Anzeige

Image-Line Deckadance Mobile Test

Image-Line Deckadance Mobile im bonedo-Test. Fast jeder namenhafte Hersteller von DJ-Software hat mittlerweile eine iPad-App im Programm. Der eine setzt auf MIDI-Fernsteuerung per „Remote-App“, der andere auf eine autarke Lösung. Mancher bietet gar mehrere Versionen zu unterschiedlichen Preisen an, die hinsichtlich ihrer Ausstattungsmerkmale differieren. Image-Line serviert uns heute Deckadance Mobile, eine eigenständig lauffähige DJ-Lösung mit zwei Decks und diversen kreativen Modulen. Sie verwandelt das iPad in ein portables DJ-Mix-System, das seine Musik aus der iTunes-Library bezieht und mit automatischer Beat-Detection, Cuepoints, Loops, Sampler, Effekten und sogar einer Automix-Funktion aufwartet. Der Preis beträgt 3,49 Euro. Wo? Im iTunes-Store natürlich.

Image-Line_Deckadance_Teaser

Details

Als zentrale Schaltstelle fungieren zwei virtuelle Abspieleinheiten im CD-Player-Layout, die mit den obligatorischen, zum Teil wie bei den „Originalen“ silbermetallic anmutenden Tasten samt Leuchtkranz bestückt sind. Um das Jogwheel herum arrangiert geben sie Zugriff auf die Funktionen Play/Pause, Cue, Sync (unten) sowie Load/Eject, Reverse und Loop nebst Cutter-Tasten (oben). In den Jogwheels wird das Cover-Art dargestellt. Darüber hinaus navigiert und scratcht man mit ihnen.
Hoch im Norden der Decksektionen thront das Titelinformations-Display, wo ihr ID3-Tags, Laufzeiten und Pitch ablest. Die Wellenformanzeige ist detailliert genug ausgefallen, um sich einen schnellen Überblick über den Track-Aufbau zu verschaffen und mit dem Finger grob eine Abspielposition anzufahren, die dann mittels Jogwheel genauer anzusteuern ist. Den Balken darunter würde ich als Fortschrittsanzeige deklarieren. Außen sitzen die virtuellen Pitch-Fader. Sie werden von zwei Pitchbend-Buttons begleitet und variieren das Tempo um den Faktor 1,99 nach oben und 0,5 nach unten, was einem Pitchbereich von etwa +100 und -50 Prozent entspricht.  
Auf 12 Uhr Position feuert ihr mittels Touchpad einen der vier Haupteffekte Ringmod, Hi- und Low-Pass-Filter sowie Tap-Delay auf einen oder beide Hauptkanäle ab. Lautstärkeanpassungen erfolgen via Channel-Fader, zu finden zwischen den Decks. Ganz klassisch für Überblendungen: der Crossfader. Im Gegensatz zum sonst „starren“ Layout lässt sich das mittlere Bedienfeld „Vol“ mit einem Swipe (Fingerwisch) austauschen, woraufhin eines von sieben Panels sichtbar wird.

Fotostrecke: 2 Bilder Das ist der Hauptbildschirm von Image Lines Deckadance Mobile.

Cue

Hier legt ihr in Kombination mit REC vier direkte Cue-Punkte an. Direkt deswegen, weil sie weder an ein Taktraster verschoben noch quantisiert abgespielt werden. Löschen ist nicht, Überschreiben durch erneutes REC (-ording) indes schon.

EQ

Der nächste Bereich ist EQ, dessen „Oldschool-Potis“ durchaus gut zu bedienen sind. Ein „Doppeltipp“ bewegt sie wieder in die Nullstellung, eine Kill-Funktion konnte ich nicht ausmachen. Von klanglicher Seite her kann ich dem Dreibänder attestieren, dass er über ausreichend „Cut“ verfügt, um die fetten Bassdrums technoider Produktionen beim Übergang ordentlich abzusenken oder bei einer weniger wuchtigen Soulnummer unten herum anzupassen. Auch die anderen Bänder klingen angenehm und musikalisch. Reiße ich alle EQs bis zum Anschlag auf, was bei vielen Mixern zu kräftigen Verzerrungen führt, gibt sich Deckadance hingegen sehr gutmütig.

