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Pearl Vision VBX925 Test

Die Pro-Tune-Felle machen ihrem Namen alle Ehre. Innerhalb kürzester Zeit gelingt es mir, mit einem der beiden mitgelieferten Stimmschlüssel und einem Drehmomentschlüssel herauszufinden, welche Stimmung welcher Trommel am besten steht. Heraus kommt eine ausgewogene tonale Abfolge, die Lust auf melodiöses Spielen machen dürfte.

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Wie zu erwarten war, erzeugen die doppelschichtigen und folglich relativ dicken Felle einen vollen, bassigen Ton, der je nach Geschmack des Spielers ein wenig Attack vermissen lässt. Die Bassdrum klingt im Raum wider Erwarten nicht am besten, wenn sie äußerst tief gestimmt ist, sondern entwickelt ihre Power in einer etwas höheren Stimmlage. Hier entwickelt sich ein knackiger Attack und auch ein ordentliches Pfund im Bassbereich. Jedoch ließen mich die Kesselausmaße und die innovative Kesseldicke mehr Wirkung im Bassbereich erhoffen. Man muss jedoch folgendes bedenken: Man erlebt es oft, dass bei Mittelklasse-Sets, gerade auf der Bassdrum, nach dem Erwerb das mitgelieferte Fell drauf bleibt, egal ob man mit dem Sound zufrieden ist, oder nicht. Man sollte gerade bei Bassdrums mit Fellen herum experimentieren, denn der Unterschied kann enorm sein! Auch in unserem Beispiel würde ich den ausbleibenden Wow – Effekt, was den Wumms angeht, nicht als gegebene Tatsache hinnehmen, sondern vermuten, dass das richtige Fell dem Vision Fundament noch die eine oder andere Tiefe Frequenz entlocken kann. So und nun tue ich erstmal so, als ob das Set mir gehört und habe ein wenig Spaß.

Wie schon erwartet entlockt mir das Vision Set ein klar definiertes Spiel, dass bei Einsatz der Toms, durch die klaren Intervalle, ständig sehr melodiös und musikalisch anmutet. Zwischen dem 10″ Tom und dem 16″ Stand Tom liegen halt auch nicht nur sechs Zoll Unterschied im Durchmesser, sondern eben auch ein großer tonaler Sprung. Dadurch wird ein großes Frequenzspektrum abgedeckt und während des Spielens erfüllt ein volles, rundes Klangbild den Raum. Das Fußpedal ist noch ungewohnt, doch nach kurzem Nachjustieren kann ich es gut auf meine Gewohnheiten einstellen, was für jeden Drummer ein wichtiger Punkt ist. Generell tue ich mich schwer mit Fußmaschinen, die Bestandteil eines Hardwarepaketes sind, denn eine Fußmaschine trägt viel mehr zur Charakteristik des Spielens bei als etwa ein Beckenstativ. In diesem Fall aber komme ich gut mit der P-900 zurecht, da man sie gut justieren kann.

Nach der ersten Session fallen mir zwei Sachen negativ auf: Die Snaredrum neigt sich deutlich mehr zu mir als zu Beginn, die HiHat hängt auf einmal tiefer. Dies ist eine Folge davon, dass sich die Schraube in dem Verbindungsstück, das die obere Stange im Stativ verankern soll, verbogen hat. Schwer zu sagen, ob es sich dabei um Materialschwäche oder einen Transportschaden handelt.

