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Palmer Overdrive Test

Die Nummer zwei aus der Reihe der Palmer Root Effekt-Serie, die bei uns im bonedo-Testlabor ihren Einstand gibt, nennt sich schlicht und ergreifend Overdrive. Wer jetzt glaubt, es handele sich dabei um eine weitere mehr oder weniger am Original orientierte Ausgabe von Tubescreamer oder Boss Overdrive, der irrt. Palmer wäre nicht Palmer, wenn sich auch bei diesem Pedal nicht irgendwo ein nützliches und nicht unbedingt alltägliches Feature finden würde, mit dem es sich von den üblichen Zerrpedalen absetzt.

Womit der hessische Hersteller diesmal der Konkurrenz einen Schritt voraus sein möchte, das soll der folgende bonedo-Test ans Tageslicht bringen.

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Details

Gehäuse/Optik
Alle Palmer Root Effekte kommen in einem einheitlichen Gehäuse mit den Abmessungen 120 x 95 x 56 mm und identischem Aufbau. Das Gehäuse besteht aus zwei ineinandergesteckten, in U-Form gebogenen zwei Millimeter dicken Stahlblechen, die sich lediglich in ihrer Farbgebung unterscheiden. Bei den Geräten der Serie gilt das in der Regel nur für das obere Gehäuseteil, das Unterteil bleibt metallfarben grau. Unser Overdrive jedenfalls strahlt in einem satten Rot.

Die komplette Unterseite des Pedals ist mit einem dicken Gummi beklebt, der für Rutschfestigkeit auf allen Untergründen sorgt. Hier finden wir auch das schwenkbare Batteriefach, das einen schnellen und einfachen Wechsel ermöglicht – der 9V Block wird einfach ins Fach gelegt und beim Schließen gegen die Kontakte gedrückt, fertig. Kein Aufstecken auf kleine Kontaktflächen oder fummeliges Herausquetschen aus einem engen Fach mit der Gefahr, die mühsam gezüchteten Fingernägel in Sekundenbruchteilen zu ruinieren. Hier zeigt sich die Erfahrung aus dem Pro Audio Bereich und dem alltäglichen Gitarristendasein. Doch die Unterseite hat noch ein weiteres praktisches Feature zu bieten, nämlich zwei Löcher, mit denen das Pedal im Effektboard festgeschraubt werden kann.

Ebenfalls praxisnah konzipiert ist das überstehende Unterteil, das, im Team mit den hochgezogenen Seitenwänden, die Anschlüsse auf der Rückseite vor äußeren Einflüssen schützt. Eine gute Sache, denn es passiert nicht selten, dass ein unachtsamer Stagehand oder ekstatischer Sänger genau auf die Kante des Effektpedals tritt und so die Stecker aus der Buchse knickt. Einen kleinen Nachteil hat das Ganze aber doch: Die Verwendung von Kabeln mit Winkelsteckern ist hier nicht möglich, es sei denn, man lässt sie nach oben hin weggehen, was sich beim Einsatz des Effekts im Pedalboard weniger gut machen lässt.

Die auf der Oberseite platzierten Regler sind in einer Reihe angeordnet und mit grau lackierten Knöpfen aus Metall bestückt. Ein eingelassener Punkt zeigt die aktuelle Stellung und im Vergleich zu Gitarrenpotis sind sie eher schwergängig. Das macht auch Sinn, denn schließlich sollen sie sich nicht bei jeder versehentlichen Berührung verstellen. Unterhalb der Regler befindet sich der Fußschalter, der seine Arbeit knackfrei erledigt. Zur Anzeige des Effektstatus parkt neben dem Schalter eine kleine rote LED, die bei aktivem Effekt leuchtet. Unterm Strich macht das Pedal einen hochwertigen und absolut roadtauglichen Eindruck.

