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Roger Schult RS W2395c Test

Roger Schult RS W2395c im Test bei bonedo. Für APIs Series 500, also das Lunchbox-Kassettenformat, hat der deutsche EQ-Großmeister Roger Schult mit dem W2395c nicht seinen ersten Equalizer auf den Markt gebracht. Genau wie für das Universalfilter UF1, den großen 19“-EQ für Mastering-Anwendungen, gilt für die drei API-Adaptionen W2377 die einfache Aussage: „Sehr gut, aber ziemlich kostspielig.“

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Es geht auch anders, denn die W2395c sind mit derzeit 400 Euro nicht nur für handgefertigte API-500-Module aus Deutschland sehr preiswert, sondern gehören zu den günstigsten Equalizern, die man sich in die Lunchbox schrauben kann.
Passt das zusammen? Ein Boutique-Hersteller, der auf einmal mit sehr preiswerten Produkten um die Ecke kommt, das riecht häufig irgendwie faul. Nun, zum einen sind vierhundert Eulen auch nicht gerade „kein Geld“ – manche Analogpulte mit acht gut ausgestatteten Kanalzügen (samt EQ) kosten weniger. Zum anderen kann man sich gut ansehen, wofür bei den RS W2395c eben kein Geld ausgegeben wurde.

Details

Devise: Einfachheit

Ein Grund für den doch recht günstigen Preis des EQ-Einschubs liegt in seiner Einfachheit. Diese beginnt mit der Ausstattung: Der Equalizer ist mono (klar bei einem einen Slot breiten API-500-Modul) und verfügt über drei Bänder, die nicht gerade üppig ausgestattet sind. Das Mittenband, dessen Schaltung dem angesprochenen UF1 entliehen wurde, ist ein parametrisches Bell-Filter, die Güte (also die Breite der Glockenform) kann mit einem kleinen Schalter verändert werden. Die Q-Faktoren betragen 1,5, 0,7 oder 0,4. Somit ist selbst die schmalste Filterkurve schon so breit, dass man beim Dippen etwa von Kesselresonanzen einiges umgebendes Material mit verändern wird. Gain hat mit +/-10 dB nicht gerade den monströsesten Regelweg, doch in der Praxis reicht das vollkommen aus. Vor allem dann, wenn man den Roger Schult W2395c bestimmungsgemäß anwendet, also nicht für extreme Eingriffe. Der Frequenzbereich der Mitten ist von 155 Hz bis 3,5 kHz einstellbar und schließt im Bass damit bündig an das Tiefenband an. Dieses ist wie das Höhenband ein Baxandall-EQ mit +/-12 dB Gain per Flachbahnregler. Auswählbar sind nur zwei Frequenzen, namentlich 80 und 110 Hz. In den Höhen sind es ebenfalls zwei an der Zahl: 2 und 5 kHz. Doch auch hier kann das Band einzeln auf Bypass gestellt werden. Ein beleuchtbarer Hard-Bypass-Schalter wohnt am Fuß des 500er-Moduls – und das waren schon alle Bedienelemente des W2395c.

Fotostrecke: 3 Bilder Zwei Frequenzen stehen im High-Shelf zur Auswahl: 2 kHz und 5 kHz

Optisch nüchtern

Optisch gibt sich der Series-500-Einschub nüchtern und funktionell. Die drei Bänder haben eigene Farben zugeordnet bekommen, die wenigen verbleibenden Aufdrucke sind weiß und kontrastieren gut mit der schwarzen Frontplatte. Das RS-Logo ist eine klare Hommage an den deutschen Hersteller Neumann, der sich nach einer turbulenten Zeit vor etwa einem Vierteljahrhundert auf das Fertigen von Mikrofonen besinnen und seine hervorragende analoge Audiotechnik an den Nagel hängen musste. Fast unnötig ist es demnach zu erwähnen, dass Roger Schult ein Fan der alten deutschen Rundfunk-Kassettentechnik ist – das RS-Logo erinnert an die Neumann-Raute, auch die Farbwahl lässt Gemeinsamkeiten erkennen.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Equalizer-Einschub hat eine offene Platine…

Hardware

So: Am Umfang der Fähigkeiten wurde also gespart. Kein Funktionsumfang von Logics Channel-EQ, kein Firlefanz und keine Sperenzchen. Gibt es seitens eines Herstellers weiteres Potenzial zum Vermeiden hoher Kosten? Ja, gibt es. Eine Produktionsverlagerung ist es beim RS W2395c nicht, denn er ist in Deutschland gefertigt.  Buchsen hat die Kiste nicht. Potikappen! Gut, diese sind ein kleiner Posten, aber auch nicht das teuerste Material, das man auf dem Markt finden kann (…und, ganz unter uns: Wirklich schön sind die Regler wahrlich nicht.). Wirft man einen Blick hinter die Frontplatte, erkennt man, dass die eigentlichen Potis nicht die hochpreisigsten und haltbarsten sind, die man sich hätte wünschen können. Also keine ALPS-Potis und ELMA-Schalter. Das heißt aber nicht, dass die Bedienelemente des W2395c sofort wild kratzen und knacken werden: Im sanften Studiobetrieb ist auch hier mit jahrzehntelangen zuverlässigen Einsatzes zu rechnen. Zudem ist die Platine des W2395c nur von einer Metallplatte stabilisiert, ein komplette „Verschalung“ des Series-500-Moduls gibt es nicht.

