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Waldorf 2-pole Test

Praxis

Der Waldorf 2-pole ist schnell an den Start gebracht: Ein Klinkenkabel verbindet einen Klangerzeuger mit dem Audioeingang und ein weiteres Klinkenkabel leitet das Output-Signal zu meiner Abhöre. Netzteil angeschlossen, Power-Knopf gedrückt und los geht’s.
Zunächst lege ich den Activate-Kippschalter nach rechts und schalte das Filter „heiß“. (In der Links-Stellung ist ein True Bypass aktiv.) Die Möglichkeiten des Filters sehen überschaubar aus und ich finde mich schnell zurecht. Klassische Filterfahrten, Resonance-Sweeps und typisches LFO-Geblubber gelingen mir auf Anhieb. Doch je länger ich mich mit dem Testkandidaten beschäftige, um so mehr begreife ich, dass der Waldorf 2-pole auch auf dem Gebiet der Verzerrungen einiges auf dem Kasten hat. Allein mit Input Gain kann man den Klang schon ordentlich aufrauen. 

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Unbearbeitetes Signal: Drumspur clean aus der DAW Verschiedene Input Gain Settings des 2-pole

Rectify und Drive

Speichern ist beim Waldorf 2-pole nicht möglich, daher geht es nach der vorsorglichen Audioaufnahme meiner Kreationen gleich weiter zum nächsten Baustein Rectify. Diese Funktion ist im Signalfluss vor dem Filter angeordnet und das Rectify-Poti ist als Verhältnismischer zu verstehen: Linksanschlag = dry, Mitte = 50/50 Mix, Rechtsanschlag = wet. Technisch gesehen invertiert dieser Effekt eine Hälfte des am Gain anliegende Audiosignals und stellt die Inversion zum Hinzumischen wieder bereit. Der Waldorf Support erklärte mir diesen Vorgang auf Nachfrage so genauer: Man stelle sich eine simple grafisch dargestellte Wellenform vor, die zwischen ihren Nulldurchgängen negative und positive Ausprägungen hat (Wellenberge). Rectify nimmt nun beispielsweise die unteren, negativen Ausprägungen und kehrt sie ins Positive. Die ursprüngliche Welle hat jetzt im positiven Bereich doppelt so viele und direkt auf einander folgende Wellenberge, im negativen Bereich dagegen keine mehr.
Praktisch gesehen erhält man mit Rectify bei einfachen Schwingungsformen eine darüber klingende Oktave und einen untenherum ausgedünnten Klang. Bei komplexeren Klängen oder auch Drums bewirkt Rectify Betonungen von Frequenzen, die man teilweise tonal wahrnimmt, Präsenzanhebungen und Bassabsenkungen. Im 50/50-Mischverhältnis des originalen und invertierten Signals wird der Klang meist auf eine gute Weise unsauberer, „rotziger“. Der „Kreative“ unter den Parametern in diesem Ensemble.

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Drums Rectify (langsam aufdrehen) Sinus Rectify (ohne / mit Filterbewegung)

Drive ist im Signalfluss ganz hinten angeordnet und versteht sich aufs Anrauen und Verzerren. Bei stärkerem Einsatz werden Gesamtlautstärke, Bässe und Tiefmitten deutlich angehoben, sodass man mit dem Output etwas gegensteuern muss. Als nächstes drei Hörbeispiele mit Filterfahrten in den drei Filtermodi und unter Einsatz von Resonanz, Drive und Rectify.

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Drums LP Drive Rectify Drums BP Drive Rectify Drums HP Drive Rectify

Hüllkurve und LFO

Hier ein weiterer Drumloop, bei dem ich den LFO und die Hüllkurve in Szene gesetzt habe. Ein wichtiger Parameter beim Benutzen der Envelope ist Threshold. Man bestimmt damit, ab welcher Lautstärke des Eingangssignals die Hüllkurve ausgelöst wird. Je nachdem, in welchem Modus, wie stark und mit welcher Auslenkung (positiv/negativ) die Hüllkurve auf das Filter einwirkt, passieren Teile des Beats das Filter unbearbeitet, während andere betont, abgedämpft oder komplett unterdrückt werden. 

