TC Electronic Finalizer

Der „echte“ TC Electronic Finalizer war eine digitale 19-Zoll/1-HE-Box, die Mitte der 90er herauskam und noch Jahre später in sehr vielen Studios zu finden war. Besonders für seine A/D-Wandler und die Dynamics- und Limiter-Algorithmen wurde der Finalizer geschätzt, war er doch die etwas pragmatische Version des ambitionierten TC M5000 Mainframes; das Dynamics-Paket des kleinen Mannes sozusagen.

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Aufgrund des moderaten Preises und seiner relativ simplen Bedienung war der Finalizer für TC ein riesiger Erfolg und der Name wurde zum Synonym für diese Gattung von Mastering-Geräten. Und was macht TC? Der Hersteller wird mit dem System 6000 und der mittlerweile längst eingestellten Powercore-Plattform noch ambitionierter… Nun ja, Hardware geht heutzutage nicht mehr ohne Weiteres über die Theke, die fetten Studios und Broadcaster sind versorgt und der durchschnittlicher User nutzt nun mal lieber günstige Computer und die entsprechende Software. 
„Was also tun?“, fragte sich wohl auch der neue TC Eigentümer Musictribe aka Behringer. Richtig: Alte Algorithmen entstauben, in eine Standalone-Software gießen und mit modernen Optik-Features und Zauberstaub garnieren. Gesagt, getan: TC Finalizer – jetzt als Software.

Details

Man bleibt sich treu: One-Stop-Mastering-Tool

TC Finalizer ist eine Stereo-Mastering-Software für OSX und Windows. Eine Plugin-Version gibt es nicht und der Import von VST/AU ist auch nicht vorgesehen.
Es handelt sich um eine reine Standalone-Software, in etwa vergleichbar mit demEditor von RX7 bzw. Ozone von iZotope oder gar dem mächtigen Wavelab von Steinberg – allerdings weit weniger umfangreich und mit deutlich strafferem „straight-forward“ Konzept. Viele der hier verwendeten Algorithmen haben ihren Ursprung im äußerst umfangreichen, etwas älteren, aber immer noch recht teuren „DSP-Kasten“ TC System 6000.

Fotostrecke: 2 Bilder Oben seht ihr den Hardware Finalizer, der unserem Software Testkandidaten den Namen lieh. Darunter seht ihr den TC M5000 aka “Mainframe”, mit dem Alles begann.

Das moderne One-Window-Konzept und kleine Helferlein hier und da, machen klar, es geht um schnelle „amtliche“ Ergebnisse. Konkret: Man kann einen Stereo-Track laden, ihn analysieren, ihn bearbeiten und seine Bearbeitung mit der Ausgangslage (A/B) sowie Referenz-Tracks vergleichen. Schneide- oder Batch-Funktionen gibt es nicht. Man kann anschließend eigentlich nur noch Exportieren inklusive Samplerate/Bitdepth Conversion und Dithering.
Hinzu kommt eine Monitoring-Sektion, die besonderen Fokus auf Loudness und deren Messung legt. Presets mit entsprechenden LUFS-Targets für Spotify und iTunes unterstreichen das. Ebenfalls nicht unwichtig mit Hinblick auf die Platzhirsche: Der moderate Preis von 199 Euro und der besonders attraktive Einführungspreis von aktuell 99 Euro. 

Background-Analyse und Navigation

Pegel ist nicht gleich Loudness – das wissen wir nicht erst seit Metallica und dem Loudness-War. TC Electronic hat schon lange gute Tools am Start, um empfundene Lautstärke ordentlich und nach den neuesten Standards zu messen, wie auch beim TC Clarity. Und auch hier: Im unteren Bereich sehen wir wahlweise die Wellenform (Peak) oder die Loudness in LUFS unseres importierten Songs. Etwaige Bearbeitungen werden sofort und für den ganzen Song optisch dargestellt.
Das funktioniert, weil TC weiß, wie die Algorithmen über die Zeit funktionieren und das ist auch der Hauptgrund, warum externe Plugins hier eben nicht unterstütz werden können. In der Timeline kann man außerdem navigieren und Regionen für den Loop auswählen. Files schneiden, faden oder gar partielle Bearbeitungen vornehmen ist indes nicht vorgesehen.

