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Livid Instruments CNTRL:R Test

Wenn man Software wie Ableton Live in einem Echtzeitumfeld kreativ und umfangreich steuern möchte, kommt man um spezielle, Skript-basierte MIDI-Controller nicht herum. Können die Programmabfolgen des CNTRL:R von Livid Instruments im Hintergrund für eine erfolgreiche bi-direktionale Steuerung und die automatisch einhergehende Parameterbelegung sorgen? Wenn man sich etwas mehr Komfort wünscht, als es das stumpfe und fixe „MIDI-Learn“ konventioneller Controller offerieren kann, ist dies umungänglich. 

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Die Akai APC40 und APC20 sowie das Novation Launchpad sind deshalb erfolgreiche Produkte, weil sie schon von Haus aus mehr oder minder ausgeklügelte Software-Doppelbelegungen mit ihren MIDI-Controllern kombinieren und die Einrichtung dieser Gerätschaften, dank der engeren Kooperationen von Ableton mit diesen Firmen, entsprechend einfach von der Hand geht. Leider ist eine Anpassung dieser Scripte im Hintergrund ohne tiefer gehende Programmierkenntnisse nicht weiter möglich, und man muss sich letztendlich mit dem gebotenen und für eine breite Nutzerschicht optimierten Status-Quo des Workflows begnügen.

Die recht-junge und texanische Firma Livid Instruments präsentiert mit dem Cntrl:r hingegen prinzipiell zwar eher einen Allround-Controller, doch packte sie der Hardware so viel „Soft-Value“ in Form eines fertigen Ableton-Remote-Script und speziellen Max4Live Geräteschaften hinzu, dass sich der Mehrwert für Ableton Live-Jünger deutlich über dem Materialwert des physikalischen Gutes befindet. Ruhigen Gewissens kann man also behaupten, dass der Multimedia-Unternehmer und Global-Player Richie Hawtin nicht nur bei der konzeptionellen Realisierung des Performance-Controllers ein reger Ideen-Partner gewesen sein wird, sondern sicherlich auch bei der ein oder anderen Vermarktungsstrategie ein Wörtchen mitzureden hatte. Auf geht es in die Details!

DETAILS

Der LIVID Instruments Cntrl:r ist ein Class-Compliant USB-MIDI-Controller, der seinen Strombedarf ausschließlich über den USB-Port bezieht und mit Linux, Windows und Mac OS X kompatibel ist. 

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Das 37x25x6 cm (BxTxH ) große und 2,1 kg schwere Metall-Gehäuse beherbergt alle Eingabemöglichkeiten auf der Oberseite und alle Anschlüsse auf der Rückseite. Dazu gehören ein MIDI-Duo, zwei 1/4“ TRS-Anschlüsse für passive Pedale (z.B.: Roland DP8) sowie ein extra 10Pin-Header mit Schaltern zum Selber-Anlöten von bis zu acht weiteren analogen Reglern bzw. zum Verwenden von LIVID-Extensions und selbstverständlich der USB-Typ-B-Anschluss. 

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Ein entsprechendes, ca. einen halben Meter langes USB-Kabel gehört zum Lieferumfang und ist das einzige Zubehör im ansonsten sehr minimalistisch gehaltenen Öko-Umkarton, wenn man von dem Prüfprotokoll und dem englischsprachigen Hinweiszettel einmal absieht, welcher einem den Hinweis bietet, dass alle relevanten Informationen im Internet aufzusuchen sind.

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Auf der englischsprachigen LIVID-Website findet man dann ein umfangreiches WIKI, einen Software-Editor zur Konfiguration des Controllers, das Remote-Script für Ableton Live, ein Layout für Traktor und die speziellen Max4Live Geräte Drum-Stepp:r und Synth-Stepp:r sowie einen kombinierten Installer für letztere drei. Doch dazu im Praxis-Teil später mehr.
Jetzt wird es erst mal wieder oberflächlich: Für mich unterteilt sich das Erscheinungsbild bzw. die Anordnung der Fader, Potis und Buttons in fünf bzw. sieben Gruppen. Zum einen wäre da die 4×4-Matrix mit ihren 16 eckigen, etwas größeren und Multi-Color-LED hintergrundbeleuchteten Gummipad-Tastern. Wie alle Buttons des Cntrl:rs sind auch diese Buttons nicht anschlagsempfindlich. Das ist zwar auch bei APC, Launchpad und Co nicht anders, aber dennoch etwas schade. Allerdings kann die Multi-Color-LED bei LIVID neben Rot, Grün und Gelb folgende Farben mehr darstellen: Blau, Weiß und Lila, was zweifelsohne einen Zugewinn in der Übersichtlichkeit darstellt.