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Praxis

RS W2395c und Coles 4038: Superkombi

Nein. Eigentlich will ich nicht „Weniger ist manchmal mehr!“ schreiben. Mist, schon geschehen… diese abgedroschene Phrase. Nun gut, wo diese Worte hier nun mal stehen (Ich arbeite beim Texten mit Marmortafel und Meißel, müsst ihr wissen), kann ich diesen Gedanken auch weiterführen, denn er kennzeichnet sehr gut die Arbeit mit dem RS W2395c. Man hat mit dem EQ von Roger Schult nicht allzu viele Möglichkeiten. Die Wahl der Bandbreiten ist für die meisten Anwendungen ausreichend, für Signalchirurgie nimmt man schlichtweg andere Werkzeuge. Dass die beiden Randbänder im Grunde nur Beiwerk seien, ist aber Quatsch. So zum Beispiel in den Höhen: Mit 2 und 5 kHz kann man die wesentlichen Tweaks bei einem Signal machen. Ein Coles 4038 etwa klingt an sich schon etwas höhenarm, im Nahbereich außerdem schnell stark überbasst. Eine echte Diva eben. Allerdings lässt es sich gut equalizen. Mit manchem EQ erhält man aber deutliche Verschiebungen in den Höhen, schlechtere EQs sorgen für Phaseneinbrüche (die besonders im Stereobetrieb problematisch werden) – viele Plug-Ins haben ja ihre Probleme mit den Höhen, vor allem bei starken Boosts. Das HF-Band des RS W2395c macht dort aber einen genialen Job. Für einen EQ, der sich „Vintage“ auf die Fahnen schreibt, finde ich ihn fast schon brav – das mache ich am Ausbleiben gerade beschriebener Fehler fest. Die Höhen bleiben klar, bekommen aber einen ganz leichten Sparkle. Für das Low-Shelf gilt das prinzipiell genauso, in Zusammenarbeit können die beiden Baxandall-EQs Signale auch wundervoll tilten, das ist ideal beim Tracking. Allerdings sollte man selbstverständlich darauf achten, nicht allzu viel Mulm aus dem Tiefbass mit an die Oberflache zu befördern, denn schließlich ist es eine Kuhschwanz-Filtercharakteristik.

Gefallen auf Anhieb: Roger Schults Equalizer in einem 500er-Housing.
Gefallen auf Anhieb: Roger Schults Equalizer in einem 500er-Housing.

Ganzes Pult mit W2395c? Gerne. Aber nicht nur.

Sicher, ist man quasi unendliche EQ-Ressourcen gewohnt, wird einem bei der Arbeit manchmal etwas fehlen. Hier noch ein kleiner Dip, diese Glocke etwas schmaler, jenes Band ein paar Hertz nach oben… allerdings staunt man manchmal, was für gute Mischungen man auch mit einfacheren Systemen hinbekommt. Und wie schnell man dabei ist! Insofern ist ein W2395c eine Art Rückbesinnung. Ich hätte kein Problem mit einem Pult, das komplett mit diesen EQs ausgestattet ist, wenn im Rack oder der DAW noch ein oder zwei sehr schmalbandige parametrische Filter, HPF, LPF und mindestens zwei parametrische EQs für den Bass vorhanden wären – denn der Bassdrum lässt sich mit einem W2395c naturgemäß nicht gut beikommen, wenngleich man nur 80 oder 110 Hz zur Verfügung hat. In der Praxis freut man sich natürlich zudem gerne noch, aus unterschiedlichen EQ-Charakteren auswählen zu können…

Beeinflussung der Bänder

Benutzt man die Shelves, merkt man auch, dass der Passband-Bereich unterhalb der Grenzfrequenz nicht unbeeinflusst bleibt. Hier lässt sich besonders bei höheren Gains in beide Richtungen eine gar nicht unerhebliche Klangänderung vernehmen, und bis auf das Karussell der Phasenlagen fühlt man sich nicht zuletzt bei der Arbeit ein wenig an einen Pultec erinnert. Gut aber, dass die passiven Shelves des W2395c einzeln auf Bypass geschaltet werden können. Ein Feature übrigens, über das der Nachfolger zugunsten einer weiteren Frequenz nicht mehr verfügen wird. Schade, denn ich liebe es, EQ-Bänder einzeln gegenhören zu können. Eine Bypass-Funktion fehlt im Mittenband komplett, auch eine Mittenrasterung des Gains gibt es nicht.