Rückseite/Anschlüsse
Auf der Rückseite gibt es insgesamt drei Buchsen, zwei in Klinkenausführung für In- und Output und den Standardanschluss für das Gleichstromnetzteil, das, wie bei kleinen Pedalen üblich, nicht im Lieferumfang enthalten ist. Hier helfen Standardadapter oder die üblichen Verdächtigen von Boss oder Ibanez weiter. Mit einem Stromverbrauch von etwa 15 mA  bewegt sich der Overdrive im mittleren Bereich für Verzerrerpedale. Man kann also schon mal den einen oder anderen Gig mit Batterie spielen, ohne dabei mit einem Schwächeanfall des Pedals rechnen zu müssen.

Bedienung
Der Overdrive-Effekt wird mit vier Reglern eingestellt. Doch es könnte sein, dass bereits der erste Regler mit der Bezeichnung Clean den Gitarristen die Stirn runzeln lässt. Was soll denn das? Ein Clean-Regler bei einem Overdrive-Pedal?

Und genau das ist die Besonderheit, die dieses Pedal auszeichnet. Das Prinzip ist einfach und logisch, denn mit dem Cleanregler wird dem Overdrivesound ein unverzerrtes Signal hinzugemischt. So erhält man, je nach Mischungsverhältnis, einen klaren Attack mit schmutzig ausklingendem Zerrsound. Viele Gitarristen erzeugen diesen Klang, indem sie einen cleanen mit einem verzerrt eingestellten Amp kombinieren. David Gilmour (Pink Floyd) oder Stevie Ray Vaughan beispielsweise haben oder hatten zu diesem Zweck immer mehrere Verstärker auf der Bühne. Im Praxisteil werden wir hören, ob diese Art von Sounds tatsächlich mit dem Pedal realisierbar sind.

Natürlich gibt es auch die für ein Overdrive-Pedal üblichen Regelmöglichkeiten, nämlich Gain zum Einstellen des Verzerrungsgrades, Tone zur Regulierung der Klangfarbe und Volume zur Anpassung der Endlautstärke des Zerrsounds.

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Praxis

Zu Beginn werde ich die pure Overdrive-Sektion unter die Lupe nehmen. Das heißt, der Clean-Regler steht auf Linksanschlag und ist somit ausgeschaltet, hat also keine Auswirkungen auf den Sound.

In unserem ersten Audio habe ich alle Regler (bis auf den Clean-Poti) in die mittlere Position gebracht (12 Uhr), und das ist das Ergebnis.

Git.CleanGainToneLevel
SG7121212
Audio Samples
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Mid Gain

In dieser Einstellung erhält man einen warmen Zerrsound mit guter Transparenz. Die Akkorde werden klar wiedergegeben. Das Frequenzbild kann man als sehr ausgewogen bezeichnen, kein Bereich wird übermäßig angehoben. Der Palmer Overdrive besitzt einen sehr natürlichen Grundsound, der mit Sicherheit sehr gut mit vielen Amptypen harmoniert.

Die Verzerrung ist bei mittlerer Gain-Einstellung noch nicht allzu stark. Um die Zerr-Eigenschaften des Overdrive-Pedals zu testen, habe ich den Gainregler in vier verschiedene Einstellungen gebracht und die entsprechenden Sounds aufgenommen, zuerst auf 8, dann 11, 14 und 17 Uhr. Die größte Soundveränderung findet in der ersten Regelhälfte zwischen 7 und 13 Uhr statt. Wird der Gainregler komplett zurückgenommen (7 Uhr), ist der Sound nur einen Hauch verzerrt, bis 13 Uhr nimmt der Verzerrungsgrad linear zu. Danach wird der Klang lediglich noch dichter, das Kompressionsverhalten intensiviert sich und man erhält eine gute Portion Sustain.

