Mäag Audio EQ4 Test

Mit dem EQ4 bringt der amerikanische Hersteller mit dem aparten Umlaut im Namen einen EQ-Klassiker in die 500-Welt, welcher Kenner bereits seit den frühen 90er-Jahren begleitet.

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Cliff Maag Sr., seinen Zeichens Audio-Engineer mit satter Berufserfahrung, zeichnete vor fast 25 Jahren für das Design des NTI EQ3 verantwortlich, ein Stereo-EQ mit der etwas pompösen Bezeichnung „High Definition Audio Sound Enhancement System“. Diese unterstrich schon damals den kompromisslosen Ansatz, der hier verfolgt werden sollte.
Heute führt Maag die Firma „Mäag“ unter anderem in Zusammenarbeit mit seinen beiden Söhnen. Zu der kleinen aber feinen Produktpalette gehört auch eine Neuauflage des Klassikers aus den frühen Jahren. Der EQ4 bringt die Funktionalität und die Idee des Urgesteins, das ursprünglich als 19“-Einheit mit 2 HE daherkam, in APIs 500-Standard, wobei für das originale Zweikanal-Layout natürlich zwei EQ4-Kassetten erforderlich sind. Der EQ4 beschreitet wie sein Vorläufer einen recht wenig ausgetretenen Pfad im Dschungel der Entzerrer-Designs, und, soviel sei schon vorweggenommen, er bietet mit seinem „Air Band“ ein Feature, das von vielen Anwendern heiß und innig geliebt wird.  

Details

Eine Slotbreite, sechs Bänder

Mit einer Slotbreite und offener Bauform macht der EQ4 hardwaremäßig einen schlanken Fuß. Dies kann man vom Layout des Filter-Setups aber nicht behaupten, bietet es doch nicht weniger als 6 Bänder in einer mehr als ungewöhnlichen Zusammenstellung. In der Mitte liegen drei Peaking-Bänder mit festen Frequenzen bei 40, 160 sowie 640 Hz, darüber noch ein Shelving-Band bei 2,5 kHz. Das deckt bereits wichtige Bereiche ab, nämlich die Grundtöne von Bass bzw. Bassdrum, die oberen Bässe, Mitten, sowie hören Mitten samt Höhen (aufgrund der Shelving-Charakteristik). Dazu gesellen sich jedoch noch zwei Außenbänder mit interessanten Eigenschaften. Zunächst bietet der EQ4 ein Sub-Band, das in Peaking-Charakteristik bei 10 Hz (oha…!) greift, sowie das mittlerweile legendäre Air-Band, welches als variables Shelving-Filter mit den Ansatzfrequenzen 2,5, 5, 10, 20 sowie 40 kHz aufwarten kann.

Fotostrecke: 3 Bilder Firmenname mit Umlaut: Für die Designs zeichnet Cliff Maag Sr. verantwortlich.

OP-Amps: 5534

Verstärkerseitig setzen die Audiowege auf integrierte OP-Amps des Typs 5534. Das ist solider Standard der 80er und 90er, der beispielsweise auch bei Herstellern wie Trident oft zum Einsatz kam. Fertigungstechnisch gibt sich der Mäag keine Blöße. Das halboffene 500-Modul wirkt wertig und robust, und seine smartiebunte Farbgebung setzt sich wohltuend vom seriösen blauschwarzen 500-Grundton ab: Der EQ4 ist trotz seines prinzipbedingt unscheinbaren Formats ein echter Hingucker.

Fotostrecke: 4 Bilder Halbgeschlossene Kassette: Die Fertigungsqualität des EQ4 ist sehr gut.

