Valvotronics D19 Röhren DI-Box Test

Zwar wird der Name Valvotronics den meisten unter uns nicht unbedingt geläufig sein, aber der Hersteller aus Buffalo/New York hat sich in den letzten zehn Jahren zumindest in Fachkreisen zu einer festen Größe gemausert. Mit seinen exklusiven Röhren-DI-Boxen, die in Topstudios, Broadway-Shows und auf Live-Bühnen Verwendung finden, zählt er zu den ersten Adressen in diesem Genre.

Aufmerksam wurde ich auf diese Produkte, da die Valvotronics „Rev 1“ D.I. Boxen bei der seit über vier Jahren laufenden Produktion des Queen-Musicals „We Will Rock You“ in Deutschland eingesetzt werden. Die „Rev 1“ ist eine graue Box mit Metallbügelgriff, die optisch an einen  „Curling“-Stein erinnert, allerdings seit einigen Jahren nicht mehr hergestellt wird. Nachfolger ist die hier vorgestellte „D19“, eine radikale Weiterentwicklung des Vorgängers, bei der Valvotronics die „Wunschlisten“ namhafter User eingearbeitet hat.

Valvotronics_D19_front

Hinter Valvotronics verbirgt sich Songwriter und Komponist Robert Derby, der bereits mit 14 Jahren von der Welt der Aufnahmetechnik fasziniert war. Zu einer Zeit also, als Studios noch reine Analogwelten waren und Instrumente und Stimmen auf ½ und ¼ Zoll Tonbänder konserviert wurden. Er lernte löten, um die eigenen Kabel reparieren zu können, und entwickelte wegen chronischen Geldmangels bereits mit 16 Jahren einen eigenen, passiven Mikrofon-Line-Mischer. Aber eigentlich war die Elektronik nur Mittel zum Zweck, denn ihm ging es darum, Musik zu machen und aufzunehmen. Später gab der studierte Chemiker seinen Job als Laborant auf, um zunächst als Laufbursche in einem 24-Spur Studio in NYC zu arbeiten, wo er sehr viel über Aufnahmetechnik und Elektronik lernte. Mitte der 80er schlug ihn der Sound röhrengetriebener Gitarrenverstärkern, Kompressoren/Limitern, Equalizern und Mikrofonvorverstärkern endgültig in seinen Bann: „… damals wurden alte Geräte wie der legendäre LA-2 Kompressor für 50,- Dollar verkauft oder sogar weggeworfen …“

Valvotronics_old_design_02

1988 begann Robert Derby mit der Produktion einer kleinen Stückzahl maßgefertigter Produkte und machte 1993 mit dem Vollröhrenkompressor Valvotronics GainRyder 3 erstmals von sich reden. Ein Gerät übrigens, das bis heute bei diversen Shows am Broadway eingesetzt wird. Obwohl damals bereits jede Menge DI-Boxen auf dem Markt waren, startete Robert Derby auf Empfehlung von Tonguru Jason Corsaro (Madonna, Soundgarden, usw.) mit der Entwicklung der „Rev 1“. Dafür benutzte er einen Röhrentyp, der zuletzt bei den Telefunken/EMI Vorverstärkern der 50er und 60er Jahre eingesetzt worden war, und fügte ihn in einen völlig neuen Schaltkreis ein.

Diese DI-Box hatte sensationelle Soundeigenschaften, fand regen Zuspruch insbesondere als Bass DI-Box und erhielt 2003 den Editors-Choice-Award einer amerikanischen Fachzeitschrift. Bis heute verkaufen sich Valvotronics Produkte ausschließlich über Mundpropaganda: Es gibt kein Marketing, und durch den Direktverkauf bleibt der Preisvorteil uneingeschränkt beim Kunden. Dies erklärt, warum die D19 trotz Ihrer Features und Qualität preislich eigentlich unter Wert angeboten wird. Was sie hat und andere vermissen lassen, das haben wir in diesem Test untersucht.

Details

Die D19 ist eine DI-Box im 9,5″ Format mit einer Höheneinheit, die für eine Röhren-DI-Box ungewöhnlich klein ist. Grund dafür ist das “fehlende” Netzteil. Stattdessen wird die D19 mit einem 12 Volt Schaltnetzteil ausgeliefert, das Spannungen zwischen 120 und 240 Volt verträgt und zudem mit einem Schutzmechanismus ausgestattet ist. Im Fall eines Fehlerstroms oder Kurzschlusses schaltet er sofort ab und vermeidet dadurch größere Schäden. Optional ist für die D19 auch ein 12V Batterie-Pack erhältlich – es ist die erste Röhren DI-Box, die ich kenne, die Batteriebetrieb ermöglicht.