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Etwas separiert und darunter befinden sich 32 weitere Buttons, aufgeteilt in zwei 16er Reihen. Diese Gummi-Pads sind etwas kleiner als die der Matrix, in ihrer prinzipiellen Funktion aber identisch. Zusätzlich wurde eine visuelle Abgrenzung durch weiße Kreuze vorgenommen, wodurch sich Achter-Blöcke bilden. Mit den oberen Funktionsbereichen  korrespondieren sie rein von der geometrischen Aufteilung nicht unbedingt.

Im oberen Bedienbereich finden sich drei 3×4-Bänke mit gummiartigen und griffigen Drehgebern. In der Mitte befinden sich zwölf sogenannte Push-Encoder mit Multi-Color-LED Kränzen, die entsprechend endlos drehend sind und auf Druck eine weitere Funktion ausführen können. Sie sind deshalb besonders für Mehrfachbelegungen bzw. inkrementelle Werteänderungswünsche ideal. Leider weisen diese bei meinem Testexemplar teilweise recht unterschiedliche Drehwiderstände auf, was aber noch zu verschmerzen ist.

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Links und rechts identisch, in den weißen Farbmarkierungen gelegen, befinden sich jeweils zwölf konventionelle Potis mit Anschlag, die sich vor allem für die herzhafte Bedienung prädestinieren. Ihre Beleuchtung ist weiß und ändert sich auch bei Wertänderungen der Potis nicht . Die Regler liegen gut in der Hand, haben ausreichend Platz zu den Nachbarn und sind sogar allesamt homogen in ihrem straff angenehmen Drehverhalten.
Die acht Fader bieten auf ihrem 6 cm Regelweg angenehmen, leichten Widerstand und sind auch gummiartig, allerdings NICHT motorisiert. Für meinen Geschmack bieten sie jedoch etwas zu viel Spiel in der Seite.
Fader, Potis, Encoder, Gummi-Pads und Anlöt-Buchsen, ich glaube, wir hätten alles – auf geht es in den praktischen Feldversuch!
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PRAXIS

Die grundlegende Installation könnte nicht einfacher sein: Einstecken, „Ding-Dong“, fertig! Allerdings taucht der Livid-Controller so nur als „einfacher“ MIDI-Controller in den entsprechenden Dialogen auf und würde sich dabei sicherlich ein wenig unter Wert verkaufen. Möchte man den Cntrl:r also beispielhaft mit Traktor betreiben, dann heißt es jetzt, MIDI-Learn und schön alle Knöpfchen nacheinander durchgedreht. Oder aber man lädt sich das fertige Mapping von der LIVID Website hier herunter. 

Fotostrecke: 9 Bilder Die Standardbelegung

Diese Bilder sagen mehr als tausend Worte. Kommen wir also direkt zu dem für mich interessantesten Teil, der Steuerung von Ableton Live. Dafür musste ich mir wiederum das Ableton Remote Script herunterladen, in den entsprechenden Live-Unterordner verschieben und in Live folgendermaßen aktivieren.

Falls ihr nicht auf Anhieb wisst, welchen Ordner ich meine, kein Problem – dann wäre sicherlich der kombinierte Installer genau das Richtige für euch. Dieser installiert neben dem Remote-Script auch gleich die beiden Max4Live-Geräte Drum-Stepp:r und Synth-Stepp:r in die Live-Library. Aber immer der Reihe nach, jetzt schauen wir uns erst mal in einer kleinen Trockenübung die Belegung des CNTRL:R Ableton Live Remote-Scripts an. 

