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Vox AC30 VR Test

Die Gitarrenverstärker, die mit einer vergleichbaren Popularität aufwarten können, lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Und kaum ein Name darunter, der den modernen britischen Gitarrensound so auffällig mitgestaltet hat, wie der legendäre Vox AC 30. Ein Combo, der mit seinem einzigartigen Endstufensound und seinen unverwechselbaren harmonischen Verzerrungen schon in den sechziger Jahren weltweit Gitarristen in seinen Bann zog.

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Im gleichen Outfit wie sein Urahn präsentiert sich der neue Vox AC 30 VR, der im Gegensatz zu seinen glaskolbengetriebenen Vorgängern seinen Sound zum größten Teil aus Transistoren schöpft. Laut Hersteller verbindet die VR- Serie die robustere Transistortechnik mit einem Sound, dem es an nichts fehlt, und das zu einem sensationellen Preis-Leistungsverhältnis. Bei einer solchen Vorstellung sind wir natürlich gespannt, was den modernen Sprössling von seinem berühmten Großvater unterscheidet.

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Details

Konzept und Aufbau
Vom Bespannstoff bis zur Lautsprecherbestückung glaubt man zunächst, einem klassischen Vox AC 30 Combo gegenüberzustehen. Nur ein kleiner Schriftzug, der sich in der unteren linken Ecke der Frontbespannung befindet, macht den Unterschied. Das hier platzierte Kürzel “VR” steht für Valve Reactor und bezieht sich auf die spezielle Endstufenschaltung des AC 30 VR mit ECC83 Röhre. Dazu später aber noch mehr. Die Elektronik befindet sich in einem Metallchassis, das Vox-typisch von oben in das aus Multiplex gefertigte offene Gehäuse eingehängt ist. Die Bedienoberfläche, mit den typischen Chickenhead-Potiknöpfen, ist leicht versenkt angebracht und von oben sehr gut einsehbar. Auf der Rückseite finden sich, ähnlich wie beim Klassiker, außer dem Lautsprecheranschluss und einer Buchse für den Fußschalter keine weiteren Anschlussmöglichkeiten. Einen Effektweg sucht man daher ebenso vergeblich wie die Möglichkeit, den Amp per MIDI zu steuern. Hier hat man es schließlich nicht mit einem Digitalamp à la Line6 zu tun, der ja im Prinzip ein auf Gitarrensounds spezialisierter PC ist. Der AC 30 VR ist, ähnlich wie ein Röhrenverstärker, ein analoger Gitarrenamp, der überwiegend mit Transistortechnologie ausgestattet ist und ganz schlicht auf digitalen Schnickschnack verzichtet.

Der Vorverstärker
Die Vorstufe des AC 30 VR arbeitet komplett ohne Röhren und ist ausschließlich mit Transistoren ausgestattet. Sie bietet zwei Kanäle, einen davon für cleane Sounds, der andere bedient die Overdriveabteilung. Letzterem kann mittels eines kleinen Schalters eine zusätzliche Bratstufe spendiert werden, wodurch sich der AC 30 VR bei Bedarf in ein echtes Metal-Monster verwandelt, denn die Gainreserven sind hier wirklich enorm, wie wir noch erfahren werden. Beide Kanäle haben eine eigenständige Klangregelung, wobei der Overdrivekanal neben Treble und Bass zusätzlich einen Mittenregler besitzt, der wirklich eine Schlüsselrolle einnimmt. Dieser für den Gitarrensound so wichtige Bereich kann damit perfekt bearbeitet werden und ermöglicht eine Vielzahl klassischer und moderner Rocksounds. Mit dem AC 30 VR lassen sich vom glasklaren und leicht angerauten Cleansound bis hin zum bösesten Metallbrett alle Facetten gut abdecken. Wem die Gainreserven hier nicht ausreichen, der ist selber schuld. Jeder Kanal hat einen Volumenregler, mit dem sich die Ausgangslautstärke regeln lässt, sodass zum Beispiel auch der cleane Kanal ohne Weiteres einen rauchigen Brian Setzer Sound erzeugen kann. Der Lautstärkeregler bringt den jeweiligen Kanal auch ohne Endstufensättigung in einen gesättigten Bereich und ermöglicht auch im Wohnzimmer anständige Gitarrensounds, und das, ohne dass die Nachbarschaft die GSG9 bestellt. Der Overdrive-Kanal bietet im Grund genommen zwei Sounds, die leider keine getrennten Volumenregler haben. Der OD1 Sound ist dynamischer und daher auch etwas lauter als der des OD2 mit zusätzlicher Gainstufe. Je mehr Zerre, desto mehr wird der Ton komprimiert und verlangt nach mehr Lautstärke, um sich durchzusetzen. Das ist leider ein Manko des AC 30 VR und man muss sich vorab entscheiden, welchen der beiden Overdrivesounds man live einsetzt, denn per Fußschalter kann nicht zwischen OD1 und OD2 geschaltet werden. Mit dem optional erhältlichen VOX VFS2 Dual Footswitch lässt sich außer der reinen Kanalumschaltung zwischen dem Clean und Overdrive nur noch der integrierten Hall aktivieren.

