Die Jungs und Mädels von TC Electronic sind ausgewiesene Spezialisten für hochwertige Effektgeräte der verschiedensten Anwendungsbereiche. So haben sie für uns Gitarristen mit dem Stereo Chorus/Flanger (SCF) schon seit Ende der Achtzigerjahre ein Kultgerät im Programm, und das DSP System Powercore beglückt Studio-Tontechniker mit den amtlichen Plug-in Sounds für Post-Production und Mastering. Der Protagonist unseres aktuellen Tests ist ein kleines Bodeneffektgerät, das sich der Königsklasse widmet: dem Erzeugen von künstlichem Nachhall in verschiedenen Modi.
Früher waren authentisch klingende Hallgeräte extrem teuer und nur für eine solvente Klientel erschwinglich. Dank der immer leistungsfähiger werdenden Prozessortechnik ist es heutzutage jedoch möglich, wesentlich günstiger und kompakter zu produzieren. So lässt sich ein qualitativ hochwertiges Reverb auch in kleine Kisten packen. Und genau so eine kleine Kiste ist der Hall Of Fame. Der kleine Rote sieht aus wie eine Standard-Tretmine, hat aber ein paar besondere Überraschungen auf Lager. Welche das sind, erfahrt ihr im folgenden Test.
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DETAILS
Das Äußere des Hall Of Fame besteht aus einem schmalen roten Spritzgussgehäuse, auf dessen Oberseite sich vier zweireihig angeordnete Regler befinden. Weiterhin finden wir noch einen Mini-Schalter zwischen den oberen beiden Reglern sowie einen Fußschalter mit der dazugehörigen LED, die den Betriebszustand anzeigt. Die Anschlüsse sind seitlich angebracht: links die Ausgänge, rechts die Eingänge, jeweils in 6,3 mm Klinkenbuchsen-Format mit der Möglichkeit, Stereosignale ins Gerät einzuspeisen und wieder auszugeben.
Auf der Rückseite befindet sich die Buchse für ein 9-V-Standard-Netzteil, daneben ein kleiner USB-Anschluss. Moment mal: Ein Gitarren-Effekt mit USB? Richtig! Der Hall Of Fame kann mit dem Rechner via USB (Universal Serial Bus) kommunizieren, um so weitere Sound-Settings ins Pedal zu laden. Das Ganze nennt sich „Toneprint“, Details dazu später im Test. Die Bodenplatte mit den vier Gummifüßen lässt sich an einer großen Schlitzschraube entriegeln und ermöglicht so einen problemlosen Batteriewechsel. Das funktioniert sogar mit einem etwas dickeren Gitarrenplektrum. Ein Batteriebetrieb ist hier jedoch weniger empfehlenswert, da der Hall Of Fame als digitales Gerät ordentlich Strom zieht (100mA) und man so schon mal schnell „im Trockenen“ spielt.
Ist die Bodenplatte abgeschraubt, findet man neben dem Batteriefach zwei DIP-Schalter, mit denen sich zusätzliche Einstellungen am Signalverlauf vornehmen lassen. Das Pedal hat eine True Bypass-Funktion, bei der das Signal direkt zum Ausgang weitergeleitet wird, wenn das Pedal ausgeschaltet ist. Dabei findet logischerweise keine AD/DA-Wandlung statt. Die zweite Einstellung „Buffered Bypass“ bietet die Möglichkeit, das Direktsignal auszuschalten. Das ist dann sinnvoll, wenn der Hall Of Fame beispielsweise über einen parallelen Effektweg am Amp betrieben wird. Das pure Signal wird hierbei vom Amp intern weitergeleitet, und der Hall Of Fame liefert dann ausschließlich den Halleffekt. Man merkt, die Entwickler haben sich intensiv an den Bedürfnissen der Gitarristen orientiert und diese sehr gut und praxisorientiert umgesetzt.
Lediglich vier Regler sind zur Bedienung eines hochwertigen Hallgerätes nicht als besonders luxuriös anzusehen, vor allem, wenn einer davon noch ein Raster-Poti ist, mit dem sich zehn verschiedene Modi abrufen lassen. Da muss der Hersteller natürlich schon eine gute Vorauswahl für die einzelnen Hall-Modi treffen. Das mag man als eine Art von Bevormundung ansehen, gleichzeitig aber auch als Erleichterung. Würde man eine Meinungsumfrage unter Gitarristen starten, so glaube, dass der Großteil der Befragten froh sind, sich nicht mit Parametern wie Density, Low Cut Frequency, Pre-Delay Setting etc. rumschlagen müssen.