Wer den Workflow der APC kennt, kann sicherlich abschätzen, wie sinnvoll und pragmatisch die Belegung des CNTRL:Rs mit den festen Sends und EQs im Rahmen einer elektronischen Club-Performance ist, wenn man sich auf durchschnittlich vier Tracks (Kanalzüge) begrenzen kann. 
Ein „Banken“, hier Umschalten in 4er Blocks, ist zwar prinzipiell immer möglich, erfordert aber durchaus den Blick auf den Computerbildschirm zur Orientierung. Mit vier Tracks, 4×4 Clips und zwei unabhängigen Send-Effekten gleichzeitig, im Direktzugriff sowie mit einem weiteren Effekt unter Kontrolle der Device-Controls, kann man aber auch durchaus mit dem CNTRL:R alleine größere Parameterschlachten virtuos angehen.
Die pragmatische und „immer griffbereite“ EQ-Belegung, welche kein Umschalten zwischen den Tracks nötig macht, ist für DJs Gold wert, auch wenn manchmal das Updaten der Parameter, z.B. nach dem Löschen eines Devices, hakt (siehe Video). So etwas macht man aber für gewöhnlich auch nicht auf der Bühne, von daher geschenkt.
Ein dediziertes Pan-Poti halte ich bei elektronischen Musikdarbietungen zwar für überflüssig und hätte mir demnach lieber noch einen C-Send im Script gewünscht, aber „that´s just the way it is“.
Auch ohne die zusätzliche Beschriftung, wie sie nun mal einem Allround-Controller oftmals innewohnt, hat man sich schnell an die durchdachte und wirklich Praxis-orientierte Belegung in Ableton Live gewöhnt, wodurch man sie gerne und damit oft nutzt. Einzig und allein über die Funktion der unteren Reihen an Buttons musste ich hin und wieder nachdenken, sprich, ich konnte nicht immer auf Anhieb zuordnen, welcher Vierer-Block gleich nochmal welche Funktion repräsentiert. Ein paar weiße Klebestreifen mit entsprechenden Beschriftungen helfen über diese Eingewöhnungszeit aber sicherlich hinweg. 
Dem Split bzw. der Begrenzung auf vier Volume-Fader links und vier Fader für verschiedene Zwecke rechts stand ich anfangs zugegebenermaßen etwas skeptisch gegenüber, da ich vor allem Achter-Blöcke von meinem NI Kore, Behringer BCR, Novation Launchpad und Novation Remote SL gewohnt war. Eine Beschränkung auf maximal vier Volume-Fader pro Bank kam mir ein wenig einem Rückschritt gleich. Dennoch muss ich feststellen, dass man sich bei intensiver Auseinandersetzung mit den gegebenen Möglichkeiten an diese Limitierungen wirklich gewöhnen kann und sie schätzen lernen wird. Hätte der Livid CNTRL:R Motor-Fader gehabt, ich hätte alle meine Controller durch diesen ersetzt – von meinem Master-Keyboad einmal abgesehen. 
Wer eher wenige Clips zur gleichen Zeit abspielen bzw. variieren möchte, ist selbstverständlich auch mit der, im Verhältnis kleinen, 16er-Matrix sehr gut bedient. Wer wirklich mehr Clip-Buttons im Direktzugriff braucht, sollte ein Launchpad als Ergänzung in Betracht ziehen oder sich gleich mit einer APC40 bzw. APC20 bewaffnen.
An manchen Stellen gab es innerhalb des Scripts hier und da noch ein paar Unzulänglichkeiten, aber das liegt sicherlich auch daran, dass Livid nur auf die Möglichkeiten Zugriff hat, welche Ableton und die noch nicht gänzlich offene Live API ihnen momentan einräumt. Unter anderem konnte ich einen Bug in der Benutzung des EQ-8s feststellen, wobei hier die Device-Controls absolut unbrauchbare Werteänderungen vornahmen. Weiterhin mussten manche PlugIns hin und wieder ein-/ausgeschaltet werden, damit das Script die korrekten Werte abholte. Dank der vorkonfigurierten Druck-Belegung „Device On/Off“ auf dem ersten Push-Encoder der Device-Controls geht das aber dennoch meist sehr schnell. Hier wird LIVID hoffentlich auch in Zukunft noch weiter verbessern.
Doch das war es noch lange nicht! Weiterhin installieren sich mit dem kombinierten Installer ja gleich mehrere Max4Live Devices, sollte man Max4Live besitzen. Ansonsten wären dafür nochmal EUR 249,- zu berappen und an Ableton zu entrichten. 
Das wichtigste Gerät für den CNTRL:R ist sicherlich der Drum-Stepp:r, welcher von Richie Hawtin höchstpersönlich designed wurde und aus dem CNTRL:R einen MIDI-Step-Sequenzer für Live´s Drum-Rack macht. Film ab!