Die Endstufe
Die Valve Reactor Endstufe ist ebenso wie die Vorstufe 100% analog aufgebaut. Sie besteht aus zwei Teilbereichen. Der erste ist im Grunde genommen eine miniaturisierte Röhrenendstufe, die wie bei den Originalen eine ECC 83 Röhre aufweisen kann, allerdings mit einer sehr geringen Ausgangsleistung. Statt das Signal direkt an die Lautsprecher weiterzuleiten, wird es zum zweiten Bereich der Endstufe weitergereicht, der für die gewünschte Lautstärke sorgt. Da diese Leistungsschaltung völlig neutral arbeitet und den Klang in keiner Weise beeinflusst, bleibt der in Sektion 1 generierte Röhrensound voll erhalten.

Ein dynamisches Interagieren von Lautsprecher und Endstufe wird dadurch gewährleistet, dass die Impedanzkurve der Speaker ständig überwacht wird. Die Ergebnisse werden zum Ausgangstrafo gesendet und sorgen dafür, dass sich das Verhalten der Endstufe dem der Lautsprecher anpasst. Diese Schaltung arbeitet übrigens sehr effektiv und lässt den Amp bei hohen Lautstärken endstufenmäßig schön „klingeln“. Dabei werden die harmonischen Obertöne weich betont und ermöglichen einen Cleansound, der im Grunde genommen bereits leicht angezerrt ist und deshalb einen fetten, warmen Ton liefert. Wie beim klassischen AC 30 kann der Obertonbereich hier mit einem Cut-Regler beschnitten werden. Je weiter man den Regler aufdreht, desto mehr Höhen werden gedämpft. Diese Schaltung macht vor allem bei stark verzerrten Klängen Sinn, denn so bekommt man auch mit schwachen Singlecoils einen cremigen Leadsound hin, der in den Höhen nicht brüchig wird. In die Mastersektion integriert findet sich übrigens auch der wirklich sehr gut klingende Digitalhall, der dem typischen Federhall sehr nahe kommt.

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Praxis

Der Grundcharakteristik des Vox AC30 VR ist trotz aller Vielseitigkeit immer irgendwie weich und mittig. Genau wie beim AC 30 färbt die Gehäusekonstruktion und die Lautsprecherbestückung den Sound mit. Von clean bis hin zum amtlichen Rockbrett bietet er eine breite Palette an geschmackvollen Sounds. Ein ultrasauberer Klang wie beispielsweise beim Roland Jazzchorus ist allerdings nicht drin, dazu arbeitet der Amp einfach immer eine Spur zu organisch. Beim ersten Anspielen habe ich erst gar nicht bemerkt, dass es sich dabei um einen Hybridverstärker handelt. Er erzeugt mächtig Druck und Power. Seine Direktheit übertrifft dank analoger Bauweise digitale Amps um Längen. Erst im direkten A/B-Vergleich zu meinem alten AC 30 offenbarte sich dessen dynamischer und offenere Klang. Trotzdem bin ich überrascht, wie gut der junge Familienzuwachs nicht erst ab einer gewissen Lautstärke klingt. Die Lautsprecherpappe braucht zwar eine gewisse Power, um zu zeigen, was der Amp zu leisten vermag, aber schon bei Zimmerlautstärke lassen sich erstklassige Rocksounds generieren. Ich hatte deshalb nicht das Gefühl, über einen Transistoramp zu spielen, weil die dynamische Ansprache gerade bei angezerrten Soundeinstellungen sehr fließend ist. Besonders gut gefällt mir in diesem Zusammenhang der weiche Übergang von cleanen zu angezerrten Klängen, einem Bereich, der fein mit dem Volumepoti der Gitarre moduliert werden kann. Wer seidige Höhen und das harmonische „voxigen“ Klingeln mag, ist hier genau richtig.

