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Ibanez Jet King JTK3 Test

Es war Anfang der Siebziger, als der japanische Hersteller Ibanez mit Kopien der damals aktuellen Modelle von Gibson, Fender und Rickenbacker in den Musikinstrumentenmarkt einstieg. Zwar waren die fernöstlichen Modelle erheblich günstiger als ihre Vorbilder, aber die qualitativ hochwertigen Kopien fanden regen Absatz und ihr Erfolg war letztlich auch die Basis für die Entscheidung, ab Mitte der Siebziger mit eigenen Modellen den Markt zu erobern. Das erste Instrument, das den eigenen Zeichenbrettern entstieg, war die Iceman, die durch Paul Stanley von Kiss einen immensen Bekanntheitsgrad erlangte.

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Zwar verließen im Laufe der Jahrzehnte immer wieder auch neue Gitarrenkonzepte die Werkstätten, im Großen und Ganzen orientierte sich Ibanez aber an traditionellen Formen. Auch die aktuelle Produktpalette an Doublecut-Gitarren zeigt sich mehrheitlich an die klassische Stratform angelehnt, besitzt aber einen ganz eigenen, unverwechselbaren Charakter. Darüber hinaus punktet sie mit hochwertiger Verarbeitung und innovativen Detail-Lösungen. Auf welchem hohen qualitativen Standard sich die Instrumente bewegen, zeigen am eindrucksvollsten Namen wie Steve Vai, Joe Satriani oder Paul Gilbert, die sich von den Gitarrenbauern aus Fernost ihre Instrumente auf den Leib schneidern ließen. Und auch im Signature-Bereich dominiert die Stratform. Entsprechend überrascht war ich, als ich den Karton mit dem Ibanez-Logo öffnete. Sieht ja ganz anders aus! Kein Floyd Rose System, keine Stratform, und dann noch diese Lackierung, die irgendwie spontan an amerikanische Filme aus den Fünfzigern erinnert. Das macht natürlich neugierig darauf, was uns dieses gute Stück zu erzählen hat.

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Details

Korpus
Die Rundungen und Kurven der Jet King erinnern ein wenig an eine Fender Jaguar oder Jazzmaster und auch der mintgrüne Teint verbreitet den Spirit der 50er Jahre.  Auf dem Mahagonikorpus haben zwei weiße Pickguards Platz genommen, das obere ist Zierde und trägt die Aufschrift „Jet King“, das untere beheimatet die beiden Regler Volume und Tone, den Pickup-Wahlschalter und einen Dreiweg-Toggle-Switch. Passend zum Design der Gitarre sind die beiden Regler je zur Hälfte weiß und durchsichtig. Schwarze Ziffern geben genaue Auskunft über die derzeitigen Lautstärke- und Toneinstellungen. Selbstverständlich dürfen bei einem Modell mit Fünfziger-Charme Anbauteile aus Chrom nicht fehlen und so glänzen die beiden Pickups, die Bridge und die Metallplatte dahinter wie die frisch gewienerte Stoßstange eines Cadillacs. Außer dem Gurtpin findet auch die Klinkenbuchse an der Zarge ihren Platz. Auf den ersten Blick macht das alles einen rundum guten Eindruck: Kompliment für ein wirklich sehr gelungenes Design! Allerdings zeigen sich bei genauerer Betrachtung doch einige verarbeitungstechnische Mängel. So wurde die Fräsung für die Tonabnehmer recht ungenau vorgenommen, sie ist uneben und sieht aus, als hätte man hinterher noch einmal mit der Feile nachgeholfen. Auch der Halsübergang ist nicht hundertprozentig, am 17. Bund passt der Hals perfekt, aber dann wird die Ausfräsung etwas breiter. Eigentlich ist man solche verarbeitungstechnischen Mängel von Ibanez-Gitarren nicht gewohnt.

Pickups
Die beiden Single-Coil Tonabnehmer HFS1 und HFS2 verbergen sich unter verchromten Kappen, die mit ihren Maßen von 32mm x 85mm  schon fast Humbuckerabmessungen entsprechen. Standardmäßig werden die beiden mit einem 3-Wege Toggle-Switch geschaltet, der die Kombinationen Hals, Hals/Steg und Steg-Pickup ermöglicht. Out-Of-Phase-Schaltungen wie bei anderen Ibanez-Modellen gibt es nicht, sie würden auch nicht zum Fifties-Style passen.