Valvotronics_D19_front_Filters

Das kupferfarbene Gehäuse besteht aus Flugzeugaluminium und ist so stabil, dass man einen Elefanten darauf parken könnte. Lüftungsschlitze wird man vergeblich suchen, denn die D19 benötigt keine. Obwohl sie eine Röhre beinhaltet, heizt sie sich nicht übermäßig auf – auch nicht bei tagelangem Nonstop-Betrieb. Sehr fragil sind dagegen die winzigen Kippschalter auf den versenkten Panels der Vorder- und Rückseite, die entweder Schalt- oder Filterfunktionen ausführen. Auf der Vorderseite befinden sich drei Klinkenbuchsen mit den Funktionen Instrument In, Thru (paralleler Ausgang) und ein gebufferter Tuner-Out für ein störungsfreies, stabiles Stimmsignal.

Daneben befinden sich fünf Kippschalter und LEDs mit folgenden Funktionen:  

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Frontseite

Drei Potis sind ebenfalls auf der Frontseite zu finden:

  1. Mic (blau): Ist ein variabler Eingangspegel-Regler für den mit 48V Phantomspeisung ausgestatteten Transformer-Mic-XLR-Input auf der Rückseite, womit die D19 nicht nur DI Box, sondern gleichzeitig vollwertiger Mikrophonvorverstärker ist.
  2. Line (schwarz): Ist ein variabler Eingangspegel Regler für den Line XLR Input auf der Rückseite
  3. Gain (rot): Ist ein variabler Ausgangspegel-Regler für den Line-XLR-Out auf der Rückseite

Der Line-In-Schaltkreis ermöglicht durch seine Regelkapazität zum Beispiel Re-Amping mit bis zu 60dB Headroom!
 

Auf der Rückseite der D19 finden wir jeweils zwei XLR Eingänge und zwei XLR Ausgänge mit den Bezeichnungen Mic In, DI Out, Line In und Line Out.
Auf der Rückseite der D19 finden wir jeweils zwei XLR Eingänge und zwei XLR Ausgänge mit den Bezeichnungen Mic In, DI Out, Line In und Line Out.

Neben zwei weiteren Minischaltern für die Funktionen 48V Phantomspeisung und Groundlift befindet sich dort noch die Buchse für den Anschluss des externen Schaltnetzteils, das mit einem 2,5 mm Stecker und Schraubfixierung ausgestattet ist.

Valvotronics_D19_Netzteil

Praxis

Die Frage ist stets die gleiche: Brauche ich unbedingt eine DI-Box im Studio oder auf der Bühne, die über 500,- Euro kostet? Diese Frage muss zwar jeder für sich selbst entscheiden, aber wer einmal von den Wonnen und Vorteilen einer guten Röhren-DI-Box gekostet hat, der ist nur schwer wieder davon loszueisen. Hinzu kommt, dass die D19 nicht nur DI-Box, sondern voll ausgestatteter Mikrofonvorverstärker mit 48V Phantomspeisung ist, der zudem über zwei parallel nutzbare Ausgänge verfügt. Alle Ein- und Ausgänge können parallel und permanent verkabelt bleiben, da die Aktivierung der Inputs über die kleinen Kippschalter auf der Vorderseite der D19 geregelt wird.

Die Schaltung des DI-Kreislaufs – Instrument In und Mic Out – ist identisch mit der des Vorgängers der D19, der bereits erwähnten Valvotronics REV1 DI-Box. Laut Hersteller verfügt die D19 allerdings über einige Dezibel mehr Headroom.

Zuerst habe ich die D19 als Bass DI-Box getestet. Der Bass wird über die Klinkenbuchse IN auf der Vorderseite angeschlossen. Es gibt hierbei, im Gegensatz zu den XLR-Mic- und Line-Inputs auf der Rückseite, keine Möglichkeit, den Eingangspegel anzupassen. Die Sättigung der Röhre wird durch den Ausgangspegel des angeschlossenen Instrumentes bestimmt. Der Input verhält sich allerdings sehr tolerant und mit einem passiven Bass kommen selbst bei sehr dynamischer Spielweise keine hörbaren Verzerrungen vor.