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Dass Pearl mit Absicht gebogene Gewinde verbaute, wäre mir neu. Jedenfalls ist es merkwürdig, wenn auch keine große Sache, denn man ist einfach gezwungen, die Schraube etwas fester zu ziehen, als üblich. Beim zweiten Versuch bleiben die HiHat-Becken dann wo sie sind. Interessanterweise war es das Snaredrum-Stativ, dass beim Auspacken schon mein Misstrauen hervorrief. Die Geschichte mit dem HiHat-Stativ ist nur insofern ärgerlich, als dass es einen faden Beigeschmack gibt und man bei solchen Kleinigkeiten schon beginnt zu denken: “Na ja, ist halt keine Profi-Hardware”. Was die I.S.S.-Halterungen der Racktoms angehet, so ziehe ich aber alle meine Bedenken zurück. Es gibt Halterungen von anderen Herstellern, die die Racktoms so frei schwingen lassen, dass man fast Schwierigkeiten bekommt, sie zu treffen, weil sie derartig in Bewegung geraten. Im Fall des Systems von Pearl hängen die Toms in Verbindung mit den 900er Uni-Lock-Tomhaltern verhältnismäßig fest, schwingen aber deutlich freier, als mit altmodischen nicht isolierten Halterungen.

Die Snaredrum zeigt sich in verschiedenen Stimmlagen äußerst durchsetzungsfähig und musikalisch. Die Teppichansprache ist sehr sensibel. Die neuartige Abhebung  und der Stahlkessel verhelfen der Sensitone Steel zu ihrem charakteristischen und wie ich finde, zurecht sehr beliebten Sound. Alles in Allem bin ich erstmal ziemlich angetan vom VBX. Jetzt interessiert mich natürlich wie es sich aufgenommen so schlägt (bzw. schlagen lässt…).

Ich mikrofoniere das Set und stelle einen weiteren Vorteil der Pearl I.S.S. Halterungen fest. Diese nämlich sind so Platz sparend, dass genug Raum für Clipmikrofone jeglicher Art sein dürfte. Dies ist nicht selbstverständlich, denn andre integrierte Halterungen sorgen bislang für Komplikationen beim Anbringen von Clipmikrofonen am Rim. Kurz noch mal nachgestimmt und der erste Take kann starten. Nach dem fast immer notwendigen Equalizing der Signale bin ich wirklich begeistert vom ersten Take (Ich rede natürlich nicht von mir, sondern von unserem Testkandidaten, schon klar, oder?).

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Bei den Aufnahmen kommen Bassdrum und Standtom auch noch mal ganz anders zur Geltung. Hier gibt es viel Bass und warmen Ton zu hören. Die Bassdrum hat einen klaren Attack und auch einen tiefen Punch. Bassdrum und Snaredrum bleiben weitestgehend ungedämpft und zeigen dadurch ihr wahres Gesicht. Die Snaredrum setzt sich sehr gut durch und zeigt hinter einem für Stahlkessel typischen “Peng”, auch einen schönen mittigen Ton, wodurch sich ein solider Gesamtklang ergibt. Auch die Toms setzen sich gut durch und lassen klar definierte Töne hören, die ich als warm und voll beschreiben möchte. Man müsste jedoch je nach Geschmack den Attack erst noch herauskitzeln, etwa durch die Verwendung dünnerer Felle.

Nach dem Abhören des ersten Takes entscheide ich mich doch noch zu kontrollieren, wie alles etwas tiefer gestimmt klingt. Ich stimme das komplette Set (auch Bassdrum und Snaredrum) ein kleines Stück runter und spiele noch zwei Takes. Ich muss sagen: Aufgenommen kann ich gar nicht mehr so richtig sagen, wo die einzelnen Trommeln ihre Schokoladenseite haben. Auch die tiefere Stimmung steht dem Vision sehr gut. Die Standtom macht noch mehr Alarm in den Tiefen und die Bassdrum büßt nicht an Atack ein, aber klingt gewaltiger in den Bässen. Während der Aufnahmen gab es die Hardware betreffend keine weiteren Komplikationen. Sie ist sehr stabil und flexibel bei der Nachjustierung. Nach meinem Test machen die Felle trotz übermäßiger Beanspruchung noch einen recht guten Eindruck. Das Maß des Verstimmens ist vollends vertretbar, schließlich handelt es sich um neue Felle, die immer ein wenig Zeit brauchen, bis sie “eingespielt” sind. Außerdem wollte ich ja auch wissen wie schnell sie sich unter Beanspruchung verstimmen und hab mir dabei redlich Mühe gegeben. Ich ziehe also meine Bedenken zurück, was den Einfluss der Rimklammern der “I.S.S.”-Tom-Halterungen auf des Stimm- (und Verstimm-)verhalten angeht. Alles in allem ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis.

