Shure SRH1440 Test

Wenn man den Namen Shure hört, denkt man vermutlich nicht unmittelbar an Kopfhörer, obwohl der amerikanische Hersteller inzwischen eine respektable Auswahl an In-Ear-Hörern sowie herkömmlichen Kopfhörern in geschlossener und offener Bauart anbietet.

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Der offene Shure SRH1440 wird vom Hersteller als professioneller Kopfhörer für Mix und Mastering beworben und rangiert in der Hierarchie unterhalb des offenen Topmodells SRH1840, für welchen man gemäß UVP etwa 200 Euro mehr auf den Verkaufstresen legen muss. Welche Abstriche muss man beim günstigeren Modell machen – muss man überhaupt Abstriche machen? Und welche Klientel könnte sich vom Shure SRH1440 angesprochen fühlen? Wir haben die Antworten.

Details

Bauweise

Der Shure SRH1440 ist ein dynamischer Kopfhörer in offener Bauweise mit ohrumschließenden Ohrmuscheln und einem Gewicht von 343 Gramm ohne und 387 Gramm mit Kabel. Ein Faltmechanismus zu Transportzwecken ist nicht vorhanden.

Verarbeitung

Der von schwarzem Kunststoff dominierte Materialmix wirkt zwar etwas hausbacken, macht aber einen tadellos verarbeiteten und grundsoliden Eindruck. Die beweglichen Teile der horizontalen und vertikalen Aufhängung der Ohrmuschel sowie die gerasterte Größenanpassung des Kopfbands scheinen auf Langlebigkeit ausgelegt zu sein. Sollte dennoch einmal etwas kaputtgehen, sind die verschraubten Kunststoffteile leicht auszutauschen. Manche Kopfhörer möchte man beim ersten Anblick spontan aufsetzen – durch sein ansprechend gepolstertes Kopfband und die einladend wirkenden Velours-Ohrpolster zählt der Shure SRH1440 definitiv dazu!

Fotostrecke: 3 Bilder Typisch offener Kopfhörer: perforierte Abdeckung der Ohrmuschel

Mitgelieferte Kabel

Der Shure SRH1440 wird mit einer praktischen Transportbox, einem Ersatzpaar der Velours-Ohrpolster sowie einem zweiten, identischen Kopfhörerkabel aus sauerstofffreiem Kupfer ausgeliefert – top! Mittels einer MMCX-Steckverbindung sind beide Kabel problemlos austauschbar und verfügen über einen vergoldeten 3,5mm-Klinkenstecker, für welchen insgesamt ein vergoldeter Adapter auf 6,35 mm im Lieferumfang vorhanden ist. Fazit: Hier ist alles dabei, was der Profi braucht, wobei ich persönlich als zweites Kabel eine optionale Variante, etwa ein Spiralkabel, bevorzugt hätte.

Fotostrecke: 2 Bilder Kompakte, vergoldete Steckverbindung des Kopfhörerkabels

Technik und Kennzahlen

Die technischen Daten, welche in der Featureliste am Ende dieses Testberichts im Detail genannt werden, entsprechen den Anforderungen an einen professionellen Kopfhörer. Der SRH1440 wird von einem Neodym-Magneten (40 mm) angetrieben und spielt dank seiner geringen Impedanz von 37 Ohm mit einer souveränen und kräftigen Wiedergabe an mobilen Abspielgeräten wie iPhone und Co. Laut Datenblatt werden Frequenzen von 15 bis 27.000 Hz übertragen, was den menschlichen Hörbereich mehr als abdeckt. Hiermit hat der SRH1440 einen marginal geringen Übertragungsbereich als der Shure SRH1840 (10 bis 30.000 Hz), was allerdings ohne praktische Relevanz ist. Meine explizite Beurteilung der Wiedergabeeigenschaften ist an späterer Stelle im Praxisteil nachzulesen.

Praxis

Verwendungszweck

Als Studiokopfhörer offener Bauart ist der Shure SRH1440 für den Einsatz in Mix und Mastering prädestiniert. Für Monitoring-Anwendungen zur Aufnahme und in lauter Umgebung ist er als offener Kopfhörer mit geringen Dämmwerten nicht geeignet.

