Shure Motiv MV51-DIG Test

Praxis

Optik, Haptik & Usability

Zunächst einmal eine ganz simple Feststellung: Das Shure Motiv MV51 hat wirklich ein ordentliches Gewicht. Das ist auch kein Wunder, denn sein Body ist aus zwei Metallschalen gefertigt, die servicefreundlich miteinander verschraubt sind. Der metallene Standfuß ist ausklappbar und inklusive massivem Sprengring nahezu “roadtauglich” am Mikrofon-Body verschraubt. Die Unterseiten von Mikrofon und Standfuß sind mit rutschfestem Gummi versehen. In Kombination mit dem Gewicht des Mikrofons von etwa 575 g ergibt sich deshalb ein absolut sicherer Stand. Zusammen mit dem soliden ausklappbaren Standfuß des Mikrofons legt das wertig-schwere MV51 deshalb im Test einen ordentlichen ersten Auftritt hin.
Die am Ende des Stativfußes befestige Anti-Rutsch-Kappe lässt sich abschrauben und durch den mitgelieferten Schraubadapter ersetzen. Dadurch wird es möglich, das MV51 auf jedem handelsüblichen Galgenstativ aufzuschrauben. Durch das bewegliche Gelenk des Stativfußes lässt sich das Mikrofon komfortabel auf den jeweiligen Sprecher ausrichten. Allerdings ist es mit einer Höhe von knapp 12 cm nicht allzu hoch – und schließlich befindet sich seine Membran nochmals deutlich unterhalb der Oberkante. Deshalb wird im einen oder anderen Fall wohl doch die Anschaffung eines zusätzlichen Tischstativs vonnöten sein, sofern der Sprecher die Bassanhebung nutzen möchte, die beim Besprechen des Mikrofons aus nächster Nähe auftritt.

Fotostrecke: 9 Bilder Die Front des MV51 unterteilt sich in eine Retro-Oberseite und ein modernes unteres Drittel.

Anschluss & Touchpanel

Aufgrund der generischen Treiberanbindung des MV51 ist sein Anschluss “idiotensicher”. Einfach Digitalmikrofon und Rechner oder Smart-Device mit einem der mitgelieferten Kabel verbinden, gegebenenfalls kurz die automatische Treiberinstallation des Betriebssystems abwarten und schon kann es losgehen. Offiziell werden zwar nur Windows 7 und Windows 8 unterstützt, doch auch beim zusätzlichen Test mit einem Windows-Vista-PC konnte ich das Mikrofon problemlos betreiben. Die beiliegenden Adapterkabel sind allerdings recht kurz. Fürs Recording per Laptop ist das weniger problematisch, bei einem Desktop-PC muss man bei gerade einmal einem Meter Kabellänge allerdings schon schauen, dass Mikrofon und Rechner nicht allzu weit auseinander stehen.

Das Touchpanel des Shure Motiv MV51 begeistert. Schalte ich das Mikrofon stumm, wird dies durch eine rote LED angezeigt. Durch mehrmaliges Tasten auf das “Mode”-Feld wechsle ich zwischen den verschiedenen Presets. Auch diese Wechsel werden optisch unterstützt: Rings um das Tastfeld für die DSP-Modi sind leicht verständliche Piktogramme angebracht, neben denen ebenfalls eine LED aufleuchtet, sobald der jeweilige Modus ausgewählt wird. Eine achtstellige LED-Anzeige gibt Auskunft über den gewählten Signalverstärkungsgrad. Er lässt sich im darunter liegenden Touchbereich justieren. Hier muss ich zwar mehrere Male von “-” zu “+” wischen, sofern ich den Gain-Wert deutlich erhöhen möchte. Zugleich ist dadurch aber auch eine ausreichend genaue Feinabstimmung möglich. Mit dem Berühren des Kopfhörer-Symbols wechselt die LED-Kette ihre Farbe von grün auf orange. So zeigt das Mikrofon an, dass der untere Touchbereich nun nicht mehr die Eingangsverstärkung, sondern die Lautstärke des Kopfhörerausgangs regelt. Das alles ist wunderbar gelöst, weil einsteigerfreundlich und nachvollziehbar.
Das Verhältnis von Wiedergabelautstärke zu Direct Monitoring muss per Recording-Software gelöst werden. Das Einpegeln des Mikrofoneingangs gelingt jedoch auch mithilfe des Kopfhörerausgangs gut, auch wenn dieser nicht besonders leistungsstark ist.

Fotostrecke: 5 Bilder Neben einem USB-Micro-B-Anschluss ist auch ein Kopfhörerausgang in Miniklinken-Ausführung vorhanden.