Fotostrecke: 5 Bilder Spectral Dynamic Contour (SDC)

Darüber – oben links – finden wir das omnipräsente Spectro Lab mit seinen Anzeigen für Spectral Dynamic Countour (SDC), Real Time Spectrum (RTC) und die Average Spectral Curve (AVG) – grob gesagt, alles FIRs mit unterschiedlichen Halte- bzw. Integrationszeiten – und damit bestens geeignet, dynamische Änderungen visuell den Frequenzen zuordnen zu können. Hier können die verschiedenen Algorithmen außerdem grafisch editiert werden.
Zwischen den unterschiedlichen Visualisierungen, Ansichten sowie den A/B- und Referenz-Mixen wechselt man unkompliziert und schnell, zusätzlich sogar mit der Tastatur und deren Zifferntasten 1 bis 9. Eigene Shortcuts sind ebenfalls möglich. Besonders cool: Pegelsprünge zwischen den unterschiedlichen Loudness-Variationen gibt es nicht, da diese absolut präzise ausgeglichen werden, um den Fokus auf die Bearbeitung und nicht den Pegel zu legen. Das kennt man bereits von anderen Plugins, so unauffällig wie hier habe ich das aber noch nie erlebt. Auch dieses Feature wäre mit Plugins und einhergehender „konventioneller“ Echtzeit-Bearbeitung nicht möglich gewesen.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Monitor-Sektion und die Visuals sind immer da …

Final Frontier

Bei der tatsächlichen Bearbeitung unterscheidet sich der Finalizer aber kaum von üblichen DAWs. Man lädt hier zwar keine Plugins, dafür aber eben Module bzw. Algorithmen wie Filter, Kompressoren, Multiband-Dynamics sowie Dynamic-EQs (dienen auch als Deesser), Stereo-Verbreiterungen und den umfangreichen 5-Band-EQ. Die Multiband-Dynamics erinnern stark an den MD3 – mit seinen drei Bändern sowie dem „TC Legacy Sound“ – und den moderneren 5-Band-Kompressor MD4. Allerdings hier nur in Stereo.
Vintage-Emulationen, Exciter oder Sonstiges gibt es hier nicht. Externe Plugins und Hardware-Inserts lassen sich auch nicht laden, was – nochmal – der Background-Analyse geschuldet ist. Dafür sind alle Algorithmen mit zielführenden Parametern, reichlich Presets sowie Attributen und einer entsprechenden übergreifenden Library ausgestattet. Es geht also schlicht und ergreifend um den letzten Schliff und ein möglichst neutrales „Auf-Pegel-bringen“ und eben nicht um extremes Klangverbiegen.

Fotostrecke: 9 Bilder Der 5-Band EQ seine Parameter und die Bedienungsmöglichkeit im Analyzer.

Via Doppelklick bzw. Drag’n’Drop lädt man Module in eine Art Insert-Slot, in dem man sie auch nach Lust und Laune verschieben und kombinieren kann. Es gibt nur eine Ausnahme und die betrifft den Brickwall-Limiter. Dieser ist fest, das letzte Glied der Kette, und man kann auch nur eine Instanz von ihm laden. Es gibt dabei die Wahl zwischen „konventionellen“ Limiting und modernem Loudness-Limiting. Letzteres berechnet seine Parameter auf Grundlage der zuvor erfolgten Background-Analyse und der Target-Loudness. Soft-Clip und internes Oversampling kennen aber beide.
Man kann sich die Optik der Algorithmen wie bei Adobe Premiere vorstellen, denn unterschiedliche GUIs oder Pop-Ups gibt es nicht – alles sieht einheitlich und damit übersichtlich aus. Einzelne Algorithmen wählt man in der mittleren Spalte aus und in der linken Spalte werden dann entsprechende Parameter angezeigt. Die Parameter lassen sich auch im Analyzer grafisch bedienen. Bypass und Ähnliches gibt es natürlich auch, bemerkenswerter ist die Focus-Funktion: Wählt man ein Modul aus, werden nachfolgende Module inklusive Limiter „gebypasst“, sodass man sich gut auf das aktuell ausgewählte Modul und dessen akustischen Auswirkungen konzentrieren kann.

