Schieben und Ziehen – für den richtigen Orgelspaß gehören echte Zugriegel einfach dazu. Die Hammond-Imitate der schwedischen Firma Clavia Nord überzeugen zwar durch ihren authentischen Sound, die Bedienung über die „nordeigenen“ digitalen Zugriegeltaster ist jedoch für manchen Keyboarder nicht mehr als ein gut gemeinter (und gewöhnungsbedürftiger) Kompromiss.
Eine kleine Firma aus San Francisco mit dem sonnigen Namen Ocean Beach Digital hat sich dieses Problems angenommen und präsentiert mit dem DB-1 einen MIDI-Zugriegel-Controller, der in erster Linie für die Nord Electro Familie, die Nord Stage Serie und die Combo Orgeln C1 und C2 konzipiert wurde. Neun Zugriegel – mehr gibt’s für knapp € 300 nicht. Ob sich die Investition lohnt?
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DETAILS Auf einen Blick
Im feinsten, hochglänzenden Clavia-Rot pellt sich das kleine Kästchen (15,9 cm x 3,2 cm x 13,3 cm) aus einem ebensolchen Karton. Das verhältnismäßig schwere Metallgehäuse macht einen stabilen und sturzsicheren Eindruck und findet dank seiner kompakten Größe und der vier selbstklebenden Gumminoppen sicheren Stand auf jedem Nord Instrument. Die Bedienoberfläche des DB-1 gestaltet sich relativ übersichtlich. Auf der Oberseite des Gehäuses tummeln sich die neun Zugriegel. Diese sind umfunktionierte handelsübliche Fader, deren Faderkappen in Form und Farbe dem Retro-Look alter Hammondorgeln nachempfunden wurden. Der Abstand der Drawbars ist dabei geringfügig kleiner als bei echten Hammonds. Die Beschriftung der einzelnen Fußlagen ist deutlich lesbar auf dem Gehäuse aufgedruckt.
Links über den Zugriegeln befindet sich der sogenannte „Top Button“ nebst LED, der modellabhängig verschiedene Funktionen übernehmen kann. In Verbindung mit einem Nord Electro oder Nord Stage kann er jeden beliebigen MIDI-Control-Change Befehl ausführen, um so eine weitere Orgelfunktion zu übernehmen ( wie z.B. die Geschwindigkeit des Rotor-Effektes oder das An- und Abschalten der Perkussion). Verwendet man den DB-1 mit zwei Tastaturen, schaltet er zwischen dem Upper- und dem Lower-Register hin und her. Bei den Comboorgeln C1/C2 übernimmt er nur diese Funktion. Hier ist er leider nicht programmierbar. Ebenso fehlt – trotz der vorhandenen LED – eine Statusanzeige, die dem orgiastischen Orgler mitteilt, welchem Manual der DB-1 gerade zugewiesen ist. Da verliert man im Eifer des Gefechts schon mal leicht die Übersicht. Dafür blinkt die LED bei eingehenden MIDI-Daten und im Programmiermodus sehr schön.
Dann befindet sich auf der Oberseite noch das Batteriefach für einen 9V-Block zur Stromversorgung. Da sich das Fach mit zwei leichtgängigen und griffigen Handschrauben öffnen lässt, kann man den Schraubendreher auch mal zu Hause vergessen. Alternativ versorgt sich der DB-1 auch mit Strom aus dem MIDI-Kabel, was etwas ungewöhnlich ist, im Test aber reibungslos funktionierte. Ein sehr willkommenes Feature, weil man so getrost auf einen Vorrat an 9V-Batterien bzw. auf ein zusätzliches Netzteil verzichten kann.
Auf der Rückseite parkt neben dem Power-Schalter ein „Program“-Taster, der die Programmier- und Learn-Funktion des „Top Buttons“ aktiviert. An Anschlüssen bietet der DB-1 ein MAIN- und ein AUX-MIDI In/Out Pärchen. Somit ist es ein Leichtes, den DB-1 in ein bestehendes MIDI-Setup zu integrieren.
