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Microtech Gefell UMT 70 S Test

Praxis

Präsente Mitten mit leichtem Vintage-Touch

Dass das UMT 70 S optisch lieber „kleine Brötchen backt“, hatten wir ja bereits geklärt, doch das muss es gar nicht – zumindest nicht, wenn es um den Klang geht. Im Gesamten hinterließ das Mikrofon in unserem Test nämlich einen ziemlich ausgewogenen, ja sogar gutmütigen Eindruck. Was uns gleich auffiel, war der ausgeprägte Mittenbereich des Microtech Gefells. Böse Zungen würden hier vielleicht von einer Mitten(über)betonung sprechen, ich nenne es eher „präsente Mitten mit leichtem Vintage-Touch“. Dieser Frequenzbereich wird zum Einen ziemlich fein aufgelöst übertragen, zum Anderen sorgen die oberen Mitten mit einer leichten Anhebung für dieses angenehm „Crispe“ im Sound. Dadurch bekommen die Signale eine Art „Mix ready“-Charakter – sie lassen sich eben durch diese präsenten Mitten sehr gut und leicht in einem Mix einbauen, ohne unterzugehen. Das Vintage-Feeling wird durch die Höhen, die eben nicht brachial brillant daherkommen, zusätzlich untermauert. Halt, jetzt nichts falsch verstehen! Das soll nicht heißen, dass das Mikro nicht offen klingen würde. Es klingt nämlich durchaus offen nach oben hin. Der Höhenbereich passt perfekt zu den Mitten, die ziemlich breit erscheinen und somit auch die angrenzenden Frequenzbereiche (Bässe und Höhen) ideal mit den Mitten verbinden – es entstehen keine „Löcher“. Hätten die Höhen hier eine glasklare Brillanz, würde das zum Gesamtbild nicht passen, weil sie dann wie aufgesetzt wirken würden – man hat hier in Gefell also genau die richtige Abstimmung gefunden.

Audio Samples
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Acht, weiblich Kugel, weiblich Acht, männlich Kugel, männlich

Beeindruckendes Dynamikverhalten

Das UMT 70 S paart moderne Mikrofonbaukunst mit nostalgischem Klassiker-Sound. Die Verwandtschaft zum alten RFT-Modell “UM70” (zu DDR-Zeiten baute man in Gefell nämlich unter dem Namen RFT Mikrofone, um doch noch einmal etwas Historie einzubauen) ist weder optisch noch klanglich zu verleugnen – ausserdem ist die Modellbezeichnung sehr ähnlich. Ein weiterer Faktor, der uns während des Tests auffiel, war, wie genügsam das Mikrofon mit den teilweise doch recht spitzen S-Lauten unserer Sängerin Alice umging. Ebenso beeindruckt waren wir vom Dynamikverhalten. Das Mikro komprimiert so gut wie gar nicht – selbst im Nahbereich bei lauteren Passagen blieben die Signale unheimlich offen und klar. Resümierend konnten wir eigentlich festhalten, dass wir es hier mit einem sehr guten Allrounder zu tun haben, der sich eigentlich mit jedem „verträgt“, ohne dabei charakterlos zu sein.

Mikrotest: Goldie, männliche Stimme
Mikrotest: Goldie, männliche Stimme
Kommentieren
Profilbild von Juri

Juri sagt:

#1 - 05.02.2016 um 20:24 Uhr

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Hallo Guido,vielen Dank für deinen Bericht, ist wirklich lesenswert und informativ!Eine Frage hätte ich bezüglich der von dir angesprochenen, gut zum UMT70 passenden AKG-Mikrofonspinne, und zwar würde ich gern wissen, von welcher Spinne war die Rede im Bericht... Für deine Antwort bedanke ich mich im Voraus und wünsche dir und deinen Kollegen frohes Schaffen für die Zukunft!vG, Juri

Profilbild von Matze

Matze sagt:

#2 - 06.05.2020 um 00:18 Uhr

0

Interessant zu erwähnen wäre noch, dass das Mikrofon wie sein Vorgänger UM71 die legendäre Neumann Großmembran-Kondensatormikrofonkapsel M7 nutzt. Und diese doppelt, um per Polarisation der Vorspannung die Richtwirkung einzustellen.Und welches berühmte Mikrofon hat damit exakt die gleiche Kapsel? Richtig, das frühe Neumann U47.

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #2.1 - 06.05.2020 um 08:58 Uhr

    0

    Hallo Matze,richtig, die PVC-Membran M7 wurde unter anderem in U 47 und U 48 benutzt. Und das UMT 71 ist nicht das einzige M7-Mikro im MG-Programm: Eines meiner Lieblingsmikrofon ist das UM 92.1 S, das umschaltbare Röhrenmikrofon, auch dort kommt die M7-Kapsel zum Einsatz. Und M7 preiswert gibt es im nicht umschaltbaren MG MT71 S!Beste Grüße
    Nick Mavridis (Redaktion Recording)

Profilbild von Bernd Unger

Bernd Unger sagt:

#3 - 04.01.2023 um 21:14 Uhr

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Grade dieses Mikrophon übersteuert bekanntlich in der Nähe ziemlich stark. Die alte PVC-Kapsel wird schließlich mit 80V aufgeladen. Die U47 in den Abbey Roads Studios machen das nicht. Die kann man fast in den Mund nehmen. Trotzdem ist das ein extrem gut klingendes Mikro!

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