Wav …

bringt ein berührungsempfindliches Display mit zwei vertikalen Wellenformen hervor.

Loop

Diese Ansicht offeriert 11 Taster pro Deck, die voreingestellte Loops in den Längen von 1/32 bis 32 Beats aufrufen. Allerdings muss hierfür der Loop am Player selbst aktiviert sein. Leaps (siehe Test Deckadance 2) werden nicht geboten. Je nach BPM-Interpretation des Beatcounters kann der Loop auch schon mal „unrund“ sein, sollte das Zählwerk daneben liegen.  

Sampler

Der Sampler ist streng genommen ein Sample-Player, der auf eine wirklich beträchtliche Menge an Sounds zurückgreifen kann und überwiegend auf Effekte und Vocals setzt (zum Teil Vocoder-Sounds. Mit den Pfeiltasten durchstöbert ihr die Sounds für das jeweilige Pad. FX Letzte im Bunde sind die „nicht regulierbaren“ Instant-FX, namentlich Stutter, Turntable, Censor, Break und Spin, die wahrscheinlich selbsterklärend sind und die ich nachstehend, zusammen mit den vier Touchpad-FX, für euch aufgezeichnet habe.

Fotostrecke: 5 Bilder Über das mittlere Floating-Panel habt ihr Zugriff auf vier Cuepoints.
Audio Samples
0:00
Pad-FX Instant-Fx
Anzeige

