In diesem Artikel testen wir die JICO J44A 7 und J44D DJ IMP SD Tonabnehmer. Die global agierende Company JICO, nimmt nun auch die Deejays in ihrer Zielgruppe auf. Die in der japanischen Küstenstadt Hamasaka ansässige Firma wurde 1873 gegründet, stellt seit 1963 Ersatznadeleinschübe für unfassbar viele Tonabnehmer diverser Hersteller her und vertreibt diese weltweit seit 2004. JICO ist umfangreich aufgestellt, produziert nahezu alles selbst und entwickelte eigenständig auch alle hierfür notwendigen Werkzeuge und Maschinen. Seit 1993 forschen die innovativen Japaner an der Herstellung von Diamanten und entwickelten zudem einen neuen und revolutionären Nadelschliff: SAS (Super Analog Stylus) ist eine ganz eigene Schliffvariante, um die Abtastung der Rille noch weiter zu optimieren, was viele Kunden weltweit zurecht honorieren. Man könnte auch sagen, dass JICO sich heimlich in den letzten 30 Jahren zu einer der größten Hersteller im Phono-Sektor weltweit gemausert hat.
Mit den MM-Systemen J44D DJ IMP SD und J44A 7 DJ IMP SD, die ich aus schnell nachvollziehbaren Gründen fortan nur noch J44D und J44A 7 nennen werde, bietet der japanische Hersteller zwei Nachbauten von ehemaligen Shure-Klassikern an. Gemeint sind hiermit die weithin bekannten Modelle M44-7 und M44G, die seit April 2018 mit der offiziellen Bekanntgabe der weltweiten Einstellung der Phono-Sparte nicht mehr von Shure hergestellt werden. Eine Überraschung war das seinerzeit nicht mehr und dennoch dröhnte es ganz schön in den Deejay-Blogs.
Doch mit jener Leerstelle im Tonabnehmerangebot soll nun Schluss sein, weil JICO mit seiner neuen Deejay-Sparte die Vinyl-DJs und insbesondere die Control-Vinyl-Jockeys von seinen Systemen überzeugen will. Wie nahe die Nachbauten tatsächlich an die Originale herankommen oder ob sie vielleicht sogar besser sind, soll der folgende Test zeigen.

Die Vorbilder der JICO J44A 7 und J44D
JICO orientierte sich bei der Entwicklung sehr nah an den Originalen, zumindest was die äußere Form der Systeme betrifft. Unter der Haube soll sich im Grunde gar nicht so viel getan haben. Auf Kollaborationsplattformen konnte man lesen, dass die Spulen verbessert worden sind, aber offizielle Bestätigungen von JICO dies betreffend sind mir dabei nicht begegnet. Für mich macht es allerdings Sinn, denn keines meiner drei Shure M44G wurde besonders alt. Die Spulen verabschiedeten sich bei allen drei Systemen während der zweiten Amtszeit, also inmitten des Zeitraums des ersten Ersatznadelträgers. Auch die bis dato verwendeten Magneten zu hinterfragen und womöglich durch leichtere zu ersetzen, macht für mein Dafürhalten absolut Sinn, weil damit wesentliche klangliche Verbesserungen im Hochton erreicht werden könnten, da leichtere Magneten weniger träge und damit leichter zum Schwingen anzuregen sind.
Nachfolge des Shure M44-7
Das J44A7 tritt zwar inoffiziell, aber defacto die Nachfolge des Shure M44-7 an. Dieses stellte für gute zwei Dekaden DAS Objekt der Begierde für Scratch-Artisten (#Turntablism), Beat-Juggler (meist die DJ-Instrumentalisten zahlreicher Hip-Hop-Combos) sowie auch für partydienlich scratchende Hip-Hop-Deejays dar. Das M44G hingegen war ursprünglich eher als Hi-Fi-Tonabnehmer denn als DJ-System konzipiert, der sich eher langsam und auch nicht flächendeckend bei der mixenden Zunft, vornehmlich im Techno und House, etablieren konnte, aber dabei nie den Markt dominierte. Das war den Concorde-Systemen von Ortofon vorbehalten, die Mitte der 90er den DJ-Markt fluteten. Aber das M44G klang ausgewogener und für den Preis ziemlich gut. Und mit drei Gramm Auflage konnte man damit flüssig cuen und mixen, wenn auch nicht scratchen, was in elektronischen Sets auch eher selten passiert.

Oben im Bild: Die Vorbilder unserer Testprobanden. Das M44-7, was ich mal vor vielen Jahren zum Testen vorliegen hatte, sowie rechts das M44G in der Lupe, von welchen ich immerhin insgesamt selbst 3 Stück hatte, aber leider kein Foto…
Lieferumfang
Das Auspacken sowie den Lieferumfang der beiden Produkte könnt ihr den beiden anschließenden Fotostrecken entnehmen. Es erwarten euch keine großen Überraschungen (und auch keine kleinen), so viel sei vorweggenommen.
Fotostrecke J44A 7




Fotostrecke J44D




Nahansichten der JICO J44A 7 und J44D
Riskieren wir doch mal einen näheren Blick auf die Bodys. Beide kommen in Schwarz, verfügen selbstredend über die obligatorischen Stifte für die Kontaktaufnahme mit den Headshell-Kabeln, auch wenn diese nicht vergoldet sind, was man für mein Dafürhalten durchaus hätte machen können. Was mir generell auch nicht so gut gefällt, ist die Tatsache, dass die Chassis wie die Altvorderen aus Kunststoff gefertigt sind.