Folgende Parameter sind mittels der drei Potis im direkten Zugriff: Decay: Regelt die Länge der Nachhallzeit, je nach Reverb-Typ ändert sich diese Zeit Tone: Hiermit wird die Klangfarbe des Halls eingestellt FX Level: Bestimmt das Mischungsverhältnis zwischen Direkt- und Effektsignal
Das Einsetzen des Hall-Effekts kann mit dem kleinen „Long-Schalter“ noch verzögert werden. Kommen wir zu den unterschiedlichen Halltypen, die sich mit dem Raster-Poti aufrufen lassen. Hier die Auflistung inklusive kurzer Beschreibungen zu den einzelnen Modes. Wie das Ganze letztendlich klingt, erfahrt ihr dann im Praxisteil.
ROOM: Simulation eines kleinen Raums
HALL: Simulation eines großen Raums
SPRING: Simulation eines Federhalls
PLATE: Die Nachbildung eines Plattenhalls, wie er früher in Studios benutzt wurde
GATE: Hall-Effekt, bei dem die Hallfahne abrupt abgeschnitten wird
MOD: Hallsignal mit Modulationseffekt
LOFI: das Gegenteil von einem hochwertigen Studio-Reverb
TILE: kleiner Raum mit vielen Erstreflexionen, der „Badezimmer-Sound“
AMB: steht für Ambience und bringt einen kleinen räumlichen Effekt
CHURCH: das Gegenteil von Ambience: der große Nachhall einer Kathedrale
Wie man sehen kann, gibt es eine Menge verschiedener Hallmodi, die den Bedarf des Gitarristen an Reverb großzügig abdecken. Aber stopp, eine Einstellung des Rasterpotis fehlt noch: Toneprint. Hierbei handelt es sich um einen besonderen Service von TC Electronic, der es möglich macht, weitere Hall-Programme in das Pedal zu laden. An der vom Hersteller zur Verfügung gestellten Library haben sich neben TC selbst eine illustre Schar namhafter Gitarristen beteiligt. Um die „Prints“ nutzen zu können, benötigt man einen internetfähigen Rechner, denn die Daten werden von der TC Electronics Website heruntergeladen. Das Ganze läuft ohne separaten Editor, alle Informationen sind bereits in den Dateien enthalten. Man muss sie lediglich öffnen und dann einfach „Update“ anklicken – schon werden die Einstellungen per USB-Verbindung in das Pedal übertragen. Der Clou an der Sache ist, dass hier nicht einfach ein paar gute Leute an dem Pedal herum geschraubt und ihre Sounds gespeichert haben. Es geht einen ganzen Schritt weiter. Die Klangtüftler hatten nämlich zusätzliche Parameter zum Einstellen des Reverbs zur Verfügung und waren dadurch in der Lage, Sounds zu erzeugen, die mit der normalen Bedienung des Pedals nicht möglich sind.
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PRAXIS
Jetzt bin ich natürlich selbst neugierig, gehe auf die TC Electronic Website und lade mir einen Toneprint in den kleinen Roten. Meine Wahl fällt auf den Otisfieldsgood Sound von Paul Gilbert. Als besonderes Goodie gibt es neben den eigentlichen Toneprints eine Menge Informationen sowie Videoclips, die die jeweiligen Künstler beim Einstellen der Sounds zeigen – interessant und vor allem unterhaltsam. Der eigentliche Datentransfer ist absolut wasserdicht. Datei für PC oder Mac runterladen, Pedal mit dem Rechner verbinden, die Datei doppelklicken und nach dem Starten des Programms einfach nur den Update-Button drücken. In ca. 3 Sekunden ist der Sound im Pedal und so klingt er.
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Stratocaster
12
14
13
Toneprint
Long
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Toneprint
Die Intention von Mister Gilbert war es, einen Hallsound zu entwerfen, der einen angenehmen und hörbaren Nachhall produziert, um sich beim Spielen so richtig wohl zu fühlen. Und das funktioniert! Natürlich sind auch die Toneprint-Sounds mit den drei Reglern des Pedals noch weiter modifizierbar, denn es handelt sich nicht um Samples. Der Gitarrist hat nach wie vor die Möglichkeit, den Sound nach eigenen Vorstellungen variabel zu gestalten.
Ich gebe zu, das Konzept hat mich begeistert, und so wäre es natürlich wünschenswert, mehr als einen dieser Toneprint Sounds ins Pedal übertragen zu können. Das ist hier jedoch nicht vorgesehen, möglicherweise dann aber in einer späteren Gerätegeneration, denn das Konzept der Sound-Downloads in dieser Form ist für Gitarrenpedale wirklich einzigartig.
Widmen wir uns jetzt aber den „normalen“ Hall-Sounds, die ja auch in einer amtlichen Bandbreite im Angebot sind. Los geht es mit dem Modus Room, der den Nachhall eines normalen, möblierten Raums simuliert. Ich habe Tone und Level auf mittlere Position (12 Uhr) eingestellt. Dabei konzentrieren ich mich zunächst einmal auf den Decay-Regler, der für die Nachhallzeit zuständig ist. Bei komplett zurück gedrehtem Poti kommt es zu ganz dezenten Reflexionen, der Gitarrenton wirkt so dreidimensionaler. Dreht man weiter auf, hat man das Gefühl, der Raum wird größer und die Möbel und Teppiche werden langsam aus dem Raum entfernt, die Reflexionen der Wände werden härter. Die Einstellung des Decay-Reglers funktioniert weitgehend linear, und man kann die Länge des Nachhalls sehr feinfühlig regeln.
