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sE Electronics V7 X Test

Teure Großmembraner, fein ziseliert abbildende Stäbchenmikros und rare Retro-Bändchen lassen die Herzen vieler Recordingfans höher schlagen.

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Fragt man den vielbeschäftigten Live- und Studioprofi jedoch nach seinem meist verwendeten Schallwandler, wird nicht selten ein schnödes dynamisches Instrumentenmikro genannt. Da ist es kein Wunder, dass der Hersteller sE Electronics sein Portfolio kürzlich um ein solches Modell erweitert hat. Es hört auf den Namen V7 X und ist nah verwandt mit den Gesangsmikrofonen sE Electronics V3 und – von diesem wurde es technisch abgeleitet – sE Electronics V7.
Nun darf bezweifelt werden, dass aktuell ein Mangel an dynamischen Instrumentenmikrofonen besteht, hat doch fast jeder Hersteller eines oder sogar mehrere dieser beliebten Typen im Programm. Einige davon sind mittlerweile legendär, wie beispielsweise das Shure SM57, das Sennheiser MD421 oder das EV RE20. Dass diese Mikrofone auch alle noch in großen Stückzahlen verkauft werden, macht es Newcomern nicht leichter. Optionen sind jedoch immer eine tolle Sache und da sE bisher sehr ordentliche Produkte konstruiert hat, dürfen wir auf die Testergebnisse des sportlich daherkommenden V7 X gespannt sein.

Details

Keine Experimente beim Design

Optisch wirkt das V7 X wie eine Mischung aus dem (etwas größeren) Schwestermikrofon V7 und einem Shure Beta57. Knappe 18 Zentimeter misst es in der Länge und ein Gewicht von guten 260 Gramm ist auch nichts, worüber man Briefe nach Hause schreiben müsste. Man könnte auch sagen: ein ganz normales Mikrofon im Handheld-Stil. Allerdings hat sich sE ein paar Kleinigkeiten einfallen lassen, die es von der Konkurrenz abheben. Die erste davon bemerkt, wer das Mikrofon auf eine ebene Fläche legt und anschließend feststellt, dass die Sorge über ein eventuelles Wegrollen unbegründet war. Des Rätsels Lösung ist einfach, denn sE hat den Metallring, welcher das vordere Gittergeflecht zusammenhält, an sechs Positionen flach geschliffen, sodass der Schallwandler stabil liegt. Eine simple aber zweckmässige Lösung eines gängigen Problems. Einen optischen Akzent setzt der rote Schaumstoffwindschutz hinter dem Gitter, welcher auch durch eine mitgelieferte schwarze Ausführung ersetzt werden kann. Ansonsten ist das anthrazitfarbene Gehäuse schnörkel- und schalterlos gestaltet. Ein Standardhalter samt EU-Gewindeverkleinerung, eine Kunststofftasche sowie eine Bedienungsanleitung vervollständigen den Lieferumfang. 

Fotostrecke: 3 Bilder Das V7 X ist die Instrumentenversion des V7-Gesangsmikrofons.

Die Kapsel ist schwimmend aufgehängt

Die zweite Besonderheit des Testkandidaten offenbart sich, wenn man das Schutzgitter abschraubt und der Blick auf die etwas unkonventionell anmutende Kapselkonstruktion fällt. Tippt man sie mit dem Finger an, wird klar, dass sie elastisch im Mikrofonkorpus aufgehängt ist. Ein gefederter Gummitubus soll hierbei dafür sorgen, dass Erschütterungen und Griffgeräusche komplett von der Tauchspulenmembran isoliert werden. Bei den inneren Werten fällt der für ein dynamisches Mikrofon relativ breite Frequenzbereich auf, der mit 30 Hertz tief ansetzt und bis 19000 Hertz reicht. Der Blick auf das zugehörige Diagramm zeigt eine ab 2000 Hertz sanft ansteigende Kurve, die ihren Zenith bei etwa 7000 Hertz erreicht und erst bei etwa 14 Kilohertz abfällt. Verzeichnet sind auch die Frequenzkurven für nahe Positionierungen an der Schallquelle. Hier zeigt sich, dass eine – für die Mikrofongattung typische – nahe Aufstellung von fünf Zentimetern Abstand zu einer kräftigen Bassanhebung führt. Zwischen 80 und 90 Hertz sind hier gute 8 dB Pegelzuwachs zu verzeichnen. Der Sinn dieser Auslegung dürfte darin bestehen, dem Anwender viele positionsbedingte Gestaltungsmöglichkeiten des Bassbereiches an die Hand zu geben. Statt einer Nierencharakteristik kommt beim V7 X die Supernierenform zum Einsatz, welche für eine besonders effektive Isolation von seitlichen Einstreuungen sorgen soll. 2,0 mV/Pa Empfindlichkeit sind ein Standardwert für ein dynamisches Instrumentenmikro. 