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Drums LP Drive Envelope Drums BP Filter Drums BP Rectify Envelope LFO Fast Mode

Der Frequenzbereich des LFOs reicht mit maximal 25kHz nicht nur in den hörbaren Bereich hinein, sondern sogar darüber hinaus – von „Low Frequency Oscillator“ kann also eigentlich keine Rede mehr sein. Mit solchen extrem schnellen Modulationen erreicht man Klangverstümmelungen, die an Ring/Crossmodulator- oder auch Bitcrusher-Effekte erinnern. Das nennt sich dann Filter FM. Leider ist im Fast Mode des LFO immer ein Brummen oder Piepen zu hören, wenn das Filter nicht arbeitet und LFO-Depth aufgedreht ist. Das kann auf die Dauer etwas nerven.
Auch einem Vintage Synthesizer, einem E-Piano oder einem E-Bass steht der Waldorf 2-pole gut zu Gesicht, wie ich finde! 

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E-Piano clean, dann 2x durch Waldorf 2-pole Filter Synthesizer ohne / mit Waldorf 2-pole Filter E-Bass clean, dann 3x durch Waldorf 2-pole Filter

Und wo ein E-Bass ist, ist auch eine E-Gitarre nicht weit. Die Kombination des 2-pole mit einer Gitarre fand ich sehr inspirierend. Gitarristen, die experimentellere Pfade betreten wollen, können sich hier schön austoben. Stereo-Experimente bleiben jedoch außen vor, denn der 2-pole ist ja nur mit einem Mono-Signalweg ausgestattet.

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Gitarre: Alt Rock Riff Gitarre: Funky Riff 1 Gitarre: Funky Riff 2 Gitarre: Smells Like 2-pole Gitarre: Sounds Like Bitcrusher Gitarre: Synth Git Gitarre: Wah Tremolo Filter Gitarre: BP Swell High/Low mit Resonanz und LFO Gitarre: BP Swell Low/High mit Resonanz und LFO

Kann man den Waldorf 2-pole also auch als Effektgerät für Gitarre und Bass verstehen? Ich würde sagen: im Studio auf jeden Fall. Auf der Bühne nur mit Abstrichen, denn das Einstellen der Sounds ist oft sensible Millimeterarbeit und Speicherplätze gibt es nicht. Die richtige Dosis Resonanz findet man beispielsweise nur mit Fingerspitzengefühl, und auch bei Attack, Decay und Threshold der Hüllkurve können wenige Grad Poti-Drehung Welten bedeuten.

Der Waldorf 2-pole ist auch gut für Gitarre und Bass zu gebrauchen
Der Waldorf 2-pole ist auch gut für Gitarre und Bass zu gebrauchen

Envelope Trigger

Eine gute Möglichkeit, zu noch lebhafteren Filtersounds zu kommen, ist der Hüllkurven-Trigger. Er stellt eine Art „Side-Chain“ für das Filter dar. Ein Beispiel: Legt man am Eingang CV-Env einen zum Drumloop synchron laufenden Viertelnoten-Puls (wie zum Beispiel eine typische Dance-Bassdrum) an, wird die Hüllkurve bei jedem Viertel ausgelöst. Wählt man als Trigger-Input andere Rhythmen, kann man den eigentlichen Beat, der das Filter durchläuft, um Akzente oder sogar zusätzliche Noten bereichern. Im Audiobeispiel unten ist nach der ersten Bassdrum im Takt eine Art „16tel-Echo“ zu hören. Dieses 16tel kommt im eigentlichen Beat gar nicht vor und wird nur vom Filter erzeugt. Per CV-Env wird die Hüllkurve (und diese beeinflusst ja das Filter) mit besagtem 16tel-Akzent getriggert.

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Drums Sidechain per CV-Env

Hier ein Beispiel, in dem zunächst ein Akkord aus Sinusschwingungen zu hören ist. Danach gebe ich viel Input Gain und Drive dazu und aktiviere als letztes eine 4/4 Bassdrum am CV-Env. Die kratzige Fläche beginnt, gesteuert durch die „Side-Chain Bassdrum“, zu pulsieren.

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Pad (ohne/mit Filter & Verzerrung, dann mit Sidechain)
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