Der Name Theremin ist in mehrerlei Hinsicht ein klangvoller: Zum einen, weil es sich in der Gesamtkonzeption um ein ziemlich einmaliges Instrument handelt, zum anderen, weil virtuose Spieler und Spielerinnen oft zu einer zauberhaften Aura gelangten, was – drittens – an der Spielweise liegt. Nämlich dem kontrollierten Greifen in die Luft, um das vom Theremin generierte elektromagnetische Feld so zu modulieren, dass Melodien hörbar werden. Wer heute ein Theremin erstehen will, dessen Geburtsstunde immerhin auf das Jahr 1920 datiert, der wird beispielsweise bei Moog fündig, bezahlt dafür aber dann auch einen halben Tausender. Billiger und sogar mit Midi-Steuerung will uns dieses Vergnügen nun die kleine amerikanische Equipmentmanufaktur „Zeppelin Design Labs“ bescheren.
Das Altura Theremin ist vom Prinzip und der Aufmachung her gut durchdacht, erreicht aber nicht die Präzision und damit die konzertante Spielbarkeit des Originals.
Details
Der Altura von Zeppelin Design Labs ist dabei im engeren Sinne eigentlich kein „Theremin“, sondern simuliert gewissermaßen dessen Funktionalität. Denn während beim Original ein elektromagnetisches Feld aufgebaut wird, das man dann durch den Körperwiderstand moduliert, kommen beim Altura vier Ultraschall-Sensoren zum Einsatz, die eine kontinuierliche Abstandsmessung in zwei Achsen vornehmen. Und während beim Original die Klangerzeugung direkt vom elektromagnetischen Feld beeinflusst wird und somit vollständig analog und damit auch kontinuierlich ist, kommt beim Altura ein Arduino zum Einsatz, der die Aufgabe übernimmt, die angelieferten Sensordaten in Midi-Informationen umzuwandeln um damit einen angeschlossenen Synthesizer oder Computer zu steuern.
Da die beiden Macher hinter Zeppelin Design Labs ihre Produkte mit Laib und Seele auf einem Hinterhof in Chicago entstehen lassen, stellen sie das Altura Theremin auch in unterschiedlichen Ausbau- und damit Preisstufen zur Verfügung: Vom blanken Bausatz ohne Gehäuse (49 USD), über das Kit mit Gehäuse (64 USD), bis hin zum einsatzbereiten Gerät inklusive Netzteil (129 USD). Wir haben uns für diesen Test für die fertig montierte Version ohne Netzteil entschieden. Schon deswegen, da sich der Altura auch mit einer Standard 9-Volt-Blockbatterie betreiben lässt.
Das Altura reist in einem braunen Standard-Karton. Darin finden sich das Theremin, einige Aufkleber von Zeppelin Design Labs, eine händisch unterschriebene Dankeskarte und das ausgesprochen hübsch gestaltete, englischsprachige Manual. Überhaupt scheint man bei Zeppelin Design Labs der visuellen Gestaltung offenbar viel Beachtung zu schenken: Von der Website, über das Printmaterial bis hin zu den Geräten selbst, wird konsequent auf eine Designsprache verwirklicht, die im Stil der 1950er-Jahre gehalten ist.
1/3 Das Altura Theremin samt Reisebegleitung. (Foto: Numinos)
2/3 Das englischsprachige Manual liefert auch ein bisschen Historie. (Foto: Numinos)
3/3 Selbst die Dankeskarte ist stilecht gestaltet. (Foto: Numinos)
Erster Eindruck
Die kleine Plastikbox steht auf einer Grundfläche von ca. 16 x 10 cm und misst 4 cm in der Höhe. Direkt nach dem Auspacken habe ich ihr selbstklebende Gummifüße spendiert, da sie ab Werk keine hat und entsprechend auf den Bodenschrauben steht, was sich irgendwie immer rutschig anfühlt. Optisch kann das Altura Theremin gefallen: Der starke schwarz/weiß-Kontrast sorgt für eine gute Ablesbarkeit und die seitlich angebrachten Sensoren sehen mit ihrer silbernen Einfassung und dem davor liegenden Schutzgitter ausgesprochen schick aus. Da die Beschriftung allerdings nur als Aufkleber und nicht in Siebdruck realisiert ist, steht zu befürchten, dass diese mit der Zeit anfangen etwas unschön auszusehen.