Denn der kleine Ocean Beach Controller ist nicht zwingend an Clavia Instrumente gebunden. Er kann auch als universeller MIDI-Controller eingesetzt werden. Über die Learn-Funktion der verwendeten Software – z. B. NI’s Vintage Organs – lassen sich die Fader des DB-1 den gewünschten Parametern zuweisen. Dabei wird mittels der internen Merge-Funktion die MIDI-Information der Fader dem am AUX-MIDI-In anliegenden Signal beigemischt und zusammen am MAIN-MIDI-Out ausgegeben. Des Weiteren ist es dem programmierfreudigen User möglich, den DB-1 über MIDI-System-Exclusive-Befehle komplett neu zu konfigurieren. Jedem Fader kann somit jeder MIDI-Control-Change Befehl auf jedem beliebigen MIDI-Kanal zugewiesen werden. Doch das ist alles sehr theoretisch. Schauen wir uns lieber mal die Praxis an.
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PRAXIS Wie krieg ich das Ding ans Laufen?
Als bekennender Nord-User hatte ich die Möglichkeit den DB-1 in Kombination mit einem Nord Stage EX und einer Nord C2 zu testen. Nachdem die MIDI-Verbindung installiert wurde (wichtig: MIDI-In und –Out anschließen), muss man dem kleinen Amerikaner mitteilen, welches Nord Modell er kontrollieren soll. Dies geschieht mittels so genannter „DIP-Switches“. Dies sind vier kleine Kippschalterchen, die auf der Platine im Inneren des Gehäuses auf ihren Einsatz warten. Den Zugang dafür findet man über das Batteriefach. Dies erscheint zwar etwas umständlich, erweist sich in der Praxis aber als praktikabel, da die Schalter relativ leicht zugänglich sind, und man sie mit dem Fingernagel bedienen kann. – schlanke Finger vorausgesetzt. Zudem ging man bei Ocean Beach wahrscheinlich davon aus, dass man den DB-1 lediglich mit einem Nord Modell kombiniert und ihn deshalb nur ein einziges Mal konfigurieren muss. Wie man die Schalter für sein Nord Modell kippen muss, wird in der Bedienungsanleitung einfach und übersichtlich dokumentiert. Als Besitzer von zwei Nords fand ich persönlich die Prozedur auf Dauer dennoch ein wenig irritierend. Als Nächstes muss der kleine Kontroll-Freak lernen, auf welchem MIDI-Kanal er die Zugriegelinformationen senden soll. Und das geht so: „Program“-Taster lange drücken, „Top Button“-Taster gedrückt halten und ein paar Töne auf der Tastatur spielen, „Program“-Taster erneut drücken. Das war’s! Jetzt weiß der Kleine Bescheid. Bei der Nord Stage Serie müssen noch ein paar Einstellungen im MIDI-Setup-Menu des Instruments vorgenommen werden, die aber klar verständlich in der Anleitung beschrieben sind. Echte Orgelliebhaber können auch zwei DB-1 in Reihe schalten und haben somit je ein Drawbar-Set für das Upper- und Lower-Manual zur Verfügung. Was spielt sich denn da jetzt anders? Ist der DB-1 angeschlossen und konfiguriert, kann drauf los gezugriegelt werden. Mancher Leser wird sich vielleicht schon die ganze Zeit fragen: „Wozu brauche ich das Teil überhaupt? Ich bin bis jetzt auch mit den Drawbar-Tastern gut zu Recht gekommen.“ Ja, das stimmt. Ich auch. Aber die echten Zugriegel erhöhen das Orgelfeeling und somit den Spaßfaktor ungemein, da die authentischen Orgelsounds nun auch um eine adäquate authentische Bedienung bereichert werden. Mit den echten Zugriegeln sind schnellere und fließendere Bewegungen möglich als mit den Drawbartastern. Hier ist ein kleiner akustischer Vergleich der Zugriegel-Geschwindigkeiten mit den Drawbartastern und dem DB-1
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Nord ButtonsDB-1
Somit kann man hammondtypische Registrierungsspielereien verwirklichen: Wah-Wah Effekte, smoothe Klangfarbenbewegungen und schnelle, kontrastreiche Umregistrierungen.