Praxis

Schon beim ersten Aufruf von Deckadance Mobile wird klar, worum es bei diesem Tool geht: Spaß haben! Die Bedienung der Software erschließt sich auf Anhieb und auch ungeübte Anwender sollten sie innerhalb weniger Minuten zielsicher bedienen können. Mit einem Tastendruck auf „Open/Eject“ öffnet sich die iTunes-Bibliothek samt Playlist, Artists, Song und Album, woraufhin ihr einen Titel mittels Fingerauswahl im Deck parkt und unmittelbar abspielen dürft. Die Berechnung eines Tracks (Wellenform, BPM) erfolgt in knapp fünf Sekunden.  
Beim manuellen Beatmatchen bin ich dann allerdings direkt auf einige Probleme gestoßen, beginnend mit der Pitch-Funktion, da für meine Begriffe die Fader zu kurz sind und damit der manuelle Tempoabgleich zu ungenau. Warum nicht mit einem „Swipe“ über die volle Höhe arbeiten? Dafür bietet sich ein iPad doch an. Drücke ich nun auf den Bend-Taster mit dem Pfeil nach oben, wandert der Pitch zum Beschleunigen nach unten und verharrt dort in seiner Stellung, selbst wenn ich den virtuellen Taster wieder loslasse. Greife ich nun zum Fader, springt das Tempo an eben diese Stelle. Oops! Ich kann mich davor jedoch schützen, indem ich die Taste ein zweites Mal betätige. Nun gut. Aber der dauerhaft aktivierte Scratch-Effekt beim Zurückdrehen des Rades erschwert das manuelle Beatmatchen ebenfalls sehr. Es findet keine Unterscheidung von Rand- und Oberflächenzugriff wie bei einem CDJ statt. Klassisches “in den Takt bremsen“ ist also nicht möglich.  
Was die Musikverwaltung angeht, bedient sich die App ausschließlich aus dem iTunes-Fundus: Ihr könnt in Deckadance Mobile also bedauerlicherweise keine Playlisten anlegen – auch nicht temporär – was bedeutet, ihr müsst jeden Track nacheinander raussuchen oder eine Abspielreihenfolge auf dem Rechner in iTunes vorfertigen. Für die Benutzer der PC/Mac-Software wäre sicherlich auch der Datenaustausch mit dem großen Bruder eine gute Idee.
Das Konzept mit den Floating-Panels wirkt auf mich sehr durchdacht. Eine unerwünscht hohe Verzögerungszeit beim Bedienen der einzelnen Module (sprich: Latenz) sehe ich nicht. Über die Wellenformübersicht, Jogwheel und die Cuepoints bewege ich mich recht zielsicher in dem Track, jedoch ist dieser zu meinem Bedauern nicht zoombar, was sich negativ auf das Anlegen von Schnellstartmarkierungen und das visuelle Mixen auswirkt. Das habe ich auch schon besser erlebt, z.B. bei DJAY, Traktor und Mixvibes. Als etwas irritierend für eine DJ-App empfinde ich den Workflow des Cuepoint-Recordings ohne Löschfunktion, wenngleich dem Hersteller hier wohl die Club-Player als Vorbild dienten.  
Die Effekte klingen solide und die Idee, zwischen Touch- und Instant-FX zu unterscheiden, gefällt, wenngleich es vielleicht nicht schlecht wäre, die Geschwindigkeit von Spins bei den Ein-Knopf-Effekten selbst festlegen zu können. Die Loop-Funktion arbeitet recht zuverlässig, wenn die Tempoanalyse korrekt ausgefallen ist.  
Soweit, so gut, doch ich habe noch einige Kritikpunkte an der zugegebenermaßen noch jungen App. Anfangen möchte ich mit der nicht vorhandenen Unterstützung externer Interfaces. Deckadance Mobile bietet aktuell (Version 1.0) keine Möglichkeit, einen Track vorzuhören. Dementsprechend gibt es auch keine Konfigurationsseite für z.B. Split/Cue im Master/Monitor- Modus oder einen externen Betrieb, bei welchem die beiden Kanalsignale unter Verwendung einer externen Soundcard separat ausgegeben werden. Die Verwendung eines MIDI-Controllers, um die App fernzusteuern, ist ebenfalls nicht möglich. Auch von Audiobus- (App-Routing) und WIST-Unterstützung (Wireless Sync) fehlt bislang jede Spur.  
Eine Frage, die mir beim Anblick der EQ-Sektion in den Sinn kam, war die, ob es wohl so etwas wie eine Autogain-Funktion gibt, mit der ich pegelschwache Vertreter auf ein Niveau mit lauten Songs bringe? Für diesen Zweck habe ich einen auf -15dB runtergerechneten Song auf meinem iPad schlummern, der kurzerhand ins Deck B wandert, mit dem Ergebnis, dass dieser deutlich leiser ist und nicht automatisch auf das gleiche Level angehoben wird, wie der Track im Deck gegenüber. Für meine EDM-Einkäufe hält sich die Relevanz zwar vergleichsweise in Grenzen, doch zumindest eine manuelle Gain-Regelung als Alternative zum Autogain wäre selbst unter dem Aspekt „Hobby-Djing“ angebracht.

Wie Pegelunterschiede ohne Gain ausgleichen?
Wie Pegelunterschiede ohne Gain ausgleichen?

Ein wichtiges Tool für Beatmixer ist eine automatische Tonhöhenkorrektur bei Pitch-Vorgängen, doch Fehlanzeige. Freddy Krüger trifft auf Mickymaus. Auch wäre es schön, hätten die Jungs von Image-Line die tolle Leap-Funktion aus Deckadance implementiert oder das Gross-Beat Plug-in. Mal sehen, was da noch in Zukunft kommt. Der Sampleplayer ist vor dem Hintergrund, Deckadance als Fun-Tool zu bewerten, grundsätzlich durchaus eine Bereicherung, entbehrt jedoch jeder Möglichkeit, eigenes Audiomaterial über iTunes zu importieren, sodass man auf die zwar zahlreichen vorgefertigten, aber eben nicht individuellen Audiodateien festgelegt ist. Schade. Nachstehend weitere Audioeindrücke aus Deckadance Mobile…