Hals
Auch der Ahornhals ist kein Standard-Design; es fallen sofort die dreieckförmigen Perlmutteinlagen auf dem Griffbrett ins Auge. Unterstützt wird die Orientierung durch  Dots an der Kante des recht schwach gewölbten Palisandergriffbretts. Mit seiner D-Form liegt der Hals sehr gut in der Hand, und 22 Standard-Medium-Bünde gewährleisten eine gute Intonation. Leider klappt es mit dem Bending nicht so gut, denn die Frets sind nicht ausreichend poliert und beim Gleiten der Hand entlang des Halses fällt auf, dass die Bünde am Griffbrettübergang nicht absolut sauber abgerichtet wurden. Vermutlich eine Konzession an den geringen Preis, wobei gegen die Einstellung von Hals und Saitenlage ab Werk absolut nichts einzuwenden ist. Die Bespielbarkeit ist gut und dank des Cutaways problemlos bis in die oberen Lagen. Die Saiten gelangen über einen Kunststoffsattel zu den einseitig angebrachten Stimm-Mechaniken, die ihren Job einwandfrei und ohne Spiel oder tote Punkte verrichten. Die Sattelkerben sind ebenfalls sauber gearbeitet, die Saiten klemmen weder beim Stimmen noch bei Bendings und man kann dem Instrument eine gute Stimmstabilität bescheinigen. Außer den Mechaniken finden wir auf der Kopfplatte noch zwei Saitenklemmen und den Halsstellstab mit direktem Zugang, also ohne Abdeckung. Dem Vintage-Design entsprechend prangt auf der schwarzen Kopfplatte der alte Ibanez-Schriftzug, wie er in den Siebzigern die Instrumente der Marke zierte.

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Praxis

Für einen ersten Eindruck der klanglichen Grundcharakteristik des Instrumentes habe ich die Gitarre an meinen Fender Twin – Cleansound pur –  angeschlossen und wir hören die drei verschiedenen Tonabnehmer-Kombinationen nacheinander mit dem gleichen Riff. Zuerst der Halspickup.

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Clean Neck

Die Beschreibung „warmer Sound“ passt hier perfekt – guter Bassanteil und angenehme Höhen. Jetzt der Stegtonabnhehmer.

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Clean Bridge
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Zuerst dachte ich, ich hätte den Lautstärkeregler versehentlich zurückgedreht, aber tatsächlich hat der Stegpickup auffallend weniger Output, obwohl beide Tonabnehmer den gleichen Abstand zu den Saiten haben. Bei gleicher Amp-Einstellung machte das bei der Aufnahme runde 3 dB aus, und das ist leider etwas zu krass. Klanglich kommt er ebenfalls relativ warm rüber – also kein Vergleich zur optisch entfernt verwandten Fender Jaguar, die in dieser Position sehr dünn und bissig klingt. Die Zwischenposition hat dann schon wieder mehr Power und liefert einen guten Twang-Sound.

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Clean Neck & Bridge

Damit lässt sich ein drahtiger Funksound erzeugen, der sich ausgezeichnet im Bandgefüge durchsetzt, aber trotzdem einen warmen Grundcharakter hat. Das Ganze klingt schön perkussiv und auch die Ghostnotes werden knackig übertragen.

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Mid Funk

Mit einem Marshall Plexi wird der Ton jetzt härter und dreckiger, und so klingt die Kombination beider Pickups mit einem leicht angezerrten Sound:

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Crunch Chords

Auch in dieser Disziplin kann man dem Instrument ein gutes Durchsetzungsvermögen bescheinigen, Single-Note-Lines auf den tiefen Saiten klingen knackig und transparent. Auch feinere Spielnuancen werden von der Gitarre sehr gut übertragen. Nimmt man zum Beispiel den Halspickup, dann hat man beim Anschlag mit den Fingern alles unter Kontrolle. Ganz gleich, ob leichter Anschlag oder hartes Anreißen der Saite, es kommt beim Amp genau so an, wie es gedacht ist.

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Neck Blues
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Der Pegelunterschied zwischen Hals- und Stegpickup macht sich bei den angezerrten Sounds zwar nicht so extrem bemerkbar, aber man kann den Amp bei angewähltem Stegtonabnehmer einfach nicht aus der Reserve locken, auch nicht durch eine härtere Spielweise. Das ist aber grundsätzlich ohnehin nicht zu empfehlen, denn bei heftgerer Bearbeitung hissen die tiefen Saiten sehr schnell das weiße Fähnchen – der Ton braucht einen Moment, bis er die gewünschte Höhe erreicht. Und das ist nichts für Hart-Anschlager oder die Pete Townend Windmühle!

