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Roland TT-99 Test

Roland bietet mit dem TT-99 einen DJ-Turntable in limitierter Auflage an, der mit dem Vintage-Design der legendären Drum Maschine TR-909 aufwartet. Neben dem vorliegenden Plattenspieler und diversen anderen Produkten, wie zum Beispiel dem DJ-Controller DJ-808 (Test hier), brachte der Hersteller anlässlich der letztjährigen Feierlichkeiten auch gleich den passenden Battlemixer, namentlich DJ-99 (Test hier) heraus, der ebenfalls im Vintage-Gewand daherkommt.

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Roland TT-99 DJ Turntable


Ob der TT-99 neben seinem Designpreis-verdächtigen Äußeren auch gute klangliche Eigenschaften mitbringt und sich die Performance für den DJ-Betrieb als praxistauglich erweist, erfahrt ihr auf den folgenden Seiten.

Details

Montage

Nun, wo wir doch schon alles ausgepackt haben, geht’s an die Montage, die in diesem Fall ihrem Namen nicht so richtig gerecht werden kann, da der Zusammenbau wirklich kinderleicht ist und auch Vinylanfängern ohne den Hauch eines schlechten Gewissens zuzumuten ist. Plattenspieler aufstellen und mit den höhenverstellbaren Gerätefüßen und einer behilflichen Libelle ist das Chassis auch schnell ausbalanciert, Stromkabel in die Steckdose, Cinch- und Massekabel an den DJ-Mischer angeschlossen, Haube aufstecken und zuletzt arretiere ich das Headshell vorne am Tonarm. Montage – fertig! Alles Weitere fällt unter „Fein-Justage“.

Erste Eindrücke

Ganz schön helle kommt er daher, der TT-99. Das Chassis eines Plattenspielers ist selten so auffällig wie dieses, „glänzen“ sie doch normalerweise eher mit mattschwarzen Hi-Fi-Oberflächen und gespielter Bescheidenheit denn durch mehrfarbiges Vintage-Design und auffälligen Retro-Elementen. Nicht so hier.
Der TT-99 erhält seinen auffälligsten Farbtupfer durch den orangefarbenen Tonarm. An der vorderen Gehäusekante fußt professionell das Roland-Logo und um 90 Grad hierzu gedreht schmiegt sich der „909“-Schriftzug an die Längsflanke des Pitchfaders, der mit einer orange eingefärbten Skala kurz meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dem Pitch ist eine LED anheimgestellt, die in der rastenden Mittelstellung grün und in jedweder anderen Position rot leuchtet. Im Trockenlauf lässt er sich nur sehr schwerfällig über seine 100 Millimeter lange Leiterbahn schieben.
Die Geschwindigkeitsauswahl erledigen zwei Taster (33/45). Beide zusammengedrückt, ergibt die Abspielgeschwindigkeit 78 rpm. Naja, wer’s braucht. Ich hätte mir an dieser Stelle zwei Taster, die ein leiseres akustisches Feedback von sich geben, gewünscht und auf 78 rpm verzichtet.
Eingeschaltet wird der TT-99 mit dem allseits bekannten Drehschalter, der wie der 45-RPM-Adapter olivgrün gefärbt ist. Der Start- und Stopp-Schalter für den Motor befindet sich ebenso an prominenter Stelle vorne links wie einst beim 1210er. Auch er gibt neben dem eindeutig fühlbaren Druckpunkt ein leider gut hörbares akustisches Feedback ab. Die Bedienelemente können sich eines auffälligen Plastik Look&Feels nicht erwehren.  

Der Pitchfader ist eher von durchschnittlicher Qualität.
Der Pitchfader ist eher von durchschnittlicher Qualität.

