Numark NDX-900 Test

PRAXIS

Beatmatching
In manchen musikalischen Genres gehört das einwandfreie manuelle Beatmatching zu den Grundfertigkeiten eines Deejays. Mancher Artist verlässt sich beim Angleichen der Songs ausschließlich auf das Gehör, ein Anderer schaut erst einmal auf den Beatcounter, pitcht sich auf einen identischen Wert ran und legt danach die Takte zu Fuß übereinander. Welchen Weg man auch wählt, der Pitchfader spielt hier eine entscheidende Rolle. Er muss in der Lage sein, das Tempo der Songs bis auf die zwei Nachkommastellen genau abzugleichen, damit sie nicht irgendwann aus dem Ruder laufen. Numark verbaut einen weichen und sehr präzisen Flachbahnregler mit 100 Millimetern Länge, der diese Aufgabe hervorragend bewältigt. Er ist abschaltbar, lässt sich mit plusminus 6,12, 25 und 100 Prozent betreiben und leuchtet an der Nullstellung auf, statt einzuschnappen. Er legt in den unteren drei Stufen eine Regelgenauigkeit von 0,1 Prozent/BPM an den Tag. Bei 100 Prozent schafft er sehr respektable 0,3 Prozent/BPM. Sind die Titel temposynchron, schubst man sie mit den beiden Pitchbend-Tastern in den Takt, die direkt unter dem Fader sitzen. Plus erhöht das Tempo beim Festhalten auf maximal 16 Prozent, Minus bremst in gleichem Maße, wobei die Beschleunigung größer wird.

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Die nächste Größe beim Beatmatching ist der Beatcounter. Er muss das Tempo nicht nur schnell (hier 2-3 Sekunden) und exakt analysieren, sondern sollte während der Laufzeit auch nicht zu großen Schwankungen unterliegen. Bei konstanten Songstrukturen (Takt, Tempo) gibt sich der Numark-Counter in dieser Disziplin keine Blöße. Anders ist es, wenn die Geschwindigkeit variiert oder komplex verschachtelte Rhythmen ins Spiel kommen. In diesem Fall hilft der Tap-Button kompetent weiter, denn er ermittelt den durchschnittlichen BPM-Wert der manuell eingeklopften Takte.  
Schieben und schubsen, bremsen und pitchen – vor unangenehmen Tonhöhenänderungen wären Schallplattenspieler hier nicht gefeit. NDX-Nutzer schon, denn während dieser Vorgänge schützt sie der Keylock optional. Er friert die Tonart beim aktuellen Tempo ein und aktiviert einen Timestretching-Algorithmus, der in den Zwischenräumen interpoliert. Soweit die Theorie. Inwieweit das ohne Artefakte funktioniert, ist natürlich eine andere Sache. Je nach Basismaterial schafft unser Kandidat etwa drei bis fünf Prozent. Für einen Vocal-Housetrack von 120 BPM könnte der nachfolgende Titel demnach eine Geschwindigkeit zwischen 115 und 125 BPM haben, was ein halbwegs ordentlicher Arbeitsbereich ist. Falls der DJ absichtlich in eine andere Tonart vordringen möchte, etwa weil er die Harmonic-Mixing Technik propagiert (Feature hier), transponiert Key-Transpose die Tonhöhe des aktuellen Songs, wobei das Tempo unangetastet bleibt.

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Pitchbends am Jogwheel Keylock-Master Pitch plus 10 Prozent bis 1 Prozent Pitch minus 1 Prozent bis 10 Prozent Transpose down Transpose up

Cues, Loops und Samples
Der Schleifenbaukasten offeriert maximal zwei nahtlose Loops, die mit den obligatorischen Tasten IN und Out definiert werden. Um sie zu deaktivieren, wird OUT ein weiteres Mal betätigt, RELOOP holt die Schleifen zurück, egal, an welcher Songposition sich der Laser gerade befindet. Mit der Taste Reloop lässt sich bei mehrfacher Betätigung ein Stottereffekt erzielen, IN halbiert die Loop-Länge. Die geschilderten Vorgänge gelten auch für die zweite Reihe (Tasten 1,2,3), sofern sie ebenfalls im Loop-Modus operiert. Sehr gelungen ist in meinen Augen auch die Umsetzung des Loopdividers. Numark verwendet einen federnden Kippschalter, mit dem das Halbieren und Verdoppeln der Schleifenlängen (1/8 bis 16 Beats) eine wahre Freude ist. Ferner kann der DJ die zweite Horizontale in den Hotcue- oder Samplemode versetzen. Loops oder Samples (maximal fünf Sekunden Laufzeit) werden mittels REC aufgezeichnet und sind nur temporär im RAM gespeichert – steht also bei einem Wechsel der Modi nicht mehr zur Verfügung. Allerdings können die Cue-Daten auf Wunsch mit der Store-Funktion in das nichtflüchtige Langzeitgedächtnis transportiert, durchnummeriert und per RECALL reaktiviert werden.

