Softube Parallels Test

Endlich kommt Bewegung in den Markt der Software-Synthesizer! Nachdem es lange nur darum ging, analoge Legenden zu emulieren oder im Schatten von Serum und Massive sein Dasein zu fristen, kommt man aus dem Neuerfinden dieses Jahr gar nicht mehr heraus. Softube will mitmischen und schickt Parallels ins Rennen.

Softube_Parallels_01_Test


Die Schweden sind bisher vor allem für ihre hervorragenden Mixing-Plug-ins bekannt, wie etwa für den Harmonics Analog Prozessor, den Drawmer 1973 und natürlich ihren Controller Console 1. Dementsprechend wurde bei der Entwicklung von Parallels auch mit höchstem Anspruch und jeder Menge prominenter Unterstützung ans Werk gegangen. Softube ist durch seine Auswahl an Sounddesignern breit aufgestellt. Auf der einen Seite stehen Musiker wie Modular-Synth-Legende Richard Devine und Trance-Veteran BT (Brian Transeau), auf der anderen beispielsweise der YouTuber Bobeats, der auf seinem Kanal vor allem Hardware-Synthesizer vorstellt und eine große Fangemeinde hat.

Details

Parallelwelten – Die Wavescanning-Engine

Knapp 100 Wave-Files bringt Parallels mit, die in insgesamt elf Kategorien aufgeteilt sind. Hier gibt es unter anderem bekannte analoge Wellenformen (Saw, Square, etc.) sowie FM-Klangwelten und düstere Drones. Außerdem stehen sechs Wellen, die an Physical- Modelling-Synthesizer angelehnt sind, und eine größere Menge von Chaoswellen zur Verfügung. Laut Handbuch ist jede der Wellen ca. 15 Sekunden lang. Die bei Parallels als „Wavescanning“ betitelte Technologie der beiden Oszillatoren scheint der klassischen Wavetable-Technologie sehr ähnlich zu sein. Eigene Audio-Files kann man nicht importieren. 

In den elf Kategorien gibt es die unterschiedlichsten Sounds, teilweise angelehnt an bestehende Synthesizer.
In den elf Kategorien gibt es die unterschiedlichsten Sounds, teilweise angelehnt an bestehende Synthesizer.

Zwei Filter, drei Filtertypen 

Jede der zwei Sound-Engines hat einen eigenen Filter. Hier bringt Parallels je drei verschiedene Filtertypen mit, die die Obertöne der Wellen unterschiedlich beeinflussen. Anders als bei den meisten anderen Synthesizern werden die zwei Filter-Slots in Parallels als „Shaper“ bezeichnet. Zur Auswahl steht zum einen ein sogenannter „Low Pass Gate“-Filter, der sich am analogen Verhalten vieler Modular-Synth-Filter orientiert: Durch die Schwankungen in den Stromkreisen verhält sich der Cutoff nicht immer gleich, über den „Slew“-Regler stellt ihr die Stärke dieser zufälligen Abweichungen ein. Der zweite Filter, der „State Variable“, ist eine klassische Mischung aus Low-Pass- und High-Pass-Filter, wie man sie aus vielen Synthesizern kennt. Der dritte im Bunde ist ein „Resonance“-Shaper, der klassische Formant-Filter-Effekte erzeugt.

Fotostrecke: 2 Bilder Der „Low Pass Gate“-Filter in Aktion. Über den „Slew“-Parameter bestimmt ihr, wie ungenau der Filter arbeitet. Rechts sind Delay und Reverb aktiv.

Modulationen

Fünf verschiedene Modulationserzeuger gibt es, die ihr in den vier Slots links zuschalten und verteilten könnt. Grundsätzlich läuft das Modulieren in Parallels so, dass ihr einen Modulator aktiviert und dann am gewünschten Regler (beispielsweise Cutoff oder Pitch) die Modulationsstärke hochdreht. Dabei gibt es eine Besonderheit: Jeder Paramenter, der modulierbar ist, kann mit zwei Modulatoren gleichzeitig bearbeitet werden. Das könnt ihr über das Auswahlmenü einstellen, das erscheint, sobald ihr die Modulation aktiviert habt. Als Modulatoren gibt es Klassiker wie LFOs und Hüllkurven, dazu ein Random-Modul, einen Step-Sequencer und einen Equlician-Sequence-Generator. Die letzten beiden erzeugen rhythmische Modulationen. 

Effekthascherei

Parallels bringt fünf Effekte mit, die zu- oder abgeschaltet werden können: Distortion, Chorus, Flanger, Delay und Reverb. Das sind alle klassischen Synthesizer-Effekte, deren Intensität jeweils über eigene Mixregler bestimmt werden kann. Außerdem könnt ihr jeden der drei Parameter modulieren.

