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Zivix Jamstik Test

Der Zivix Jamstik ist ein Gitarren-Controller im Kleinformat mit sechs Gitarrensaiten und fünf Bünden. Laut Hersteller kann man mit ihm Gitarre lernen – eine spezielle App dazu steht kostenlos zum Download parat. Außerdem soll er als MIDI-Controller mit allen gängigen DAWs zusammenarbeiten. Das klingt auf jeden Fall vielversprechend: echtes Gitarrenfeeling über die Gitarrensaiten und als Gitarrist problemlos mal eben ein paar coole Synth-Parts aufnehmen.

Leider doch mehr Spielzeug als ernstzunehmende Übe- und Lern-Gitarre bzw. MIDI-Controller.
Leider doch mehr Spielzeug als ernstzunehmende Übe- und Lern-Gitarre bzw. MIDI-Controller.


Oder entspannt mit dem iPad auf dem Sofa sitzen und Gitarre mit dem virtuellen Lehrer (der nie sagt, dass man mehr üben soll …) lernen. Ob die ganze Geschichte auch so gut funktioniert, wie sie uns in den YouTube-Clips dargestellt wird, erfahrt ihr jetzt im Test.

Details

Gehäuse/Optik

Der Jamstik erinnert mich an das Steinberger-Paddel aus den 80er Jahren. Damit meine ich die schwarze Gitarre bzw. den Bass ohne Kopfplatte und mit minimalem rechteckigem Korpus. Der Jamstik ist aber noch weiter reduzierter, er misst in der Länge 416 mm und auf dem kurzen Hals sind fünf Bünde eingearbeitet. Mit einer Sattelbreite von 47,5 mm liegt der Hals ungefähr zwischen dem einer Steelstring Akustik (43 mm) und dem einer klassischen Nylonstring Gitarre (52 mm). Das Instrument ist aus Kunststoff hergestellt, daher sehr leicht, aber für ein authentisches Feeling trotzdem mit Standardbünden und Stahlsaiten (010-046) ausgestattet.
Direkt am Steg sitzt ein hexaphonischer Pickup, der das Signal jeder einzelnen Saite separat abnimmt.

Fotostrecke: 8 Bilder Der Jamstik ist eine MIDI- & Lern-Gitarre aus Kunststoff mit 416 mm Länge.

An Bedienelementen finden wir auf der oberen Seite des Korpus vier Navigationstaster und den On/Off-Button mit dazugehöriger Status-LED. An der Unterseite sind die Anschlüsse für USB und Kopfhörer angebracht. Hinter dem Steg ist ein großer Taster, mit dem die klingenden Leersaiten abgedämpft werden. Beim Jamstik+ ist es nicht möglich, die leere Saite durch Abdämpfen der Saite zu stoppen, das erledigt in diesem Fall der Dämpf-Taster. Betrieben wird der Jamstik+ über einen Lithium-Akku, der geladen wird, sobald der Jamstik+ per USB mit dem Computer oder einem Ladegerät verbunden ist.

Fotostrecke: 6 Bilder Vier Navigationstaster und ein On/Off-Button mit Status-LED sind zum Steuern vorhanden.

Bedienung/Apps

Der Jamstik+ kommuniziert über Bluetooth oder USB mit dem Computer oder dem Tablet. Für die Bluetooth-Verbindung ist die Version 4.0 notwendig. Primär laufen die Apps auf Apple-Gerätschaften, es werden aber auch Android-Systeme unterstützt. Vor der Anschaffung solltet ihr unbedingt auf der Website des Herstellers die Systemanforderungen überprüfen, damit ihr wisst, in welcher Form euer Rechner oder Tablet mit dem Jamstik+ nutzbar ist und welche Apps auf den angeschlossenen Geräten laufen. Laut Datenblatt erfüllen meine beiden Computer (Macbook Pro Mid 2012, iMac 2016) die nötigen Anforderungen, aber der Jamstik+ wird im Bluetooth-Menü nicht angezeigt. Über USB hat die Verbindung direkt funktioniert.

