Superlux R102 Bundle Test

Praxis

Praktisch – wenn man das Winkelstecker-Kabel benutzt

Zunächst: Das Superlux R102 sieht toll aus: irgendwie kauzig und zeitlos. Ich fühle mich irgendwie an das Milab VIP-50 erinnert. Der Schwenkbügel ist praktisch, allerdings sollte man dazu wissen, dass man deutliche Probleme bei der Ausrichtung bekommt, wenn man kein Mikrofonkabel mit Winkelstecker zur Hand hat. Die gibt es aber von verschiedenen Herstellern. Das im Bundle beinhaltete Cordial-Kabel dient also primär der Verlängerung. Das ist witzig, wenn man auch das Tischstativ Millenium DS100 verwendet, denn schon hat man nicht nur zwei, sondern sogar drei Kabel. 

Fotostrecke: 2 Bilder Superlux R102 in seiner Halterung – diese gehört auch zum Lieferumfang des “Solo”-Mikrofons.

Tischstativ ist ok

In Verbindung mit einem hochwertigen Stativsystem ist die Ausrichtung als Sprechermikrofon wirklich angenehm, doch wird kaum jemand, der 129 Euro für ein Mikrofon investiert, viel Geld etwa für einen hochwertigen K&M-Tischständer oder ein Triad-Orbit-System mit Wallmount ausgeben. Der im Superlux R102 Bundle enthaltene Mikrofonhalter Millenium DS100 erfüllt seinen Zweck, wenn man ihn nicht ständig bewegen und neu ausrichten muss. Für den Youtuber oder Podcaster, der das Mikrofon einfach mal zur Seite schwenken will, ist er ausreichend. Sagen wir es so: Es gibt bessere, aber die sind eben auch teurer. Und ein innen durchgeführtes Kabel ist bei mechanischer Beanspruchung schneller einmal defekt, ein Austausch mit Fummelei und Löten verbunden. 

Fotostrecke: 2 Bilder Das Kabel des Millenium DS100 ist innenliegend.

Achtercharakteristik nutzen

Weil das Superlux R102 ein Achtermikrofon ist, muss man sich etwas mit den Eigenschaften und der Ausrichtung beschäftigen – und es lohnt sich! Für den Betrieb am Sprechertisch: Mikrofonieren über Kopf, dazu ein etwas stärkeres Einwinkeln nach unten. Dies verhindert, dass rückwärtige Reflexionen durch Tisch, Monitor, Skriptblatt und so weiter zu stark werden. Mehr noch: Die „bösen“ Reflexionen des Tisches lassen sich hervorragend in die Off Axis der Acht legen, also in 90 Grad zur Front. Das gelingt kopfüber auch ein Stückchen besser, als wenn der Body nach unten zeigt. Das sind natürlich typische Achter-Eigenschaften, die auch andere Mikrofone dieser Bauart liefern. Und die Patternkonstanz, eines der Highlights dieser Richtcharakteristik, bekommen viele teurere Bändchen wie das Beyerdynamic M130 etwas besser hin. 

Roll-off der Höhen oft angenehm

Ein spritzig-frisches Höhenfeuerwerk wird wohl kaum jemand von einem Bändchen erwarten. Und tatsächlich ist das Superlux R102 ein Stück weit samtig und belegt, was aber bei naher Mikrofonierung eine schöne Intimität verleiht. Stimmen erscheinen nah, groß, besonders deutscher Aussprache wird etwas Biss und Schärfe genommen – Attribute, mit denen die deutsche Sprache im Ausland gerne belegt wird. Wegen der ordentlichen, aber nicht schwammigen Bassanhebung durch den Nahbesprechungseffekt klingen Stimmen etwas „amerikanischer“ und „englischer“. Das ist auch deswegen der Fall, weil besonders bei Sprechern im angloamerikanischen Raum Bändchenmikrofone verbreiteter sind als hierzulande. Die Poppempfindlichkeit ist für ein Ribbon normal, also nicht gerade übertrieben gering, genauso die Trittschallfilterung.

Für Sprache, Gesang, Instrumente gleichermaßen

Trotz Bügel und Tischarm: Natürlich ist das Superlux R102 kein reines Sprechermikrofon, sondern leistet überall dort hervorragende Dienste, wo ein Bändchen eingesetzt werden kann – und das ist (fast) überall! Vocals kommen fast mix-ready aus dem Mikrofon und es ist schön, dass im Zuge der „Aktivierung“ der Elektronik keine Höhenanhebung durchgeführt wurde. Denn: Die Entschärfung im Vergleich zu Kondensatormikrofonen tut vielen Stimmen im Mix gut. Zudem vertragen viele Bändchenmikros ein Boost-EQing in den Präsenzen und Höhen recht gut. Das R102 wird bei enormen Hüben etwas britzelig, aber das geht in jedem Fall in Ordnung. 

Audio Samples
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Vocals, Superlux R102, 10 cm Vocals, Superlux R102, 30 cm, 0 Grad Vocals, Superlux R102, 30 cm, 45 Grad Vocals, Superlux R102, 30 cm, 90 Grad Vocals, Superlux R102, 70 cm Vocals, Coles 4038, 30cm Vocals, Beyerdynamic M130, passiv Vocals, Beyerdynamic M130, Triton FetHead Sprache, Superlux R102 Sprache, Beyerdynamic M130 Sprache, Sennheiser e835

An Schlaginstrumenten kann mit dem Abstand schön die Bassigkeit bestimmen, benachbarte Instrumente schön ausblenden. Als Mikrofon vor dem Resonanzfell (nicht am Loch!) erzielt man ein wunderbar bassiges Fundament. Auch am Gitarrenamp, Bassamp, vor dem Halbakustikbass oder an der Akustikgitarre, an Holz- und Blechblasinstrumenten, die genannten Eigenschaften lassen sich auf all diese Signale übertragen. Zu „gepresst“ wird es auch im Nahbereich nicht, allerdings wäre ein Rode NTR beispielsweise deutlich luftiger. 

R102 performt dank aktiver Elektronik an vielen Preamps ordentlich

Natürlich ist ein guter, rauscharmer Mikrofonvorverstärker immer sinnvoll, bei passiven Bändchen und einigen anderen dynamischen Mikrofonen ganz besonders. Da das Superlux R102 aber ein aktives Bändchen ist und dadurch mehr Pegel liefert, zeigt es sich unprätentiös, was die Wahl des Preamps angeht. Auch ein einfaches Audiointerface lieferte überzeugende Ergebnisse. 

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BonedoLeser sagt:

#1 - 21.11.2018 um 19:17 Uhr

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Hallo Nick,
ich finde es erstaunlich, dass das R102 im Vergleich zu dem Coles und dem Beyerdynamic so viele Höhen hat.
Auch deinen Sprachaufnahmen finde ich, dass das M130 extrem wenig Höhen hat, während das e835 sehr viele hat. In der Aufnahme mit dem dem Superlux klingt deine Stimme noch am natürlichsten, soweit ich sie von den anderen Mikrofontests kenne (in Natura habe ich dich ja noch nicht gehört =) ).

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 22.11.2018 um 08:10 Uhr

    0

    Hallo "Bonedoleser",4038 und M130 sind auch einfach Mikrofone, die entwickelt wurden, bevor es das Wort "Close Miking" überhaupt gab. :-) Bei entsprechenden Abständen klingen auch sie deutlich höhenreicher. Die Gesangsstimme bin ich aber gar nicht, das ist Chul-Min Yoo – der kann das mit dem Singen einfach besser als ich…Beste Grüße
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

    Antwort auf #1 von BonedoLeser

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