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Pioneer DJ WeDJ iOS Test

Mit WeDJ für iOS bringen Pioneer ihre erste „full feature“ DJ-App auf den Markt, die nicht als Remote- oder Rekordbox-Gehilfe ausgelegt ist, sondern als standalone Performance-Lösung für iPad-DJs ins Rampenlicht tritt. Können Pioneer DJ ihren Workflow auf das iPad portieren und im Kampf gegen renommierte Programme wie Djay, Cross und Traktor bestehen? Was ist die App zu leisten imstande? Wir verraten es euch.

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Details

Nach einer Investition von 4,99 € wandert WeDJ aus dem iTunes Store auf mein Tablet, ein iPad Air 2 mit iOS 9. Ferner unterstützt werden das iPad Pro, iPad mini 4, iPad mini 3, iPad mini 2 und iPad Air erster Generation, iOS 8 oder neuer ist Pflicht. Die Bedienoberfläche begrüßt mit zwei Decks und einem Crossfader in rosa und blau sowie den üblichen Verdächtigen.
Die Transportsteuerung unterhalb der Decks erinnert an CDJs, nur in horizontal. Zwei blinkende Notenschlüssel fordern auf, Tracks zu laden, doch zuerst ein Ausflug in die Preferences und deren View-Mode, der besagt, ich könne die Waveforms umstellen (RGB, blau, Cover) und den Cover-Modus auch auf die Teller anwenden. Dann nehmen die Jogdial-Ränder und die entsprechenden Crossfader-Seiten Artwork-Farben an. Ihr dürft zudem die pumpende Jog-Animation abschalten, die von einem kreislaufenden Nadelindikator umgeben ist. Sieht gut aus und um das Pink-Blau kommt man also auch herum. Apropos Preferences:  
„Audio“ gibt Zugriff auf ein Controller-Interface (WeGo3 und 4), so angeschlossen, und Split-Cue zum Vorhören, wofür ein entsprechendes Splitterkabel zu besorgen wäre.
„General“ beschäftigt sich mit diversen kleinen Helferlein wie Quantisierung und Autogain, die euch beim beatsynchronen Abfeuern von Cues und dem automatischen Lautstärkeabgleich von Tracks zur Seite stehen. Ebenfalls an Bord sind eine anpassbare Fadercurve, einstellbare Start- und Stoppzeiten etc. 

Fotostrecke: 2 Bilder Viele kleine Helferlein im General Menu

Musik bitte

WeDJ bedient sich aus dem iTunes-Fundus. Cloud-Tracks könnt ihr ausblenden. Im Browser erhaltet ihr Zugriff auf Tracks, Artists, Alben, Playlisten, die Tag-List und die History gespielter Titel sowie auf die Recording-Liste eurer aufgezeichneten Mixsessions. Ferner stehen neben der inkrementellen Suchfunktion ein Analyse-Button und eine Wellenvorschau für die Musikstücke bereit. Ein Streaming-Service wie Pulselocker oder Spotify ist (noch) nicht integriert.

Waveform und Turntable View

Sobald ihr einen Titel in die Abspieleinheit befördert habt, erscheint das Cover mit zehntelgenauen BPM- und Pitch-Werten in der Mitte auf dem Deck, die Wellenform baut sich auf und darüber lassen sich Track-Informationen und die Tonart ablesen. So kennt man das aus anderen Apps. Branchentypisches Layout. Ferner lassen sich die Performance-Tools als überlagernde Fenster aufrufen, als da wären: Mixer, Hotcue, Loop, Combo-FX, Pad-FX und Sampler.
Wer kein Freund der Turntable-Optik ist, greift alternativ zu horizontalen und vertikalen Wellenformen. WeDJ erinnert mich teilweise an Algoriddim Djay. Man kann das Rad halt nicht immer neu erfinden. Einen Single-Deck-Modus in Portrait-Ausrichtung des iPads gibt es allerdings nicht.
Im Waveform View sieht man das editierbare Beatgrid, darf Wellenausschnitte zoomen und einen Slicer mit acht Scheibchen in horizontaler, respektive vier Slices in vertikaler Ansicht aufrufen, mit dem sich einzelne Song-Abschnitte im Takt triggern lassen. Das Ganze ist optisch schön in Szene gesetzt, womit ich in den Praxisteil überleiten möchte.

