickeln sich vom technischen Üben über das Zu-Loops-Spielen hin zur Musik. So entsteht zum Beispiel ein Groove, der später in einem Chorus oder wo auch immer landet. Diese Grooves werden natürlich immer wieder variiert. Es sind oft schon ziemlich ausgecheckte, sehr konkrete Dinge. Wenn ich vom Schlagzeug aus komponiere, dann sind die Ideen meist rhythmisch von vornherein komplexer – wenn ich das Schlagzeug am Ende auf eine Harmonie draufsetze, dann ist es oft etwas anders. Es sind zwei komplett verschiedene Arten von Writing. Ich persönlich höre das auch auf dem Album. Ich weiß nicht, ob andere es auch so wahrnehmen [lacht], aber für mich ist das sehr deutlich. 

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Wie fixiert sind diese Schlagzeugparts? 

Bei mir ist eigentlich nix ausnotiert [lacht]. Gar nix. Bei manchen Songs sind die Parts aber nun mal so, wie sie eben sind. Da gibt es keinen großen Freiräume zum Improvisieren – weil alles in den verschiedenen Instrumenten sehr klar aufeinander abgestimmt ist. Innerhalb einer solchen Komposition ist es mittlerweile so, dass ich bewusst Freiräume für Improvisationen oder Soli einbaue. Da ist es komplett frei, und ich gehe mit dem Solisten mit. Dann gibt’s wieder Parts, die absolut fix sind. Auf dem Album zumindest gibt es zum Beispiel keine aus einem Jam heraus entstandenen Songs. Das sind schon alles feste Kompositionen.

Live werden diese dann durch freiere Parts aufgebrochen und gelockert. Es gibt aber auch Songs, die ausschließlich live gespielt werden und gar nicht auf dem Album sind. Da gibt es eine Melodie, Harmonien, eine Form, Cues, und es ist frei, was sonst noch passiert. Das wollen wir als Band live auch genau so handhaben, denn es macht das Programm spannend.

„Das Schlagzeug kommt oft erst ziemlich spät dazu, zumindest wenn ich beim Komponieren nicht von ihm ausgehe“, sagt Nilles. Foto: Marius Mischke
„Das Schlagzeug kommt oft erst ziemlich spät dazu, zumindest wenn ich beim Komponieren nicht von ihm ausgehe“, sagt Nilles. Foto: Marius Mischke

Welche Rolle spielt die Band in der ersten Kompositionsphase? 

In der eigentlichen Kompositionsphase ist die Band noch nicht so wichtig, und ich schreibe die Main-Layouts für die ganzen Songs im Voraus. Ab einem gewissen Punkt, an dem eine Idee klar ist, leite ich sie an die Band weiter, und sie bringt nochmal ihren Teil ein. Manchmal ändert sich dadurch richtig viel, manchmal sind’s nur Kleinigkeiten, und manchmal bleibt auch alles, wie es ist. Meine Synth-Parts, die zu diesem Zeitpunkt ja schon drin sind, sind oft auch noch irgendwo auf dem Album zu hören [lacht].

Deswegen steht in den Credits auch immer, dass ich Synths spiele [lacht]. Ab einem gewissen Punkt kommt die Band hinzu, aber beim Entstehen der Songs bin ich zunächst einmal für mich. Wir haben versucht, es auch mal anders zu machen, aber dadurch hat sich ein wenig meine Handschrift verloren. Das meine ich überhaupt nicht negativ, aber man soll schon hören, dass ich hinter den Songs stecke.

Das bedeutet, die Band hat sich schon um dich herum aufgestellt? 

Ja, zumindest war das damals die Idee, und sie hat sich auch so gefestigt – wobei wir schon als richtige Band funktionieren. Auch wenn mein Name vorne drauf steht, ist es mir sehr wichtig, dass wir eine Band mit fester Besetzung sind. Ich möchte nicht nur Sessionmusiker auf der Bühne haben, die bei jeder Tour oder auf jedem Album wieder andere sind. Es gibt zwar einen Mini-Pool an Subs, aber auch bei denen ist es so, dass sie mehr oder weniger fest integriert sind. 

Diese feste Struktur hört man dem neuen Album an… 

Ja. Es mag aber auch daran liegen, dass wir diesmal tatsächlich zusammen eingespielt haben. Dadurch wird alles auf natürliche Weise viel organischer. Das war unser Ziel. Früher haben wir alles nacheinander aufgenommen. 

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Gibt es Unterschiede bei „Songs für Drumshows“ und „Songs für die Band“? 