Zwar kein Siebdruck, sondern nur Aufkleber – dennoch sieht das Altura Theremin hübsch aus. (Foto: Numinos)
Anschlüsse
Das Thema Anschlüsse ist schnell abgehandelt, denn es gibt lediglich zwei: Der eine ist die Buchse für die optionale externe Stromversorgung, der andere ein 5-Pol Din-Midi-Port. Daneben gibt es noch einen roten Power-Taster zur Inbetriebnahme des Geräts.
Übersichtliche Rückseite: Strom, Midi und Power-Taster. (Foto: Numinos)
Inbetriebnahme
Zunächst einmal gilt es das Altura mit Strom zu versorgen – wahlweise geschieht dies über eine 9-Volt-Blockbatterie oder ein externes Netzteil. Wählt man die Batterie-Option, muss man lediglich die magnetisch gehaltene Frontplatte abnehmen und die Batterie in das entsprechende Fach auf der Platine setzen. Das allerdings ist ein kleiner Kraftakt, denn der Plastikrahmen, der die Batterie auf Position hält ist sehr starr. Man muss hier also sehr verbindlich drücken, bis der 9-Volt-Block in seine Position rutscht. Die Betriebsbereitschaft wird nach dem Einschalten, dann durch eine rote LED in der obersten Zeile der Frontplatte signalisiert.
1/2 An das Innenleben des Altura kommt durch einfaches Abnehmen der Frontplatte. (Foto: Numinos)
2/2 Das Einsetzen des 9-Volt-Blocks ist etwas fummelig. (Foto: Numinos)
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Praxis
Grundsätzlich „bespielt“ man den Controller mit beiden Händen durch Annäherung und Entfernung von den Sensoren. Und zwar in einer seitlichen nach oben gehenden Achse, links und rechts von der Basis und in einem Bereich von ca. 4 bis 40 cm (von den Sensoren aus). Beide Seiten liefern unabhängig voneinander entsprechende Abstandsinformationen, die von der Firmware des Altura (diese ist übrigens Open-Source und kann bei Bedarf selber modifiziert werden) in Midi-Daten umgewandelt wird.
1/2 Die seitlich angebrachten Ultraschall-Sensoren im Detail. (Foto: Numinos)
2/2 Von oben gut zu erkennen: Beide Seiten strahlen im selben Winkel ab. (Foto: Numinos)
Grundsätzliches Prinzip dabei: Die rechte Seite liefert Noteninformationen (Note-On/Off und Tonhöhe), die linke kontinuierliche Parameter. Für jede Seite lassen sich mit den Potentiometern auf der Frontplatte unterschiedliche Wertebereiche festlegen. Links sind dies: Werte (nah/fern) und Funktion. Mit den beiden Potis „Near/Far“ lege ich also fest, welcher der maximale und minimale CC-Wert ist, den der Altura sendet. Mit Funktion bestimmt man dann, welcher Controller-Wert gesendet werden so. Zur Auswahl stehen:
Die sieben Betriebsmodi des Altura. (Foto: Numinos)
Mit den vier rechts gelegenen Potis legt der Luftmusikant dann den Grundton fest (Key), wählt aus einer von zwölf Skalen (Scale), und bestimmt die Oktavbreite (Octave near/far) im Bereich von eins bis acht (!). Durch Umkehren der Werte invertiert sich auch die Skala (nah = tief und umgekehrt). Dabei erweist sich das lediglich dreistellige Display als erstaunlich informativ, denn es zeigt beim Einstellen sowohl den Grundton, die gewählte Skala und ihre Oktavbreite, wie auch den aktuellen Modus an. Beim Spielen visualisiert es ferner den aktuellen CC-Wert des linken Sensors. Zeppelin Design Labs haben auf ihrem Youtube-Kanal ein sehr anschauliches Video veröffentlicht, wo die verschiedenen Funktionen deutlich werden.