Beim Fixieren des Chassis an der Headshell kann man mit ein wenig zu viel Zug auf den Schrauben das Plastikgehäuse von den J44 leicht deformieren, also Vorsicht bei der Montage, vor allem zum Ende hin, wenn das Ding final an der Headshell fixiert wird. Denn der Volksmund sagt: Nach „fest“ kommt „ab“.
Jenes Risiko (Schraube reißt, Mutter platzt ab) wohnt einem Metallchassis nicht inne, denn hier gibt es einen ganz eindeutig spürbaren Punkt, wenn die Schraube fixiert ist, weswegen Metall immer vorzuziehen ist. Es bietet auch unter der Haube effektiveren Schutz für die Komponenten und kann diese zusätzlich vor elektromagnetischen Feldern abschirmen, was ein wichtiger Punkt ist. Insbesondere im DJ-Kontext, der mit direkt angetriebenen Laufwerken mit starken x-poligen Gleichstrom-Motoren einhergeht.
Abkürzungen aus JICOs Nadelwald…
Wenden wir unsere Aufmerksamkeit kurz dem Abkürzungsverzeichnis zu, denn das ist nötig, um sich in JICOs aktualisiertem Nadelwald zurechtzufinden. Immerhin beinhaltet deren Angebotspalette derzeit über 2.000 verschiedene Abtaster (!). #beispiellos.
Den Produktnamen der Heerschar an Tonabnehmern selbst wohnen bereits einige Details inne, wenn man denn die Schlüssel für die Codes kennt. Hier sind die mir bekannten:
OMNIA – bedeutet in der Regel ein Komplettset bestehend aus Headshell, Tonabnehmer und Nadel, alles vormontiert und justiert (i.d.R.? – es gibt leider auch Ausnahmen, die keinen mir ersichtlichen Regeln folgen).
- BK / SL – Farbe des Headshells (nur OMNIA): BK für Schwarz, SL für Silber
- DJ – Geeignet für DJs (Höhere Auflagekraft empfohlen, 3,5 – 4,5 g), konischer Diamantschliff
- AURORA – Geeignet für DJs (siehe DJ) Zudem mit einem phosphoreszierenden Nadelkörper (aus einem speziellen Harz gefertigt) ausgestattet[WD[N1] .
- J44A 7 / J44D – Produktcodes unserer Tonabnehmer, geliefert mit gepaarter Nadel (z. B. J44A 7 mit N44-7)
- SD – Für Produkte aus oder mit synthetischen Diamanten
- NUDE – natürlicher „nackter“ Diamant. Die Spitze ist direkt ohne eine separate Fassung in den Alu-Nadelträger eingelassen, dadurch gibt es nur einen und keinen zweiten Materialübergang, der eingefangene Auslenkungen bedämpft. Macht sich besonders im Hochton bemerkbar.
In sehr naher Zukunft bereits wird JICO hunderte handelsübliche Systeme (die teilweise im Original derzeit neu nicht mehr erhältlich sind) von traditionellen Hi-Fi-Herstellern aus aller Welt, Nadeleinschübe mit SD-Nadeln anbieten. An JICO wird in mittelfristiger Zukunft kaum ein Vinyl-Fan mehr herumkommen. Aber warum auch nicht? Die Gefahr des Marktmonopols mal ausgeblendet: Dieser Markt ist global, lebendig und
… und Blicke über den Tellerrand hinaus
Dass der Vinyl-geneigte Hi-Fi-Kunde heutzutage überhaupt einen Ersatznadeleinschub für seinen in die Jahre gekommenen Plattenspieler bzw. Tonabnehmer bekommen kann und auch dass er über gleich mehrere Alternativen verfügt und aus verschiedenen Drittherstellern und Schliffarten wählen kann, ist erstaunlich und erwähnenswert zugleich. Der Kunde ist nicht gezwungen, in ein neues MM-System oder gar in einen neuen Plattenspieler zu investieren! Das wiederum ist nachhaltig, somit besser für die Umwelt und deswegen besser für uns alle.
Darüber hinaus wird trotzdem Umsatz gemacht! Des Weiteren zahlt der Kunde viel weniger als er damals gezahlt hätte und erhält zudem einen weit besser klingenden Abtaster, als er vorher jemals hätte bekommen können. Und jetzt kommt´s: Der Abtaster hält viel länger als das Original und der Kunde verstirbt eines Tages, allerdings bevor seine Diamantnadel die Grätsche macht. Und wer freut sich am Ende? Sein Enkel, denn der findet Platten toll und Spotify scheiße und zu guter Letzt erbt er Opas Plattenspieler und kann direkt loslegen – wenn das mal nicht nachhaltig ist …
Exkurs: SD- oder ND-Diamanten – auch zukünftig steigt der weltweite Bedarf