Praxis

Optik und Bedienung

Nach einer kurzer Eingewöhnung und kleineren Lektüren des Handbuches hier und da hat man sich ziemlich schnell an den Finalizer gewöhnt. Das geschlossene Konzept zahlt sich aus und man kommt schnell zum Wesentlichen. Die Farbgestaltung ist modern und zurückhaltend, die GUI zielführend-schlicht.
An manchen Stellen empfinde ich gewisse Bedienvorgänge aber noch nicht als ganz ausgereift: Zum einen klappen bei manchen Prozessoren recht viele Parameter auf, sodass man durchaus Teilmenüs immer wieder verbergen und aufklappen muss. Eine Aufteilung in die Breite – oder noch besser: eine Option dazu – wäre wünschenswert. Auch der EQ ist im Vergleich zu den besonders gut zu bedienenden Fabfilter Pro Q3 oder SSL X-EQ 2 nicht ganz so „fluid“ zu bedienen. Die Farbschemata sind bei diesen beiden EQs ebenfalls etwas übersichtlicher. Ansonsten überzeugt das One-Window-Konzept aber schon ordentlich, vor allem wenn man auf einem etwas breiteren Screen arbeitet. Für meinen Ultrawide-Screen war die Aufteilung jedenfalls perfekt und ich musste kaum Ausblendungen von Bedienelementen vornehmen.
Fotostrecke: 12 Bilder 5-Band-EQ mit eingeklappten Parametern

Klang

Der Finalizer und seine einzelnen Module klingen absolut transparent. Somit ist das Gesamtpaket ein absolut nüchterner Werkzeugkasten. Das ist keine Überraschung, denn die Algorithmen stammen vom System 6000 bzw. der MD3, MD4 und BW2 Erweiterung. Dass die hier vorliegende Desktop-Software nun aber Finalizer heißt, hat eher Marketing-Gründe, denn der Finalizer ist einfach bekannter als das System 6000. Ob und welche Module, ganz in alter Mainframe-Manier – noch folgen werden, steht allerdings in den Sternen. 
Ein paar Wünsche hätte ich aber ad hoc: Aktuell fehlen mir Exciter sowie Mono-Maker für Bass. Ebenfalls wünschenswert wären steilere Low-Cuts und mehr Möglichkeiten nur einzelne Song-Bereiche zu bearbeiten sowie Fades- und Batch-Funktionalitäten. Die Software ist aber auch noch recht jung – und das bereits jetzt Gebotene sowie dessen Qualität ist für den aktuellen Preis eine echte Kampfansage, kostete ein Modul früher doch mehr als das ganze Programm jetzt. 
Audio Samples
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Demo Song A – Dry Demo Song A – Schritt 1: + 3-Band-Compression Demo Song A – Schritt 2: + 5-Band EQ Demo Song A – Schritt 3: + 5-Band-Compression Demo Song A – Schritt 4: + harter Limiter inkl. Soft-Clip Demo Song A – Softube Weiss MM-1 Mastering Maximizer only Demo Song A – iZotope Ozone 8 Maximizer IRC4 only

Trotzdem, Anbieter wie iZotope waren in den letzten Jahren nicht untätig und haben mit Ozone ebenfalls ein Arsenal an mächtigen Tools an den Start gebracht. Und deswegen darf ein Vergleichsmix mit Ozone nicht fehlen, genauso wenig wie der von mit sehr geschätzte Weiss MM-1 von Softube. Schon krass, wie die DSP-Monster von damals mit ihren Algorithmen heute unsere DAWs beglücken können …
Zum Vergleich tritt der Ozone 8 Maximizer mit seinem extrem CPU-hungrigen IRC4-Algorithmus und der ebenfalls megalaut machende Loud-Algorithmus des Weiss MM-1 Mastering Maximizer von Softube an, die auch ohne weitere Vorschritte den DRY-Mix im Handumdrehen ziemlich laut werden lassen – ob das unbedingt besser ist und am Ende nicht von iTunes, YouTube und Spotify bestraft wird, steht jedoch auf einem ganz anderen Blatt. 

Fotostrecke: 6 Bilder Weiss und Ozone müssen auch mal ran! Die 3- und 5-Band Vorarbeit des Finalizers fehlt aber bei den obigen Beispielen …

Man muss natürlich nicht jedes mal eine neue Mastering-Chain von Anfang an bauen, der Finalizer bringt nämlich bereits ein paar sehr gute Vorkonfigurationen mit. Diese kann man unkompliziert vorhören und somit sehr gut vergleichen, ohne sie tatsächlich laden zu müssen – diese Funktion nennt sich Preview und wird an einer roten GUI erkenntlich.
Ebenfalls ein nettes Gimmick, ist die Finalizer.com Cloud-Funktion, welche sogar kostenlos ist. Hier kann man seine Mastering mit einer bereits gut gepflegten Datenbank visuell vergleichen und schauen wer ist lauter, wer hat mehr Dynamik, etc. Und nun noch ein paar weitere Beispiele, bei denen ich jeweils in unter 1 Minute passende Presets rausgesucht habe. Man beachte, dass manche Mixe bereits zu stark komprimiert waren und sie der Finalizer deshalb wieder leiser gemacht hat. Besser aber er, als das man später von Spotify überrascht wird …