Feinjustage

Nachdem ich den Testprobanden lange genug trocken befingert habe, geht es nun an die Konfiguration des Tonarms, sprich dessen Ausbalancierung, Gegengewichtsskala auf Null gestellt, Einstellung des empfohlenen Auflagegewichts und abschließender Feinjustage des Antiskating-Werts. Das Ausbalancieren stellt kein Problem dar, ebenso wenig wie das Nullen der Skala. Das empfohlene Auflagegewicht für das mitgelieferte Audio Technica AT 3600 L beträgt drei bis vier Gramm und so drehe ich das Gewicht auf drei Gramm und messe anschließend mit meiner digitalen Tonarmwaage nach: 2,75 Gramm. Naja, ein wenig genauer könnte es schon sein, aber nun gut.
Zudem stelle ich fest, dass der Tonarm nicht parallel zum Vinyl aufliegt, nachdem die Nadel aufgesetzt ist. Da der Arm nach vorne hin abfällt, liegt die Tonarmbasis im Verhältnis zum Platter zu hoch; sie lässt sich aber hinsichtlich der Höhe nicht verändern. Es hilft also nur die Manipulation auf der Plattentellerseite, sprich ich probiere Kombinationen von verschiedenen Auflagen aus, bis es passt. Gesagt, getan: Am Ende „gewinnt“ die Kombination aus einer antistatischen Gummimatte (3,2 Millimeter) und einer Acrylauflage (2,1 Millimeter). Die Gummimatte, die ich beim Auspacken bereits vermisst habe, gehört meiner Ansicht nach eigentlich auch zum Standard-Lieferumfang, ist hier aber nicht so. Nicht dem üblichen mitgelieferten Zubehör zuzuzählen wäre eine Acryl- oder Vinylauflage. Beides zusammen kostet etwa 40 bis 50 Euro.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Gegengewicht gibt sich ein wenig grob bei der Einstellung der Auflagekraft.

Ein schöner Rücken

… kann auch entzücken, so wenden wir uns, aber nur kurz, der Rückseite zu, auf der wir auch nicht sooo viel zu finden haben, außer den beiden Cinch-Buchsen, die das Signal aus dem TT-99 führen. Ob Phono- oder Line-Signal, darüber entscheidet ein kleiner zweistufiger Schiebeschalter. Der Vollständigkeit halber sei noch das Ground Terminal erwähnt, an dem die Masseader des mitgelieferten Kombikabels Anschluss findet.

Die Rückseite des TT-99.
Die Rückseite des TT-99.
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Praxis

Durch meine zusätzlich aufgebrachten Auflagen trägt der leichtfüßige Aluminimum-Platter nun relativ viel Gewicht, was ihn hinsichtlich seines Start- und Stoppverhaltens ein wenig träger werden lässt. Dem Motor fehlt hierfür nun einfach das Drehmoment, welches seitens des Herstellers auch nur mit 1 kgf/cm angegeben wird. Professionelles Auflegen ist mit einem so schwachen Motor nur schwer bzw. gar nicht möglich. Plattendrehen im heimischen DJ-Wohnzimmer hingegen schon eher.
Belassen wir es bei der mitgelieferten Slipmat, die mir nicht nur wegen ihres Designs, sondern auch aufgrund ihrer Festigkeit wirklich gut gefällt, fällt der Eindruck weitaus positiver aus. Die Performance ist dann akzeptabel, wenn auch noch längst nicht ideal. Denn die Materialauswahl für das Chassis und auch die Bedienelemente, die allesamt relativ laute Geräusche verursachen (ich denke dabei auch an das bisher noch nicht erwähnte Nadellicht, das mit einem lauten Schnack aus dem Chassis schnellt), sorgen nicht unbedingt dafür, dass man den Eindruck gewinnt, man hätte einen ausgereiften DJ-Plattenspieler vor sich stehen, der gewellten Vinylscheiben mit zu engem Mittelloch ebenso gekonnt trotzt wie meinem Alkohol-enthemmten DJ-Kollegen, der dann erst recht zu eindeutig talentfreien Scratch-Einlagen neigt.
Das Chassis erfährt durch seine höhenverstellbaren Gerätefüße eine durchaus effektive Abkopplung vom Untergrund, ist selbst jedoch relativ anfällig für direkte Stöße und überträgt diese auch auf den Platter. Lege ich meine Auflagen wieder auf den Roland-Teller, reduziert sich das Ausmaß dieses Verhaltens deutlich.
Der Plattenteller ist halt relativ leicht und dient somit als effizienter „Übertrager“. „Weniger ist mehr“ gilt in vielen Lebenslagen, aber nicht in dieser Disziplin. Mehr Gewicht führt in diesem Fall immer zu besseren Ergebnissen. Doch schwere Platter mit Gummierung kann man von einem Plattenspieler für 350 Euro natürlich nicht verlangen. Das, was man aber in diesem Preissegment erwarten darf, ist eine solide Performance daheim, sprich ein gutes Tracking bereits bei mittlerem Auflagegewicht, genauso wie einen transparenten und druckvollen Sound, was uns zum nächsten Thema führt.