Ja, total [lacht]. Ich spiele gerade jetzt auf der Clinictour [Nilles kam einige Tage vor dem Interview aus Lateinamerika zurück] eher die älteren Songs – weil sie um das Schlagzeug herum komponiert worden sind. Auch dadurch, dass wir alle nacheinander eingespielt haben, sind diese älteren Songs präziser. Als Band schwankt man naturgemäß etwas mehr, und das macht es schwerer, als Playback dazu zu spielen. Es gibt ein paar neuere Sachen, die ich ebenso gerne bei Clinics spiele, aber die sind vom Feeling her etwas freier. Vor etwa sieben, acht Jahren habe ich in erster Linie für Drumclinics und Videos komponiert, und das hört man auch. Die ganze Idee der Band ist allerdings von diesem Ausgangspunkt entstanden und hat sich von dort aus entwickelt.

Durch die Entstehung der Band hat sich natürlich auch das Songwriting weiterentwickelt: Da wir eine fixe Gruppe sind, weiß ich, wie die Jungs klingen, welcher Typ sie sind und wie sie spielen. Dementsprechend kann ich die einzelnen Parts für die Instrumente in diese Richtung schreiben. Das kommt natürlich dem Bandsound an sich entgegen. 

Interview mit Anika Nilles | Foto: Marius Mischke
Drei Viertel ihrer Zeit investiert Anika Nilles in die Geschicke ihrer Band. (Foto: Marius Mischke)

Wie soll’s für die Band weitergehen? 

Nevell ist schon mein Hauptaugenmerk, und das wird in Zukunft sicher noch zunehmen. Drei Viertel meiner Zeit investiere ich in die Band. Die Musik ist dabei nur der Gipfel des Eisbergs, denn ich organisiere ja auch das Drumherum selber. Es gibt natürlich Booking-Agenturen, die uns helfen, auch außerhalb von Deutschland zu spielen. Aktuell gibt es zum Beispiel in England und Australien ein paar Dates. Vielleicht geht’s demnächst auch mit der Band nach Südamerika. Das ist auf jeden Fall ein Ziel, erste Kontakte sind geknüpft. International an den Start zu kommen, ist mit einer so großen Combo nicht wirklich einfach.

Andere Künstler verkleinern in einem solchen Fall ihr Line-up oder nehmen sich Musiker aus dem jeweiligen Land. Das funktioniert aber bei uns nicht, denn obwohl ich schon mal mit anderen Musikern gespielt habe, kann man sich die Songs nicht einfach in einigen wenigen Proben draufschaffen. Egal auf welchem Level die Musiker spielen, für mich wäre es unzufriedenstellend. So was muss wachsen. 

“Auch wenn mein Name vorne drauf steht, ist es mir sehr wichtig, dass wir eine Band mit fester Besetzung sind.” Anika Nilles

Die Songs mögen schlichter als manche ‚abgefahrene‘ Jazzkomposition klingen, aber die Parts müssen in ihren Kleinigkeiten absolut passgenau aufeinander abgestimmt sein – genau so sind sie schließlich komponiert. Wenn in einer Stimme auch nur eine minimale Variation ist, dann läuft die Sache mitunter schon aus dem Ruder. „Ungefähr“ gibt es bei uns nicht, und das ist nicht so einfach, wie man es sich vielleicht vorstellt. Dazu braucht es viel Zeit und Vorbereitung. Es passiert einfach sehr viel unter der Oberfläche, und auch die Melodien, die machmal über drei verschiedene Instrumente aufgeteilt sind und zusammenfließen, müssen, vor allem bei rein instrumentaler Musik, eins zu eins so kommen. Sonst ist es einfach nicht mehr der Song. 

Welche Rolle spielt deine Zusammenarbeit mit Jeff Beck, wenn es um internationale Bookings deiner Band geht? 

Für  manche Veranstalter ist der Name sicher ein Bonus, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass selbst die vielen Clinics, zu denen ja hunderte Leute kommen, oder die YouTube-Videos für die Bookings einer Band im Livegeschehen nur bedingt etwas bringen. Als Band haben wir wirklich bei null angefangen, uns in die Clubszene hineinzuspielen. Letztendlich hat es nur etwas gebracht, bestimmte Clubs zu spielen und den Veranstaltern so zu zeigen, dass tatsächlich Leute kommen. Dann darf man auch selbst wiederkommen [lacht] oder wird weiterempfohlen. Man muss sich in die Liveszene immer noch per klassischer Ochsentour reinspielen.