Fotostrecke: 2 Bilder Preview-Mode
Audio Samples
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Demo Song B – DRY Demo Song B – Quick Preset Master “Neutral Mulitband” Demo Song C – DRY Demo Song C – Quick Preset Master “All Forward 11-LUFS” Demo Song D – DRY Demo Song D – Quick Preset Master “Spotify Limiter” Demo Song D – Quick Preset Master “Spotify Limiter” inklusive “3-Band-Hard” Demo Song D – Quick Preset Master “Spotify Limiter” inklusive “5-Band-Hard”

Fazit

Der TC Finalizer holt das Beste des System 6000 in eine Desktop-Anwendung, welche nicht nur einfach, sondern vor allem besonders schnell zu bedienen ist. Im Vergleich zur fetten Hardware ist die Software als echtes Schnäppchen zu bezeichnen. Die hier im Prinzip verwendeten MD3 und MD5 Algorithmen machen transparent laut und der Brickwall-Limiter BW2 verdichtet treffsicher. Der „offline-look-ahead“ ist dabei besonders hervorzuheben, da gesetzte Loudness-Targets so perfekt erzielt werden. Hier wird die erste Besonderheit des Finalizers deutlich, da er nicht nur in Echtzeit arbeitet, sondern im Hintergrund laufend umfassendere Analysen vornimmt. Das macht sich auch in den Visualisierungen deutlich, welche „in die Zukunft“ schauen können. Ein tolles Konzept, da es obendrein auch noch ressourcenschonend arbeitet. Wer oft und viele Files „auf amtliche Pegel“ bringen muss, ist hiermit sehr gut beraten. Und auch wenn noch einige Funktionen fehlen, kann man durchaus bereits zuschlagen, da auch bei dem TC Clarity relativ zügig nachgeliefert wurde.

Pro
  • neutraler Klang
  • One-Window-Konzept
  • Transparente und hochwertige Tools
  • Ressourcenschonende Standalone-Applikation
  • Visualisierungen und Berechnungen anhand des gesamten Files
Contra
  • kein Exciter- und Bass-Mono-Maker-Modul
  • (noch) keine Automation, Fades und Batch-Funktion/Stapelverarbeitung
TC_Finallizer_01_Test_WideView Bild
Technische Spezifikationen
    Unser Fazit:
    4 / 5
    Pro
    • One-Window-Konzept
    • Sehr neutraler, offener Klang
    • Praxis erprobte, hochwertige Tools
    • Ressourcenschonende Standalone-Applikation
    • Visualisierungen und Berechnungen anhand des gesamten Files
    Contra
    • kein Exciter- und Bass-Mono-Maker-Modul
    • (noch) keine Automation, Fades und Batch-Funktion/Stapelverarbeitung
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    TC Electronic Finalizer
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    Profilbild von Fabian Ruin

    Fabian Ruin sagt:

    #1 - 16.11.2019 um 13:16 Uhr

    0

    Danke für den gut geschriebenen Artikel!
    Ich habe mir den Finalizer besorgt und bin begeistert. Da ich meine alte TC Powercore nun doch in Rente schicken musste (läuft nur bei 32 bit), habe ich nach einem würdigen Nachfolger für den Master X3/Master X5 gesucht - und gefunden. Wie im Artikel beschrieben ist das tool stocknüchtern und transparent. Da ich aber in meinem set up immer est eine ganze Reihe analoger Geräte vorschalte und nur etwas brauche, das den letzten Punch bringt, ist der Finalizer genau das richtige. Die user interface ist absolut angenehm und übersichtlich.

      Profilbild von Felix Klostermann

      Felix Klostermann sagt:

      #1.1 - 19.11.2019 um 00:02 Uhr

      0

      Hallo Fabian, danke für deinen Kommentar! Der Finalizer ist wirklich ein tolles und schnell zu bedienendes Tool. LG, Felix

      Antwort auf #1 von Fabian Ruin

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