Audio Samples
0:00
EQ Cut null boost null Sampletake Pitch-it

Gerade für das iPad bietet es sich aufgrund der schwierig umzusetzenden Drehregler natürlich an, für bestimmte Kreativwerkzeuge ein Touchpad zu benutzen, denn damit lassen sich zwei Parameter mit einem Finger bedienen. Warum es am Effekt-Touchpad keine Parameterbeschriftung gibt, ist mir schleierhaft. So bin ich gezwungen auszuprobieren, welches Attribut auf welcher Achse liegt. Ferner ist mir aufgefallen, dass man beim Bewegen des Punktes eben diesen an den äußeren Rändern des Pads verlieren kann und dass dieser zudem trotz „Fingerhochheben“ aktiviert bleibt. Alternatives (Un-) Lock wäre die bessere Wahl.  
Der Autopilot ist eher für schnelle Fades gedacht, bei denen es nicht auf beatsynchrone Übergänge ankommt. Ihr könnt den Übergangsstil festlegen (Crossfade, Turntable, Backspin, Brake, Reverse, Random), dazu die Länge und den Ladezeitpunkt. Ferner die Option „Auto-Sync, die zwei Titel aufeinander einpitcht, da sich kein Master-Tempo festlegen lässt. Im Test mit meinem Neo Disco- und House-Stuff ging es streckenweise bei wildem Gerumpel um bis zu 30 BPM runter oder rauf. Da es auch an einem Keylock mangelt, tritt zudem der berüchtigte Mickymaus-Effekt auf. Also: Nix für Profis!
Ferner traten immer mal wieder Audio-Aussetzer beim Abspielvorgang auf, Knacksen oder Glitches, und das auf meinem iPad 4, das hinsichtlich der Hardwareanforderungen ausreichen muss! Einmal „verabschiedete“ sich sogar der Crossfader und bleib unerklärlich links hängen. Alles Bugs, die in Bälde beseitigt werden sollten und vermutlich auch werden, aber schön geht anders. Für ein Update möchte ich zudem einen Aufnahmeknopf anraten, damit man seine Sternstunden für die Ewigkeit festhalten, exportieren und den Freunden aufs Auge drücken kann.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit dem Automixer läuft die Session automatisch ab.
Anzeige

Fazit

Deckadance Mobile ist eine mobile DJ-Fun-App, die leicht zu adaptieren ist und eine Menge Ausstattung zu einem schmalen Preis von 3,59 Euro bietet. Zum Teil macht die App mit ihren kreativen Modulen richtig Laune, denn das Spielgefühl ist latenzarm, EQs und FX klingen gut und die Loop- und Cue-Funktionen sind eine echte Bereicherung. Mit den Basiswerkzeugen für eine zünftige Mixsession ausgestattet, gelingt das manuelle und automatische Beatmatching durchaus, doch könnten einige Funktionen besser zu handhaben sein – unerklärliche „Baby-Bugs“ und zeitweises Knacksen inbegriffen. Beim Beatmatching müsst ihr obendrein auf Tempo-Tapping, Keylock und Beatgrid verzichten, was zusammen mit der fehlenden Option zum Erstellen von Playlisten, zum Vorhören oder das Audio-Routing jenseits von „alles auf den Master“ festzulegen und unter Berücksichtigung, dass externe Interfaces nicht genutzt werden können, einen „professionellen“ Einsatz zum aktuellen Zeitpunkt in weite Ferne rückt. Die Möglichkeit zur Titel- und Playlistvorbereitung und zum Austausch mit Deckadance DVS würden – soweit ich zu diesem „Feature-Update“ anraten darf – zusätzlichen Nutzen bringen und der Software im Haifischbecken der DJ-Apps gut zu Gesicht stehen.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Übersichtliches Layout
  • Kontraststarke Optik mit visuellem Feedback
  • Gelungenes Bedienkonzept
  • Moderater Preis
  • Viele Kreativ-Tools
  • Spaßfaktor
  • Pad-FX und Instant-FX
Contra
  • Kein Audiorouting für (externe) Interfaces
  • Keine Gain-Regler
  • Kein Datenaustausch mit dem Rechner (Samples) oder Deckadance (Meta)
  • Manuelle Beatmatch-Werkzeuge verbesserungswürdig
  • Keine manuellen Beatgrids möglich
  • Keine Erstellung von Playlisten
  • Sporadische Audioaussetzer
  • Keine Tonhöhenkorrektur
Artikelbild
Image-Line Deckadance Mobile Test
Image-Line_Deckadance_Teaser
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.