Fotostrecke: 3 Bilder WeDJ für iOS Turntable View: eine ansehnliche Optik und Funktionalität.
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Praxis

Mixen

Zwei Titel sind nun geladen und der Mix kann beginnen. Dabei ist festzuhalten, dass manuelles Beatmatching via Jogwheels und Pitchfader hier nicht angesagt ist, da es aktuell weder Teller-Nudging noch Pitch-Bend-Buttons gibt. Fasst man an den Teller, stoppt der Track.
Stattdessen setzt das Programm auf Autosync. Das funktioniert bei Musikstücken mit konstantem Tempo erwartungsgemäß gut und wenn das Beatgrid nicht passt, lässt sich das Raster anpassen (und natürlich auch resetten.) Dabei ist die Zoom-Funktion eine Hilfe. Damit beim Autosync und den erforderlichen Tempoänderungen keine Mickey-Maus-Effekte auftreten, ist ein leistungsfähiger Keylock verbaut, den wir nachstehend festgehalten haben und der sogar bei hohen Werten kaum Artefakte liefert. Très bien!
Geblendet wird, so man nicht das Mixer-Popup aufruft, mit dem Crossfader, der ohne Auto-Fade-Buttons auskommen muss. Das könnte man optimieren, gern mit flexibler Übergangszeit. Der Fader selbst misst 50 Millimeter und springt auf Doppelklick in die Nullposition wie auch der Pitch. Obacht, das lässt sich nicht deaktivieren.
Im Mixer-Panel finden sich insgesamt bis zu fünf virtuelle Fader: Channel Volume, LowQ, MidQ, HiQ und Trim (optional). Was mir fehlt ist ein simples Kombifilter oder ein einzeln steuerbarer Color Fx, was in Verbindung mit dem WeGo4 sehr wohl möglich ist. Dann gern auch mit Crossfader-Verlinkung.

Audio Samples
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Keylock bis minus 16 Keylock bis plus 16

Das Loop-Panel ermöglicht manuelle und automatische (Slip-) Loops von 1/32 bis 32 Beats, Hotcues gibt es vier an der Zahl. Die Quantisierung reicht von 1 bis 1/8 Beats und Off, was auch auf die manuellen Loops Auswirkung hat. Mit den Combo FX spricht man gleich zwei FX-Typen simultan an (es sei denn, man geht sehr vorsichtig zu Werke). Oben stehen Filter, Jet, Crush, Noise und Pitch zur Auswahl, seitlich Echo, Spiral, Reverb, Trans, Filter LFO, Flanger, Phaser und Roll. Macht summa summarum 40 mögliche Kombinationen und die FX hören sich echt gut an.

Fotostrecke: 3 Bilder Hotcues, Mixer, Loops und Combo FX gehören zur Ausstattung, ebenso wie ..
Audio Samples
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Crush Spiral Combo Noise Filter LFO Combo Pad-FX Beispiele

Automix

Ein tolles Feature, wenn man sich eine Playlist gemixt anhören möchte, ohne selbst Hand anzulegen, ist der Automix-Modus. Bei der automatischen Beatsynchronisation im Automix-Modus ist darauf zu achten, dass die Cues passend gesetzt sind, wenn der Auto-Cue Modus aktiviert ist, damit es nicht holpert. Schön wäre es, wenn sich die Art des Übergangs und die Länge festlegen ließen. Die Backspins beispielsweise sind nicht mein persönlicher Fall.

Hook-up: Splitting, Interfaces, Headphones, Mixer

Grundsätzlich lässt sich WeDJ mit einem Splitterkabel nutzen, das zwei mono Signalpfade ausgibt und somit das Vorhören und Mixen erlaubt. Hierzu möchte ich auf unsere „Auflegen mit dem iPad“ Crashkurs-Reihe verweisen. Ebenso kann man ein Audiointerface an das iPad anschließen und darüber „ausspielen“.
Kommt ein Multi-Channel-Interface zum Einsatz, etwa das NI Traktor 6, lässt sich je ein Stereosignal an die Anlage und den Kopfhörer/Monitor ausgeben. Das separate Ausspielen der einzelnen Decks, um diese an zwei Kanäle eines DJ-Mischpults weiter zu leiten, mit dem dann klassisch gemixt wird, ist nicht möglich. Schade, würde es außerdem doch WeDJ nebst iPad zu einem leichten, kompakten Notfallsystem avancieren lassen. Erst recht, gäbe es eine iPhone-Version, die man als Besitzer dieses Smartphones quasi immer mit dabei haben könnte.

