sE Electronics Space Test

“Space” ist der Name des neuesten Reflection-Filters von sE Electronics – und hier bei bonedo im Test. Nicht nur im Homestudio fehlt es oft an der passenden akustischen Umgebung, manche Signale, allen voran Vocals, will man mit so wenig Rückwürfen aufzeichnen, wie es nur möglich ist. Das Unternehmen sE Electronics hat das früh erkannt, den vieldiskutierten Reflexionsfilter entwickelt und verkauft. Den vielen Diskussionen schloss sich viel Nachahmung durch andere Hersteller an, sogar von sE waren nach einiger Zeit preiswertere Alternativen zu haben. 

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Das mittlerweile in die Jahre gekommene Konzept ist erweitert worden. Herausgekommen ist das Space (hochtrabende Abkürzung für die hochtrabende Bezeichnung “Specialised Portable Acoustic Control Environment”), welches mit fast 450 Euro (UVP) eine ziemlich harte Verhandlungsposition einnimmt, wenn es darum geht, ob es gekauft werden soll oder nicht.

Details

Größer, neuer

Die Erfinder dieses Hilfsmittels werden nicht müde zu betonen, dass sie einige Wirkungsbestandteile ihrer Filter zum Patent angemeldet haben. Durch diese sind die sE-Filter eben nicht einfach reflektive Flächen, die mit ein wenig Schaumstoff fast alle Höhen aus dem Diffusfeldsignal nehmen – unterschiedliche Schichten und Halbdurchlässigkeit sorgen für einigermaßen geringe Welligkeit. Mit dem Space geht der Hersteller einen Schritt weiter. Die Gesamtfläche des Screens ist im Vergleich zum Reflection Filter Pro vergrößert worden, was vielleicht die Nutzung am Drumkit oder vor dem Amp etwas erschwert, aber im Haupteinsatzgebiet, dem Vocal-Recording durchaus sinnvoll ist. Zudem, und das ist die wesentliche Änderung, ist der Schichtaufbau deutlich komplexer geworden. Auffällig ist, dass der Screen nun deutlich dicker ist, die verfügbaren Informationen geben zehn akustisch relevante Schichten an. Darunter finden sich nicht nur absorptive Materialien (welche bei dieser Dimensionierung nur in sehr hohen Frequenzen wirken), sondern Dinge wie Folienschwinger, Luftkammern, Diffusoren aus Polyester und aus Metall. 

Fotostrecke: 4 Bilder Innenseite des Space: Nicht einfach Schaumstoff auf Metall…

Spaciges Design

Nicht zu übersehen sind die vertikal ausgerichteten Strukturen, welche sE als “Bassfallen” bezeichnet, die aber auch sicher eine diffundierende Wirkung nach außen haben werden. Die Rückwürfe an der Außenseite von Filtern können akustisch nämlich durchaus relevant werden. Auf der Rückseite erkennt man auch, dass es eine positive Veränderung bei der Hardware gegeben hat. Die Herstellung von Befestigung und Neigungsvorrichtung hat man outgesourct an ein Unternehmen, das sich mit Hardware auskennt – einen Schlagzeughersteller. Entsprechend groß dimensioniert und vertrauenserweckend kommt das Metall daher. In das Zentrum des Screens läuft weiterhin ein Bügel, an dessen Ende verschiebbar ein Pin angebracht ist, auf welchen das Mikrofon mit seiner Halterung geschraubt werden kann. Und genau das habe ich getan.

Fotostrecke: 4 Bilder Im mittleren Holm finden sich zwei Gewinde…

Praxis

Als alter Trommel- und Beckenverdrescher freue ich mich immer über solide Hardwareverbindungen. “Einstellen, festdrehen, hält” ist das, was ich will und selten genug bekomme. Ich werde mich hüten, auf den sE Electronics Space zu hauen, aber selbst das würde zumindest die Halterung wegstecken. Ich habe trotzdem und immer noch etwas zu mosern: Der große Bügel, welcher in die Mitte des Space ragt, ist sehr praktisch – wenn man darauf ein Mikrofon befestigen will und kann. Zum einen will ich das oft nicht, sondern die Freiheit genießen, Screen und Mikro unabhängig voneinander zu positionieren. Dann stört mich dieser Bügel, denn er lässt sich nicht abnehmen oder auf irgendeine Weise verändern. Er ist und bleibt da. Und dieses “da” bedeutet im Zweifel “im Weg”. Zum anderen kann ich nicht unbedingt das Mikrofon meiner Wahl auf diesem Bügel positionieren. Ein Neumann TLM 103 mit Spinne oder fixem Halter ist absolut unproblematisch. Auch größere Spinnen können angebracht werden, ohne dass befürchtet werden muss, dass sie ungewollten Kontakt zur Haltekonstruktion des Space herstellen – schließlich ist die verschiebbare vertikale Stange lang genug. Mein Microtech Gefell UM 92.1S hingegen verwende ich immer mit dem Schwenkstück-Kabel. Der gesamte Aufbau ist dann so hoch, dass das UM oben aus dem Space herausschaut. Ich wünsche mir also hier weitere Flexibilität und bin auch der festen Überzeugung, dass ich die für den durchaus ordentlichen Preis auch verlangen kann. 

Die Konstruktion erlaubt leider nicht alle Aufstellungsvarianten.
Die Konstruktion erlaubt leider nicht alle Aufstellungsvarianten.