Pearl informiert auf der Firmenhomepage sehr genau und detailliert über die patentierten Herstellungsverfahren der Kessel und beim näheren Betrachten wird klar, dass diese Verfahren bei Pearl nicht ausschließlich für die High-End-Produkte angewendet werden. Tolle Verarbeitung und hochwertige Features dürfen hier ruhig das Vertrauen in die relativ junge Vision-Serie steigen lassen. Wem das noch nicht reicht, der kann sich vielleicht mit der auf dem Markt einmaligen lebenslangen Garantie beruhigen. Die greift höchst wahrscheinlich zwar nicht bei Nichtgefallen, aber es ist doch beeindruckend, eine Firma derartig überzeugt von ihrem Produkt zu sehen.

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Was mich ein wenig verwundert, ist, Pearls Entscheidung für Einzelböckchen, die je zwei Kesselbohrungen benötigen. Die geringe Berührungsfläche mit dem Kessel ist zwar von großem Vorteil für das Schwingungsverhalten, ich hätte allerdings vermutet, dass gerade bei kleinen Tomkesseln jede Unterbrechung der Kesselstruktur durch Bohrungen verhindert werden müsste. Bei der Entscheidung zwischen den Holzarten Birke, Ahorn, oder Linde/Birke sollte man sich wenn möglich im Musikladen inspirieren lassen. Leider laufen dort auch ab und an lästige Verkäufer herum, die versuchen, einem dieses eine Set schmackhaft zu machen, dass dort im Laden steht. Ein guter Verkäufer aber wird bei der Beratung als erstes die Frage nach dem Einsatzgebiet stellen. Es hat sich folgende Faustregel breit gemacht: “Live = Ahorn” und “Studio = Birke”. Da wir uns hier aber im Mittelpreissegment bewegen, ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass man sich ein Set für die Bühne und eines für den Proberaum kauft. Ich würde immer vorschlagen, so viel wie nur möglich auszuprobieren und sich für das Holz zu entscheiden, das sich beim Spielen am besten anfühlt. Und wenn es dann das günstige Linde/Birke-Modell ist: umso besser!

Der Sound unseres Testkandidaten, des Birke-Sets wird angekündigt als höhenreich, mittenarm und voll im Bassbereich und damit auf Bühne und im Studio voll einsatzfähig. Ich teile Pearls Meinung, wenn ich auch finde, dass die Auswahl der Felle die angepriesenen Höhen wieder etwas absenken. Tatsächlich wirkt das VBX auf der Aufnahme wie von vornherein durch einen EQ gejagt, der die Bässe ein wenig anhebt. Trotzdem halte ich die Fellauswahl für gut, denn man muss nach dem Auspacken nicht sehr viel Zeit zum Stimmen investieren, sondern kann relativ schnell drauflosspielen. Ein voller Sound direkt nach dem Auspacken lässt noch viele Möglichkeiten erhoffen, den Sound zu perfektionieren und zu personalisieren, wenn man sich erstmal ein wenig mit dem Instrument beschäftigt hat.  Was die verschiedenen Kesseldicken angeht, blieb bei mir der “Wow”-Effekt  weitestgehend aus. Alle Toms klingen schön und haben einen vollen runden Sound. Ob die Tatsache, dass das Standtom mehr Kraft im Bassbereich entwickelt als die Hängetoms, an dem dickeren Kessel liegt, muss ich nach meinem Test noch bezweifeln. Schließlich ist die Kesselzusammenstellung auch etwas ungewöhnlich. Wo man bei einem 10″ und einem 12″ Racktom, ein 14″ Standtom erwarten würde, steht rechts unten diesen 16″-Ungetüm. Klar, dass dieses ganz schön was hermacht gegen die zwei kleinen Kumpels. Wer das Set ein- bis zweimal transportiert hat, wird sich fragen, ob der Soundunterschied es wert ist, dass die Standtom und vor Allem die Bassdrum inklusive Case beim Transport eine echte Mission darstellen.