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Praxis

Mehr oben und mehr unten

Am Drumset und vor dem Gitarrenamp musste sich das sE Electronics V7 X beweisen und wie zu erwarten gab es in puncto Handling keinerlei Überraschungen. Durch die konventionelle Bauform und Größe entspricht es in Sachen Positionierungskomfort den vielen Konkurrenten im Handheld-Stil. Hier hätte man das Konzept des Instrumentenmikros vielleicht noch etwas weiter ausreizen und dem V7 X einen kürzeren Korpus oder einen Gelenkkopf spendieren können. Klanglich fallen zwei Dinge auf: Zunächst wäre da der kräftige Bassbereich, welcher nach dem Studium der Frequenzdiagramme bereits zu erahnen war. Aber auch auf der anderen Seite des Spektrums bietet das Mikrofon mehr als beispielsweise das zum Vergleich herangezogene Shure SM57. 

Fotostrecke: 3 Bilder Wegrollen unmöglich: Der umlaufende Korbring ist seitlich abgeflacht.

Beide Mikrofone müssen sich zunächst an einem Budda Amp mit 2x12er-Bestückung beweisen. Gitarrist Michael Krummheuer hat jeweils drei Files in den Modi Clean, Crunch und Hi-Gain eingespielt. Schnell zeigt sich, dass das V7 X in den Settings Clean und Crunch nach „,mehr“ klingt als das Shure. Die etwas präsenteren Höhen in Verbindung mit dem angedickten Bassbereich sorgen für einen schönen, offenen Solosound. Das SM57 betont, wie es seine Art ist, die Mitten etwas stärker und lässt das Signal so etwas kompakter und weniger breit dastehen. Wie nützlich das Plus an Bass des V7 X im Mix ist, hängt von der Anwendung ab. Die Soundfiles sind mit einer sehr nahen Positionierung vor dem Speaker entstanden (etwa ein Zentimeter vor der Bespannung), es zeigt sich jedoch, dass sich im Falle des sE sehr effektiv mit dem Nahbesprechungseffekt arbeiten lässt. Schon bei einigen Zentimetern mehr Distanz ergibt sich eine deutlicher Basspegelabfall. Der ist beispielsweise von Vorteil, wenn klassische Hi-Gain-Signale aufgenommen werden sollen. Bei identischer, naher Positionierung hätte hier in den meisten Mixes das SM57 die Nase vorn. Es schiebt mit soliden, durchsetzungsfähigen Mitten etwas mehr und klingt insgesamt griffiger. 

Audio Samples
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V7 X Amp clean SM57 Amp clean V7 X Amp crunch SM57 Amp crunch V7 X Amp High Gain SM57 Amp High Gain

Realistische Ergebnisse auch an der Snaredrum

Neben dem Amp muss ein dynamisches Instrumentenmikrofon natürlich auch an einer Snaredrum gut klingen. Glücklicherweise kann das sE V7 X hier ebenfalls Vollzug melden. Zwei weitere Refefenzmikros kommen an einer Brady Jarrah Ply 14×4,5 zum Einsatz. Einmal das obligatorische und klanglich entsprechend geläufige SM57, zusätzlich ein Telefunken M80, welches mit seinen crispen und kompakten Resultaten immer ein wenig mehr in Richtung Kondensatormikro tendiert. Während das 57er preislich im Rahmen des Testobjekts liegt, muss man für ein Telefunken M80 mit über 300 Euro Ladenpreis etwa dreimal so tief in die klamme Musikertasche greifen. Es zeigt sich, dass das V7 X keinen der beiden Kollegen fürchten muss. Wie vermutet besitzt es etwas mehr Biss in den Höhen als das 57er, jedoch weniger als das M80, welches zudem etwas samtiger zu Werke geht. Detailliert bildet das sE auch den Kesselton der Snare um etwa 200 Hertz herum ab. Im Set klingt es frisch und breit, wer also eine gute Balance aus Teppichansprache und Mittendruck sucht, wäre beim V7 X an einer guten Adresse. Hier hört ihr die Soundfiles.