Praxis

Parallels – Das Soundwunder

Sagenhafte 395 Presets bringt Parallels mit. Das heißt, es ist wirklich für jeden etwas dabei, auch wenn man erst am Anfang steht. Ob ewig wabernde Flächensounds, bitterböse Basssounds, beißende Leads oder groovige Patterns, Parallels deckt alles ab. Kein Sound klingt statisch oder zu digital. Seid beim Durchtesten der Presets allerdings vorsichtig, denn einige übersteuern von Haus aus heftig. Bei anderen gibt es teilweise sehr heftige Pegelausschläge, wenn die jeweils eingestellten Effekte umspringen.

Audio Samples
0:00
01. „Voxbass“ (Fredik Mjelle)
 02. „FM Seq“ (Bobeats)
 03. „Glitterspheres“ (Richard Devine) 04. „Sidechain Ostinato“ (BT) 05. „Gathering Storms“ (Bobeats) 06. „StaccVocc“ (Fredik Mjelle) 07. „The Singing Tree“ (Bobeats, Reverb-Modul aktiviert)

Der hervorragend gemachte Preset-Browser (über das Plug-in unten rechts erreichbar) bringt viele Möglichkeiten mit, um die Auswahl der Presets weiter einzuschränken (z. B. die Soundkategorie oder die Stimmung). Ähnlich wie bei Pigments von Arturia gibt es eine kurze Beschreibung zum Preset. Was allerdings schmerzlich fehlt, wenn man viele Presets testet, ist deren Auffindbarkeit! Hat man nämlich ein Preset angewählt und schließt den Browser, taucht der Name des Presets nirgendwo im Plug-in auf. Lädt man das Plug-in versehentlich neu, hat man keine Chance, den vorher gewählten Sound schnell wieder zu finden.

Neben den Such-Tags könnt ihr Presets auch mit einem Drei-Sterne-System bewerten, damit ihr Favoriten schneller wieder findet.
Neben den Such-Tags könnt ihr Presets auch mit einem Drei-Sterne-System bewerten, damit ihr Favoriten schneller wieder findet.

Selbst ist der Synth – eigenes Sounddesign

Macht man sich daran, eigene Sounds zu erstellen, ist der Workflow denkbar einfach: einfach bei einem oder beiden Sound-Engines die gewünschte Welle auswählen, über den Color-Regler eine gut klingende Position finden, filtern, modulieren – und fertig. Etwas irritierend ist dabei allerdings, dass der „Wave-Scanner“ automatisch um die angewählte Position in der Welle hüpft. Seine Geschwindigkeit lässt sich nicht beeinflussen. Das bringt zwar Bewegung in jeden Sound, macht ihn aber trotz zusätzlicher „Color Movement“-Hüllkurve und Modulationen nicht so leicht kontrollierbar. 
In den vier „Mod Pods“ links bekommt ihr Modulationswerkzeuge wie LFOs, Hüllkurven oder Sequencer. Die LFOs bringen Dreiecks- und Sägezahnwellen mit, die sich mit dem „Shape“-Regler noch leicht verändern lassen. Eine echte, sanfte Sinuswelle gibt es dabei genauso wenig, wie die Möglichkeit, zu bestimmen, ob der LFO bei jeder neuen Note weiterläuft oder ob er von neuem getriggert wird. Synchron läuft der LFO zwischen vier Takten und sechzehntel Noten, frei schwingend zwischen 0,1 Hz und 50 Hz. Die jeweilige Anzeige ist aber ähnlich wie der Preset-Browser und die Plug-in-Einstellung etwas versteckt in der unteren Leiste von Parallels zu finden.

Fotostrecke: 3 Bilder Fast jeder Parameter lässt sich modulieren. Per Drag lässt sich die Modulationsstärke bestimmen.

