Das Kondensatormikrofon sE Electronics X1 war bereits zum Test bei bonedo.de. Doch dieser Testbericht dreht sich um die direkte Verwandtschaft: Das “D”, welches dem Kürzel angehängt wird, steht sicher für “Drums” und macht aus dem Allround-Mikrofon X1 das Schlagzeugmikro X1 D. sE Electronics geben als Hauptaufgabe explizit die Aufnahme der Bassdrum an.
Nun gibt es einige Anforderungen an ein Kondensatormikrofon, welches am Drumset, besonders an oder in der Bassdrum eingesetzt wird, darunter Frequenzgangaspekte, aber beispielsweise auch Pegelfestigkeit. Also haben wir das X1 D nach bonedo-Manier unter die Lupe genommen.
Details
Das X1 D sticht heraus
In der mittlerweile fünf verschiedene Mikrofone (X1, X1 D, X1 R, X1 T, X1 USB) umfassenden X1-Familie ist das X1 D das einzige mit anderem Aussehen. Im Vergleich fällt die abweichende Korpus- und Korbform auf, außerdem ist der Halter direkt integriert. Etwas kürzer als seine drei Geschwister ist das X1 D, die obere Hälfte des Metallkorpus’ ist komplett rund, was zu einem ebenfalls runden Metallgitter führt.
Eine klare Besonderheit ist das verwendete Membranmaterial: Titan. Nun ist das X1 D nicht das einzige sE-Mikrofon mit dieser Metallmembran, das T2 verwendet ebenfalls Titan. Als vielleicht eindrucksvollstes Beispiel möchte ich den Hersteller Sanken aus Japan nennen. Dessen hervorragendes CU-41 ist meiner Meinung nach eines der besten Mikrofone, die jemals gebaut wurden (Es wird jedoch nur noch dessen Nachfolger CU-44X angeboten.), verwendet jedoch eine Volltitan-Membran. Die mittenkontaktierte X1-D-Kapsel ist mit der Richtcharakteristik Niere ausgestattet. Wenn man die Großmembrankapsel des X1 D durch das Korbgitter betrachtet, fällt auf, dass sie nicht fest verankert, sondern schwingungsgedämpft gelagert ist. Das erklärt auch, wieso keine Spinne verfügbar und der Mikrofonhalter am Gehäuse festgeschraubt ist. sE Electronics sind nicht gerade bekannt dafür, ihren Produkten detaillierte Datenblätter mitzugeben. So erfährt man über Frequenzgang und dergleichen wenig, außer das wenig mitteilende „20 Hz – 20 kHz“. Der Grenzschalldruckpegel ist mit 170 dB SPL angegeben. Das ist natürlich viel, doch auf der anderen Seite fehlt aus gutem Grund die Angabe des Eigenrauschens. Das Pad dämpft um 10 dB, die Grenzfrequenz des Hochpassfilters ist mit 80 Hz angegeben, also deutlich über dem „Tiefdruck“ einer Bassdrum.
Vor allem an der Bassdrum muss das X1 D zeigen, was es kann.
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Praxis
Klein ist es nicht, das sE Electronics X1 D, doch lässt es sich auch in engen Platzverhältnissen, wie sie am Drumset nun mal oft zu finden sind, gut unterbringen. Einen Schlag auf den Korb sollte das Mikrofon nicht unbedingt ertragen müssen, denn dafür erscheint dieser zu schwach. Allerdings wird ein Kondensatormikrofon traditionell eher an der Bassdrum außen, Snare unten oder Toms verwendet, natürlich auch an Becken. Durch sein Gewicht von deutlich unter einem halben Kilogramm ist es einfacher, das X1 D mit einem langen Galgen im Inneren einer Bassdrum zu positionieren als es beispielsweise mit einem RE20 der Fall ist.
Ist nicht die perfekte Lösung: Fixer Halter am Mikrofon.
Nicht ganz so praktisch fand ich nach längerem Betrieb die fixe Mikrofonhalterung. Besonders ein Kondensatormikrofon möchte ich auf der Achse verdrehen können, wie es mit allen anderen X1 ebenfalls möglich ist. Beim X1 D muss der ganze Mikrofonständer bewegt werden, gerade am Drumset, dessen Umgebung meist mit sehr vielen Stativen geradezu bewaldet ist, ist das nicht leicht. Beim Testmikrofon hat sich zudem noch der große Gewindeeinsatz aus Metall gelöst, denn dieser ist ja mit dem Plastikteil verklebt. Würde ich mir das X1 D anschaffen, würde ich zunächst also den angebauten Halter abschrauben (das geht sehr einfach) und das Mikro fortan mit einem normalen X1-Halter betreiben.
