Superlux S502 Test

Das ORTF-Stereomikrofon S502 stammt von Superlux. Superlux? Ja, es gibt Firmen, deren Produkte man zwar als Audio-Schaffender immer wieder antrifft, über die man aber wenig bis gar nichts weiß.

Superlux_S502_ORTF_Stereo_Mikrofon_1

Im Gegensatz zu klangvollen Namen wie Neumann oder Telefunken, die man mit berühmten Aufnahmen oder Menschen verbindet, denkt man bei Firmen wie Superlux eher daran, dass ein Bekannter ein Messmikrofon hat, welches für knappe 40 Euro wohl einen guten Job macht und auch als Raummikrofon irgendwie funktionieren kann. Ob es daran liegt, dass man im Hause Superlux kein Geld für Marketing ausgeben möchte oder daran, dass allzu billige Mikrofone einfach kein besonderes Image erzeugen, sei dahingestellt. Interessant wird es allerdings, wenn so ein Hersteller etwas auf den Markt bringt, was es in dieser Form und zu diesem Preis nirgendwo anders gibt. Zum Beispiel ein Mikrofon wie das S502 mit fester ORTF-Kapselanordnung.
So ganz stimmt das mit der Einzigartigkeit natürlich nicht, denn auch die deutsche Firma Schoeps bietet ein ganz ähnliches Mikrofon an. Allerdings kostet dieses mehr als zwanzigmal so viel. Aber was heißt ORTF überhaupt und warum sollte man zwei Mikrofone fest verkoppeln, schließlich sind zwei getrennte Stäbchen doch viel flexibler? Die „Office de Radiodiffusion Télévison Française“ hat den Namen dieser weit verbreiteten Stereomikrofonierungstechnik geprägt, deren Vorteil in einem weitgehend phasenkohärenten Stereobild beider Mikrofone liegt. Der Grund dafür ist eine genaue Anordnung der Nierenkapseln zueinander, welche exakt 17 Zentimeter voneinander entfernt sowie in einem Winkel von 110 Grad ausgerichtet sein müssen. Beim Aufbau eines ORTF-Stereosystems aus Einzelmikrofonen muss man also ein bisschen ausmessen, um das optimale Verhältnis beider Mikrofone zueinander zu erhalten. Und genau da liegt einer der Vorteile eines perfekt voreingestellten Komplettsystems. Das nützt natürlich wenig, wenn die Mikrofone dann nicht gut klingen. Ob sich das Superlux S502 im Test bewährt, lest ihr in den folgenden Zeilen.

Details

Das S502 wirkt stabil und kommt mit guter Ausstattung

Im kompakten Karton finde ich einen schmucklosen Plastikkoffer, dessen Inneres das Mikrofon selbst verbirgt, ein Y-Kabel mit 5-Pin-XLR auf der Mikrofon-, sowie zwei männlichen Standard-XLR-Buchsen auf der anderen Seite. Mit 60 Zentimetern ist dieses natürlich zu kurz für den Anschluss an den Preamp, hier muss also mit handelsüblichen Strippen verlängert werden. Weiter geht es mit einem gummierten Halter, welcher gleichzeitig als Shockabsorber fungieren soll. Zwei Windschutzaufsätze und eine kurze, mit etlichen Schreibfehlern gespickte, aber durchaus informative Anleitung komplettieren die Ausstattung. Das S502 selbst macht einen gut verarbeiteten Eindruck, das schwarz lackierte Gussgehäuse wiegt knapp 250 Gramm und stellt damit nur geringe Ansprüche an die Tragfähigkeit verwendeter Stative. Auf Low-Cut- oder Pad-Funktionen muss der User verzichten. 

Fotostrecke: 3 Bilder Kein Gelenk, sondern fest verschweißt: der Kapselkopf des S502.

Ungewöhnlich in dieser Preisklasse: Echtkondensatorkapseln

Als „ture condenser“ Mikrofon weist die Bedienungsanleitung unseren Testkandidaten aus. Es sollte natürlich „true“ heißen, was wiederum bedeutet, dass es sich beim S502 um ein sogenanntes Echtkondensator-Mikrofon handelt. Statt permanent polarisierter Membranen, wie sie häufig bei günstigeren Modellen anzutreffen sind, hat man sich bei Superlux also für die technisch aufwendigere Lösung entschieden. Die Richtcharakteristik beider Kapseln beschreibt die für ORTF verwendete Nierenform und auch sonst gleichen sich die technischen Daten beider Mikrofon-Hälften. 135 dB können sie verzerrungsfrei aufnehmen, was für die anvisierten Einsatzziele bei der Distanzmikrofonierung absolut ausreichend ist. Ein Frequenzgang von 40 bis 20000 ist ebenso Standard in der Kleinmembraner-Klasse. 15,8 mV/Pa Empfindlichkeit sind ein guter Wert, 76 d Rauschabstand müssen sich in dieser Mikrofonklasse ebenfalls nicht verstecken. Der im Datenblatt abgedruckte Frequenzverlauf weist die typische Anhebung bei zehn Kilohertz auf, ab etwa 5 Kilohertz beginnt der Graph langsam anzusteigen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die Kapselgehäuse sind abschraubbar.