Traditionell verwendeten die Tonnadel-Hersteller im 20. Jahrhundert ausschließlich echte Diamanten für die Fertigung von Abtastern. 2025 ist aber nur ein weiteres Jahr in DER Ära, in welcher natürliche Ressourcen weltweit immer knapper werden. Das gilt selbstverständlich auch und insbesondere für natürliche Diamanten. Die Förderung ist sehr teuer und unbestritten umweltschädlich. Wenn man es groß denkt, ist es folgerichtig, sich bei den Anwendungen, bei denen es möglich erscheint, nach Ersatzmaterialien umzusehen. Oder, der allgemeine technische Fortschritt macht es möglich, Diamanten selbst herzustellen bzw. zu synthetisieren.
Diamanten finden in der Medizin, in der Lasertechnik und zu guter Letzt in der Luft- und Raumfahrt zahlreiche Anwendungen. Für alle zuletzt genannten Bereiche sind weitestgehend reine Diamanten aus reinem Kohlenstoff ohne Mineral- und Lufteinschlüsse ideal, was in der Natur nicht nur sehr selten, sondern so gut wie nie vorkommt.
Während es die verkaufende Juwelierbranche ebenso nach künstlichen Diamanten dürstet, weil die Gewinnmargen hier erheblich größer werden könnten, ist deren Kundschaft gar nicht nach künstlichen Diamanten zumute. Der überwiegende Anteil der finanzpotenten Käufer will für seinen Anhang einen über Millionen Jahre entstandenen Edelstein mit einer langen Geschichte, einen Stein, der über vulkanische Aktivität an die Erdoberfläche gelangte. Und eben nicht nur einen Glitzerstein. Eine wechselseitige Angelegenheit, die der Markt in naher Zukunft selbst regulieren muss und wird.
Herstellungsverfahren der Diamanten
Grundsätzlich gibt es zwei Wege, Diamanten zu erzeugen bzw. zu züchten. Die gängigste Methode ist das HPHT-Verfahren (Hochdruck-Hochtemperatur), das den damaligen Entstehungsprozess simuliert. Hierbei muss ein Druck von 60.000 Bar (!) und eine Temperatur von über 1.500 Grad Celsius erzeugt werden. Die andere Methode ist ein chemisches Verfahren, das unter Laborbedingungen in der Vakuumkammer stattfinden muss. Es handelt sich dabei um die chemische Gasphasenabscheidung (CVD),
mit der eine sehr gezielte Produktion mit kontrollierter Qualität und besonderen Eigenschaften möglich ist. Die Verfahren näher zu beschreiben, spare ich mir bewusst an dieser Stelle, wofür gibt es YouTube?
Beide Verfahren sind gut geeignet, das Rohmaterial „Kohlenstoff-Diamant“ für die Produktion von Tonnadeln herzustellen. Wenn man JICOs Imagevideos Glauben schenken darf (und das tue ich uneingeschränkt), haben die dortigen Entwickler das HPHT-Verfahren für ihre Zwecke optimiert. Zu sehen ist dort eine kleinküchengroße Hydraulikpresse.
Aufgrund der Tatsache, dass in künstlichen Kammern die nötigen Bedingungen, sprich der erzeugte Druck und die hohe Temperatur, im „Kleinen“ viel konkreter hergestellt und aufrechterhalten werden können, als es in der Natur tatsächlich vorkommt, rangieren künstliche Diamanten hinsichtlich Härte und Steifigkeit mindestens auf Augenhöhe mit echten Steinen. Ohne Luft- und Mineraleinschlüsse sinkt auch die Bruchgefahr, die von Stürzen und Stößen ausgeht.
WIn-Win-Win-Situation
Folgt man der Logik der Hersteller, haben nicht nur deren Kunden Vorteile von der Verwendung von synthetischen Diamanten, sondern eigentlich wir alle.
- Sicherung der existentiellen Ressourcen in der Zukunft für die globale Phono-Industrie
- Größeres Potential hinsichtlich der Forschung auf jedwedem Anwendungsbereich
- 100%ig kontinuierliche Qualität bei Fertigung von SD-Abtastern mündet in geringere Rücklaufzahlen
- Günstigere Endprodukte für Kunden sämtlicher Branchen und natürlich auch für Vinylfans
- Bessere Klangqualität und Verlängerung der Lebensdauer von Diamantnadeln
Ich hoffe, es ist klar geworden, wie komplex die Angelegenheit letzten Endes ist, dieser Exkurs sollte eigentlich nur ein kleiner Absatz werden. Doch wie so häufig, steckt der Teufel im Detail und viele dieser Details sind schön im Netz verstreut…