Ein Name wie Jeff Beck alleine bringt, in meinem Fall zumindest, nur bedingt etwas. Bei manchen Musikern, die über die Jahrzehnte mit vielen großen Künstlern gespielt haben, mag das anders sein. Wenn man über die Jahre immer wieder in den Clubs in unterschiedlichen Konstellationen gespielt hat, dann ist es vielleicht auch einfacher. Ich muss also geduldig sein und manchmal auch ganz klassisch für wenig Geld auftreten. Hauptsache, man hat den Club mal gespielt. 

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Trotz aller Social-Media-Präsenz muss man also nach wie vor ganz klassisch live spielen? 

Ja. Ich habe immer schon gesagt, dass man das Social-Media-Geschehen in die echte Welt, in Real-Life, übersetzen muss, und das ist das, was wir jetzt mit der Band seit drei Jahren tun. Als Schlagzeugerin habe ich das ja schon mit den Clinics gemacht, und jetzt kommt die Band. Da ist es dasselbe Spiel. Natürlich ist es, wie jetzt in Südamerika, beim Kontakt mit Promotern schon etwas anderes, wenn diese mich schon einmal vor einer großen Menge von Leuten gesehen haben. Dann geht schon mal eine Tür auf, aber die Bedingungen müssen trotzdem gecheckt werden. Du musst grundsätzlich hingehen und vor Ort sein, um die Tür aufzumachen.

Abgesehen davon, welche Erfahrungen hast du denn in der Zusammenarbeit mit einer Legende wie Jeff Beck gemacht?  

Mit Rhonda Smith am Bass, die ja jahrelang bei Prince gespielt hat, war’s die oberste Messlatte. Von ihr und natürlich dem Rest der Band habe ich, und das in kürzester Zeit, unglaublich viel in ganz verschiedene Richtungen gelernt. Dafür brauchst du im Proberaum Jahre – ein klassisches Beispiel von „geh raus und spiel mit guten Leuten, dann wirst du besser“. Haken dran. Das stimmt auf jeden Fall [lacht]. Von Jeff war’s vor allem die emotionale Seite, die er in seinem Spielen hatte und die ich hoch und runter begleiten musste. Rhonda war dann eher die technische, präzise Dimension, um eine Stabilität in die ganze Sache hineinzubringen. Das war schon ein anderes Level. 

Bei der Tribute-Show nach Becks plötzlichem Tod 2023 war das Who-is-who der internationalen Musikszene vertreten – von Eric Clapton, Rod Stewart, Ron Wood über Kirk Hammett, Billy Gibbons bis John McLaughlin. Welche Erfahrung war das? 

Es ist klar, dass man da natürlich alles geben will. Gerade als Schlagzeuger hat man ja oft die Zügel in der Hand, was Dynamik oder die Einleitung von Übergängen und Endings angeht. Das will man auf keinen Fall verkacken [lacht]. Aber bei der Tribute-Show waren wir alle, vor allem natürlich Jeffs Touring-Band, noch in einer solchen Trauerphase, dass ich persönlich mich gar nicht wirklich damit befassen konnte, wer da jetzt alles spielt. Es war einfach allen klar, dass wir das alles für Jeff machen – hinter der Bühne sind viele, viele Tränen geflossen. In der kurzen Vorbereitung auf die Show ging es um die Songs an sich, und es gab nur eine kurze Durchlaufprobe. Vieles kam „on cue“ von den Gitarristen. Es ging bei mir also nur darum, die Arrangements zu Hause vorzubereiten, dann auf die Bühne zu gehen und zu gucken, dass die Show läuft.

Nicht nur auf der Bühne ist Anika Nilles unterwegs, zu ihrem Tagesgeschäft gehört unter anderem die Leitung der Schlagzeugabteilung an der Popakademie. Foto: Marius Mischke
Nicht nur auf der Bühne ist Anika Nilles unterwegs, zu ihrem Tagesgeschäft gehört unter anderem die Leitung der Schlagzeugabteilung an der Popakademie. (Foto: Marius Mischke)

Auf der anderen Seite deines professionellen Lebens bist du in Sachen Ausbildung sehr aktiv, zum Beispiel als Leiterin der Schlagzeugabteilung an der Popakademie in Mannheim… 

Genau. In Mannheim bin ich neben meinem eigenen Unterricht des ersten und zweiten Semesters in erster Linie für die Organisation zuständig. Dafür stehe ich natürlich in engem Kontakt mit den Dozenten, und wir müssen immer schauen, wer in welchem Semester bei wem studiert. Das ändert sich schließlich immer wieder. In den letzten fünf Jahren habe ich mich zudem um das Updaten der Inhalte des Studiums gekümmert. Aspekte wie hybrides Schlagzeugspielen, was ja bei jedem Popdrummer im Alltag mittlerweile Standard ist, haben da für den Unterricht eine große Rolle gespielt. Dazu gehört es, das Equipment zu besorgen und zu überlegen, wie man das alles inhaltlich gestalten kann.