Es gibt zum Zeitpunkt des Tests vier Apps für den Jamstik+. Das Kernstück bildet die Jamstik+ App, hier können diverse Einstellungen zur Bedienung gemacht werden. Die Anschlagsempfindlichkeit der einzelnen Saiten lässt sich einstellen, man kann den Sound des Instrumentes auswählen sowie Capo- und Oktav-Settings vornehmen. In der Grifftabelle wird der angeschlagene Akkord angezeigt, wodurch man lernt, was man gerade greift, aber die Anzahl der im Jamstik gespeicherten Akkorde ist recht überschaubar. Varianten wie Moll6 oder Moll9 beispielsweise fehlen und einen Dsus2 verkauft er mir als Dadd9. Okay, okay … ich werde jetzt etwas pingelig. Aber wenn schon groß geworben wird, dass man mit dem Teil Gitarre lernen kann, dann sollte der Kollege doch zumindest die Lagerfeuer-Akkorde gespeichert haben.

Mit der JamMix-App lassen sich vorgefertigte Songs abfeuern. Jede Saite steuert ein Instrument und die Töne auf dem Griffbrett steuern verschieden Pattern an. Mit ernsthaftem Gitarrespielen oder amtlichem DJ-Einsatz hat das nichts zu tun, kann aber ein sehr lustiger Partyspaß sein.

Fotostrecke: 5 Bilder Jamstick+ App
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Praxis

Die beiden JamTutor-Apps bieten Lerneinheiten zum Gitarre-Spielen mit Video-Erklärungen und vielen Animationen. Das Ganze ist zeitgemäß angelegt, der Arcade-Mode zeigt die Saiten im Guitar-Hero-Style und es kann entsprechend gespielt werden. Die Apps sind gut gemacht, zur Motivation gibt es Scorer-Punkte für jeden getroffenen Ton. Das Ganze kommt immer mit Backing-Tracks und grafischer Animation. Für Guitar-Hero-Fans ist das mit Sicherheit eine akzeptable Überleitung in die Welt der “richtigen” Gitarre, aber ich bin da doch eher skeptisch, denn gespielt wird nach Optik. Mit Musikmachen hat das für mich nicht viel zu tun. Ich muss aber auch klar zugeben, dass ich in dieser Hinsicht eindeutig traditionell geprägt bin, selbst sehr lange als Gitarrenlehrer gearbeitet habe und die Schwierigkeiten besonders für Anfänger kenne. Klar, man kann recht schnell zu coolen Ergebnissen kommen und auch Spaß bei der Sache haben. Aber ich sehe deutliche Probleme, wenn jemand mit dem Jamstik die ersten musikalischen Gehversuche macht und unter Umständen Ambitionen hat, das Instrument “vernünftig” lernen zu wollen, um vielleicht später einmal in einer Band zu spielen.

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Zuerst einmal das Timing. Beim Anschlagen der Saiten hat man eine gehörige Latenz, das ist nicht vergleichbar mit dem Spielgefühl bei einer richtigen Gitarre. Das Spielen der Übungen hat sich für mich nicht gut angefühlt, außerdem neigt man dazu, nach dem Bild zu spielen und nicht nach dem Groove der Band. Dynamik und Tonkontrolle können hier nicht ausreichend gelernt werden und durch die geringen Maße und den kurzen Hals ist die Haltung eine andere als bei einem normal großen Instrument. Die Leersaiten können nur mit dem Dämpfer hinter dem Steg abgestoppt werden, mit der Greifhand funktioniert das nicht. Und mit lediglich fünf Bünden stößt man früh an seine Grenzen. Kurzum, ich persönlich kann jedem, der ein Instrument ernsthaft lernen möchte, nur empfehlen, sich eine richtige Gitarre zu kaufen – spielbare Instrumenten gibt es in dieser Preisklasse jede Menge! Außerdem bin ich ziemlich skeptisch, ob man mit einem Jamstik+ am Lagerfeuer das andere Geschlecht tatsächlich nachhaltig beeindrucken kann 🙂