Ein externes Interface wie Natives A6 erlaubt Vorhören, nicht jedoch die separate Ausgabe der Player an einen Mixer.
Ein externes Interface wie Natives A6 erlaubt Vorhören, nicht jedoch die separate Ausgabe der Player an einen Mixer.
Audio Samples
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Samplepack 909 Samplepack Essentials Samplepack FX Samplepack Voice

Controller

Als Controller akzeptiert Pioneer WeDJ momentan lediglich zwei Kommandozentrale aus eigenem Hause, und zwar den DDJ-WeGo4 oder den Vorgänger WeGo3. Hier verbindet man einfach Anlage, Kopfhörer und Controller, schließt sein iPad an, positioniert es in der vorgesehenen Tablet-Mulde und mixt dann mit physischen Fadern und Knobs bei einem guten Blickwinkel aufs Tablet.
Der Controller übernimmt dabei aber noch mehr Funktionen, kann auch zum manuellen Beatmatching herhalten und erlaubt, FX, Cues und Loops abzufeuern. Beim EQ muss man zwar mit einem Zweibänder vorlieb nehmen, dafür ist aber noch das Filter mit von der Partie. Damit lässt sich arbeiten. Dazu lassen sich Suchvorgänge auf dem Tablet eintippen, FX auf dem XY-Pad bedienen etc. Das Beste aus zwei Welten.
Sobald unser WeGo4 Testmuster angeschlossen ist, wechselt das grafische Benutzerinterface auf dem Tablet in den Wego-View und zeigt die Funktionen inklusive Status-Feedback gemäß Beschriftung an der Hardware an. Hier ist noch positiv zu erwähnen: Pioneer verzichtet auf jedweden Kabelhickhack durch Spezialanschlüsse, sondern stellt nun eine klassische Typ-A Buchse zum Anschluss bereit, an der man einfach sein mitgeliefertes USB-Kabel vom iPad einsteckt, das während des Betriebes auch noch geladen wird. Ein ausführlicher Pioneer DDJ-Wego4 Test folgt. Es wäre schön, würden Pioneer WeDJ zukünftig noch weitere DDJ-Controller unterstützen.

Fotostrecke: 5 Bilder Pioneer DDJ-WeGo4
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Fazit

Mit WeDJ für iOS hat Pioneer DJ nun seine erste echte DJ Mix-App im Sortiment, die auf ein intuitiv zu bedienendes Layout setzt – mit zwei Turntable-ähnlichen Playern oder horizontal/vertikal angeordneten Waveforms. Diverse Filter und eine inkrementelle Suchfunktion erleichtern das Auffinden von Titeln. Die Musikverwaltung schöpft aus der iTunes-Bibliothek, folglich müssen Playlisten dort erstellt werden. Dazu gesellen sich Recording-, Tag- und History-Liste. Die Mixsession lässt sich mit dem integrierten Recorder aufzeichnen und über iTunes auf den Rechner schieben. Zeitgemäße, gut klingende Effekte, Sampler, Loops und Cues, editierbare Beatgrids nebst Zoomfunktion und Klassiker wie Autosync, Autogain, Quantisierung und Keylock katapultieren die App auf ein hohes Niveau. Die Performance stimmt und wer möchte, kann kompatible Pioneer-Controller oder ein Audiointerface nutzen, die Decks jedoch nicht separat ausgeben. Pioneer WeDJ erfindet das Rad nicht neu und es gibt noch Platz für Feature- und Content-Updates. Dass die kommen werden, steht sicherlich außer Frage.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • ansehnliche Optik und Funktionalität
  • gute Performance und Bedienbarkeit
  • ansprechende FX
  • solider Keylock
  • Turntable- und Wellenvorschau-Layout
  • Grid-Editor mit Waveform-Zoom
Contra
  • kein externer Mixer-Modus
  • lediglich mit dem WeGo3/4 zu nutzen (Stand: Okt. 2016)
Artikelbild
Pioneer DJ WeDJ iOS Test
Features
  • farbig animierte Benutzeroberfläche
  • Performance-Features
  • Color- und Pad-FX
  • Sample-Player
  • Automix und Record
  • flexibles Layout
  • kompatibel mit DDJ-WeGo4 und WeGo3
  • Preis : 4,99 €
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