Fotostrecke: 3 Bilder Erstaunlich, wie oft man mit diesen beiden Frequenzen hervorragend auskommt.

Stärke des RS-Equalizers: Kontur

Die Aussage aus der Überschrift dieses Absatzes gilt ganz besonders für den Plural, denn im Stereobetrieb lässt sich sehr gut feststellen, wie außerordentlich konturiert der Equalizer arbeitet. Es schmiert und klebt nichts. Die Chorstimmen bleiben auch nach enormer Bearbeitung auf ihrer Position festgemeißelt und klar umrissen. Das machen manche EQs deutlich anders. Das Tolle: Das betrifft den gesamten Frequenzbereich einschließlich des Basses. Doch auch im Monobetrieb kann man von diesen Eigenschaften profitieren: Der Synthesizersound tritt durch den engen Mittenboost deutlich hervor, ohne Fundament einzubüßen, auch die Gitarre wird geradezu dreidimensional, der Federhall, die Bewegung des Tremolos und das Tape-Delay verwaschen kein bisschen.

Audio Samples
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Vocals Bypass Vocals 2kHz/+4, 580Hz/-3/broad, 110Hz/-4 Amp Bypass Amp 2kHz/+12, 1,5kHz/+6/broad, 110Hz/-12 Amp 5kHz/+4, 1,15kHz/+6/mid, 80Hz/-8 Amp 5kHz/+4, 1,15kHz/+6/mid, 80Hz/-8 (Logic Channel EQ) Moog bypass Moog 2kHz/-4, 1,2kHz/+9/narrow, 100Hz/+12

Übersicht

Schön ist, dass es Roger Schult gelungen ist, seinen W2395c übersichtlich zu gestalten. Den Hauptverdienst haben dabei die beiden Gain-Fader der Baxandall-EQs, die genug Raum für andere Bedienelemente lassen. Auf Frontplatten von Series-500-Modulen mit einem hohen Funktionsumfang kann es nämlich gruselig eng zugehen. Die Einstellung des Gains ist fein genug möglich und eine angenehme Abwechslung zu den üblichen Drehpotenziometern. Der Abstand der Fingerspitzen zu den Reglern oder Schaltern eines Nachbarelements im 500er-Rack reicht ebenfalls aus. Für Erstnutzer des RS-Equalizers erklärt sich die jeweilige Zugehörigkeit der Bedienelemente schnell über die drei verschiedenen Farben. Mitgedacht. Sehr gut.

Sind die Equalizer im Stereo-Paar, können sie ihre Stärken richtig ausfahren!
Sind die Equalizer im Stereo-Paar, können sie ihre Stärken richtig ausfahren!
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Fazit

Roger Schults RS W2395c ist ein Series-500-Equalizer mit einigen besonderen Eigenschaften. Gewiss, das EQ-Modul wirft nicht gerade mit Feature-Reichtum um sich, doch erhält man einen Equalizer im platzsparenden Kassettenformat, der die Standardaufgaben bei Tracking und Mixing sehr gut erfüllt. Die Shelves sind rudimentär ausgestattet, das Mittenband ermöglicht keine fein abgestuften und hohen Q-Einstellungen, das spricht natürlich gegen den EQ. Die Klangqualitäten sprechen allerdings sehr für ihn. Es ist erstaunlich, zu welchem Preis ein in Deutschland gefertigtes Stück Hardware angeboten werden kann. Der Charakter der Kassette tritt nicht in den Vordergrund, gleichzeitig ist der W2395c kein langweiliger Frequenzgangentzerrer. Wer einen oder mehrere solide, eigenständige aber nicht aufdringliche EQs für Alltagsaufgaben sucht, der muss sich den W2395c unbedingt mal ins Rack schrauben! 

Er ist ein hervorragender EQ, der RS W2395c, jedoch kann er natürlich nicht alle Aufgaben erledigen. Als Channel-EQ zum Tracken und Mixen ist er jedoch in vielen Fällen genial.
Er ist ein hervorragender EQ, der RS W2395c, jedoch kann er natürlich nicht alle Aufgaben erledigen. Als Channel-EQ zum Tracken und Mixen ist er jedoch in vielen Fällen genial.

Features und Spezifikationen

  • EQ-Modul für Series-500-Systeme (API)
  • Baxandall-EQ in den Höhen: 2 kHz, 5 kHz, +/- 12 dB
  • Baxandall-EQ in den Tiefen: 80 Hz, 110 Hz, +/- 12 dB
  • Höhen und Tiefenband einzeln bypassbar
  • Mittenband mit dreifach schaltbarer Q (1,5/0,7/0,4), 155-3500 Hz, +/- 10 dB
  • globaler Hard-Bypass
  • Preis: € 499,– (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr konturierte Filter
  • hervorragend als Standard-EQ geeignet
  • gute Bedienbarkeit
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • nicht für alle Anwendungen ausreichend
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Roger Schult RS W2395c Test
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