Praxis

Die Handhabung ist denkbar einfach

Im Einsatz macht das Superlux S502 direkt Spaß. Wer – wie der Autor dieser Zeilen – die ORTF-Ausrichtung gerne benutzt, kennt die Widrigkeiten, die diese Mikrofonierungstechnik begleiten können. Beispielsweise kommen sich nahezu alle konventionellen Stäbchen-Mikrofone in die Quere, weshalb man die Kapseln leicht versetzt positionieren muss. Sind sie zudem mit Spinnen oder ungünstig geformten Halterungen ausgestattet, wird es noch schwieriger. Zwei Mikrofone plus Halter und Stereoschiene erfordern zudem in vielen Situationen – zum Beispiel als Overhead oder für die Chor-Abnahme – stabile Mikrofonstative. All diese Sorgen hat der S502-User nicht. Im Tausch gegen Flexibilität bekommt er eine erstaunlich bequeme, optisch zurückhaltende Komplettlösung. Hinhängen, Abstände bestimmen, fertig. Dass statt langer Kabel nur eine kurze Adapterpeitsche dabei ist, finde ich begrüßenswert, denn das verringert die Gefahr einer Beschädigung und vermeidet so einen möglicherweise nötigen Nachkauf. Außerdem benötigt jeder Anwender sowieso unterschiedlich lange Kabel. Ich habe das S502 mit zwei Schallquellen getestet, als Overhead-Mikrofon über einem Drumset und mit einer Dreadnought-Gitarre.

Fotostrecke: 5 Bilder Praktisch: Das ORTF-Paket wird einfach über das Drumkit gehängt.

Über dem Schlagzeug überrascht das S502 mit transparentem Sound

„You get what you pay for“ lautet ein oft gehörter Spruch, wenn es um Mikrofone geht. Meistens stimmt er, was allerdings nicht heißen muss, dass ein billiges Mikrofon nicht hervorragend klingen kann, wenn es an der richtigen Quelle steht. In Anbetracht von knapp 130 Euro Straßenpreis habe ich meine Erwartungen trotzdem entsprechend angepasst. Ein kleines Yamaha-Recording-Standard-Drumset mit einer 18×14-Bassdrum, 10, 12 und 14 Zoll großen Toms sowie einer passenden Stahl-Snaredrum in 14×5,5 Zoll fungiert als Schallquelle. Beim Abhören bin ich durchaus erstaunt. Die unscheinbare Metallskulptur über dem Kit überträgt ein erstaunlich volles und transparentes Klangbild. Die befürchtete „China-Schärfe“, also künstlich überzeichnete Höhen, glänzt durch Abwesenheit, die Hi-Hat gibt sich angenehm natürlich, die Anschläge der Sticks auf den Fellen klingen klar und offen. Die Oktava-MK-012-Vergleichsmikrofone müssen sich ordentlich anstrengen, bilden dann aber insbesondere die Bässe und Tiefmitten noch etwas plastischer ab und meistern die Tiefenstaffelung besser. Ich habe euch jeweils zwei Grooves aufgenommen, einer davon betont die drei Toms stärker, der andere die Hi-Hat. 

Audio Samples
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Drumset 1, Superlux S502, Overheads solo Drumset 1, Superlux S502, im Kit Drumset 2, Superlux S502, Overheads solo Drumset 2, Superlux S502, im Kit Drumset 1, Oktava MK-012, Overheads solo Drumset 1, Oktava MK-012, im Kit Drumset 2, Oktava MK-012, Overheads solo Drumset 2, Oktava MK-012, im Kit

Gefälligen Sound gibt es auch an der akustischen Gitarre

Was für das Drumkit gilt, setzt sich an der Baton-Rouge-Dreadnought-Gitarre fort. Im Vergleich mit den Referenz-Oktavas übertragen die Superlux den Sound etwas weniger dreidimensional, insgesamt aber griffig und klar. Bei den Bässen ist wiederum etwas Zurückhaltung angesagt, der ausgeprägt Tiefmitten-betonende Charakter der Test-Gitarre wird durch das S502 deutlich „verschlankt“ abgebildet, was in diesem Fall dem Gesamt-Sound aber sogar zugute kommt. Das Oktava-Pärchen liefert allerdings auch hier ein natürlicheres Abbild . Was bei Schlagzeugaufnahmen weniger ins Gewicht fällt, sich bei leiseren Quellen allerdings deutlich bemerkbar macht, ist das stärkere Rauschen des S502. Ich habe euch beide Mikros aufgenommen, der Kollege Michael Krummheuer hat jeweils eine Picking- und eine Strumming-Version eingespielt. 