An ein Mischpult schließt man die D19 entweder über den XLR-Mic-Out oder den XLR-Line-Out an. Beide  Ausgänge können parallel betrieben werden, da das Ausgangssignal simultan anliegt. Allerdings laufen sie durch andere Schaltkreise und klingen daher auch leicht unterschiedlich. Der Mic-Out führt einen festen Mikrofonpegel zum Pult, während der Line-Level über den roten Gainregler auf der Vorderseite einstellbar ist. Die beiden anderen Regler „Mic“ und „Line“ beeinflussen den Eingangspegel der XLR-Inputs auf der Rückseite. Werkseitig wird die D19 so ausgeliefert, dass der Groundlift-Schalter nur auf den XLR-Line-Out wirkt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, diese Konfiguration über Miniswitches im Inneren der D19 zu ändern – was Valvotronics aber nicht empfiehlt und was normalerweise auch nicht nötig ist.

Audio Samples
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Jazzbass (Bridge-Pickup)

Nach kurzer Vorglühzeit für die Röhre hat man schon bei den ersten Tönen den erwarteten Klangeindruck von Fülle und Wärme. Auch durchsetzungsfreudige Sounds gewinnen an Fülle, wie man beim Sechzehntelbass über den Bridge-Pickup ab Mitte des Beispiels hören kann.

Kein Zweifel, der A/B Vergleich mit und ohne D19 bringt es auf den Punkt: Die Valvotronics D19 ist ein würdiger Nachfolger der REV-1. Allein diese Schaltung ohne den obendrein an Bord befindlichen Mikrofonvorverstärker wäre den Kaufpreis wert, vergleicht man die D19 mit anderen Röhren DIs auf dem Markt. Ihr Charakter ist stark von Obertönen geprägt und verleiht dem Bass immenses Klangvolumen ohne matschig zu wirken.

Ein Riesengewinn sind die fünf per Minikippschalter aktivierbaren und teilweise kombinierbaren Filter. Hier stehen vier Notchfilter zur Verfügung, wobei man mit Schalter 1-2 zwischen einer Absenkung bei 9kHz und 7kHz wählt und mit Schalter 3-4 zwischen Absenkungen bei 5kHz und 2,4kHz. Die Mittelstellungen der Schalter sind übrigens Bypass-Stellungen. Der Schalter BT oder ausgeschrieben „Bass-Tilt“ veranlasst eine Bassanhebung mit einer langsamen Höhenabsenkungskurve – sehr gut für reggaeartige Sounds. Erstaunlich ist jedoch die Wirkung der Notchfilter, die ganz gezielt Finger-, Saiten- oder Einstreugeräusche herausfiltern können. Schaltet man beispielsweise den 2,4kHz Notchfilter ein, so verschwinden sämtliche Schnarr und Anschlagsnebengeräusche. Der Basssound wird clean und keine Spur muffig und behält seine Durchsetzungskraft im Playback – sehr gut einsetzbar für Blues, Motown, Country, Balladen und ähnliches. Einzig und alleine bedenklich erscheinen mir die zierlichen Schalter, die nicht danach aussehen, als seien sie für den harten Roadbetrieb gemacht. Das Vorgängermodell war dagegen eher wie ein Panzer gebaut – allerdings fehlten ihm alle diese technischen Raffinessen.

Die Notchfilter bieten bereits im Aufnahmestadium ein breites Einsatzfeld, vor allem auch, wenn man Mic- oder Line-Input für Stimme oder Instrumente wie Akkordeon, Violine oder ähnliche verwendet.

Auch die Nutzung des MIC Preamps entpuppt sich als wahrer Segen. Selbst preiswertere Nahfeld-Mikrofone wie das legendäre Shure SM57 gewinnen durch die D19 enorm an Glanz und Präsenz.

Audio Samples
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Beispiel 2 Beispiel 3

Bei folgenden Tracks wurde die erste Hälfte ohne, die zweite Hälfte mit D19 eingesungen. Auch hier hört man eine deutliche Zunahme an Transparenz.