Der Overdrivekanal klingt fett und satt und dabei macht der Mittenregler besonders viel Laune, denn er liefert einen erstklassigen Job. Bei Bedarf lässt sich der Sound aushöhlen und richtig böse Metallbretter abfeuern, wobei er immer organisch und direkt bleibt. Ab 2 Uhr setzen sich Sololinien perfekt durch. Keine Einstellung klingt kratzig oder unausgewogen. Wenn es mit ausgangsschwachen Singlecoils zu schrill werden sollte, wirkt der Cut-Regler Wunder und ermöglicht auch hier sahnige Leadsounds, indem er die oberen Frequenzen beschneidet. Der OD2 färbt den Sound „schön“, womit ich die Kompression meine, die besonders bei hohen Gain-Einstellungen das Spielen erleichtert. Dass der Amp trotzdem nicht allzu komprimiert klingt, könnt ihr bei meinen Audios hören. Der mit weniger Gain ausgestattetet OD1 klingt direkter und eignet sich für rotzige Rhythmusarbeit – siehe Aerosmith oder die klassische Rockzerre. Schade finde ich, dass man die Lautstärke des OD2 nicht separat regeln kann, denn dann hätte man einen echten Dreikanaler. Ebenfalls fehlt mir ein serieller/paralleler Einschleifweg für Effekte. Der integrierte digitale Hall ist jedoch gut gelungen und erinnert an eine Mischform aus Feder- und Digitalhall.

Jetzt aber genug der Worte, lassen wir den AC30 VR mal persönlich “sprechen”… Los geht es mit einem Song, der eine breite Palette der Sounds des Amps ins Rampenlicht zerrt. Im nachfolgenden “Rundumschlag” gehen wir dann ins Einzelgespräch.

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Vox AC30VR – Der Song

Kommen wir zu den Details. Unter anderem werdet ihr auch einige der Sounds aus dem Song im Alleingang hören. Viel Spaß dabei!

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Clean Hals Strat Clean Hals + Mitte Strat Dreifaltigkeit Lead Git Les Paul Out of Phase OD 1 Strat Steg 1 OD 1 Strat Steg 2 OD 2 Les Paul Mid 12Uhr OD 2 Les Paul Mid 9Uhr 1 OD 2 Les Paul Mid 9Uhr 2
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OD 2 Les Paul Mid Max OD 2 Strat Steg Tapping
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Der Vox AC 30 VR ist ein vielseitiger Hybrid-Amp, der verdammt röhrig klingt und seinen mit Glaskolben betriebenen Vorfahren erstaunlich nahe kommt. Hätte ich nicht gewusst, dass in seiner Vorstufe keine Röhre steckt, hätte ich es nicht gemerkt. Mir sind etliche Vollröhrenamps unter die Finger gekommen, die gegen diesen keine Schnitte hätten. Das Preis-Leistungsverhältnis ist hervorragend und ein Antesten lohnt sich in jedem Fall – nicht nur für Einsteiger!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Vielseitigkeit
  • Preis/Leistung
Contra
  • Kein Einschleifweg
Artikelbild
Vox AC30 VR Test
Für 499,00€ bei
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Facts
  • 30 Watt Hybrid Technologie mit Transistorvorstufe und ValveReactorTM Endstufe
  • Zweikanalig mit Clean und Overdrive-Kanal mit getrennter Klangregelung
  • Overdrive umschaltbar OD1 und OD2
  • Mastervolumen
  • Digitalhall
  • 2x 12” VX12 Celestion Custom Lautsprecher
  • Ausgang für externe Box 8/16 Ohm (schaltet internen Speaker ab)
  • Maße (BxHxT): 702 x 556 x 265 mm
  • Gewicht: 23 kg
  • Preis: 594 Euro (UVP)
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