Praxis

Leider nicht ohne Knacken

Traditionell wurden Cliff Maags Entzerrer wegen ihres ansprechenden Klangverhaltens in den Höhen geliebt, und einen ersten Hinweis darauf erhalten wir bereits bei der Inbetriebnahme des EQs. Schaltet man den Mäag Audio EQ4 aus dem Bypass – was leider nicht ohne Knacken und kleinen Signalaussetzer geht – so hören wir bereits deutlich den Klangcharakter der Kassette. Bereits in der Neutralstellung aller Regler hellt der Mäag das Klangbild auf, lässt es präsenter und frischer erscheinen. Das untermalt also schon im Ruhezustand die Stoßrichtung vieler Bearbeitungen mit dem Gerät. Möglicherweise hat dieses Klangverhalten auch mit den 5534-OpAmps zu tun, denn eine ähnliche Betonung der höheren Frequenzanteile finden wir auch beispielsweise bei der Trident B-Serie und deren Derivaten. Sicherlich hat solch ein Sound seine Berechtigung, aber mir ist selten ein Klangprozessor untergekommen, der schon in Neutralstellung so stark den Klang verändert. Man sollte vielleicht auch bedenken, dass wir heute – anders als noch in den 80ern und frühen 90ern – eher selten tendenziell stumpfen Tape-Aufnahmen Glanz verleihen müssen, vielmehr haben wir es oft mit dem Gegenteil zu tun und müssen harschen Digi-Sound verrunden. Einen EQ der hier vom Grundcharakter dagegen arbeitet, sollte man gezielt und bewusst einsetzen. Andererseits gibt es selbstverständlich auch eine Menge Anwendungsmöglichkeiten, bei denen solch ein Charakter wie die Faust auf’s Auge passt.

Farbtupfer: Der Mäag EQ4 ist in der Lunchbox ein echter Hingucker.
Farbtupfer: Der Mäag EQ4 ist in der Lunchbox ein echter Hingucker.

Hier müssen wir natürlich zunächst auf ein Thema schauen, das dann auch schnell eine der Paradedisziplinen des EQ4 wird: Vocals! Die sensiblen Stimmsignale kann der Mäag hevorragend streicheln, und hier zeigt sich auch bereits, dass das etwas ungewöhnliche Layout mit den vielen Bändern mit teils festen Frequenzen seinen ganz eigenen Charme entwickeln kann. Zunächst greifen unsere Finger fast magnetisch nach dem Airband – was ist dran an dem Mythos, der die Audiowelt beschäftigt? Wir nähern uns dem Kern von oben, und zwar mit der Eckfrequenz von 40 kHz, die für einen super sanften Lift am oberen Ende des menschlichen Hörspektrums sorgt. Gerade etwas dunklere Mikrofone wie mein geliebtes Neumann U67 oder auch Bändchenmikros bekommen hier auf sehr sanfte Weise eine offenere Facette, die zu warm geratenem Material Glanz, Präsenz und Luft verleiht. Toll! Wandert man mit der Eckfrequenz stufenweise herunter, so wird das Klangbild zunehmend dringlicher, die seidige Feinheit macht dann immer mehr einer gar nicht mehr so subtilen Brettigkeit Platz, die Signale robust nach vorne schiebt. Insbesondere für die tiefste 2,5-kHz-Position trifft dies zu: Enthält das Ausgangssignal gewisse Härten, so werden diese hier garantiert nicht kaschiert. Aufgrund der Leistungsfähigkeit des EQ4 neigt man dazu, seinen Hubraum auch ausnutzen. Gerät das Signal zu hell, so muss man sich entscheiden. Fährt man das Airband wieder ein Stück zurück, oder nutzt man die unteren Bänder das Mäag um etwas „gegenzufüttern“. Letzteres funktioniert gut: Die 2,5 kHz sorgen für Präsenz, bei 650 Hz sitzt die Körperlichkeit, und 160 Hz schließlich sorgen für die Grundtonwärme.