Der SRH1440 ist kaum gedämmt.
Der SRH1440 ist kaum gedämmt.

Tragekomfort

Der SRH1440 ist mit seinen 387 Gramm mit Kabel auf dem Papier kein Fliegengewicht, allerdings wirkt er überhaupt nicht schwer oder massig. Offensichtlich hat er die optimale Gewichtsverteilung eines Mittelmotor-Sportwagens und ist problemlos auch über einen längeren Zeitraum zu tragen. Dank der hervorragenden Polsterung von Kopfbügel und Ohrmuscheln sowie der sehr angenehmen, körperaufliegenden Materialien, empfinde ich – mit meinem (obenrum) rasierten Kopf – den Tragekomfort als erstklassig. Ebenso gefällt mir die zuverlässig sitzende Größenanpassung des Kopfbügels deutlich besser als bei Shures (offenem) Spitzenmodell, dem SRH1840. Auch der Anpressdruck der Ohrmuscheln ist für mein Empfinden optimal gewählt. Der SRH1440 sitzt sicher auf meinem Kopf, ohne dass ich mich eingeengt fühle oder das Bedürfnis habe, den Kopfhörer von Zeit zu Zeit abzulegen, wie es bei anderen Modellen schon mal der Fall ist. Einen kleinen Kritikpunkt möchte ich aber nicht vorenthalten: Durch die Berührung des beidseitig geführten Kabels an Kragen oder Kapuze sorgt vereinzelt unangenehmer Körperschall für einen Hauch von Gänsehaut (“Styropor-Effekt”), allerdings nur, wenn kein Audio-/Musiksignal zu hören ist.

Fotostrecke: 2 Bilder Die komfortable Polsterung des Kopfbügels.

Klang

Der Shure SRH1440 wurde für diesen Test an folgenden Kopfhörerausgängen/Verstärkern betrieben:

  • iPad 4
  • Universal Audio Apollo 8
  • SPL 2Control
  • Lake People G93

Neben diversen akustischen Experimenten (Sinus Sweeps, übliche DAW-Tätigkeiten) habe ich einen stilübergreifenden Mix eigener und fremder Produktionen über den SRH1440 angehört und analysiert. Hierzu möchte ich anmerken, dass mir einige Wochen vor diesem Test der Shure SRH1840 als Testobjekt zur Verfügung stand. Für einen ersten Eindruck habe ich verschiedene Audiobeispiele mit dem SRH1440 gehört und mir Notizen dazu aufgeschrieben, die erstaunlicherweise ziemlich exakt mit meinen eigenen, inzwischen in Vergessenheit geratenen Aufzeichnungen über die Wiedergabeeigenschaften des SRH1840 übereinstimmen. Ein direkter Vergleich beider Kopfhörer hat allerdings nicht stattgefunden.

Frequenzgang

Die Abstimmung des SRH1440 ist absolut analytisch und tendenziell hell. Dank der hervorragenden Auflösung empfinde ich den spürbaren Fokus auf hohe Frequenzen aber nicht als schrill oder störend, sondernd quasi als detailliert und “erhellend” im positiven Sinne, was mich und zu einer moderaten Abhörlautstärke animiert. Die Wiedergabe des mittleren Frequenzbereichs ist etwas farblos, “sachlich” aber zweckdienlich, da Tonalitäten immer noch gut zu beurteilen sind. Bässe werden dezent und ohne Druck wiedergegeben, was zu analytischen Beurteilungen eines Gesamtmixes vielfach noch ausreichen mag, für aktive Bearbeitungen tiefer Frequenzen aber nicht optimal geeignet ist.

Impulsverhalten

Hier agiert der SRH1440 auf Top-Niveau! Die Transientenwiedergabe ist erstklassig und muss sich hinter keinem teureren Abhörwerkzeug verstecken. Schnittfehler und sonstige Artefakte werden gnadenlos präsentiert und eine zielgerichtete, professionelle Dynamikbearbeitung ist mit dem Shure SRH1440 ebenfalls möglich.