Git.CleanGainToneLevel
SG78-11-14-171212
Audio Samples
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Gain 8 Gain 11 Gain 14 Gain 17

Wer einen Verzerrer mit höherem Gain und singendem Leadsound sucht, der wird beim Palmer Overdrive nicht fündig, dafür gibt es andere Spezialisten im Root-Effektsortiment. Hier geht es ganz klar um die Nachbildung eines übersteuerten Röhrenamps – und das funktioniert wirklich sehr gut. Auch in puncto Anschlagsdynamik kann der Overdrive überzeugen. Abhängig von der jeweiligen Einstellung geht die Verzerrung bei leichtem Anschlag an der Gitarre zurück – und bei hartem Anschlag gibt es den gewünschten dreckigen Sound. Stellt man Gain bis 13 ein, lässt sich auch die Lautstärke mit dem Anschlag gut steuern. Ab 13 Uhr wird die Kompression stärker und die Pegel bei hartem oder weichem Anschlag sind nicht mehr so gut voneinander zu unterscheiden. Das ist aber nichts Negatives, denn die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Der eine möchte auch die Lautstärke mit den Fingern kontrollieren, der andere findet es gut, wenn die Pegel gleich bleiben und bei hartem Anschlag nur der Verzerrungsgrad zunimmt. Von daher ist das Ganze sehr schlüssig konzipiert.

Git.CleanGainToneLevel
Strat7121312
Audio Samples
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Dyna Pick

Weiter geht es mit dem Tone-Regler und der klanglichen Bandbreite, die sich mit seiner Hilfe einstellen lässt. Das Poti arbeitet in einem überschaubaren Rahmen. Man kann den Klang etwas feiner justieren, aber extreme Frequenzverbiegungen sind hier nicht möglich. Das hat selbstverständlich den Vorteil, dass man mit dem Overdrive prinzipiell nichts falsch machen kann – und möglicherweise einen „schlechten“ Sound einstellt. Das Poti regelt den Frequenzbereich ab etwa 2 kHz. Dabei sind bei Linksanschlag recht dumpfe Zerrsounds möglich, dreht man den Regler voll auf, kann es auch schon mal recht bissig und aggressiv klingen. Beim nächsten Beispiel hört ihr die vier Einstellungen 8, 11, 14 und 17 Uhr.

Git.CleanGainToneLevel
SG7158-11-14-1712
Audio Samples
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Tone 8 Tone 11 Tone 14 Tone 17

Das Beste kommt, wie gewöhnlich, zum Schluss, und das ist für mich das Einblenden des unverzerrten Sounds mithilfe des Cleanreglers. Mit ihm lässt sich der Overdrive-Klang noch viel feiner einstellen und man erhält durch den Attack des unverzerrten Tons einen dreckigen Sound mit einer klar definierten Ansprache. Das Ganze sorgt für einen extrem angenehmen Druck und man hat das Gefühl, als hätte jemand die Wolldecke von den Speakern genommen. Sehr gut!!

Hier hört ihr das Ergebnis, zuerst ohne Cleansound (´Clean´ auf 7 Uhr), dann mit den Einstellungen des Cleanreglers auf 10 und 14 Uhr.

Git.CleanGainToneLevel
Strat7-10-14151312
Audio Samples
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Clean 7 Clean 10 Clean 14

Das Ganze ist effektiv und funktioniert völlig simpel, denn mit dem Cleanregler stellt man „lediglich“ das Mischverhältnis zwischen unverzerrtem und Overdrive-Sound ein. Bei höheren Clean-Einstellungen wird der Overdrive-Sound entsprechend leiser – man kann also auch hier eigentlich nichts verkehrt machen.

Dank der Clean-Funktion lässt sich der Palmer-Overdrive bei bestimmten Einstellungen auch als Booster verwenden, um so die Vorstufe eines angeschlossenen Amps zu übersteuern und ihm noch etwas mehr Verzerrung zu entlocken. Hierbei sollte der Gainregler komplett zurückgedreht werden und nur Clean weit auf. Diese Funktion gibt dem Overdrive eine neue Dimension in der Zerrsound-Einstellung und setzt sich deutlich von normalen Zerrpedalen ab. Gerade für Gitarristen, die einen guten und durchsetzungsfähigen Crunchsound für ihre Rhythmus-Arbeit benötigen, kann diese Art der Klanggestaltung extrem hilfreich sein.