Zur Sensitone Steel Snaredrum muss ich nicht mehr viel sagen. Es ist eine absolut brauchbare und vielfältig einsetzbare Stahl-Snaredrum, die einen auch begleiten wird, wenn man mal auf einem Festival nicht auf dem eigenen Set spielen darf. So oder so ist es gut, eine Sensitone im Sortiment zu haben. Völlig abgesehen vom Vision-Set würde ich auch so zum Kauf einer Sensitone raten, wenn man eine Stahl-Snare benötigt, die im Preis-/Leistungsverhältnis nicht zu toppen ist. Die “Duo Motion”-Abhebung ist ein tolles Feature, da man keinen Kompromiss eingehen muss, wenn die Abhebung bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielen sollte. Das Äußere, nicht-funktionale des Vision-Sets bleibt wie immer Geschmacksache, jedoch kann ich nach meinem Test sagen, dass sich meine Befürchtungen bezüglich der schwarzen Hardware leider bewahrheitet haben, und diese nach einigen Tagen in meinem Studio an der einen oder anderen Stelle schon ziemlich benutzt aussieht. Nicht etwa, dass es richtige Schäden geben würde, aber die Rims sehen bespielter aus, als es vermutlich verchromte Rims tun würden.

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Ich ahnte, dass ich mit der Hardware aus dem Hause Pearl wahrscheinlich keine großen Probleme haben würde, schließlich kommt man ja ab und zu mal damit in Berührung: Bislang habe ich nur gute Erfahrungen damit gemacht. Auch hier bin ich nicht enttäuscht worden. Meine beiden kleinen Makel, nämlich der schlecht einstellbare Snaredrumständer (S-900) und die verbogene Schraube am HiHat-Stativ (H-900) sind zwar nicht zu ignorieren, jedoch sollte man mit diesen Dingen wie mit lästigen Charaktereigenschaften umgehen, und versuchen zunächst mit ihnen zu leben. Die Schraube am HiHat-Stativ lässt sich sicher austauschen. Man muss trotz des oben genannten faden Beigeschmacks sagen, dass es oft gerade die Hardware ist, die ein günstiges Set enttarnt. Das kann man von dem 900er-Paket nicht behaupten, denn der Rest des Paketes ist nicht nur einwandfrei, sondern auch ohne das Vision-Set für alle Drummer sehr empfehlenswert. Die Tomarme, die nicht ohne Stimmschlüssel zu justieren sind, haben sich beim Ab- und Wiederaufbauen des Sets als absoluter Vorteil herausgestellt, denn diese bleiben in der Hardwaretasche hundertprozentig in Position. Beim Aufbauen hängen die Racktoms also sofort in ihrer richtigen Position. Der Wert dieses Umstandes wird einem bewusst, wenn man bei einem Festival nur 15 Min für Aufbau und Soundcheck hat und alle auf den blöden Drummer warten, bis er seine Schießbude endlich aufgestellt hat.

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Mono sagt:

#1 - 27.11.2013 um 00:38 Uhr

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Vielen, vielen Dank für diesen sehr detaillierten Bericht! Auf der Suche nach einem guten Set wird man in Läden wie Music-Store schnell "erschlagen", da ist es gut, wenn man schon vorher einen Favoriten hat - umso besser, wenn man dann das Vorführ-Set direkt auf die hier genannten Pro's und Con's untersuchen kann! Da ich das Set hauptsächlich für Aufnahmen nutzen möchte, sind die Soundbeispiele Gold wert! Nochmal, vielen Dank!!!

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