Klang

Vorweggenommen: Klanglich zeigt das Shure Motiv MV51 eine große Bandbreite. Wenngleich es mich nicht vollends umhaut, so ist es dennoch erstaunlich wandlungsfähig. Das liegt an den DSP-Modi, die das Mikrofon universeller einsetzbar machen als so manchen digitalen Kollegen.
So überträgt das MV51 im “Flat”-Modus tatsächlich mit recht “flachem” Frequenzgang. Bei naher Mikrofonierung ist beispielsweise der Nahbesprechungseffekt deutlich geringer ausgeprägt als bei den Modi “Sprache” und “Gesang”. Wobei der Sprach-Modus – wie zu erwarten – die “fettesten Bässe” liefert. Mir persönlich geht das MV51 dabei allerdings ein wenig zu weit. Statt einen satten Broadcast-Stimmsound zu erzeugen, wummern dem Hörer die Bassanteile im Signal nur so entgegen. Im Modus “Sprache” sollte der Sprecher deshalb nicht allzu nah ans Mikrofon heran gehen oder gegebenenfalls einfach einen anderen DSP-Modus wählen.
Die Rauschanteile im Signal halten sich erfreulicherweise sehr im Rahmen. Aufgrund der Empfindlichkeit des MV51 stellen eher die Nebengeräusche im Raum ein Problem dar. So sind etwa in unseren Testaufnahmen deutlich die PC-Lüfter zu hören. Wie bereits gesagt: Längere Kabel könnten hier auf die Schnelle Abhilfe schaffen. Ich habe diesen Test jedoch mithilfe des Lieferumfangs durchgeführt.
Kommen wir zur klanglichen Abbildung. Wie weich das Shure Motiv MV51 Zischlaute abbildet, hört Ihr ganz deutlich im ersten Audiofile, wenn Ihr auf die F- und Z-Laute achtet. Insgesamt wirkt der vom Mikrofon ausgegebene Klang auf mich allerdings sowohl “bedeckt” als auch ein wenig “dosig”. Soll heißen, der untere Mittenbereich ist im Frequenzbild stark überrepräsentiert – Höhenanteile, die für Offenheit oder Brillanz sorgen könnten, sind dagegen wenig ausgeprägt. Passend zu seiner Retro-Optik setzt das MV51 dadurch Stimmsignale vergleichsweise matt um.
Die Signaldynamik ist insbesondere für den Bereich Podcasting als gut zu bezeichnen. So werden etwa Transienten deutlich, aber nicht allzu scharf abgebildet.
Mich überrascht vor allem die Nierencharakteristik. Der Sweet Spot der Mikrofonkapsel ist doch recht klein. Schon geringe Veränderungen in der Sprecherposition führen zu sehr deutlich hörbaren Änderungen im Stimmklang. Im Audiobeispiel hört Ihr wie gravierend die Klangveränderung ist, wenn sich der Sprecher 45° jenseits der Haupteinsprechachse des Mikrofons befindet. Während so manch anderes Mikrofon hier noch ein recht stabiles Klangbild aufrecht erhält, agiert das MV51 dabei einigermaßen problematisch. Sänger und Sprecher verharren besser in einer einmal gefunden Position vor dem Mikrofon. Andernfalls könnte es später klingen als wären bei verschiedenen Takes unterschiedliche Mikrofone verwendet worden …

Im Modus “Gesang” gefällt mir das Mikrofon am besten beim Close Miking. Hier wird das Stimmsignal durch das MV51 trotz sanftem Nahbesprechungseffekt vergleichsweise detailreich aufbereitet. Das klingt in meinen Ohren für ein Mikrofon dieser Preisklasse richtig gut. Zugleich gefällt mir, wie druckvoll die Vocals in diesem Modus umgesetzt werden. Für meinen Geschmack treten dagegen bei mittlerer Mikrofonierungs-Entfernung die Raumhallanteile nicht bedämpfter Räume zu deutlich in den Vordergrund. Als Zwischenfazit bleibt, dass sich mit dem Shure MV51 also in Sachen Klang mithilfe der Kombination aus DSP-Modi und Mikrofonposition recht flexibel arbeiten lässt.
So kommt etwa im Modus für akustische und leise Instrumente der Kompressoreinsatz der DSP-Sektion deutlich zum Tragen. Leise Signalanteile werden hier spürbar angehoben. Das fällt besonders im Vergleich mit dem Modus für laute Instrumente und Bands auf. Seine Signalumsetzung ist deutlich dynamischer. Damit die klanglichen Auswirkungen beider Presets nachvollziehbar werden, habe ich für die Testaufnahmen beider Modi eine Western-Gitarre eingesetzt. Allerdings setzt sich auch in diesen beiden Modi der zuvor gewonnene Eindruck fort: Das MV51 liefert zwar keinen wirklich brillanten, in den Höhen fein gezeichneten Sound, dafür ist die Signaldynamik aber ausgezeichnet. Kompressor und Limiter sei Dank.

Audio Samples
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Modus „Flat“ (close, 0°) Modus „Sprache“ (close, 0°) Modus „Gesang“ (close, 0°) Modus „Flat“ (mid, 0°) Modus „Sprache“ (mid, 0°) Modus „Sprache“ (mid, 45°) Modus „Vocals“ (mid, 0°) Modus „Vocals“ (close, 0°) Modus „Instrument“ Modus „Band“
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