Roland TT-99: in Aktion
Roland TT-99: in Aktion

Phono Preamp

Roland hat unserem Testprobanden einen integrierten, schaltbaren Phono-Preamp mit auf den Weg gegeben. Eine Maßnahme, die ich sehr begrüße, schließlich wurde fast eine Dekade lang auf eine Bestückung vieler Hi-Fi-Verstärker mit Phono-Vorverstärkern verzichtet. Der verbaute Preamp kann gut mit Konkurrenzprodukten mithalten. Sein Sound ist druckvoll und durchaus transparent. Einzig die Hochtonauflösung könnte ein wenig feiner sein.
Auch der mitgelieferte Audio Technica Tonabnehmer weiß zu überzeugen. Zwar geht hier auch erheblich mehr, vor allem hinsichtlich der Auflösung, dennoch klingt er durchweg homogen und ausgewogen. Wenn auch kein Feuerwerk aufkommen will, nervt hier nix, weil sich kein Sound aufdrängt. „Unaufgeregt“ trifft es wohl auch ganz gut.

Audio Samples
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Soundbeispiel 1 über Roland TT-99 Phono Out Soundbeispiel 1 über Roland TT-99 Line Out Soundbeispiel 1 über Pioneer PLX-1000 und Denon DN-X1600 Soundbeispiel 2 über Roland TT-99 Phono Out Soundbeispiel 2 über Roland TT-99 Line Out Soundbeispiel 2 über Pioneer PLX-1000 und Denon DN-X1600

Einordnung am Markt

Die Konkurrenz ist groß – und kann zukünftig noch größer werden, insbesondere vor dem Hintergrund der nun schon länger anhaltenden Vinyl-Renaissance. Unfassbar viele Hersteller bieten mittlerweile wieder Turntables an. Aktuell sind auch Deejay-Plattenspieler wieder gefragt, was so manchen Hersteller, der bislang seine Füße still hielt, noch aus der Reserve locken kann. Doch das ist bloß Mutmaßung.
Fakt ist, dass Rolands TT-99 direkte Konkurrenz aus dem Hause Numark hat. Der TT-250 USB ist mit einem USB-Audiointerface on top nahezu gleich ausgestattet und auch die Ausführung der Bedienelemente und die Materialauswahl beim Chassis ähneln stark der des TT-99 und das bei einer UVP von 299 Euro. Das einzige, was dem TT-250 im Vergleich natürlich fehlt, ist Rolands Retro-Design.
Die größte Konkurrenz kommt allerdings vom DJ-Platzhirschen Pioneer, der mit dem PLX-500 ein DJ-Turntable im Rennen hat, der mit höhenverstellbarem Tonarm, einem wesentlich stärkeren Motor, USB-Interface und einem solideren Chassis eine umfangreichere Ausstattung, eine bessere Haptik und eine solidere DJ-Performance bietet. Und das für 20 Euro weniger (329 Euro UVP).

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Fazit

Roland nimmt mit dem TT-99 einen DJ-Plattenspieler ins Portfolio auf, der aufgrund seines speziellen 909-Designs und der limitierten Stückzahl ein Objekt der Begierde für 909-Fans und Interessenten für ein DJ-Setup von Roland (2x TT-99 + 1x DJ-99) werden kann. Ich kann Sammlern und Liebhabern den Kauf durchaus empfehlen. Falsch macht man mit der Anschaffung eines oder zweier TT-99 sicherlich nichts. Neben einem guten Klang kann ich Rolands Turntable eine DJ-Performance attestieren, die für den Bedroom-Betrieb definitiv ausreicht. Mit einer UVP von 349 Euro ist er allerdings teurer als seine direkten Konkurrenten, die in technischer Hinsicht besser ausgeführt sind oder einen größeren Funktionsumfang bieten. Deejays, die sich in das Design der Roland Retroprodukte verguckt haben, sollten alsbald zuschlagen, da es diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr so lange geben wird. Wer indes „mehr DJ-Turntable“ für seine Investition bekommen möchte, sollte einen Blick auf die Konkurrenz werfen.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • TR-909 Design
  • Acryl-Abdeckhaube
  • auf Headshell vormontiertes audio-technica AT 3600 L
  • höhenverstellbare Füße mit guter Abkopplung
  • solider Phono Preamp
Contra
  • keine Gummimatte im Lieferumfang
  • kein Plug & Play Setup (Tonarmhöhe)
  • Schalter verursachen recht laute Geräusche
  • relativ hoher Preis
Artikelbild
Roland TT-99 Test
Für 289,00€ bei
Roland TT-99 DJ Turntable
Roland TT-99 DJ Turntable
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