Audio Samples
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V7 X Snare solo SM57 Snare solo M80 Snare solo V7 X Snare Kit SM57 Snare Kit M80 Snare Kit

Toms verleiht das V7 X ein gutes Bassfundament

Ein zehn Zoll großes Yamaha-Recording-Tom sowie ein 16-Zoll-Sakae-Trilogy-Floortom fungieren als Schallquellen für die nächste Anwendung. Ein Electro-Voice N/D 468 dient als Vergleichsmikrofon und die ersten Schläge machen deutlich, in welche Richtung es mit dem V7 X geht. Im Gegensatz zum EV betont der Testkandidat Bässe und untere Mitten deutlich stärker. Experimente mit der Distanz zu den Schlagfellen zeigen wieder, dass das sE relativ stark auf Positionsveränderungen reagiert, was dazu führt, dass eine sehr nahe Mikrofonierung eben auch den stärksten Nahbesprechungseffekt auslöst. Dies sowie der Umstand, dass die sE-Techniker dem V7 X keine ausgeprägte „Präsenzspritze“ im 5000-Hertz-Bereich verpasst haben, sorgt für einen sehr bassigen, warmen (ja, hier passt der Begriff) und ausgeglichenen Tomsound. Besonders am Floortom gefällt mir der volle Sound besser als der etwas knochige Ton des EV N/D 468. 

Audio Samples
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V7 X Tom solo EV468 Tom solo V7 X Tom Kit EV468 Tom Kit V7 X Floortom solo EV468 Floortom solo V7 X Floortom Kit EV468 Floortom Kit
Fotostrecke: 7 Bilder Das sE Electronics V7 X hat sich im Praxistest mit einigen anderen Mikrofonen vergleichen lassen müssen – und seine positiven eigenschaften gut herausspielen können!
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Fazit

Das sE Electronics V7 X erweist sich im Test als sehr gut klingendes, vielseitig verwendbares Instrumentenmikro ohne Schnickschnack. Abgeleitet vom Gesangsmikrofon V7 bietet es eine stoßgeschützt gelagerte Kapsel sowie die praktischen Anschliffe des Korbrings, die ein Wegrollen verhindern. Beide Features sind für den Einsatz als Instrumentenmikro vielleicht nicht lebensnotwendig, dafür liefert das Testobjekt ausgewogene, bassstarke Ergebnisse mit natürlichen, gut auflösenden Höhen. Es klingt insgesamt moderner und offener als beispielsweise ein SM57, gleichzeitig reagiert es stärker auf Distanzveränderungen zur Schallquelle, was für ein vorwiegend als Close-Mic eingesetztes Mikrofon eine gute Hilfe zur Klangformung darstellt (Stichwort: Nahbesprechungseffekt). Sucht ihr also ein Instrumentenmikrofon der 100-Euro-Klasse, solltet ihr euch das sE V7 X auf jeden Fall genauer anhören. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • ausgewogener, vielseitiger Klangcharakter
  • Nahbesprechungseffekt lässt sich effektiv einsetzen
  • saubere Verarbeitung
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • keins
Artikelbild
sE Electronics V7 X Test
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Features und Spezifikationen
  • Hersteller: sE Electronics
  • Bezeichnung: V7 X
  • Wandlerprinzip: dynamisches Instrumentenmikro
  • Richtcharakteristik: Superniere
  • Impedanz: 300 Ohm
  • Frequenzgang: 30–19000 Hertz
  • Finish: Anthrazit, matt lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 17,6 x 4,7 Zentimeter (L x B)
  • Gewicht: 270 Gramm
  • Zubehör: Halter mit EU-Gewindeverkleinerung, Kunststofftasche, schwarzer Wechselwindschutz, Anleitung
  • Herkunftsland: China
  • Preis: € 99,– (Straßenpreis am 11.12.2017)
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