Da die Racks von Ableton nicht ausschließlich für Drumsounds gedacht sind, ergeben sich hier sicherlich auch weitere, artfremde Verwendungszwecke.
Der Synth-Stepp:r hingegen ist eine Modifikation des Drum-Stepp:rs und für monophone Melodielinien gedacht. Anstatt der unterschiedlichen Drum-Samples kann man hier mit der Matrix unterschiedliche Sequenzen aufrufen und so mit 16 verschiedenen, bis zu 16-Steps langen Sequenzen, jammen. Der Rest ist im Prinzip sehr ähnlich, deswegen konzentriert sich das folgende Video nur auf die offensichtlichsten Unterschiede.

Mit der oberen Reihe der Encoder-Bank können bis zu vier verschiedene Stepp:r-Devices benutzt werden. Ein Druck auf die Push-Encoder wechselt direkt zur Steuerung und Ansicht des Devices. Sollte man sich mit weniger Stepp:rn begnügen oder kein Max4Live besitzen, können diese sogenannten Mod-Pages des Remote-Scripts aber auch zur Steuerung andere Geräte benutzt werden. Man beachte, dass von dieser Doppelbelegungsmöglichkeit immer nur die Encoder betroffen sind und die „Potis mit Anschlag“ ihre Remote-Script-Funktionalität beibehalten. Es wäre hier dann wieder MIDI-Learn zu benutzen. Somit kann man mit den Encodern bis zu viermal 12 weitere Parameter kontrollieren. Das sollte reichen…
And last but not least: Es gibt auch noch einen Editor. Mit ihm kann man dann auch die Standard CCs, auf denen der CNTRL:R sendet, abändern und auch die Größe der inkrementellen Änderung der Encoder variieren sowie natürlich unterschiedliche Belegungen laden, sichern und verwalten.
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FAZIT

Alles in allem ist der CNTRL:R ein sehr guter MIDI-Controller, der in Anbetracht seines äußerst stolzen Preises aber durchaus etwas mehr Verarbeitungsqualität bieten könnte. Der Mehrwert gegenüber den üblichen Verdächtigen, wie APC und Launchpad, liegt vor allem in seinen tollen und praktischen Software-Beigaben. Mit der wirklich sehr guten und praxisorientierten Remote-Script-Belegung und den Drum- und Synth-Stepp:r kann man nach kurzer Eingewöhnungszeit äußerst intuitiv performen, was im Club immer gern gesehen wird. Sicherlich ein Nischenprodukt, was vor allem aufgrund der folglich geringen Fertigungsstückzahlen mit einem etwas hohen Einstandspreis zu kämpfen hat, aber auch durchaus eines, an dem für viele kein Weg vorbei gehen wird.

Pro:

  • Viele Bedienelemente
  • Sehr gutes Layout
  • Universell einsetzbar (z.B. Traktor und Live)
  • Praxisorientierte, mitgelieferte Mappings
  • Multi-Color-LEDs

Contra:

  • Hoher Preis
  • ungleichmäßiger Drehwiderstand bei den Encodern
  • vereinzelte, kleinere Bugs im Ableton Remote-Script
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Features:

  • USB-MIDI-Controller
  • Bus-Powered, Class-Compliant
  • Aluminium Gehäuse
  • Acht Fader
  • Zwölf Push-Encoder
  • 24 Drehregler
  • 48 Multicolor LEDs mit Bi-Directional MIDI Kommunikation (talkback)
  • Programierbare MIDI Mappings
  • Open Source Software Tools
  • Standard MIDI Ein-/Ausgang
  • Anschlüsse für Livid Erweiterungen
  • inkl. USB Kabel
  • Für Mac, Windows und Linux

Preis:

  • EUR 899,- (UVP)

Weitere Informationen unter:
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Viele Bedienelemente
  • Sehr gutes Layout
  • Universell einsetzbar (z.B. Traktor und Live)
  • Praxisorientierte, mitgelieferte Mappings
  • Multi-Color-LEDs
Contra
  • Hoher Preis
  • ungleichmäßiger Drehwiderstand bei den Encodern
  • vereinzelte, kleinere Bugs im Ableton Remote-Script
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