Räumliche Abbildung

Es gibt Kopfhörer, an die man sich erst einmal gewöhnen muss. Nicht so der SRH1440, dessen Wiedergabe ich schon bei meinem ersten spontanen Hörcheck als sehr natürlich empfand. Die Tiefenstaffelung und räumliche Abbildung erfolgen auf professionellem Niveau, lediglich die Stereobühne erscheint einen Hauch zu breit, wodurch der Shure-Kopfhörer nicht die ganz die erstaunliche Natürlichkeit meines AKG K812 erreicht, den ich als Vergleichskopfhörer verwendet habe. Wie bei vielen Kopfhörern bewirkt die Verwendung der Crossfeed-Funktion, die man in einigen Kopfhörerverstärkern (unter anderem SPL Phonitor/2Control) vorfindet, auch beim SRH1440 eine deutliche Optimierung der räumlichen Abbildung und hebt den Shure-Kopfhörer auf ein noch höheres Niveau – eine tolle Kombination!

In Verbindung mit einem Crossfeed-fähigen Amp spielt der 1440 besonders gut.
In Verbindung mit einem Crossfeed-fähigen Amp spielt der 1440 besonders gut.

Fazit

Der Shure SRH 1440 bietet zu einem attraktiveren Preis eine gleichwertige Wiedergabequalität wie sein großer Bruder, der SRH 1840 – sogar die luxuriöse Ausstattung (Box, Ersatzohrpolster/-kabel) ist identisch. Dank der auch horizontal beweglichen Ohrmuscheln und der soliden Größenanpassung beurteile ich zudem den Tragekomfort als besser als beim teureren Modell. Wer also keine Design-Ikone, sondern ein professionelles, analytisches Abhörwerkzeug zur Beurteilung und Kontrolle von Mix, Mastering und Editing sucht, findet in Shures SRH 1440 eine absolut interessante Alternative zum 1840 und auch zu direkten Konkurrenten anderer Hersteller. Dabei sehe ich den SRH 1440 nicht als Allround-Kopfhörer, der sich auch zum kreativen Produzieren eignet und mit seiner analytischen Klangsignatur alle Bedürfnisse erfüllt. Die Wiedergabeeigenschaften erinnern entfernt an die legendären Desktop-/Computer-Speaker SRS-Z1 von Sony, die man in vielen professionellen Studios unter anderem dazu nutzt, einen Mix auf seinen “Impact” auf kleinen Lautsprechern zu überprüfen, um Mischfehler zu vermeiden. Dementsprechend sehe ich den Shure SRH1440 als eine absolut empfehlenswerte Ergänzung, quasi den zweiten Blickwinkel, zu bereits vorhandenen Abhörwerkzeugen mit souveräner Basswiedergabe.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • gute Wiedergabe von Transienten
  • analytischer, transparenter Klangcharakter
  • austauschbare Kabel
  • luxuriöse Ausstattung
  • hoher Tragekomfort
Contra
  • sehr „kontrollierter“ Bass
  • teilweise unangenehmer Körperschall bei hohem Kragen/Kapuze
Artikelbild
Shure SRH1440 Test
Für 265,00€ bei
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In Verbindung mit einem Crossfeed-fähigen Amp spielt der 1440 besonders gut.
Technische Spezifiktionen
  • Professioneller offener Studio Kopfhörer
  • Offen
  • Dynamisch
  • Ohrumschließend
  • Transportbox
  • Ein Paar Ersatzohrpolster
  • Beidseitige Kabelführung, abnehmbar
  • Zwei Kabel (OFC), 2,1 m lang und gerade
  • 3,5mm-Klinkenstecker mit vergoldetem Adapter auf 6,35 mm
  • 40mm-Neodym-Magnet
  • Empfindlichkeit: 101 dB/mW (1 kHz)
  • Gewicht: 343 g (ohne Kabel), 387 g (mit Kabel)
  • Impedanz: 37 Ohm
  • Übertragungsbereich: 15 – 27.000Hz
  • Nennbelastbarkeit: 1000 mW
Preis: € 329,- (UVP), € 289,- (Straßenpreis vom 12.5.2017)
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    Matt321 sagt:

    #1 - 25.04.2018 um 13:55 Uhr

    0

    4 von 5? Jetzt weiß ich gar nichts. Das heißt nur, dass man nicht einen Fehlgriff gemacht hat, sich überhaupt zu INFORMIEREN. Allerdings bringt es die Entscheidung nicht weiter.

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