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Wah WahHi fillsDrawbar Blues
Dabei erkennt das angeschlossene Nord Instrument erfreulicherweise sofort die Stellung der DB-1 Drawbars – das heißt, der aktuelle Wert muss zur Veränderung nicht erst abgeholt werden, sondern der Klang ändert sich sofort. Der Nachteil: Hat man ein neues Preset oder Program aufgerufen, bei dem ein oder mehrere Drawbarwerte auf 8 stehen, deren Fader aber auf 0 positioniert sind, so ändert sich der Klang bei einer Zugriegelbewegung sprunghaft. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum Ocean Beach dem DB-1 eine Auto-Sync-Funktion spendiert hat. Diese sendet beim Aufrufen eines neuen Programs (nicht Presets!) automatisch die aktuellen Zugriegelwerte des DB-1 an das Instrument. Allerdings mit leichter Verzögerung. Das DB-1 kann sich dies für zwei Programs merken. Der tiefere Sinn dieser Funktion erschließt sich mir jedoch nicht, da ich ein neues Program aufrufe, weil ich genau diese Registrierung haben möchte – und nicht die aktuelle Zugriegeleinstellung.
Bedienung
Die Bedienung des DB-1 ist so einfach, wie es nur geht. Aufgrund der Learn-Funktion muss man sich im Grunde nur einen einzigen Bedienschritt merken: Program-Taste drücken, Top Button gedrückt halten und die entsprechende Midi-Kontrollinformation ans DB-1 schicken, Program-Taste erneut drücken. Fertig! Und das Ganze funktioniert. Die Parameter werden im Flash-Memory gespeichert und bleiben auch nach dem Ausschalten erhalten.
Da man das DB-1 für sein Nord Modell zunächst mittels der „versteckten“ DIP-Switches konfigurieren muss, ist die Lektüre der Bedienungsanleitung unumgänglich. Diese ist glücklicherweise sehr übersichtlich gehalten und verständlich und ohne große Ausschweifungen geschrieben. Leider jedoch nur auf Englisch, was für manchen User die Zwangslektüre zur Konfiguration unter Umständen etwas erschwert. Dafür ist mir noch nie eine so unterhaltsam verfasste Bedienungsanleitung unter die Augen gekommen, die einen einfach zum Weiterlesen motiviert: “OK, you’re probably eager to get going with your new DB-1 Drawbar Controller, so we’ll try to make this as quick and painless as possible.” I like!
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FAZIT
Sagen wir’s mal ehrlich: € 300 sind für einen simplen Drawbar Controller, der augenscheinlich auch noch auf Instrumente der Firma Clavia Nord spezialisiert ist, viel Geld. Für manch einen Keyboardkollegen ist es sicherlich nicht mehr als ein überflüssiges Gadget. Aber für Tastenspieler, die mehr aus ihren Orgelsounds und ihrem Orgelspiel herausholen möchten, ist es eine sinnvolle Ergänzung, die für echtes Hammond-Feeling sorgt und den Fun-Faktor beim Spielen ungemein erhöht. Zudem kann man den Ocean Beach DB-1 über die Lern- und Programmierfunktion auch anderweitig als Midi-Controller einsetzen.
Und natürlich ist auch ein kleines bisschen Posing im Spiel: Denn die Kombination aus stylischem Rot und dem Retro-Look der Zugriegel wird garantiert die neugierigen Blicke des Publikums und der Mitmusiker auf sich ziehen.
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