Dazu kommen so klassische Dinge wie Unterrichtspläne oder Prüfungsinhalte und -gestaltung. Da sich mit der Technik vieles wieder ändert, muss ständig nachjustiert werden, und das viel schneller als in der Vergangenheit. Meine Grundfrage lautet: Passen die Inhalte noch zu den aktuellen Anforderungen? Zudem organisiere ich Specials, lade Schlagzeuger zu Masterclasses ein, plane Festivals und so weiter. Auch der Bereich Drum-Recording und Producing gehört dazu. Das ist naturgemäß viel Orga. 

Das allein hört sich schon nach einem Vollzeitjob an… 

Es ist viel, ja, aber immer nur an bestimmten Punkten – am Ende des Semesters und am Anfang. Da das komplette Semester meist am Anfang organisiert wird, wird es danach ruhiger. Nach fünf Jahren habe ich für manche Dinge meine Routinen entwickelt. Am Anfang hat mich das alles viel, viel mehr Zeit gekostet [lacht]. 

Dazu kommen schließlich noch privater Unterricht, den du anbietest, Drum-Recordings, Clinics, Festivals und nicht zuletzt das Bücherschreiben. Bleibt da überhaupt noch Zeit für irgendetwas anderes? 

Ja. Machmal vergesse ich allerdings schon mal, die Handbremse zu ziehen. Plötzlich sind wieder drei Monate komplett ohne Freizeit durchgetaktet. So was passiert mir ganz gern, und ich lern’s scheinbar einfach nicht [lacht]. Manchmal muss es dann einfach knallen, bevor ich eine Pause mache. Aber mir war es schon immer wichtig, verschiedene Sachen zu machen und verschiedene Standbeine zu haben. Als Typ kann ich einfach nicht mein Leben lang nur eine Sache tun. Das langweilt mich. Die Vielfalt reizt mich – wobei natürlich nicht alles gleichzeitig stattfindet. Songwriting zum Beispiel, das kann ich typmäßig nicht einfach nebenbei machen, sondern muss mich bewusst in den Prozess einfinden.

Wenn du mal die Zeit findest, dich tatsächlich zum Üben hinzusetzen, was reizt dich dann? Passiert so was oft? 

Das richtet sich nach dem Zeitfenster. Bei mir gibt es eigentlich selten mal zwei Wochen am Stück, die den gleichen Ablauf haben. Wenn ich zu Hause bin, dann finde ich aber eigentlich immer die Zeit, zwischen zwei und vier Stunden zu üben. Das ist dann einfach auch Teil des Tagesablaufs. Das Üben ist ein Ausgleich für mich, zum Beispiel während des Songwritings, das dann doch ziemlich zeitintensiv ist. Auf Tour oder unterwegs übe ich hingegen so gut wie gar nicht, denn meine ganze Kraft geht dann oft auch fürs Reisen als solches drauf. Ich meine, das Reisen mit Jeff Beck war total easy und hat kaum Kraft gekostet, sodass ich Songs schreiben oder üben konnte, aber die Umstände des Reisens sind bei mir meist eben andere [lacht], und die können auch mal anstrengend werden. 

Wie ist eigentlich heute deine Einstellung zu Quintolengrooves, mit denen du ja zumindest einem größeren Publikum bekannt geworden bist? 

Die Thematik ist tief in meinem Spiel verankert, und ich habe mich damit sehr, sehr lange befasst. Es war nicht geplant, damit bekannt zu werden, sondern sie hat mich einfach sehr interessiert – und eher zufällig auch andere [lacht]. 

“Es war nicht geplant, mit Quintolengrooves bekannt zu werden, sondern sie haben mich einfach sehr interessiert – und eher zufällig auch andere.” Anika Nilles

Hast du dich auf diese Thematik auch mal festgelegt gefühlt? 

Es war eine Zeit lang so, dass das alles von mir irgendwie erwartet wurde. Natürlich spielt die Thematik auch heute eine Rolle, aber es wird nicht davon ausgegangen, dass so was auch unbedingt kommen muss oder Thema ist. Viele meiner Songs haben natürlich diese Elemente, sodass die Sachen früher oder später ohnehin auf den Tisch kommen. Aber auch im Unterricht wird das nicht als Erstes abgefragt. Überhaupt nicht. Das hat sich, obwohl es eine sehr gute Startposition ist, merklich neutralisiert und ist mittlerweile ein integriertes Thema unter vielen anderen.