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MIDI-Controller

Zum Testen des Jamstik als Midi-Controller habe ich das Gerät per USB an meinen iMac (OSX 10.11.6) angeschlossen. Als DAW ist Logic Pro X (10.2.4) im Einsatz und ich habe mit dem Jamstik+ diverse Software-Instrumente bedient. Die Integration funktioniert erstklassig, der Jamstik wird sofort erkannt und die jeweiligen Instrumente werden angesteuert. Aber die Latenz …! Ich habe selbstverständlich den Low-Latency-Mode angewählt und sogar dort ist, wie bei der Jamstik-App, eine sehr spürbare Latenz vorhanden. Für Pad-Sounds kann man das noch halbwegs akzeptieren, aber wenn man mit dem Controller rhythmische Parts einspielen möchte, kommt man gehörig ins Rudern. Ich habe einen AB-Vergleich mit meinem Roland GI-20 und einer Godin-Gitarre mit Hex-Pickup gemacht und bei beiden war das Tracking wesentlich besser. Klar ist diese Kombination im Preis wesentlich höher angesiedelt, aber wenn der Hersteller mit gutem Tracking wirbt, muss er sich auch dem direkten Vergleich mit den bewährten Systemen stellen. Klar ist aber auch, dass das weite Feld Guitar to MIDI seit Jahrzehnten problematisch ist und sich damit wohl auch in nächster Zukunft noch diverse schlaue Köpfe beschäftigen werden. Echtzeit-Tracking bei der Gitarre bleibt eine Herausforderung.

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Fazit

Der Jamstik+ kommt in kleinem Format mit fünf Bünden, konzipiert als Übungs- und Lern-Gitarre, bei der die Klangerzeugung aus Tablet oder Computer kommt. Der Hersteller bietet dazu diverse kostenlose Apps an. Die JamTutor Apps sind sehr gut gemacht und es dominiert die zeitgemäße grafische Gestaltung. Gespielt wird weniger nach Noten und Tabs – Guitar-Hero-Style im Arcade-Mode ist angesagt. Wer auf Computerspiele abfährt, wird mit Sicherheit seine Freude haben, aber als ernsthafte Alternative für einen Einsteiger (oder Fortgeschrittenen) an der Gitarre kann ich den Jamstik+ nicht empfehlen. Zum einen ist da eine zu hohe Latenz in der Wiedergabe, was es schwer macht, ein entsprechendes Spielgefühl und Dynamik-Empfinden zu entwickeln, von Tonbildung ganz zu schweigen. Dann ist das Ganze nur auf fünf Bünde reduziert. Auch vom Lernkonzept im Guitar-Hero-Style bin ich nicht überzeugt, man neigt dazu, mehr nach den visuellen und weniger nach den akustischen Vorgaben zu spielen. Auch als ernstzunehmender MIDI-Controller zur Soundsteuerung in der DAW war mir die Latenz zu hoch. Daher gibt es für den Jamstik+ als Musikinstrument nur 2,5 Sterne – um in dieser Disziplin zu bestehen, müsste noch einiges nachgebessert werden.

Unser Fazit:
2,5 / 5
Pro
  • kompakte Abmessungen
Contra
  • große Latenzen
  • kein authentisches Spielgefühl
  • nur fünf Bünde
Artikelbild
Zivix Jamstik Test
Für 239,00€ bei
Leider doch mehr Spielzeug als ernstzunehmende Übe- und Lern-Gitarre bzw. MIDI-Controller.
Leider doch mehr Spielzeug als ernstzunehmende Übe- und Lern-Gitarre bzw. MIDI-Controller.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Zivix
  • Modell: Jamstik+
  • Typ: tragbarer digitaler Gitarren-Controller
  • Bünde: 5
  • Verbindung: USB, Bluetooth
  • Stromversorgung: Akku
  • Maße: 416 x 89 x 45 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 709 Gramm
  • Preis: 291,00 Euro
Bluetooth Kompatibilität
  • iPad Mini (or Later) iOS 8.12+
  • iPad 3 (or later) iOS 8.12+
  • iPhone (4S or later) iOS 8.12+
  • iPod touch (5th Gen or later) iOS 8.12+
  • Mac OSX 10.10 (Yosemite) iOS 8.12+
  • Android Tablet/Phones (Marshmallow Version 6.0.1+)
Hot or Not
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Profilbild von Dieter

Dieter sagt:

#1 - 04.10.2016 um 15:16 Uhr

0

291,- Euro sind ganz schön viel für dieses Häufchen Elektroschrott. Die Leute sollten das Geld lieber in einen Gitarrenlehrer investieren.

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