Kondensator. Bassdrum. Ok, denke ich, schauen wir mal. Im Inneren einer Bassdrum können enorme Pegel herrschen, die “Gefahr” eines Funkenüberschlags in der Kondensatorkapsel besteht für die meisten Mikrofone eigentlich nicht, überhaupt geht es weniger um die Kapsel: Üblicherweise ist es die Mikrofonelektronik, deren Grenzen überschritten werden und welche dann fiese Verzerrungen produziert. Diese Elektronik ist aber nicht auf die Übertragung feinster Vocal-Whispers abgestimmt, sondern soll auch Dampfhammer-Drums im Nahbereich mikrofonieren können. Und ja, das X1 D ist so pegelfest, dass ich es nicht zum Clipping bringen konnte. Naja, ich konnte, denn meine 22” Premier Genista Birkenbassdrum ist wirklich ein lautes Instrument. Aber das 10 dB Pad, welches ja direkt hinter der Kapsel greift, hat selbst dieses Pegelgewitter befriedet.
Audio
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sE Electronics X1 D BD-ResonanzfellsE Electronics X1 D BD-Resonanzfell, HPFsE Electronics X1 BD-ResonanzfellMojave MA-201FET BD-ResonanzfellsE Electronics X1 D BD-SchlagfellEV RE20 BD-SchlagfellSennheiser MD 421 BD-SchlagfellsE Electronics X1 D Tom-TomsE Electronics X1 D Snare Top
Es ist also auch kein Wunder, dass ein Allround-Großmembran-Kondensatormikro deutlich empfindlicher ist als das X1 D – aber eben im Inneren der Bassdrum nicht nutzbar ist. Und noch mehr Unterschiede gibt es. Der Klang der mit dem sE-Mikrofon aufgenommenen Instrumente ist deutlich “kürzer” und “peakiger” als der anderer Mikrofone. Nun will ich zwar gerne in der Position vor der Bassdrum eine gewisse Bauchigkeit, die das X1 D bewusst vermeidet, aber das ist ja nur eine Frage von Geschmack und Arbeitsweise. Im direkten Vergleich – und das ist der Grund, weshalb ich gerade die Bauchigkeit anspreche – klingt das X1 D im Subbass deutlich verhaltener. Wer das Mikrofon jetzt aber als bassarm abtun möchte, der irrt: Das sE überträgt sehr wohl auch noch das Fundament einer Bassdrum sehr ordentlich, aber eben sehr schnell. Dadurch ist es auf den ersten Blick weniger imposant, aber gut geeignet für schnelle Schlagfolgen und einen weiterhin aufgeräumten Sound. Dennoch ein bisschen deutlicher in die Magengrube zielt z.B. das Beyerdynamic M 88. Mit dem Equalizer kann das Signal des X1 D sehr gut geformt werden, beispielsweise, um den Attack weiter herauszuarbeiten oder ihn etwas zurückzufahren.
Gegenüber Tauchspulenmikrofonen kann das Kondensatorprinzip also eine positive Eigenschaft ausspielen, und das ist die Schnelligkeit. Beim X1 D sogar in besonderem Maße, denn es reagiert tatsächlich sehr, sehr flott und geradezu “eckig”. Im direkten Vergleich, und das ist natürlich zu einem gewissen Grad Gewöhnungssache, wird man aber ein wenig “Größe” im Signal vermissen. Für mich macht die Bassdrum tatsächlich den Eindruck, mit einem Expander bearbeitet worden zu sein. Was innerhalb der Bassdrum noch sinnvoll ist, macht sie in meinen Ohren an der Außenposition eher ein wenig langweilig und leblos.
Klingt “besonders” – und das kann eben gut passen oder auch nicht.
Insgesamt wird man mit dem X1 D gut arbeiten können. Besonders, wenn die Haupteigenschaft Schnelligkeit gefragt ist, leistet das Mikrofon gute Dienste. Die beste Figur macht es tatsächlich in der Bassdrum, wenngleich dort ein Side-Adress-Mikrofon schwieriger zu handhaben ist als eines, das wie die meisten Tauchspulen-Vertreter axial aufnimmt. Natürlich ist das Einsatzgebiet nicht ausschließlich die große Trommel, sondern überall, wo die Kombination von Schnelligkeit und Pegelfestigkeit gefragt ist.
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Fazit
Das Konzept eines Kondensatormikrofons für die Bassdrum ist definitiv interessant. Besonders, wenn kürzestmögliche Sounds gefragt sind, sollte man das sE Electronics X1 D in Erwägung ziehen. Als einziges oder als Standard-Bassdrummikrofon würde ich dieses Mikro nicht empfehlen, aber ein anderes Bassdrum-Mikrofon wie das AKG D112, ein Bassdrum-Tauchspulenklassiker wie das M 88, das MD 421 oder das RE20 sowie ein Allround-Großmembranmikrofon findet sich ja in fast jedem Studio. Das X1 D ist ein Spezialist, und das macht es als Alternative durchaus interessant.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
kurzer, trockener Sound
sehr pegelfest
preiswert
Contra
Qualität und Funktionalität der integrierten Mikrofonhalterung
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