Zuguterletzt ermöglicht die D19 über den extrem anpassungsfähigen Line-Weg ein Re-Amping. So lassen sich bereits auf Harddisk befindliche Spuren zur Aufwertung über den Line-In in die D19 einspeisen und über den Line-Out wieder zurück ins HD-System einspeisen. Dabei verfügt der Line-Out per Gainregler auf der Vorderseite über 60dB Headroom, was zur Signalanpassung von nahezu allen infrage kommenden Soundquellen ausreichend sein dürfte.

FAZIT

Eine Röhren-DI-Box der Superlative, in der sich erstklassige Klangeigenschaften mit einem hervorragenden Mikrofonvorverstärker und großer Flexibilität paaren. Dazu verhelfen ihr zwei parallel nutzbare Ausgänge für Line- und Mikrofonpegel und drei Eingänge für DI-Box, Mikrofon und Line, die fest verkabelt bleiben können, weil sie getrennt über Schalter am Frontpanel aktivierbar sind. Hinzu kommen fünf sehr effektive Notchfilter zur Beseitigung von Stör-, Saiten- und Fingergeräuschen. Für eine Röhren-DI-Box ist die D19 ungewöhnlich kompakt und stabil gebaut, wobei das externe Schaltnetzteil von 110 bis 240 Volt einsetzbar ist und durch eine Schutzschaltung höchste Sicherheit bietet. Alle Features zusammengenommen machen die D19 zur perfekten Begleiterin in fast allen (Musiker-) Lebenslagen. Der Preis von 650,- US Dollar zuzüglich Fracht, Einfuhrumsatzsteuer und Zoll für ein Gerät dieser Qualität und Bauweise ist beim derzeitigen Wechselkurs nahezu unschlagbar. Eine Anschaffung fürs Leben. Thumbs Up !

Erhältlich nur direkt über Valvotronics USA

www.valvotronics.com

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • extrem kompakte Bauweise
  • stabiles Gehäuse
  • DI Box und Mikrofonvorverstärker in einem Gerät
  • umfassende Einsatzmöglichkeiten als Instrumenten-DI-Box, Mikrofonvorverstärker Re-Amping-Tool (bereits vorhandene Aufnahmespuren erneut über Line In/Out durch die Röhrenschaltung laufen lassen und so aufgewertet erneut aufnehmen)
  • ntuitive Bedienung
  • fünf sehr effektive Notchfilter
  • erstklassiger Sound
  • optional Batteriebetrieb möglich
  • externes Schaltnetzteil, weltweit von 110V bis 240V einsetzbar
  • Top Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • Schalter sehr zierlich
  • Netzbuchse ebenfalls fragil, trotz Schraub-Lockmechanismus für den Toureinsatz sehr anfällig für Beschädigung
Artikelbild
Valvotronics D19 Röhren DI-Box Test
Technische Daten Valvotronics D19:
  • Röhren-DI-Box / Mikrofonvorverstärker
  • Eingänge (per Schalter aktivierbar):
  • Instrument-In (Klinke)
  • Mic (XLR)
  • Line (XLR)
  • Ausgänge:
  • Mic (XLR)
  • Line (XLR)
  • Thru (parallel out)
  • Tuner (gebufferter Ausgang für Stimmgerät)
  • Schalter:
  • Input Select (DI, Mic oder Line)
  • +48V (für Phantomspeisung von Mikrophonen)
  • Groundlift (werkseitig auf Line Out, aber per Miniswitches im Inneren von Techniker rekonfigurierbar auf beide Ausgänge, bzw. auch auf Mic Out alleine, falls gewünscht.)
  • Filter Schalter:
  • 1 = Notch Filter 9 kHz
  • 2 = Notch Filter 7 kHz
  • 3 = Notch Filter 5 kHz
  • 4 = Notch Filter 2,4 kHz
  • BT = Bassanhebung, Höhenabsenkung
  • Regler:
  • Mic Input Pegel Anpassung
  • Line Input Pegel Anpassung
  • Line Output Pegel, bis zu 60dB Headroom
  • Stromversorgung
  • Externes, geregeltes 12 V Netzteil, 1,5A, 110V bis 240V, 2,5 mm
  • Preis: ca. 650,- US Dollar ab Hersteller zuzügl. Fracht, Zoll und Steuern
Hot or Not
?
Auf der Rückseite der D19 finden wir jeweils zwei XLR Eingänge und zwei XLR Ausgänge mit den Bezeichnungen Mic In, DI Out, Line In und Line Out.

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