Video Zeppelin Design Labs
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In der Praxis sollte man sich allerdings nicht dem Wunsch hingeben, über acht Oktaven hinweg präzise Noten ansteuern zu können. Selbst bei nur einer Oktave „springt“ der Sensor oft zwischen zwei Noten hin und her. Allzu große „Hibbeligkeit“ kann man durch eine Absenkung der Auslese-Rate des rechten Sensors zwar ein kleines bisschen entgegentreten, so „geschmeidig“ wie bei einem analogen Theremin wird es dadurch allerdings nicht. Klar, denn man arbeitet hier ja immer mit eindeutigen Noten, die jeweils neu angeschlagen werden (Note On-Befehl) und nicht mit einem kontinuierlichen Legato, wie beim Vorbild. Für authentische Ergebnisse empfiehlt es sich deshalb am angesteuerten Midi-Klangerzeuger einen monophonen Sound einzustellen, der bestenfalls mit einer langen Glide-Zeit ausgestattet ist.
1/3 Grün eingefärbt: Die Midi-Note-Informationen des rechten Sensors. Rot: Die Pitch-Daten des linken. (Foto: Numinos)
2/3 Zwar auch nur ein Nachbau, dennoch derzeit das wohl authentischste Theremin: Moog Theremin. (Foto: Numinos)
3/3 Mit einem kleinen Poti lässt sich die Refresh-Rate der Sensoren modifizieren. (Foto: Numinos)
Hier der Versuch eine Oktave gleichmäßig durchzuspielen – man hört, wo die Abstandserkennung Unsicherheiten zeigt:
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Eine Oktave (gleichmäßige Bewegung)
In einem zweiten Versuch nehme ich mit der linken Hand noch eine Modulation des Filters hinzu. Auch hier hört man deutlich, dass es zu Sprüngen kommt.
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Eine Oktave mit Filtermodulation (links)
Etwas eleganter wird die Sache, wenn man das Altura in den X/Y-Controller-Modus schaltet und beide Sensorseiten als Midi-Controller für ein Filter (Frequenz und Resonanz) nutzt, da hier Sprünge nicht so deutlich hörbar sind – präzise ist das allerdings immer noch nicht:
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Sequenz mit Filtermodulation (links: Frequenz, rechts: Resonanz)
Richtig Spaß macht das Altura Theremin hingegen, wenn man es gewissermaßen als Luftharfe einsetzt: Man also einen polyphonen Sound mit langem Release einstellt und diesen dann mit einem großen Oktavumfang und einer passenden Skala (beispielsweise pentatonisch oder äolisch) spielt.
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Arpeggio über drei Oktaven mit äolischer Skala.
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Fazit
So lieb man das Altura Theremin vom Prinzip und der Aufmachung her haben kann und so gut durchdacht es in der Bedienung auch ist – in der Kerndisziplin, nämlich in der Umwandlung des Abstandes der Hand vom Sensor und der entsprechenden Konvertierung in Midi-Daten, erreicht es nicht die Präzision und damit die konzertante Spielbarkeit des Originals. Für effektvolle Einwürfe, besonders dann, wenn man es als Luftharfe in einer „immer passenden“ Skala oder als Controller für Effekte nutzt, ist es dagegen durchaus brauchbar.
PRO
Innovatives Konzept
Vielfältig einsetzbar
Einfache Bedienung
Stromversorgung über Batterie möglich
Relativ Günstiger Preis
CONTRA
Etwas ungenaue Positionsbestimmung
Stellenweise Tonhöhensprünge
Kein echtes Legato-Spiel
Das Altura Theremin ist vom Prinzip und der Aufmachung her gut durchdacht, erreicht aber nicht die Präzision und damit die konzertante Spielbarkeit des Originals.
FEATURES
Verschiedene Fertigungsstufe (DIY Kit – Fertiggerät) erhältlich
Batteriebetrieben
Rechter Sensor: MIDI Pitch und Note On/Off
Oktavumfang einstellbar (1-8 Oktaven) aufsteigend und absteigend
Freie Grundtonwahl
12 verschiedene Skalen
Linker Sensor: CC-Daten (u.a.: Pitch Bend, Modulation, Velocity und Channel Volume)
PREIS
Ca 99 € je nach Fertigungsstufe (Straßenpreis, Stand: 18.04.2018)
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Martin Trischler sagt:
#1 - 20.04.2018 um 08:48 Uhr
Das theremini könnte man schon erwähnen. Kostet momentan nur 330€.