Was sind Schwerpunkte, an denen du momentan arbeitest? 

Ich habe in letzter Zeit viel an Koordination, Präzision und Geschwindigkeit gearbeitet. Dadurch hat sich auch technisch wieder einiges verändert. Über die letzten Jahre habe ich mich auch viel mit ‚ganz normalen‘ Themen beschäftigt – Themen, die nicht Odd-Meters oder Groupings waren [lacht]. Man wird ja auch von den Studentinnen und Studenten inspiriert, davon, was sie im Alltag brauchen. Wenn ich Gigs spiele, dann habe ich immer einen kleinen, inneren Notizzettel, auf dem ich aufschreibe, was in meinem Gefühl noch nicht so rund läuft oder wo es einfach hakt. So was nehme ich dann auch mit in meine Übezeit.    

Biografie:

Anika Nilles, geboren 1983 in Aschaffenburg, wurde während der 2010er-Jahre durch ihre Videos auf Social-Media einem großen Publikum bekannt. Die Videos zu ihren Solostücken „Wild Boy“ (2013) und „Alter Ego“ (2014) wurden zusammen viele Millionen Mal abgerufen. Nach dem Schulabschluss absolvierte Nilles zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin, leitete eine Kindertagesstätte. Mit 26 Jahren bestand sie die Aufnahmeprüfung für Schlagzeug an der Popakademie Baden-Württemberg und schloss diese 2013 ab. Seitdem ist sie von Europa über Asien bis Nordamerika als Musikerin, Komponistin, Dozentin und Leaderin ihrer Band Nevell unterwegs. 2022 wurde sie von dem mittlerweile verstorbenen Gitarristen Jeff Beck in seine Tourband geholt. Seit 2021 ist Nilles neben ihrem künstlerischen Schaffen Leiterin der Schlagzeugabteilung der Popakademie Baden-Württemberg.

Diskografie: 

Pikalar (2017), For A Colorful Soul (2020), Opuntia (2022), False Truth (2025); Bücher: Pad Book (2020)

Bildquelle: Anika Nilles
Fotostrecke: 3 Bilder Bildquelle: Anika Nilles

Equipment: 

  • Drums: Tama „Star Maple“
  • 22“ x 15“ Bassdrum
  • 10“, 12“, 16“ Toms
  • 14“ x 8“ „Starphonic Aluminium“-Snaredrum
  • 14“ x 5“ „Brass Stewart Copeland Signature“-Snaredrum
  • 14“ x 5,5“ „SLP Big Black Steel“-Snaredrum
  • Cymbals: Meinl „Byzance“
  • 20“ „Foundry Reserve“-Ride
  • 14“ „Foundry Reserve“-Hihat
  • 22“ „Vintage Crash Ride“
  • 18“ „Dual“-Crash
  • 20“ „Extra Dry Thin“-Crash
  • 12“ „HCS Filter“-China
  • 12“/14“ „Smack Stack“
  • 8“ „Traditional“-Splash
  • 18“ „Deep Hat“ (Anika Nilles Signature)
  • Percussion: Meinl
  • „Anika Nilles Beat Bell“, Woodblocks und Bongos
  • Drumheads: Evans
  • Snare (Top/Reso): „HD Dry“/„G2“
  • Bassdrum (Batter/Reso): „UV EQ4“/„EQ3 White“
  • Toms: „Onyx“ 
  • Hardware: Tama, Meinl
  • „Iron Cobra Lever Glide“-Hi-Hat-Maschine
  • „Roadpro“-Snareständer (3)
  • „Roadpro“-Boom-Cymbal-Stands (5)
  • „Roadpro“-Tom-Cymbal-Combo-Stand (2)
  • „Iron Cobra 900 Power Glide“-Bassdrumpedal
  • Sticks: Promark (Signature-Modell)

Website: https://anikanilles.com

Anstehende Termine 2025:

  • 11. September: Nevell, Birmingham (UK)
  • 12. September: Nevell, London (UK) 
  • 13. September: Nevell, Liverpool (UK)
  • 14. September: Nevell, Leeds (UK)
  • 21. September: Nevell, Gelsenkirchen
  • 26. September: Drumclinic, Verona (I)
  • 27. September: Drumclinic, Mailand (I)
  • 09. Oktober: Nevell, Aschaffenburg 
  • 10. Oktober: Nevell, Weikersheim
  • 17. Oktober: Nevell, Hamburg
  • 18. Oktober: Nevell, Minden 
  • 30. November: Nevell, Melbourne (AUS)
  • 02. November: Nevell, Sydney (AUS)
  • 04. November: Nevell, Brisbane (AUS)
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