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Bridge Crunch

Zum Thema Ton gibt es aber auch einiges Positives zu berichten, allerdings ist hiermit der Tone-Regler gemeint.  Ab einem Kilohertz werden mit dem Tonpoti die hohen Frequenzen sehr stark abgesenkt. Das bringt noch einmal einiges an Klangvielfalt. Im folgenden Beispiel erklingt das Riff über den Stepickup zuerst mit komplett abgedrehtem Tonregler, dann voll aufgedreht.

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Tone

Auch das Arbeiten mit dem Volumenregler als „Entzerrer“ funktioniert ausgesprochen gut. Zu diesem Zweck habe ich den Hughes & Kettner Duotone im Boost-Modus bei fast voll aufgedrehtem Gain angeschlossen. Stellt man den Volume-Regler an der Gitarre auf die Drei, erhält man einen leicht angezerrten Sound, auf Zehn gibt es dann die volle Gain-Breitseite.

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Dyna Poti

Leider sind bei solch hohen Verzerrungsgraden am Amp auch die Nebengeräusche sehr stark und je nach Einstreuungs-Umfeld fangen die Pickups ganz schön an zu  brummen. Für Bands, die mit großer Lichtanlage, hohem Gain und großer Lautstärke spielen, könnte das mit diesem Instrument problematisch werden. Auch der Akkordverständlichkeitstest bei hohem Gain bekommt eher die Note ´befriedigend´. Es klingt im allgemeinen in diesem Verzerrungsbereich sehr undefiniert und matschig.

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Chords
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Eine waschechte Gain-Attacke wird man mit dieser Gitarre nicht reiten können, aber dafür sind Singlecoil-Pickups in der Regel auch nicht vorgesehen. Der Output reicht aber durchaus für gepflegte Classic Rock-Riffs.

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Classic Riff

Mein favorisierter Einsatzbereich für die Ibanez Jet King sind Crunchsounds von Blues über Alternative Rock bis zu den Sounds angesagter europäischer Bands wie Arctic Monkeys, Mando Diao oder Bloc Party. Die Gitarre setzt sich in dieser Kategorie sehr gut im Bandgefüge durch und behält trotzdem ihren warmen Grundcharakter. Zum Abschluss jetzt ein Beispiel im Bandgefüge mit Drums, Bass und drei Gitarrenspuren, jeweils mit der Ibanez JTK3 eingespielt.

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JTK Band
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Für eine Gitarre im unteren Preissegment macht die Ibanez JTK3 optisch richtig was her. Wirft man einen Blick hinter die Kulissen, fallen allerdings auch einige handwerkliche Mängel auf. So zum Beispiel die schlecht polierten Bünde oder die unebenen Ausfräsungen an Halsübergang und Tonabnehmern. Dabei handelt es sich prinzipiell nicht um dramatische Fehler, aber offensichtlich wurde hier an Manpower gespart, um den Preis niedrig zu halten. Also muss man selbst Hand anlegen und darf sich an kleinen Schönheitsfehlern nicht stören. Wesentlich negativer aber fällt der Pegelunterschied der beiden Tonabnehmer ins Gewicht, der auch mit Hinweis auf den niedrigen Preis nicht akzeptiert werden kann. Mit ihren Singlecoil-Pickups liegen die Stärken der Jet King im Clean- und Crunchbereich, hier beweist sie gutes Durchsetzungsvermögen und eine dynamische Ansprache. Bei höheren Verzerrungsgraden nehmen auch die Nebengeräusche stark zu und der Ton wird etwas verwaschen. Die JTK3 ist eben kein Allrounder, aber wer ein günstiges, stylisches Instrument sucht und sein Glück nicht in Hi-Gain-Gefilden sucht, sollte das Teil mal antesten. Das Preis-Leistungs-Verhältnis geht in Ordnung.

Unser Fazit:
3 / 5
Pro
  • Design, Aussehen
  • Wirkungsbereich des Tone Reglers
  • Arbeitsweise des Volume Potis
  • Ansprache, Dynamik
Contra
  • Bünde nicht gut poliert
  • Ungenaue Ausfräsungen am Halsübergang und bei den Pickups
  • Steg-Pickup ist wesentlich leiser
Artikelbild
Ibanez Jet King JTK3 Test
Für 235,00€ bei
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Specs
  • Hersteller: Ibanez
  • Model: Jet King JTK3-TQ
  • Finish: Turquoise
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Ahorn
  • Profil: Standard D
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 43 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 51 mm
  • Halsdicke 5. Bund: 22 mm
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 22 Medium-Frets
  • Mechaniken: Chromhardware
  • Pickups: HFS1, HFS2 Singlecoils
  • Regler: Volume, Tone
  • Brücke: Full Tune III
  • Preis: 315,- Euro UVP
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