Audio Samples
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Vocals Original Vocals, Airband 40 kHz Vocals, Airband 10 kHz Vocals, Airband 2,5 kHz Vocals, Airband 40 kHz, Low Mid 160 Hz Vocals, Airband 40 kHz, Low Mid 160 Hz, Hi Mid 2,5 kHz E-Bass Original E-Bass, Bass 40 Hz E-Bass, Bass 40 Hz, Sub 10 Hz E-Bass, Bass 40 Hz, Sub 10 Hz, Airband 5 kHz

Das Spektrum des EQ4 erschöpft sich jedoch nicht bei Stimmsignalen, vielmehr lässt er sich auch auf vielen anderen Quellen mit guten bis sehr guten Resultaten einsetzen. Gerade Bässe profitieren vom Filterlayout am unteren Ende des Frequenzspektrums, wo man nicht nur bei 40 Hz die Grundtöne von E-Bässen, sondern auch von Drummachines à la TR-808 und TR-909 erwischen kann, hier gibt es auch noch zusätzlichen Schub mittels eines wirklich ungewöhnlichen 10Hz-Bandes. Dies kann man als Pendant zum Airband betrachten, denn obwohl es sich hier um ein Peaking-Filter handelt, reichen dessen Effekte in höhere Bereiche hinein. Nur sollte man hier tunlichst mit einem (externen) Hochpass kontrollieren, was genau sich in diesem Frequenzbereich abspielt. Eine 15dB-Anhebung auf Trittschall und Frequenzen von Tonarmresonanzen braucht nämlich kein Mensch…

Audio Samples
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Bassdrum Original Bassdrum, Bass 40 Hz Bassdrum, Bass 40 Hz, Sub 10 Hz Bassdrum, Bass 40 Hz, Sub 10 Hz, Cut @ 2,5 kHz Bassdrum, Bass 40 Hz, Sub 10 Hz, Cut @ 2,5 kHz, Airband 10 kHz

Extra-Schub kann das Sub-Band auch dann liefern, wenn etwa bei einer viel zu dünn geratenen Bassdrum-Aufnahme dem 40Hz-Band langsam die Luft ausgeht. Die Resultate sprechen für sich, obwohl ein vollparametrischer EQ bei diesen delikateren Reparaturaufgaben auch seinen Charme hat. Will sagen: Der perfekte Allrounder ist der EQ4 nicht, aber diesen Anspruch erhebt er mit seiner Konzeption auch gar nicht.

Fazit

Das Filterlayout des Mäag EQ4 setzt sich konsequent zwischen alle Stühle, und dort fühlt sich die bunte Kassette pudelwohl. Am besten funktioniert der EQ, wenn nicht die gesamte Entzerrer-Hauptlast in einer Produktion auf ihm liegt, sondern wenn er seine speziellen Stärken im Verbund mit anderen EQs ausspielen kann. Zwar kommt man auch allein mit dem Mäag ziemlich weit, aber wenn man ihm die Sweetening-Jobs gibt, für die er konzipiert wurde, dann besetzt er eine Nische im breiten EQ-Angebot mit ziemlich guter Qualität. Die Fertigung ist in den überwiegenden Aspekten sehr gut, und die Bauteilausstattung hochwertig. Für den zugegeben nicht ganz kleinen Kaufpreis erwirbt man hier einen Individualisten, der seine Besonderheiten mit einer soliden Basis untermauert. Wie immer bleiben die Resultate eines Klangprozessors letztlich Geschmackssache, aber es ist anzunehmen, dass der EQ4 den Freundeskreis der Mäag/NTI-Entzerrer nachhaltig erweitern wird. Preislich liegt er jedenfalls voll und ganz im Rahmen dessen, was man für einen hochwertigen 500-EQ auf den Tisch legen muss.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • einfache Bedienung
  • übersichtliches Layout
  • hochwertige Komponenten
Contra
  • Bypass-Schalter knackt und produziert kurzen Aussetzer beim Schalten
Artikelbild
Mäag Audio EQ4 Test
Für 21,00€ bei
maag_eq4_06
Features und Spezifikationen
  • EQ mit ungewöhnlichem 6-Band-Layout
  • Sub-Band (10 Hz)
  • Air-Band (2,5-40 kHz)
  • Bypass
  • Clip-LED
  • hoher Headroom
  • Preis: € 1190,– (Straßenpreis am 01.07.2017)
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Profilbild von Shane McGill

Shane McGill sagt:

#1 - 08.07.2017 um 01:03 Uhr

0

Das Ding ist doch ein bisschen teuer geraten.....

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