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Loop Cut

Effekte
Effekte sind das Salz in der elektronischen Remix-Suppe. Welcher Dub-, Hiphop-, House-, Techno- oder Mashup-DJ bedient sich nicht gern mal einer Filterfahrt, eines Echos oder eines Pan-Effektes. Der NDX-900 bringt eine ausgeklügelte Steuerung für seine sechs Tempo-synchronisierbaren DSP-Effekte mit. Zum Repertoire gehören Filter, Echo, Chop, Pan, Flanger und Phaser. Ganz anders als die meisten DJ-MIDI-Controller (Drehknopf) setzt Numark auf einen zugegebenermaßen etwas kleinen, aber charakterstarken Dry/Wet-Fader, der das Mischungsverhältnis zwischen Original- und Effektsignal zielstrebig abstimmt. Ein weiterer Kippschalter mit der Aufschrift FX-Select entscheidet, welcher der Klangverformer auf den Tanzflur prasseln darf.  
Parameters dirigiert das Timing. Dreht der DJ am Encoder, kann er die Modulationszeit frei einstellen, drückt er ihn nieder, kann er eine beatsynchrone Taktung auswählen, die je nach Typus gestaltet ist. Beim Flanger erstreckt sich das Intervall von 1/32 bis 16/1, das Echo hingegen startet bei 1/1 und reicht bis 1/64. Die Synchronisation kann bei Schwankungen des Beatcounters schon mal für Millisekunden ins Stolpern kommen, was auf einer Party zur fortgeschrittenen Stunde aber lediglich dem geschulten Ohr auffallen dürfte. Solltet ihr den NDX unvorbereitet bei einem der nächsten Gigs antreffen, nur keine Panik – die Effekte sind absolut Dancefloor-tauglich konzipiert. Schade ist vielleicht, dass sie sich nicht optional per Jogwheel tweaken lassen. Nachstehend ein paar Klangauszüge.

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FX Phaser FX Flanger FX Echo FX Filter FX Chop FX Pan

MIDI-Modus
Numarks NDX-900 spricht fließend MIDI und kann daher jede lernfähige DJ-Software fernsteuern. Da sich Numark mit Native Instruments auf eine Traktor LE-Lizenz geeinigt hat, die nun zum Lieferumfang gehört, gebührt diesem Bundle auch der heutige Testlauf. Nachdem die Audio-Treiber und die Software aufgespielt und aktiviert wurden, geht die Einrichtung ziemlich schnell vonstatten. Einfach den traktorschen Setup-Wizard bemühen und die externe Kontrolle an den Numark NDX 900 mitsamt Traktor Single- oder Dual-Deck Konfiguration gemäß der Bilderfolge übergeben. Danach ist das gewünschte Audiorouting einzustellen. Traktor LE 2 offeriert zwei Decks samt virtuellem Mischpult mit Dreiband-EQ sowie Auto-BPM, -Grid, -Sync und einen Auszug aus den Kreativabteilungen. Was fehlt sind die Sampleplayer, Waveform-Zooms und die neuen Farbvariationen des Frequenzspektrums. Ferner verzichtet die LE-Edition auf den Loop- und Session- Recorder sowie die Master-Clock und MIDI-Synchronisation.

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Ich habe den Testlauf auf einem MacBook von 2009 mit 4 GB RAM durchgeführt und einen Buffer von 256 Samples ausgewählt, was eine Gesamtlatenz von etwa sechs Millisekunden bedeutet und tadellos funktionierte (5,3 ms Verarbeitung – 1,4 ms Ausgabe). Alle wesentlichen Software-Funktionen, wie Navigation, Abspielsteuerung, Pitch, Bend, Synchronisation, Kombi-Filter oder Key-Correction ließen sich bequem via NDX bedienen. Das Jogwheel ist gut eingestellt und punktet mit zweckdienlichen Scratch-, Nudge-, Search- und Fastsearch-Möglichkeiten. Der DJ arbeitet im MIDI-Modus mit den Berliner Kreativabteilungen – die des NDX sind in dieser Betriebsart nicht verfügbar. Traktors Schleifenbaukasten kann auf manuelle Loops und automatische Pendants von acht, vier oder zwei Takten Länge zurückgreifen. Der Hebel unter dem Display dient analog als Loop-Cutter. Die Steuerung der drei implementierten Solo-FX in den fest zugeordneten Units unter Traktor LE funktioniert, wie man es erwartet. Je ein FX pro Deck kann in einem Parameter samt Mischungsanteil dirigiert werden. Für umfassendere Manöver stellt Native Instruments ein Mapping für Traktor Pro bereit.  
Zwar lassen sich grundsätzlich auch zwei Track-Decks mit einem Controller über Fokus-Selektion bedienen, allerdings hätte mir an dieser Stelle ein hardwareseitiger Shift-Layer, der einen komplett neuen Befehlssatz zur Verfügung stellt, besser gefallen. Auch dann wäre der Dual-Deck-Betrieb nur vernünftig einzusetzen, wenn ein zweites Interface an den Mischer angeschlossen wird, damit nicht beide Decks simultan auf dem Master ausgegeben werden. In der Praxis würde man daher eher zu einem zweiten NDX-900 oder einer mehrkanaligen Audiolösung greifen.  
Während der Traktor-Performance zeigt der Screen lediglich den Song-Fortschritt sowie den Loop, Cue und Abspielstatus an. Er blendet weder Titelinfos noch Laufzeiten, Pitch oder BPM ein. Das ist wirklich schade, denn es wäre doch toll, in der Traktor-Playlist zu browsen und sich die BPM, Pitch und Tag-Infos anzeigen zu lassen, ohne den Blick zum PC richten zu müssen. Meist muss der Kunde für einen HID-fähigen Screen aber deutlich tiefer in die Tasche greifen (Beispiel: Pioneer CDJ-900 UVP 1399, Denon S3700 UVP 1049).

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