Ein Treatment mit einem Reflexionsfilter spaltet die Tontechnikgemeinde noch heute. Auch Space kann natürlich das Raum-Zeit-Kontinuum nicht beeinflussen, aber dass das System akustisch wirksam ist, ist eindeutig. Im Direktvergleich wird deutlich, dass eine Aufnahme mit Space entgegen einer ohne Space deutlich weniger Rückwürfe aufzeichnet. Das ist natürlich keine Überraschung. Eine wirkliche Klangverbesserung funktioniert übrigens bei Mikrofonen besonders gut, die eine eher schlechte Off-Axis-Wiedergabe besitzen, also tendenziell Großmembraner oder preiswertere Mikros (Ich finde allerdings nicht, dass ein Mikrofon günstiger sein sollte als Zubehör, da würde etwas komplett verkehrt laufen…). 

Audio Samples
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ohne Filter sE Electronics Space, Niere sE Electronics Space, Acht Vicoustic Flex Screen, Niere

Die deutliche Abschwächung der Rückwürfe geht glücklicherweise nicht mit großen hinzukommenden Problemen einher. Man muss zugeben, sE können das. Je nach Umgebung des Space wird der Raum weit zurückgefahren, ohne die Höhen zu stark zu bedämpfen und das Signal zu ersticken. Anschließend die spektralen Veränderungen im Signal wieder mit einem EQ hervormodellieren zu müssen, wäre ja auch fatal. Das mit Space aufgezeichnete Signal biete deutlich mehr Möglichkeiten zum Einsatz von künstlichem Nachhall mit seinem eigenen ER-Muster oder einem großen Pre-Delay. In kleinen Räumen bleibt die ITD-Gap deutlich klarer, doch sollte man weiterhin Reflexionen von Fußboden und – besonders in normal dimensionierten Wohnräumen – Decke nicht außer Acht lassen. Anders als viele Nachäffer-Screens halten sich die auftretenden Resonanzen durch die Form des Screens sehr in Grenzen. “Rund” ist akustisch oft problematisch und mit Vorsicht zu genießen, außer vielleicht bei Kugeldiffusoren. Space scheint aber durchlässig und diffundierend genug, um dieses Problem zu vermeiden. Anders der Vicoustic-Screen, der auf Holz gebaut ist: Hier fällt vor allem dann ein “singender Anteil” auf, wenn man das Mikrofon exakt mittig positioniert.

Doch wenn man beim Space genau hinhört, fallen auch dort Komponenten auf, die nicht dort hingehören – alles nicht auffällig, bis auf einen Zusammenhang: Besonders bei hohen Pegeln resoniert nämlich das Gehäuse selbst. Schlägt man mit dem Fingerknöchel an eine der sieben “Basstraps” oder die Gitter dazwischen, fällt auf, dass diese nicht so starr verbaut sind, wie es notwendig wäre – sie rappeln. Problematisch kann das bei höheren Schalldrücken und hoher, schneller Kompression werden, was die metallisch-resonierende Komponente aus der Maskierung nach vorne holen kann.

Fazit

Ich bin kein eiserner Verfechter der “alten Lehre”, die ja quasi den Einsatz eines Devices wie dem sE Electronics Space verbietet. Pragmatismus prägt schließlich oft unsere Arbeit. Wenn in für das Vorhaben akustisch unpassender Umgebung aufgenommen werden muss, dann tut ein Screen wie dieser gute Dienste. Und kein Screen auf dem Markt liefert so gute Ergebnisse wie der Space. Also: Wenn unbedingt ein Reflexionsfilter, dann den. Dennoch, es gibt nicht nur konzeptionell an dieser Hilfsmittelklasse etwas zu diskutieren, sondern durchaus Kleinigkeiten am Space selbst zu bemängeln. Keine Kleinigkeit ist allerdings der Preis: Dafür bekommt man schon ein ordentliches Mikrofon!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • bisher natürlichste verfügbare Reflexionsunterdrückung
  • groß genug
  • Optik
Contra
  • sehr hoher Preis
Artikelbild
sE Electronics Space Test
Für 299,00€ bei
Space: Wenn Reflexionsfilter, dann den.
Space: Wenn Reflexionsfilter, dann den.
Spezifikationen
  • Reflexionsfilter mit zehn Absorptions,- und Diffusionsschichten
  • Neigung: horizontal und vertikal
  • Mikrofonhöhe verstellbar: nein
  • Schirm klappbar: nein
  • Preis: € 446– (UVP)
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Profilbild von Tolle Audiobeispiele!

Tolle Audiobeispiele! sagt:

#1 - 28.07.2014 um 20:31 Uhr

0

Gute Audiobeispiele, die wiedermal belegen, wie ein Reflection Filter dank Combfiltering den Sound verschlechtert. Bei einem Preis von 450 EUR, würde ich in Konsequenz allerdings minus 4 Sterne vergeben...

Profilbild von kh

kh sagt:

#2 - 06.08.2014 um 17:02 Uhr

0

Ja diese Audiobeispiele lassen mich sehr am Sinn dieser Teile zweifeln, wie Du schon selber bemerkt hast für 450€ bekomme ich schon ein recht gutes Mikro was mir sicher mehr hilft.

Profilbild von Andreas

Andreas sagt:

#3 - 23.02.2015 um 05:00 Uhr

0

Für 400 Euro kann man sich sehr viele mobile Absorber, auf rollen, aus Sonrock bauen. Meine beiden haben mich insgesamt ca 120 Euro gekostet und sie sehen auch noch gut aus.

Profilbild von Paule Eiermann

Paule Eiermann sagt:

#4 - 08.03.2023 um 22:01 Uhr

0

James Brown hatte unglaublich dicke Klötze, soviel mal vorneweg!!! Trockenhauben gibt es beim Otto Versand günstiger....

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