Aber auch bei den Overdrive-Sounds ohne hinzugemischtes unverzerrtes Signal macht der Palmer Overdrive eine gute Figur. Bei voll aufgedrehtem Gain ist der Klang sehr transparent, Akkorde werden klar und deutlich wiedergegeben. Hier kommt der übliche Test zur Akkordverständlichkeit, die Akkorde E, A, D, G und E werden nacheinander angeschlagen. Beim letzten E-Akkord ist der Anschlag der einzelnen Saiten klar zu hören.

Git.CleanGainToneLevel
SG7171211
Audio Samples
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Chords
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Kompliment! Der Palmer Overdrive besticht mit einem sehr warmen, natürlichen Grundsound. Der Verzerrungsgrad reicht von leicht angezerrten bis zu Mid Gain Sounds, die eher für die Rhythmus-Arbeit als für singende Solo-Passagen geeignet sind. Das Pedal kommt mit einem sehr guten Grundsound, der mit weiteren Einstellungen verfeinert und so an das angeschlossene Equipment (Gitarre, Amp) angepasst werden kann. Dadurch erhält man praktisch immer einen brauchbaren Sound. Wer viele Klangvariationen und Frequenzverbiegungs-Optionen sucht, der ist hier fehl am Platz. Die Möglichkeit, das unverzerrte Gitarrensignal dem Overdrive-Sound beizumischen, öffnet weitere Perspektiven. Der hinzugefügte Cleansound sorgt für einen klaren Anschlag und einen fetten Attack, während der Overdrive die nötige Portion Schmutz hinzufügt. Das, wofür viele Gitarristen zwei Verstärker einsetzen, funktioniert auch allein mit diesem Pedal. Wer durchsetzungsfähige Overdrive-Sounds benötigt, sollte den Palmer Overdrive unbedingt antesten. Fast hätte ich es vergessen: Das Pedal ist natürlich absolut robust und roadtauglich gebaut und das Preis-Leistungsverhältnis ausgezeichnet.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Warmer, natürlicher Overdrive Sound
  • Stabile Konstruktion, absolut roadtauglich
  • 5 Jahre Garantie vom Hersteller
  • Clean-Sound kann dem Overdrive beigemischt werden
Contra
Artikelbild
Palmer Overdrive Test
Für 35,00€ bei
Palmer_Overdrive_06FIN
Facts
  • Hersteller: Palmer
  • Modell: Overdrive
  • Typ: Overdrive Pedal
  • Regler: Clean, Gain, Tone, Level
  • Anschlüsse: Input, Output, DC 9V
  • Stromverbrauch: ca. 15 mA
  • Maße: 120 x 95 x 56 (B x T x H) mm
  • Preis: 80,- Euro (UVP)
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Kommentieren
Profilbild von Nitro

Nitro sagt:

#1 - 25.05.2011 um 20:11 Uhr

1

Hi! Wie sieht's mit dem Nebengeräuschverhalten des Palmer Overdrive aus? Rauscht das Ding?

Profilbild von Juergen

Juergen sagt:

#2 - 25.06.2011 um 01:16 Uhr

0

Soundsamples mit verstimmten Gitarren sind sooo witzlos...

Profilbild von Michel

Michel sagt:

#3 - 13.06.2013 um 13:35 Uhr

0

Das Palmer Overdrive ist verglichen mit sehr teuren Pedalen nebengeräuschfrei. Es klingt mild und wunderschön singend. 100% mein persönlicher Gescmack! Da gibt es NIX kratziges.
Soundmässig recht vielseitig ist es ausserdem noch.

Profilbild von Michel Berlin

Michel Berlin sagt:

#4 - 13.06.2013 um 14:55 Uhr

0

noch eine kleine Ergänzung...
im direkten Vergleich: das Rodenberg GAS 808 (Overdrive Pedal) lässt immer die Sonne aufgehn..es ist und bleibt für mich DAS ABSOLUT BESTE...
http://www.rodenberg-amplif...
Bitte ma anchecken :-)
M/

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