Mit den anderen Modulatoren „Stepsequencer“, „Euclidian Sequence Generator“ und „Random“ lässt sich jede Menge Schabernack treiben. Das Random-Modul generiert Zufallswerte auf Basis von weißem Rauschen, das Softube als „Rain“ betitelt. Dessen Intensität und Geschwindigkeit lässt sich über den sogenannten „Hotspot“ in der Mitte der Modulation verändern. Jeder modulierbare Parameter kann einfach per Mausklick mit einem Modulator verbunden werden. Leider passiert es dabei aber häufig, dass man ungewollt auf die Modulation rutscht, wenn man eigentlich nur den Parameter selbst verändern wollte. Beide Einstellungen liegen sehr eng beieinander. Was grundsätzlich fehlt, ist die Möglichkeit, die Modulationsrichtung zu verändern. Es gibt keine Möglichkeit, die Modulation rückwärts arbeiten zu lassen. Vielleicht hätte eine kleine Modulationsmatrix hier geholfen. 
Effekte sind Softubes Fachgebiet. So wenig Einstellmöglichkeiten es bei den fünf Effekten einerseits gibt, so fantastisch klingen sie auf der anderen Seite: ein satter Hall, ein Chorus und ein Flanger, wonach sich die meisten Softsynths die Finger lecken, sowie eine butterweiche Verzerrung und ein Delay, das sehr musikalisch klingt. Bei der Soundqualität ist Parallels ganz vorne mit dabei. Schön wäre allerdings gewesen, wenn man die Reihenfolge der Effekte ändern könnte. 

Der Wavescanner A in Aktion. Der orangefarbene Strich unten am Kreis zeigt die Stelle in der Waveform, die per „Color Movement“-Hüllkurve angesteuert wird.
Der Wavescanner A in Aktion. Der orangefarbene Strich unten am Kreis zeigt die Stelle in der Waveform, die per „Color Movement“-Hüllkurve angesteuert wird.

Fazit

Parallels klingt einfach fantastisch. Als Software-Synthesizer mit fast 400 Presets und einer Effektkette, deren Qualität ihresgleichen sucht, ist Softubes neues Baby ideal für Einsteiger und alle, die lieber mit Presets arbeiten. Und davon gibt es wirklich reichlich. Im Preset-Browser zeigt sich, dass sich Softube, was die Auswahl von Sounddesignern betrifft, viele Gedanken gemacht hat. Die jeweiligen Sounds haben alle einen eigenen Charakter. 
So soundversessen es auch ist, so sehr scheint Softube an vielen anderen Stellen nicht ganz entschlossen gewesen zu sein, wie anders und neu jetzt alles sein soll. Die Oberfläche sieht zwar schön aus, ist aber in einigen Punkten unausgegoren, wenn man zum Beispiel mehr in die Tiefe will. Um bei den Großen mitspielen zu können, gibt es noch ein paar Hausaufgaben für Parallels. Der Import von eigenen Audio-Files fehlt genauso, wie eine Modulationsmatrix oder ein aktualisiertes Handbuch, das nur auf der Webseite verfügbar ist. Eine Anzeige der Preset-Namen im Plug-in wäre außerdem wünschenswert. Wer also auf viele neue Synth-Sounds setzt, ohne dabei viel einstellen zu müssen, der ist mit Parallels gut beraten. Wer hingegen lieber selbst Sounds baut und moduliert, könnte sich nicht so ganz aufgehoben fühlen.
www.softube.com/parallels/

Pro
  • Hohe Soundqualität der Presets
  • Effekte klingen hervorragend
  • Sehr variantenreiche Presets
  • Einfach zu bedienen
  • Modulation einfach zu vergeben
  • Sehr komplexe Modulationsrhythmen möglich
Contra
  • Presetname nicht im Hauptfenster sichtbar
  • Presets übersteuern oft von Haus aus
  • Keine Modulationsmatrix, Modulationsrichtung nicht einstellbar
Softube_Parallels_01_Test
Features
  • 395 Presets (Preset-Browser mit vielen Kategorien)
  • Dual wave-scanning engine mit fast 100 Multi-Waveforms (u.a Physical Modelling, Analoge Oszillatoren, Drones), jede ca. 15 Sekunden lang
  • Neuartige Oberfläche, die die Modulationen farblich darstellt und animiert
  • Maximal 14 Stimmen gleichzeitig möglich (wenn beide Engines laufen)
  • Drei analog modellierte Filter (State-variable, vactrol LPG und Resonat Peaks)
  • Fünf Modulationstypen: LFO, Random, Euclidian Sequencer, Envelope, Step Sequencer
  • Vier Modulations-Slots: Modulationsziele können gemischt werden
  • Fünf Effekt-Slots: Distortion, Chorus, Flanger, Delay, Reverb
  • iLok-Account und Dongle notwendig
Preis
  • 148,- € (Straßenpreis: 25.04.2019)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Hohe Soundqualität der Presets
  • Effekte klingen hervorragend
  • Sehr variantenreiche Presets
  • Einfach zu bedienen
  • Modulation einfach zu vergeben
  • Sehr komplexe Modulationsrhythmen möglich
Contra
  • Presetname nicht im Hauptfenster sichtbar
  • Presets übersteuern oft von Haus aus
  • Keine Modulationsmatrix, Modulationsrichtung nicht einstellbar
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Softube Parallels Test
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