Audio Samples
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Akustikgitarre, Superlux S502, Strumming Akustikgitarre, Superlux S502, Picking Akustikgitarre, Oktava MK-012, Strumming Akustikgitarre, Oktava MK-012, Picking

Fazit

Mit dem S502 hat der taiwanesische Hersteller Superlux ein sehr praktisches Mikrofon für Freunde der ORTF-Stereomikrofonie im Programm. In der Handhabung kann es auf ganzer Linie überzeugen und auch klanglich ist der Testkandidat mehr als brauchbar. Der Rauschpegel kann mit den restlichen Qualitäten nicht ganz mithalten, hier sollte man aber den sehr moderaten Preis von deutlich unter 150 Euro im Hinterkopf behalten. Wer also ein einfach benutzbares, gut klingendes Stereomikrofon sucht, das gut verarbeitet ist und durchaus professionelle Klangergebnisse liefert, macht mit dem S502 nichts falsch. Anchecken empfohlen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • ausgewogener Gesamtklang
  • gute Verarbeitung
  • unschlagbar einfache Handhabung
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • bauartbedingt weniger flexibel als zwei einzelne Mikrofone
  • nicht besonders rauscharm
Artikelbild
Superlux S502 Test
Für 109,00€ bei
Superlux_S502_ORTF_Stereo_Mikrofon_9
FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Hersteller: Superlux
  • Bezeichnung: S502
  • Wandlerprinzip: Stereo/ORTF-Kleinmembran-Echt-Kondensator-Mikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Impedanz: 200 Ohm
  • Frequenzgang: 40-20000 Hz
  • Finish: matt schwarz
  • Ausgang: 5-Pin-XLR
  • Abmessungen: 18,5 x 6,7 Zentimeter
  • Gewicht: 245 Gramm
  • Zubehör: Halterung mit EU-Reduziergewinde, Anleitung, Windschutz
  • Preis : € 129,– (Straßenpreis)
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Profilbild von Bob Robert

Bob Robert sagt:

#1 - 04.05.2017 um 19:13 Uhr

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It is very noisy and this gets in the way when I record quieter sources. I bought this inexpensive stereo set second hand for 40 Euro, so I am not saddened by it's weakness. I will stick to my Gefell UMT 70S on the body and my old trusty Audio Technica AT 4051b on the twelfth fret for my wide stereo recording or the UMT 70S in Figure 8 and the Gefell m930 for my mid/side needs. I guess I will have to wait till I can afford the Schoeps if I wish to utilize the ORTF.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 04.05.2017 um 20:53 Uhr

    0

    Hi Bob,good to hear you share our results. And with those Gefells and the AT you have some pretty classy microphones there. You could try out a second 4051b for ORTF (review: https://www.bonedo.de/artik..., quite sure you will be satisfied with the results. But the Schoeps MSTC 64 U is probably THE mic for ORTF, you`re right there. Worth saving a little more… :-)Best Regards,
    Nick Mavridis (editor/recording)

    Antwort auf #1 von Bob Robert

    Antworten Melden Empfehlen
Profilbild von Achim Koester

Achim Koester sagt:

#2 - 03.05.2023 um 23:19 Uhr

0

Superlux S520 Die Tatsache, dass die ORTF Einstellung vorgegeben ist, würde ich eher positiv beurteilen, es erspart viel Arbeit mit der richtigen Ausrichtung und vermeidet Fehler. Generell kann ich Ihrem Test voll zustimmen, wäre toll, wenn bald auch ein Test des Nachfolgemodells MKII hier zu lesen wäre. Mit freundlichen Grüßen Achim

Profilbild von Achim Koester

Achim Koester sagt:

#3 - 19.05.2023 um 15:12 Uhr

0

Ich habe mir das Nachfolgemodell MKII gekauft, das noch bessere Werte aufweist. Auch das Rauschen ist sehr gering. Bei dem Anschlusskabel muss man rechten und linken Kanal durch Ausprobieren herausfinden. Denn es gibt keine Info in den Dokumenten. Aber rot ist der rechte Kanal. Ansonsten bin ich total zufrieden, es kommt zwar nicht an das Schoeps heran, aber das kostet ja auch mehr als das Zwanzigfache.

Profilbild von Heinz Nachbaur jun.

Heinz Nachbaur jun. sagt:

#4 - 11.11.2023 um 05:19 Uhr

0

Habe das Superlux s502 für eine Aufnahme mit klassischer Gitarrenmusik solo ausprobiert und gekauft. Ich war auf das Ergebnis sehr gespannt, da ja das Mikrofon sehr gelobt wird und außerordentlich günstig ist. Der Abstand zu meiner Konzertgitarre betrug ca. 50 cm. Es resultierte ein sehr klarer Sound, welcher mich sehr überraschte. Durch etwas Absenkung der Höhen war für mich der Klang perfekt. Es ist mir schon klar, dass das fast gleich aussehende Schöps Stereomikrofon auf Grund des 20 fachen Preises noch besser sein muss! So kann ich mir aber selber sehr ansprechende CD Aufnahmen machen und leiste mir noch dazu einen Urlaub.

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