In den folgenden Beispielen hört ihr zuerst die Gitarre ohne Effekt (Bypass) und dann mit fünf Einstellungen des Decay-Reglers.
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Stratocaster
7-9-12-15-17
12
12
Room
Long
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
BypassDecay
Interessant für uns Gitarristen ist natürlich der Spring-Reverb, der hier gut getroffen ist und der den etwas metallischen Klang einer Hallspirale nachahmt, dabei aber nicht so dreckig rüber kommt. Das ist eher die High End-Version, das typische Scheppern der Hallfeder wurde hier nicht berücksichtigt.
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Telecaster
11
12
15
Spring
Short
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Spring
Wenn es schmutzig werden soll, dann ist der Lofi-Mode die erste Wahl. Der Modus liefert einen scheppernden Hall-Sound, der auch im Ausklingvorgang noch leicht nach unten moduliert. Hier kombiniert mit einem durch ein vorgeschaltetes Overdrive Pedal dezent angezerrten Grundsound, die amtliche Kombination für einen guten Surf-Ton.
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Stratocaster
16
11
13
LoFi
Long
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
LoFi
Der Pre-Delay Schalter hat nichts mit einem Echo-Effekt zu tun. Vielmehr geht es hier darum, das Effektsignal etwas zeitverzögert auszugeben. Das ist bei extremen Einstellungen mit viel Effektanteil durchaus sinnvoll, denn so bleibt das Originalsignal klarer hörbar. Diese Eigenschaft wird beim nächsten Beispiel ganz gut herausgearbeitet. Ich habe den Mod-Modus gewählt, der dem Hall-Effekt noch eine Portion Chorus hinzufügt. Wenn man dann noch Level und Decay höher einstellt, eiert es ganz schön durch die Gegend. Und genau so soll es ja auch sein! Der Reverb erzeugt einen schönen Flächensound, und wenn der Pre-Delay Schalter dann noch auf „Long“ steht, setzt sich die gespielte Linie noch besser durch. Simpel, aber gut!
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Stratocaster
14
10
14
Mod
Long
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Mod
Ein weiterer, etwas schräger Effekt ist der Tile-Mode, ein Sound, der dem Nachhall in einem großen Badezimmer mit Fliesen an Wand und Boden ähnelt. Um den Sound etwas zu entschärfen oder noch krasser zu machen, ist der Tone-Regler sehr hilfreich. Hierbei wird lediglich der Höhenanteil des Effektsignals bearbeitet und der Wirkungsgrad ist sehr gut abgestimmt. Ihr hört drei verschiedene Einstellungen des Tone-Reglers, 7, 12 und 17 Uhr.
Gitarre
Decay
Tone
FX Level
Mode
Pre-Delay
Telecaster
11
7-12-17
14
Tile
Short
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Tile Tone 7Tile Tone 12Tile Tone 17
Lead-Sounds lassen sich mit dem Plate Reverb „größer“ machen und mit etwas mehr Sustain versorgen. Der Hall bettet sich wunderbar ein, das direkte Gitarrensignal steht auch bei stärkerem Effektanteil klar im Vordergrund.
Bei dem Testbericht und den Soundbeispielen bekomme ich einen akuten G.A.S.-Anfall, obwohl mein Hughes & Kettner Switchblade bereits einen eingebauten Hall hat. Der hat allerdings nur eine sehr eingeschränkte Einstellmöglichkeit im Vergleich zum hier vorgestellten Fußtreter Hall of Fame von TC Electronic.
Moin! Da hat der Thomas wieder einen tollen Bericht geschrieben, mit allen wichtigen Infos, schön erklärt, und mit aussagekräftigen Soundfiles dazu! Yep, so muß das! Gruß, ACY!
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Dieter sagt:
#1 - 15.01.2012 um 02:42 Uhr
Bei dem Testbericht und den Soundbeispielen bekomme ich einen akuten G.A.S.-Anfall, obwohl mein Hughes & Kettner Switchblade bereits einen eingebauten Hall hat. Der hat allerdings nur eine sehr eingeschränkte Einstellmöglichkeit im Vergleich zum hier vorgestellten Fußtreter Hall of Fame von TC Electronic.
ACY sagt:
#2 - 02.02.2012 um 02:09 Uhr
Moin!
Da hat der Thomas wieder einen tollen Bericht geschrieben, mit allen wichtigen Infos, schön erklärt, und mit aussagekräftigen Soundfiles dazu! Yep, so muß das!
Gruß, ACY!